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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.11.2003
Aktenzeichen: 3 Ws 1250/03
Rechtsgebiete: GVG, StPO


Vorschriften:

GVG § 158
GVG § 159
StPO § 14
1. Eine Ablehnung i. S. des § 159 GVG ist jedenfalls dann gegeben, wenn das ersuchte Gericht die Rechtshilfesache an das nach seiner Auffassung örtlich zuständige Gericht gem. § 158 II 2 GVG abgibt und dieses seinerseits das Rechtshilfeersuchen wieder an das abgebende Gericht zurückgibt, dieses sich aber nach wie vor weigert, das Rechtshilfeersuchen auszuführen. In einem solchen Fall ist vom ersuchten Gericht das Oberlandesgericht anzurufen, die Möglichkeit, das Gericht nach § 14 StPO bestimmen zu lassen, ist ausgeschlossen.

2. Das ersuchte Gericht kann die Durchführung des Rechtshilfeersuchen nicht mit der Begründung ablehnen, die Verfahrensweise sei unzweckmäßig. Namentlich darf es nicht darauf verweisen, die Vernehmung eines Zeugen durch ein ebenfalls örtlich zuständiges Rechtshilfegericht (hier das am Wohnsitz statt dasjenige am Geschäftssitz) sei sinnvoller.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

3 Ws 1250/03

Entscheidung vom 7. November 2003

In der Strafsache

wegen Verdachts der Untreue,

hier: Ersuchen um Rechtshilfe,

hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Vorlageverfügung des Amtsgerichts Offenbach vom 15.10.2003 gegen die mit Beschluss des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 7.8.2003 erfolgte Ablehnung der Rechtshilfe gem. § 159 GVG

am 7. November 2003

beschlossen:

Tenor:

Das Amtsgericht Bad Hersfeld ist verpflichtet den Zeugen X im Wege der Rechtshilfe zu vernehmen.

Gründe:

A)

Unter dem 12.2.2002 erhob die Staatsanwaltschaft vor dem Amtsgericht Offenbach Anklage, mit der sieden Angeklagten gemeinschaftliche Untreue vorwarf. Als Beweismittel bezog sie sich u.a. auf den Zeugen X, zu laden unter der Anschrift seiner Arbeitgeberin, der Firma Y ......

Das Amtsgericht Offenbach ersuchte mit Verfügung vom 3.1.2003 das Amtsgericht Bad Hersfeld, in dessen Gerichtsbezirk .... liegt, um Vernehmung dieses Zeugen.

Daraufhin wurde der genannte Zeuge für den 8.5.2003 zur richterlichen Vernehmung durch das Amtsgericht Bad Hersfeld geladen und in der Ladung angewiesen, diverse schriftliche Geschäftsunterlagen seiner Arbeitgeberin mitzubringen. Zum Termin brachte der Zeuge die Unterlagen nicht mit, diese wurden aber für eine sachdienliche Aussage benötigt, so dass seine Vernehmung unterblieb. Mit Blick darauf, dass der Zeuge im Termin angegeben hatte, er wohne in ...., gab das Amtsgericht Bad Hersfeld nunmehr die Rechtshilfesache mit Verfügung vom 8.5.2002 an das Amtsgericht Hünfeld ab (§ 158 II 2 GVG). Mit Verfügung vom 15.5.2003 lehnte das Amtsgericht Hünfeld unter Rücksendung die Akten an das Amtsgericht Bad Hersfeld die Übernahme der Rechtshilfe ab, mit der Begründung, auch das Amtsgericht Bad Hersfeld sei zur Vernehmung des Zeugen örtlich zuständig, da der Zeuge in ... arbeite, sich dort die zu seiner Vernehmung erforderlichen Unterlagen befänden. Dem ersuchenden Gericht stehe die Wahl zwischen mehreren örtlich zuständigen ersuchten Gerichten zu, so dass es bei der Zuständigkeit des Amtsgericht Bad Hersfeld verbleiben müsse. Mit Verfügung ohne Datum sandte das Amtsgericht Bad Hersfeld die Akten an das Amtsgericht Offenbach am Main zurück und bat darum, das Rechtshilfeersuchen gegenüber dem Amtsgericht Bad Hersfeld zurückzunehmen und gegenüber dem Amtsgericht Hünfeld zu stellen. Nach Eingang der Akten beim Amtsgericht Offenbach sandte dieses die Akten an das Amtsgericht Bad Hersfeld zurück mit der erneuten Bitte um Vernehmung des Zeugen, wobei es ausdrücklich erklärte, dass das Rechtshilfeersuchen gegenüber dem Amtsgericht Bad Hersfeld nicht zurückgenommen werde. Mit Beschluss vom 7.8.2003 lehnte das Amtsgericht Bad Hersfeld das Rechtshilfeersuchen, den Zeugen X zu vernehmen, ab.

Hiergegen richtet sich der Antrag des Amtsgerichts Offenbach vom 7.8.2003 auf Entscheidung des Oberlandesgericht gem. § 159 GVG.

B)

Die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht hat in ihrer Stellungnahme vom 3.11.2003 ausgeführt:

"I.

1) Die Zulässigkeit eines Antrages auf Entscheidung des Oberlandesgerichts richtet sich nach § 159 Abs. 1 GVG. Danach muss eine Maßnahme der Rechtshilfe im Sinne des § 156 GVG vorliegen. Gem. dieser Vorschrift haben sich die Gerichte in Strafsachen Rechtshilfe zu leisten. Rechtshilfe im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass es sich bei der ersuchten Tätigkeit um eine solche handelt, die der Rechtsprechungstätigkeit des Gerichts zuzurechnen ist und eine richterliche Handlung erfordert (RGSt 26,338,339; Kissel, GVG, 3. Aufl. 2001, § 156 Rn 22). Hierzu gehören alle erforderlichen und verfahrensmäßig vorgesehenen richterlichen Tätigkeiten, die der Erledigung der gerichtlichen Verfahren dienen, vor allem die Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Kennzeichnend für diese Tätigkeit als zur Rechtsprechung gehörig ist die Institutionalisierung dieser Tätigkeiten in den für die richterliche Tätigkeit maßgebenden Verfahrensgesetzen (Kissel aaO.) Diese Tätigkeit wird sowohl von der richterlichen Unabhängigkeit umfasst als auch von dem Gebot des gesetzlichen Richters (OLG Düsseldorf in NStE Nr. 2 zu § 158 GVG).

Diesen Maßstäben genügt die durch das Amtsgericht Offenbach am Main erbetene richterliche Vernehmung des Zeugen X gem. § 202 StPO (Meyer-Goßner StPO, 46. Aufl. 2003, § 202 StPO Rn 3).

2) Das Amtsgericht Bad Hersfeld hat die Durchführung der ersuchten Maßnahme abgelehnt im Sinne des § 159 Abs. 1 Satz 1 GVG.

Eine Ablehnung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Ausführung des Ersuchens vollständig oder teilweise verweigert wird (Kissel, aaO., § 159 Rn 4; Boll in Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl. 2003, § 159 GVG Rn 3; RGSt 24, 1, 2; BGH NJW 1958, 1310) oder wenn ersichtlich ist, dass das ersuchte Amtsgericht dem Ersuchen aufgrund von Bedenken gegen die rechtliche Zulässigkeit des Ersuchens ganz oder teilweise nicht entsprechen will (Schoreit in Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Aufl.2003, § 159 GVG Rn 2). Die Ablehnung umfasst auch den Fall, dass über die Ausführung des Ersuchens Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Gerichten bestehen (Boll aaO., § 159 GVG Rn 3).

