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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: 4 U 1/05
Rechtsgebiete: BNotO, ZPO, BeurkG, BGB, StGB, BRAGO


Vorschriften:

BNotO § 14 Abs. 2
BNotO § 19 Abs. 1
ZPO § 296 a
ZPO § 529 Abs. 1 S. 1
ZPO § 531
BeurkG § 4
BeurkG § 54 a
BGB § 23 Abs. 2
BGB § 30 Abs. 2
BGB § 255
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
StGB § 27
StGB § 263
BRAGO § 45 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 45 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch; den beklagten Notar, den Beklagten zu 1., weil er im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Grundstückskaufvertrages gegen bestehende Treuhandauflagen verstoßen habe; den Beklagten zu 3., weil er sich ebenfalls als Treuhänder zur Verfügung gestellt habe und damit in die Abwicklung des Grundstückskaufvertrages mit einbezogen gewesen sei; die Beklagten zu 2. und 4. als Mitglieder der früher gemeinschaftlich mit den übrigen Beklagten betriebenen Anwaltssozietät.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Limburg vom 26.11.2004 Bezug genommen. Ergänzend bleibt anzufügen, dass der Beklagte zu 1. bereits mit Schreiben vom 14.04.1999 an die Klägerin bestätigt hatte, dass der Käufer A auf die Wohnung X, O1, ...- Straße, einen Kaufpreisteil von 31.800 DM bedient hat. Die dem Beklagten zu 1. übersandte Telefaxnachricht der das Notaranderkonto führenden B-Bank vom 08.10.1999 enthielt unter dem Verwendungszweck die Angabe: "... gem. Treuhandauftrag vom 08.10.1999 ...".

Das Landgericht hat den Beklagten zu 1. auf den Hilfsantrag hin zur Zahlung von 77.813,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 76.693,78 € vom 08.10.2003 bis zum 22.12.2003 sowie aus 77.813,67 € seit dem 23.12.2003 Zug um Zug gegen Abgabe des notariellen Angebots zur Übertragung der zugunsten der Klägerin eingetragenen Grundschuld über 150.000 DM sowie gegen Abtretung der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag verurteilt. Die gegen die Beklagten zu 2. bis 4. geführten Klagen hat das Landgericht abgewiesen.

Die Haftung des Beklagten zu 1. aus § 19 Abs. 1 BNotO hat das Landgericht damit begründet, dass dieser den auf das Notaranderkonto überwiesenen Darlehensbetrag ausgezahlt habe, obgleich die Treuhandauflage "Vorlage des Nachweises über die Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 15.360 DM" noch nicht erfüllt gewesen sei. Diese Auflage bedeute, dass der nicht finanzierte Kaufpreis tatsächlich gezahlt worden sein und dem Notar ein Zahlungsnachweis vorliegen müsse.

Lasse sich der Notar auf die ungewöhnliche Verfahrensweise ein, dass ein Teil des Kaufpreises an einem Anderkonto vorbeilaufe, dann habe er für die inhaltliche Richtigkeit irgendwelcher Zahlungsbescheinigungen einzustehen. Es habe sich nach Beweisaufnahme aber nicht feststellen lassen, dass der Restkaufpreis tatsächlich von dem Käufer A an die Verkäuferin, die a. C mbH, gezahlt worden sei. Neben der gesamten Darlehenssumme von 76.693,78 € habe der Beklagte zu 1. auch die regelmäßig zu erwartenden Kreditzinsen in Höhe von mindestens 1.119,89 € aus dem Darlehensbetrag zu erstatten, weil zu vermuten sei, dass die Klägerin den Betrag bei Rückzahlung nach Kündigung anderweitig als Darlehen vergeben hätte.

Der Anspruch sei nicht verjährt, weil die Klägerin erst im Sommer 2003 von der möglichen Schädigung durch den Beklagten zu 1. erfahren habe.

Der Beklagte zu 3. hafte weder als Sozietätsmitglied für Pflichtverletzungen des Beklagten zu 1. aus notarieller Tätigkeit noch habe sich feststellen lassen, dass dieser selbst als Treuhänder bei der weiteren Zahlungsabwicklung beauftragt oder tätig gewesen sei. Bei dem "Treuhandkonto D" handele es sich - unstreitig - um ein gewöhnliches Geschäftskonto der damaligen Rechtsanwaltssozietät. Irgendwelche Verfügungen über den vom Notaranderkonto auf das Sozietätskonto überwiesenen Betrag habe der Beklagte zu 3. nicht getroffen.

Liege gegen den Beklagten zu 3. kein Haftungsgrund aus anwaltlicher Tätigkeit vor, bestehe insoweit auch kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 2. und 4. als Mitglieder der Außensozietät. Soweit der Beklagte zu 4. als Notarvertreter des Beklagten zu 1. tätig geworden sei, habe er gegen keine Amtspflichten verstoßen. Der Vortrag der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.10.2004 sei gemäß § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen und habe nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung veranlasst.

Gegen die ihr am 02.12.2004 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der am 03.01.2005 eingelegten und innerhalb verlängerter Frist am 14.02.2005 begründeten Berufung. Der Beklagte zu 1. hat ebenfalls gegen das ihm am 01.12.2004 zugestellte Urteil am 03.01.2005 Berufung eingelegt und diese binnen der verlängerten Frist am 15.02.2005 begründet.

Der Beklagte zu 1. verfolgt mit seiner Berufung die Abweisung auch der gegen ihn gerichteten Klage. Er rügt, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts kein wirksamer Treuhandauftrag mit der Klägerin zustande gekommen sei, weil dieser ihm weder vor noch gleichzeitig mit der Überweisung des Darlehensbetrages durch die Klägerin zugegangen sei. Der Überweisungsträger vom 08.10.1999 beinhalte zwar einen Vermerk betreffend eines Treuhandauftrages vom 08.10.1999; der Überweisungsträger habe ihm aber erst am 11.10.1999 vorgelegen. Durch die Bezugnahme im Überweisungsträger auf den Treuhandauftrag werde zudem dem Schriftformerfordernis des § 54 a BeurkG nicht genügt. Der schriftliche Treuhandauftrag der Klägerin sei ihm erst am 12.10.1999 zugegangen.

Des Weiteren habe er entgegen der Auffassung des Landgerichts die von der Klägerin benannten Treuhandauflagen vor Auszahlung des Darlehensbetrages beachtet, insbesondere sei die Zahlung des Restkaufpreises durch den Käufer nachgewiesen gewesen. Die vernommenen Zeugen hätten glaubhaft bestätigt, dass sie den Kaufpreis aus von dem Beklagten zu 1) beurkundeten Grundstücksgeschäften ausnahmslos nur erhielten, wenn sie zuvor dem Beklagten zu 1. die Kaufpreisbestätigung schriftlich angezeigt hätten. Die schriftliche Restkaufpreisbestätigung könne allein wegen der staatsanwaltschaftlichen Beschlagnahme derzeit nicht vorgelegt werden. Bezeichnenderweise habe die Verkäuferin zudem bis heute vom Käufer A keinen Kaufpreis nachgefordert. Im übrigen habe er - unstreitig - bereits mit Schreiben vom 14.04.1999 an die Klägerin bestätigt, dass der Käufer A für die Wohnung X in O1 31.800 DM gezahlt habe. Dass von der Klägerin in Bezug genommene Fax vom 11.11.1999, das eine Anzahlung des Käufers an die Verkäuferin in Höhe von 26.000 DM bestätige, beziehe sich ebenfalls auf die hier gegenständliche Wohnung. Unrichtig sei im übrigen die Auffassung des Landgerichts, dass der Beklagte zu 1. nicht nur die Vorlage einer entsprechenden Zahlungsbestätigung, sondern auch die tatsächliche Bezahlung des Restkaufpreises durch den Käufer nachzuweisen habe.

Schließlich sei ein eventueller Schadensersatzanspruch der Klägerin verjährt. Der Klägerin sei bereits aufgrund ihrer Vorermittlungen im Januar 2000 bekannt gewesen, dass der Beklagte zu 1. Auszahlungen an den Käufer vorgenommen habe. Zum Beweis dafür, dass der Klägerin bereits im Januar 2000 der hier streitgegenständliche Sachverhalt bekannt gewesen sei, benennt der Beklagte zu 1. erstmals in der Berufungsbegründung den Polizeibeamten Z1 als Zeugen.

