Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 11.07.2008
Aktenzeichen: 3 UF 241/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1573
BGB § 1578
ZPO § 323
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht auf die Abänderungsklage des Klägers das Urteil des Amtsgericht - Familiengericht - Groß Gerau vom ....1999 - AZ. ...- dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab 06.04.2006 verpflichtet ist, an die Beklagte statt 1020,39 DM/521,72 EUR, nur noch 390,- EUR zu zahlen.

Gegenüber den Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils macht der Kläger darüber hinaus geltend, dass er außer den bislang vorgetragenen Krankheiten mittlerweile auch noch an Diabetes erkrankt ist.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Klägers mit dem Antrag, das Urteil dahingehend abzuändern, dass der Kläger ab April 2006 an die Beklagte keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen, verpflichtet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung ist zulässig. Gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist war Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu bewilligen, nachdem der Kläger zumindest durch Kostenarmut ohne eigenes Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war und nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die Berufung eingelegt und begründet hat.

Die Berufung ist unbegründet und führt daher zur Zurückweisung.

Die Beklagte kann vom Kläger nachehelichen Unterhalt in der Form des Aufstockungsunterhaltes gemäß § 1573 Abs. 2 BGB verlangen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils, die mit der Berufung nicht angegriffen wurden, verfügt der Kläger über Renten in Höhe von 1199,- EUR und wohnt darüber hinaus im Rahmen eines Nießbrauches im Hause seiner Tochter. Der Wohnwert wurde vom Amtsgericht unangefochten mit 545,- EUR festgesetzt, wie im Ausgangsurteil aus dem Jahre 1999. Auf Seiten des Klägers errechnen sich mithin unterhaltserhebliche Einkünfte in Höhe von 1744,- EUR.

Entgegen der auch im Berufungsverfahren weiter verfolgten Argumentation des Klägers, er habe krankheitsbedingte Mehraufwendungen für Verpflegung im Hinblick auf seine Herz- , Krebs- und Diabeteserkrankung konnten solche weitergehenden Kosten auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert geltend gemacht werden. Das Amtsgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass die vom Kläger selbst vorgelegte Ernährungsempfehlung (Bl. 14 f d. Akte) keine besonderen Ernährungskosten nach sich zieht, da lediglich die allgemein gültigen Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung unterbreitet werden. Auch der im Berufungsverfahren zusätzlich geltend gemachte Diabetes hat nach dem Vorbringen des Klägers keine weiteren Kosten verursacht. Das zum Beweis vorgelegte Attest vom 28.02.2008 (Bl. 344 d. Akten) sagt lediglich aus, das Diabetes gerechte Kostform eingenommen werden soll. Das hierdurch Kosten gegenüber herkömmlicher Verpflegung anfallen, ist nicht dar getan und auch nicht ersichtlich. Dies wird auch durch die vom Kläger selbst vorgelegten Belege gestützt, durch die eine besondere Ernährung nicht dokumentiert wird. Im Übrigen ist auf die ohne näheren Vortrag vorgelegten Belege nicht weiter einzugehen, da die ungeordnete Einreichung von Belegen ordnungsgemäßen Vortrag nicht ersetzen kann. Auch soweit der Kläger weitere Kosten geltend macht, wegen erforderlicher Unterstützung im Haushalt und im Garten, hat der Kläger nicht ausreichend dargetan, dass er durch die Krankheit insoweit Unterstützung im Haushalt und Garten benötigt, als diese kostenmäßig über die vom Amtsgericht bereits in Ansatz gebrachten 200,- EUR hinausgeht. Soweit der Kläger, so wie vom ihm behauptet, nicht in der Lage sein sollte, seine Mahlzeiten zu zubereiten und sein Haus ordnungsgemäß zu reinigen, so wären ihm nach den §§ 14ff SGB XI Leistungen aus der Pflegeversicherung zu gewähren. Der Vortrag des Klägers, ihm sei mitgeteilt worden, dass er erst dann Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen könne, wenn er nicht mehr unterhaltspflichtig sei, ist rechtlich nicht zutreffend. Einen solchen Vorbehalt ist den Regelungen des SGB XI nicht zu entnehmen. Soweit sich der Kläger von unzutreffenden Rechtsauffassungen davon abhalten lässt, entsprechende Anträge bei der Pflegekasse zu stellen, so geht dies zu seinen Lasten. Sofern er nicht in einem solchem gesundheitlichen Zustand sein sollte, dass er Leistungen aus der Pflegekasse in Anspruch nehmen könnte, so dürften die Einschränkungen des Klägers, die unterhalb der Schwelle des Eingreifens der Pflegeversicherung vorliegen durch die vom Amtsgericht bewilligten 200,- EUR abgedeckt sein.