Als Ablehnung des Ersuchens ist es auch zu werten, wenn der ersuchte Richter sich auf örtliche Unzuständigkeit beruft, eine Abgabe gem. § 158 Abs. 2 Satz 2 GVG aber am Widerspruch des Gerichts, an das abgegeben werden sollte, gescheitert ist (Boll aaO., § 159 GVG Rn 4; § 158 Rn 19). Die gegenteilige Auffassung von Schoreit (aaO., § 159 GVG Rn 2), überzeugt nicht, der eine Verneinung der örtlichen Zuständigkeit durch das ersuchte Gericht nicht als Ablehnung im Sinne des § 159 GVG betrachten möchte unter Hinweis auf Kissel (aaO., § 159 Rn 6). Jedoch sieht Kissel (aaO.) dann eine Ablehnung als gegeben, wenn das ersuchte Gericht das Rechtshilfeersuchen an das nach seiner Auffassung örtlich zuständige Gericht weitergibt und dieses seinerseits das Rechtshilfeersuchen wieder an das abgebende Gericht zurückgibt (vgl. auch Katholnigg; Strafverfassungsrecht, 3. Aufl., 1999, § 159 GVG Rn 2).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das ersuchte Gericht, nachdem das Amtsgericht Hünfeld die Zeugenvernehmung abgelehnt hatte, durch den angefochtenen Beschluss die Ausführung des Ersuchens abgelehnt.

Das Amtsgericht Bad Hersfeld stellt zwar die grundsätzlich rechtliche Zulässigkeit der ersuchten Maßnahme nicht in Frage, sieht sich aber aus Gründen der örtlichen Zuständigkeit an der Durchführung gehindert.

3) Das Amtsgericht Offenbach am Main als ersuchendes Gericht ist auch beschwerdeberechtigt (vgl. Kissel, aaO., § 159 GVG Rn 8).

II.

Die Vorlage gem. § 159 GVG ist auch begründet.

Das Amtsgericht Bad Hersfeld ist aufgrund des dementsprechenden Rechtshilfeersuchens des Amtsgerichts Offenbach am Main verpflichtet, die Vernehmung des Zeugen X durchzuführen.

Das Amtsgericht Offenbach hat das Rechtshilfeersuchen an das für den "Geschäftssitz" des Zeugen zuständige Amtsgericht gerichtet und damit an das für die Rechtshilfe gem. § 157 Abs. 1 GVG zuständige Amtsgericht. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich danach, wo das Rechtshilfeersuchen vorgenommen werden muss. Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die ersuchte Amtshandlung vorgenommen werden soll. Das bedeutet in der Regel, dass bei der Vernehmung von Zeugen die Zuständigkeit des Amtsgerichts gegeben ist, das für den Wohnsitz zuständig ist. Aus Zweckmäßigkeitsgründen kann aber auch ein anderes Amtsgericht ersucht werden, etwa mit Rücksicht auf die Verkehrsmittel oder auf die Arbeitsstelle des zu Vernehmenden (Kissel, aaO., § 157 GVG Rn 4; Boll, aaO., § 158 GVG Rn 16). Danach ist als zuständiges Rechtshilfegericht auch das Amtsgericht anzusehen, in dessen Bezirk der zu Vernehmende beschäftigt ist (Gummer in Zöller, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 157 GVG Rn 2 mwN.).

Unter mehreren örtlich zuständigen Amtsgerichten hat das ersuchende Gericht die Wahl (Boll, aaO., § 158 Rn 18). Spätestens nach Zurücksendung der Akten an das Amtsgericht Offenbach und dessen erneuter Bitte an das Amtsgericht Bad Hersfeld um Vernehmung des Zeugen hat sich das Amtsgericht Offenbach zur Durchführung der Rechtshilfehandlung durch das Amtsgericht Bad Hersfeld als auch zuständiges Amtsgericht entschieden. Das ersuchte Gericht ist an das Vernehmungsersuchen auch hinsichtlich einer Ladung des Zeugen - wie hier - beim Arbeitgeber gebunden (KG Berlin, Beschluss vom 3.2.1999 - 28 AR 136/98).

Grundsätzlich darf ein Rechtshilfeersuchen nicht abgelehnt werden (§ 158 Abs. 1 GVG). Gem. § 158 Abs. 2 Satz 1 GVG ist das Ersuchen eines nicht im Rechtszug vorgesetzten Gerichts - wie hier - abzulehnen, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist. Das ist jedoch nicht der Fall.

Verboten im Sinne des § 158 Abs. 2 Satz 1 GVG ist eine Handlung ohne Rücksicht auf die konkrete prozessuale Situation, wenn ihre Vornahme abstrakt im Gesetz ausdrücklich untersagt oder wenn sie nach dem Sinn der gesetzlichen Bestimmung unzulässig ist (OLG Düsseldorf in MDR 1996, 843 f; in MDR 1988, 604; OLG Hamm, Beschlüsse vom 29.3.1994-3 Ws 161/94; vom 18.8.1988 - 2 Ws 345/88; Boll, aaO., § 158 GVG Rn 3 u. 4; Meyer-Goßner, aaO., § 158 GVG Rn 2; Kissel, aaO., § 158 Rn 10 ff.; jeweils mit Nachweisen). Das ist der Fall, wenn die erbetene Handlung z.B. mit zwingenden rechtsstaatlichen Grundsätzen in Widerspruch stehen würde. Verboten ist die Handlung auch dann, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die nach dem Gesetz der entscheidende Richter persönlich vorzunehmen hat (Kissel, aaO., § 158 Rn 13).

Die Vernehmung eines Zeugen stellt eine typische richterliche Aufgabe auch im Zwischenverfahren dar vgl. Meyer-Goßner, aaO., § 202 StPO Rn 3).

Ob das rechtlich abstrakt zulässige Ersuchen im konkreten Fall prozessual ordnungsgemäß zustande gekommen ist, die beantragte Maßnahme beweiserheblich oder ob das Beweismittel das richtige und sachdienliche ist, hat dagegen das ersuchte Gericht nicht nachzuprüfen. Es ist lediglich der "verlängerte Arm" des ersuchenden Gerichts (BGH JZ 1953, 230; Gummer in Zöller, ZPO, 15. Aufl., § 158 GVG Rn 4).

Dementsprechend steht dem ersuchten Gericht nach herrschender Meinung eine Zweckmäßigkeitsprüfung auch nicht zu (vgl. OLG Frankfurt am Main in Rpfleger 1979, 426; OLG Düsseldorf in MDR 1988, 604; in MDR 1996, 843 f; OLG Hamm, Beschluss vom 29.3.1994 - 3 Ws 161/94; Boll, aaO. § 158 GVG, Rn 14; Schoreit, aaO., § 158 GVG, Rn 3; Meyer-Goßner, aaO., § 158 GVG, Rn 2). Gründe im Sinne des § 158 Abs. 2 GVG, die hier eine Ablehnung des Rechtshilfeersuchens rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Dementsprechend hätte das Amtsgericht Bad Hersfeld dem Rechtshilfeersuchen nachkommen müssen. Selbst wenn man mit einer Mindermeinung dem ersuchten Gericht eine Zweckmäßigkeitsüberprüfung im gewissen Rahmen - d. h. zumindest hinsichtlich offensichtlichen Ermessensfehlgebrauch des ersuchenden Gerichtes- zugesteht (so OLG Köln in GA 1953, 186 und 187), würde das im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen. Zwar will das Amtsgericht Bad Hersfeld in seinem Beschluss vom 7.8.2003 die Ablehnung des Rechtshilfeersuchens offensichtlich auf diesen Ablehnungsgrund stützen. Die Ausführungen des Amtsgerichts Bad Hersfeld in den Gründen des Beschlusses gehen aber fehl. Ein offensichtlicher Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor, denn da der Zeuge X in Zusammenhang mit seiner Arbeitsstelle als Zeuge vernommen werden soll und dazu auch geschäftliche Unterlagen benötigt werden erscheint die Auswahl des Amtsgerichts Bad Hersfeld als zu ersuchendes Gericht weder ermessensfehlerhaft noch willkürlich."

Diesen überzeugenden Ausführungen tritt der Senat bei mit folgenden ergänzenden Bemerkungen:

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob Schoreit (KK-StPO, 5. Aufl., § 159 Rn 6) tatsächlich - wie die Generalstaatsanwaltschaft meint - die Auffassung vertritt, auch die endgültige Weigerung des Rechtshilfegerichts, das Ersuchen auszuführen, unterfalle nicht § 159 GVG, wenn sie nur auf die Verneinung seiner örtlichen Zuständigkeit gestützt wird. Es liegt vielmehr nahe, dass sich Schoreit lediglich von der - vor allem in der zivilprozessrechtlich orientierten Literatur (z.B. Wolf, in: MüKo-ZPO, 2. Aufl., § 159 GVG Rn 3) vertretenen - Auffassung abgrenzen will, die bereits die Abgabe des ersuchten Rechtshilfegerichts an ein anderes Amtsgericht gem. § 158 II 2 GVG als Ablehnung i.S. des § 159 GVG begreift. Hierfür spricht, dass Schoreit als Begründung für seine Ansicht, die Verneinung der örtlichen Zuständigkeit durch das ersuchte Gericht stelle keine Ablehnung i.S. des § 159 GVG dar, auf den Wortlaut des § 158 II 2 GVG und sodann auf Fundstellen (Katholnigg, § 159 GVG Rn 2; Kissel, § 159 Rn 6) verweist, die lediglich die genannte weitergehende Auffassung in der zivilprozessualen Literatur ablehnen, bei verweigerter Übernahme der Sache auch durch das Gericht, an das gem. § 158 II 2 GVG die Sache abgegeben wurde, den Rechtsbehelf des § 159 GVG hingegen als gegeben ansehen. Diese Frage kann aber ebenso dahinstehen wie diejenige, ob der genannten Gegenauffassung zu folgen ist. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass für sie der von der Generalstaatsanwaltschaft an anderer Stelle zutreffend hervorgehobene Gesichtspunkt spricht, dass allein dem ersuchenden Gericht die Wahlmöglichkeit unter mehreren örtlich zuständigen Rechtshilfegerichte zusteht. In diese wird nämlich bereits durch eine - vom ersuchenden Gericht nicht intendierte - Abgabe eingegriffen. Dahinstehen kann auch, ob der noch weitergehenden Auffassung zu folgen ist, dass jede Weigerung des Rechtshilfegerichts, die von ihm ersuchte Rechtshilfehandlung vorzunehmen, unbeschadet jedweder Gründe, die es hierfür angibt, als Ablehnung aufzufassen ist (vgl. Schreiber, in: Wieczorek, ZPO, 2. Aufl. § 158 GVG Rn 8 und die Nachw. bei Katholnigg § 158 GVG Rn 6 Fn. 45).

Jedenfalls ist eine Ablehnung i.S. des § 159 GVG gegeben, wenn das ersuchte Gericht (hier: AG Bad Hersfeld) das Rechtshilfeersuchen an das nach seiner Auffassung örtlich zuständige Gericht (hier: AG Hünfeld) weitergibt und dieses seinerseits das Rechtshilfeersuchen wieder an das abgebende Gericht zurückgibt, dieses sich aber nach wie vor weigert, das Rechtshilfeersuchen auszuführen (so wohl auch OLG Hamm, Beschl. v. 30.3.20033 [s] Sbd 17 - 1/81 - juris). Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 159 GVG, der auf Gründe für die erfolgte Ablehnung nicht rekurriert, mithin allenfalls eine endgültige Weigerung des ersuchten Gerichts voraussetzen kann. Ferner soll § 158 II 2 GVG nicht die Auswahlwahlmöglichkeit des ersuchenden Gerichts zwischen mehreren örtlich zuständigen Rechtshilfegerichten einschränken, sondern es dem ersuchten Gericht lediglich aus prozessökonomischen Gründen ermöglichen, bei einem Missgriff des ersuchenden Gerichts (etwa Verwechselung zweier Orte mit gleichem Namen, unbekannt gebliebener Wohnsitzwechsel des zu vernehmenden Zeugen pp.) die Sache an das allein örtlich zuständige Gericht weiterzuleiten können, statt sie - im Wege der Gegenvorstellung- an das ersuchende Gericht zurückgeben zu müssen (vgl. Katholnigg aaO; OLG Hamm, Beschl. v. 30.3.2003 3 [s] Sbd 17 - 1/81 - juris). Wird diese Möglichkeit indes eröffnet, so muss auch für den Fall, indem sich der ersuchte Richter auf örtliche Unzuständigkeit beruft, eine Abgabe gem. § 158 Abs. 2 Satz 2 GVG aber am Widerspruch des Gerichts, an das abgegeben werden sollte, gescheitert ist, eine Möglichkeit eröffnet sein, im Wege der Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts durch eine übergeordnete Instanz dem Verfahren Fortgang zu geben. Außer § 159 GVG kommen hierfür als Möglichkeiten nur § 14 StPO und die Verweisung des ersuchenden Gerichts auf die Dienstaufsicht gem. § 26 II DRiG in Betracht. § 14StPO ist jedoch unanwendbar, weil der Streit zwischen den an einem Rechtshilfeersuchen beteiligten Gerichten über die Berechtigung, das Ersuchen abzulehnen, in § 159 GVG abschließend geregelt ist (vgl. BGH, NStZ-RR 2003, 97 und BGHR StPO § 14 Bestimmung, abgelehnte 3). Das ersuchende Gericht auf den Weg den formlosen Dienstaufsicht zu verweisen (ablehnend insoweit auch OLG Hamm, NStE Nr. 2 zu § 158 GVG), wird weder dem in Strafsachen besonders zu beachtenden Beschleunigungsgrundsatz gerecht, noch gewährleistet dieser Weg eine in jedem einzelnen Falle abschließende und zuverlässige Klärung des Streits zwischen den beteiligten Gerichten.

Zur Begründetheit des Bestimmungsersuchens weist der Senat darauf hin, dass er sich bereits mit Beschluss v. 23.12.1992 (3Ws 850/92) der herrschenden Auffassung angeschlossen hat, das Rechtshilfeersuchen könne nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Verfahrensweise des ersuchenden Gerichts sei unzweckmäßig, namentlich dürfe das ersuchte Gericht nicht darauf verweisen, dass die Vernehmung eines Zeugen durch ein ebenfalls örtlich zuständiges Rechtshilfegericht (z.B. am Erst- statt am Zweitwohnsitz) sinnvoller sei (vgl. auch Beschl. v. 25.2.1997 - 3 Ws 159/97). Vielmehr ist die Ablehnung dem ersuchten Gericht nur gestattet, wenn die Rechtshilfehandlung verboten i.S. des § 158 II 1 GVG ist, wenn sie also schlechthin, d.h. abstrakt betrachtet und ausschließlich aus Rechtsgründen unzulässig ist (Senat, NJW 1974, 430 und Beschl. v. 25.7.1997 aaO). Aus diesem Grunde kann das Amtsgericht Bad Hersfeld die bloße Zweckmäßigkeitsüberlegung nicht geltend machen, der Zeuge habe es "im Zweifel von seinem Wohnort zum Amtsgericht Hünfeld genauso weit wie von seinem Firmensitz in ... zum Amtsgericht Bad Hersfeld". Dies gilt um so mehr als das Amtsgericht Offenbach zutreffend darauf hinweist, dass der Zeuge die für seine Aussage benötigten Unterlagen seiner Arbeitgeberin, die sich an deren Geschäftssitz befinden, zu seiner Vernehmung mitbringen muss.

Ende der Entscheidung

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