Die Klägerin hat unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages das landgerichtliche Urteil insoweit verteidigt und die Zurückweisung der Berufung des Beklagten zu 1. beantragt. Abweichend von dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 2002, 1346 ff. zugrundeliegenden Sachverhalt, auf die der Beklagte zu 1. Bezug genommen hat, sei diesem bereits mit dem Fax der B-Bank vom 08.10.1999 ihr Treuhandauftrag bekannt geworden. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1. sei ihm der Nachweis der Zahlung des Restkaufpreises nicht gelungen. Auch aus der Zahlungsbestätigung über 26.000 DM lasse sich nicht auf die tatsächliche Zahlung des Restkaufpreises mit hinreichender Sicherheit schließen, beziehe sich die Bestätigung doch auf eine andere Wohnung. Die fehlende Nachforderung des Restkaufpreises durch die Verkäuferin lasse ebenfalls keinen sicheren Schluss auf die erfolgte Zahlung zu, weil die Kaufvertragsparteien von Anfang an einen niedrigeren als den beurkundeten Kaufpreis gewollt hätten. Der Anspruch sei nicht verjährt. Zwar habe sie von den strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit den Immobilienkäufen gewusst, nicht aber die Schädigung durch den Beklagten zu 1. gekannt.

Die Klägerin macht mit ihrer Berufung geltend, das Landgericht habe die Erfolgssaussichten der Klage gegen die Beklagten zu 2. bis 4. verkannt. Gegen den Beklagten zu 3. bestehe in Höhe von 41.503 DM bereits ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Wegen Verstoßes gegen § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BRAO sei der Geschäftsbesorgungsvertrag des Beklagten zu 3. nichtig. Die treuhänderische Tätigkeit des Beklagten zu 3. ergebe sich aus den Anlagen K 24, 25 und 26 (Bl. 273 - 276 d.A.) sowie aus den Angaben der vernommenen Zeugen Z2 und Z3. In dieser Höhe hafteten auch die Beklagten zu 2. und zu 4. als Mitgesellschafter der Anwaltssozietät. Zudem ergebe sich die schadensrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2. bis 4. aus § 23 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den §§ 263, 27 StGB sowie aus den §§ 826, 30 Abs. 2 BGB. Der Käufer A habe mit der Beantragung eines Finanzierungskredits in Höhe des notariell beurkundeten Kaufpreises schlüssig erklärt, dass der protokollierte Kaufpreis ernst gemeint sei, obgleich der tatsächlich vereinbarte Kaufpreis niedriger gewesen sei. Der Käufer habe die Darlehensraten zunächst nur aufgrund dieser Rückzahlungsvereinbarungen zahlen können. Von allen Beteiligten sei ihre Schädigung dabei zumindest billigend in Kauf genommen worden. Dieses Zusammenwirken der Beteiligten zu ihren Lasten sei kollusiv erfolgt und damit sittenwidrig gewesen. Die Beklagten zu 2. bis 4. seien in erheblichem Umfang in die Abwicklung der durch den Beklagten zu 1. übernommenen Treuhandaufträge einbezogen gewesen und hätten diesem seine Betrugshandlungen erheblich erleichtert. Selbst wenn der Beklagte zu 1. die Beklagten zu 2. bis 4. nicht unmittelbar über seine betrügerischen Tätigkeiten informiert habe, hätte den Beklagten zu 2. bis 4. aufgrund ihres Einblicks in die jeweiligen Akten und des Umfangs ihrer Einbindung in die Notariatsangelegenheiten des Beklagten zu 1. bekannt sein müssen, dass dieser in einen Betrug zu ihren, der Klägerin, Lasten verwickelt sei.

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Limburg vom 26.11.2004 die Beklagten zu 2. bis 4. als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1. zur Zahlung von 76.693,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.11.2003 Zug um Zug gegen Abgabe des notariellen Angebots zur Übertragung zu ihren Gunsten im Grundbuch des Amtsgerichts O1, Grundbuch von ..., Bl. ... unter laufender Nr. ..., über 150.000 DM eingetragenen Grundschuld, sowie gegen die Abtretung ihrer Ansprüche aus dem Darlehensvertrag Nr. ... über nominal 150.000 DM vom 28.09.1999 gegen Herrn A zu verurteilen.

Die Beklagten zu 2. bis 4. und die beiden Streithelfer des Beklagten zu 4. beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der mit der Berufungsbegründung erneuerte Vortrag der Klägerin aus dem erstinstanzlich unberücksichtigt gebliebenen Schriftsatz vom 18.10.2004 sei nicht mehr zuzulassen. Das Landgericht sei nicht verpflichtet gewesen darauf hinzuweisen, dass die gegen die Beklagten zu 2. bis 4. gerichtete Klage keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Nach der Klageerwiderung der Beklagten zu 3. und 4. sei unschwer erkennbar gewesen, dass der Tatsachenvortrag der Klägerin ihre, der Beklagten zu 2. bis 4., Verurteilung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und Beihilfe zum Betrug nicht tragen würde. Außerdem werde jede Beteiligung des Beklagten zu 1. an einem Betrugsnetz ebenso bestritten wie eine - wie auch immer geartete - Beihilfe von ihnen hierzu. Keineswegs werde in den Fällen der Notariatsvertretung die jeweilige Notarakte von A bis Z durchgearbeitet. Der Umweg des Geldflusses über den "Treuhänder D" sei für sie nicht nachvollziehbar. Bemerkenswerterweise seien sie nicht in das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren mit einbezogen. Außerdem seien eventuelle Schadensersatzansprüche gegen sie verjährt.

II.

Die Berufungen der Klägerin sowie des Beklagten zu 1. sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache bleiben die Berufungen aber ohne Erfolg.

Der Beklagte zu 1. ist gemäß § 19 Abs. 1 BNotO verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 77.813,67 € zu zahlen. Der Beklagte zu 1. hat gegen die allgemeine Notarpflicht aus § 14 Abs. 2 BNotO "dem Unrecht zu wehren" (Haug, Die Amtshaftung des Notars, 2. Aufl. 1997, Rn. 415; BGH NJW 97, 661) verstoßen, weil er die Darlehensvaluta vom Notaranderkonto auszahlte, ohne die Klägerin zuvor darüber zu informieren, dass von dem dem Käufer A gewährten Darlehen 15.000 DM an diesen zurückfließen sollten.

Die Amtspflicht aus § 14 Abs. 2 BNotO, § 4 BeurkG verbietet dem Notar sowohl an Handlungen mitzuwirken, mit denen erkennbar unerlaubte, also von der Rechtsordnung verbotene Zwecke verfolgt werden, als auch an erkennbar unredlichen Geschäften mitzuwirken. Erfasst wird dabei schon ein Vorgehen, bei dem die Verpflichtung des Notars zur unparteiischen Rechtswahrung erschüttert wird. Die Amtspflicht aus § 14 Abs. 2 BNotO bezieht sich nicht nur auf den Beurkundungsbereich, sondern auch auf andere Amtsgeschäfte wie zum Beispiel Vollzug und Verwahrung. Danach bestehen schadensverhütende Hinweispflichten, wenn der Notar von Umständen Kenntnis erlangt, die vermuten lassen, dass unter Ausnutzung seiner Vertrauensstellung Dritte in gesetzwidriger und unredlicher Weise geschädigt werden können (Zugehör in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 393 ff., 396).

Im vorliegenden Fall folgen die Hinweispflichten des Beklagten zu 1. gegenüber der Klägerin aus dem zwischen ihnen - entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1. - wirksam begründeten Treuhandverhältnis und dem durch die Überweisung des Darlehensbetrages auf das Notaranderkonto begründeten Verwahrungsverhältnis. Zwar führt nach den vom Bundesgerichtshof in NJW 2002, 1346 aufgestellten Grundsätzen die Überweisung eines Geldbetrages durch eine Bank auf das für die Abwicklung eines Grundstücksverkaufs geführte notarielle Anderkonto nur dann zu einem Treuhandauftrag zwischen Bank und Notar, wenn die Verwahranweisungen der Bank dem Notar vor oder spätestens mit der Überweisung zugehen. Andernfalls stellt die Zahlung auf das Anderkonto aus dem objektiv zu beurteilenden Empfängerhorizont eine Zahlung zugunsten des Käufers dar, welche - bei entsprechender Vereinbarung im Kaufvertrag - zur Erfüllung des Kaufpreises dient. Durch eine nachträgliche Verwahranweisung kann diese Leistung nicht mehr geändert werden.

Es reicht indes nach der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus, wenn die Bank - wie hier - spätestens mit der Überweisung sich erkennbar solche Weisungen für später vorbehalten hat (BGH, a.a.O., S. 1348). Die Klägerin hat den Darlehensbetrag von 150.000 DM am 08.10.1999 auf das vom Beklagten zu 1. bei der B-Bank geführte Notaranderkonto überwiesen. Diese hat noch am selben Tag per Fax den Beklagten zu 1. über den Zahlungseingang informiert und im Rahmen der Angaben des Verwendungszwecks auf den "Treuhandauftrag vom 08.10.1999" hingewiesen. Hat sich die Klägerin somit für den Beklagten zu 1. erkennbar zeitgleich mit der Überweisung spätere Verwahrungsanweisungen vorbehalten, kann es für die Frage der Wirksamkeit des Treuhandauftrages dahingestellt bleiben, ob - wie vom Beklagten zu 1. vorgetragen - er den ihm schriftlich übersandten Treuhandauftrag der Klägerin vom 08.10.1999 erst am 12.10.1999 angenommen hatte.

Bereits vor Annahme des Treuhandauftrages hätte der Beklagte zu 1. die Klägerin gemäß § 14 Abs. 2 BNotO darauf aufmerksam machen müssen, dass ein Teil des Darlehensbetrages an den Käufer selbst ausgezahlt werden sollte. Aufgrund einer Vielzahl von Auffälligkeiten hätte sich dem Beklagten zu 1. der Verdacht einer in der Restkaufpreiszahlung an den Käufer begründeten Gefährdung der Vermögensinteressen der Klägerin und eines betrügerischen Zusammenwirkens der Kaufvertragsparteien zum Nachteil der Klägerin als Darlehensgeberin aufdrängen müssen. So hatte der Käufer A dem Beklagten zu 1. unter Bezugnahme auf eine persönliche Besprechung am 08.10.1999 gefaxt, dass "10 % der Finanzierungssumme am Montag, den 11.10.1999 per telegrafischer Anweisung auf mein Konto" zu transferieren seien. Am 11.10.1999 hatte sich der Käufer A erneut mit einem Fax an den Beklagten zu 1. mit folgendem Inhalt gewandt: " ... Ich gehe davon aus, dass die Blitzanweisung in Höhe von rund 15.000 DM noch heute bei ihnen rausgeht, genau so, wie wir das am 08.10.1999 vereinbart haben und nicht erst morgen". Mit Fax vom gleichen Tag, damit noch vor der vom Beklagten zu 1. behaupteten Annahme des Treuhandauftrages vom 12.10.1999, hatte die Grundstücksverkäuferin den Beklagten zu 1. per Fax angewiesen, 15.000 DM von dem auf dem "Treuhandkonto D" befindlichen Betrag an den Käufer A zu zahlen. Dem Beklagten zu 1. war zudem bekannt, dass das Grundstücksgeschäft weitgehend kreditfinanziert werden sollte. Auch wusste er, dass die Höhe der Darlehensvaluta - wie allgemein üblich - auf einem zwischen der Klägerin und dem Käufer ausgearbeiteten Finanzierungskonzept beruht, welches insbesondere die Leistungsfähigkeit des Käufers, die durch die Höhe des vom Käufer selbst zu tragenden Eigenanteils bestimmt wird, berücksichtigt. Aufgrund dieser dem Beklagten zu 1. bekannten Umstände hätte sich ihm der Verdacht, dass im Wege betrügerischer Überfinanzierung Finanzmittel bei der Klägerin abgeschöpft werden sollten, aufdrängen müssen. Eine plausible Erklärung für dieses Vorgehen hat der Beklagte zu 1. nicht geben können. Die Behauptung, über den Hintergrund der Auszahlung nicht informiert gewesen zu sein, weil diese unter einen fremden Treuhandauftrag gefallen sei, er sei davon ausgegangen, dass der Teilrückzahlung des Kaufpreises an den Käufer andere Ansprüche wie z.B. Mietgarantien oder ähnliches zugrundegelegen hätten, beseitigt die Verdachtsmomente nicht. Nicht nachvollziehbar ist nämlich, aus welchen Gründen diese Zahlung nicht direkt von seinem Treuhandkonto bei der B-Bank an den Käufer erfolgte und so auch der Klägerin im Rahmen der Abrechnung über die Masse offen gelegt worden wäre, sondern stattdessen der Umweg über das Geschäftskonto der Kanzlei gewählt wurde. Der Beklagte zu 1. hätte vor diesen Vorgängen, aufgrund derer der Verdacht einer Vermögensgefährdung der Klägerin bestand, nicht die Augen verschließen dürfen. Die unterlassene Rücksprache mit der Klägerin und die Auszahlung der Darlehensvaluta ohne vorherige Unterrichtung der Klägerin über die Zahlungsanweisung der Grundstücksverkäuferin vom 11.10.1999 begründet somit einen Verstoß gegen die dem Beklagten zu 1. obliegende Amtspflicht aus § 14 Abs. 2 BNotO.