Entsprechend den nicht zu beanstandenden Ausführungen des Amtsgerichts verfügt die Beklagte über ein Verfügungseinkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 893,- EUR netto, welches um den Erwerbstätigenbonus von 1/7 ( Nr.15.2 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt vom 01.01.2008 ) auf 765,- EUR zu bereinigen ist. Der Unterhalt der Beklagten ergibt sich aus der Hälfte der Differenz der beiden Einkommen (1544-765=779:2) und ist vom Amtsgericht zutreffend mit gerundeten 390 EUR berechnet.

Auch die geänderten Vorschriften zum nachehelichen Unterhalt ab 01.01.2008 führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Das neue Recht geht zwar im neu gefassten § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB davon aus, dass unter erleichterten Voraussetzungen eine Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorgenommen werden soll. Durch das neue Unterhaltsrecht sollen die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr lebenslänglich garantiert werden. Vorliegend ist aber zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Ausgangsentscheidung im Jahr 1999 nach den §§ 1573 Abs.1 und 5 und 1578 Abs. 1 und 2 BGB bereits eine Begrenzung und Befristung möglich war und durch die Neuregelung im § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB keine neue Qualität erfahren hat. Der Kläger ist somit mit einer Befristung oder Begrenzung gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert, da die Befristung nicht im Ausgangsverfahren durchgeführt wurde. Bereits vorliegende Tatsachen, die zur Befristung oder Begrenzung gem. §§ 1573 V, 1578 I 2 BGB a.F. führen können, sind bereits im Erstverfahren vorzubringen, um einer Präklusion zu entgehen, auch wenn die Befristung erst zu einem späteren Zeitpunkt greift, BGH 2004, 1357, 1360. Dies gilt nicht, wenn die abzuändernde Entscheidung aus einer Zeit vor der Änderung der BGH-Rechtsprechung vom 13.06.2001 zur eheprägenden Haushaltstätigkeit und Kindererziehung stammt und die für die notwendige Gesamtwürdigung maßgebenden Umstände seinerzeit noch nicht sicher abgeschätzt werden konnten, BGH, FRZ 2007, 793. Da die Parteien keine gemeinsamen Kinder haben und die Beklagte auch schon während der Ehe berufstätig war, veränderte die Entscheidung des BGH vom 13.06.2001 für die Parteien nichts, so dass die geänderte Rechtsprechung die Präklusion nicht entfallen ließ. Zudem hatte der Kläger spätestens im Jahre 2001 im Verfahren beim Amtsgericht Groß-Gerau 72 F 989/01 UE Gelegenheit gehabt, eine Befristung und Begrenzung geltend zu machen. Auch in diesem Verfahren wurde eine Befristung und Begrenzung nicht vorgenommen, so dass der Kläger auf jeden Fall nunmehr mit einem solchen Begehren ausgeschlossen ist.

Auch die Übergangsvorschriften nach § 36 Nr. 1 und 2 EGZPO führen nicht dazu, dass der Kläger nunmehr die Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhaltsanspruches ohne die Beschränkungen des § 323 Abs. 2 ZPO geltend machen kann, da die Vorschriften sich insoweit substantiell nicht geändert haben, vgl. auch Borth, FamRZ 2006, 813,821; Rasch, FPR 2008, 15, 16.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück