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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 02.11.2006
Aktenzeichen: 3 Ws 1055/06
Rechtsgebiete: StPO, ZPO


Vorschriften:

StPO § 42
ZPO § 167
Es reicht zur Fristwahrung aus, wenn der Absender nachweist, dass seine an die Postfachanschrift des Gerichts adressierte Berufungsschrift bereits am Tag des Fristendes zur Abholung bereitgelegt wurde. Es kommt nicht darauf an, wann das Schriftstück durch den empfangsberechtigten Bediensteten des Gerichts abgeholt wurde oder ob noch mit einer Abholung an demselben Tage zu rechnen war.
Gründe:

Das Amtsgericht Darmstadt hat den Angeklagten am 8. Juni 2006 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt und darüber hinaus gegen ihn ein Fahrverbot angeordnet. Seine dagegen gerichtete Berufung hat das Landgericht gemäß § 322 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen, da sie nicht rechtzeitig eingelegt worden sei (§ 314 Abs. 1 StPO). Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner sofortigen Beschwerde.

Das gemäß §§ 322 Abs. 2, 311 StPO zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, lief die Berufungseinlegungsfrist gegen das Urteil vom 8. Juni 2006 am 16. Juni 2006 ab. Diese Frist hat der Angeklagte indessen eingehalten, obwohl die Berufungsschrift den Eingangsstempel des Gerichts vom 19. Juni 2006 trägt. Er hat nämlich nachgewiesen, dass seine an die Postfachanschrift des Amtsgerichts adressierte, am 14. Juni 2006 um 11.25 Uhr bei der Post eingelieferte Berufungsschrift bereits am 16. Juni 2006 zur Abholung bereitgelegt wurde. Dies reichte zur Fristwahrung aus, ohne dass es darauf ankommt, wann das Schriftstück durch den empfangsberechtigten Bediensteten des Amtsgerichts abgeholt wurde, oder ob noch mit einer Abholung an demselben Tage zu rechnen war (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 1986 - VII ZB 20/85 = BGHR ZPO § 577 Abs. 2 Postfach 1 m.Nachw.; Greger in: Zöller, ZPO 25. Aufl. § 167 Rdn. 6; AK-Lemke §§ 42, 43 Rdn. 26; W. Schmid in Dünnebier-FS S. 114 ff.). Die im Hinblick auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 114, 289, 292; 142, 408) und die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH DB 1955, 214) in der Kommentarliteratur weit verbreitete Gegenauffassung (z.B. Wendisch in LR, 25. Aufl. Vor § 42 Rdn. 25; Maul in KK-StPO 5. Aufl. § 43 Rdn. 17; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. Vor § 42 Rdn. 13; Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 43 Rdn. 2) ist angesichts BGHR ZPO § 577 Abs. 2 Postfach 1 überholt.

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