Ob der Beklagte zu 1. - wie vom Landgericht erkannt - auch gegen die Treuhandauflage der Vorlage eines Nachweises über die Zahlung des Restkaufpreises von 15.360 DM verstoßen hat, mag dahingestellt bleiben. Insoweit fehlt es an den gemäß § 529 Abs. 1 S. 1 ZPO zugrundezulegenden Feststellungen der ersten Instanz. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es insoweit nicht darauf an, ob der beklagte Notar den Nachweis hat führen können, dass der Käufer den Restkaufpreis tatsächlich auch an die Grundstücksverkäuferin vor Auszahlung der Darlehensvaluta bereits gezahlt hatte. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen einer Bestätigung der Grundstücksverkäuferin über die Restkaufpreiszahlung ein geringerer Nachweiswert zukommen sollte als einer über das Notaranderkonto geführten Zahlung. Die darlehensgebende Bank möchte gewährleistet wissen, dass die Darlehensnehmer tatsächlich in der Lage sind, den finanzierten Kaufpreisanteil aufzubringen, weil die Höhe des zu erbringenden Eigenanteils maßgebend für das gesamte Finanzierungskonzept ist. Diesem Interesse der Bank kann aber nicht dadurch Rechnung getragen werden, dass die Zahlung des Restkaufpreises über das Notaranderkonto abgewickelt wird. Denn unterstellt man das von der Klägerin behauptete gemeinsame betrügerische Vorgehen der Kaufvertragsparteien zu ihren Lasten, so hätte dies nicht durch eine vollständige Zahlungsabwicklung über das Notaranderkonto verhindert werden können. Vielmehr wären die Kaufvertragsparteien auch in diesem Fall in der Lage gewesen, durch Rücküberweisungen der ausgezahlten Darlehensvaluta die tatsächliche Kaufpreiszahlung nach Gutdünken zu gestalten.

Zwischen dem erkannten Pflichtenverstoß des Beklagten zu 1. gegen § 14 Abs. 2 BNotO und dem der Klägerin entstandenen Schaden besteht ein adäquater Ursachenzusammenhang. Es kann aufgrund der oben genannten Verdachtsmomente für eine Abschöpfung von Finanzmitteln der Klägerin im Wege der betrügerischen Überfinanzierung mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Klägerin im Falle der Kenntnis von der Zahlungsanweisung der Grundstücksverkäuferin vom 11.10.1999 und der am 08.10.1999 getroffenen Absprache des Grundstückskäufers mit dem Beklagten zu 1. zur Vermeidung eines Schadens bis zur Klärung der tatsächlichen Hintergründe der Zahlungsanweisung von einer Bereitstellung des Darlehensbetrages auf dem Notaranderkonto abgesehen, jedenfalls die Auszahlung der Darlehensvaluta untersagt hätte. Etwaige Umstände, die diesen zu vermutenden Geschehensablauf erschüttern könnten, lassen sich dem Sachvortrag des Beklagten zu 1. nicht entnehmen. Insbesondere kann der Beklagte zu 1. nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Klägerin nach Erfüllung sämtlicher Treuhandauflagen zur Auszahlung des Darlehensbetrages an die Verkäuferin verpflichtet gewesen wäre.

Erweisen sich nämlich die Grundlagen des Finanzierungsvertrages wegen möglicher irreführender Täuschung der Bank als unzutreffend, dann besteht schon aus diesem Grund kein Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta.

Die Höhe des vom Landgericht zuerkannten Schadensersatzes in Höhe von 76.693,78 € (Darlehensvaluta) zuzüglich 1.119,89 € (entgangene Zinsen) ist von den Beklagten zu 1. mit der Berufung nicht angegriffen worden, so dass sich hierzu weitere Ausführungen erübrigen.

Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt. Der Beklagte zu 1. hat auch in der Berufung nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die Klägerin bereits im Januar 2000 von der im Verstoß gegen § 14 Abs. 2 BNotO begründeten Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1. Kenntnis gehabt hatte. Die in der Berufungsbegründung unter Beweis gestellte Behauptung, der Klägerin sei bereits im Januar 2000 der "hier streitgegenständliche Sachverhalt" bekannt gewesen, lässt offen, in welchen Einzelheiten der Klägerin die maßgeblichen Tatsachen bekannt gewesen waren. Dass die vorstehend aufgeführten Gespräche zwischen dem Käufer A und dem Beklagten zu 1. sowie die Telefaxe vom 08.10.1999 und die Anweisung der Grundstücksverkäuferin vom 11.10.1999 bekannt gewesen seien, wird vom Beklagten zu 1. nicht vorgetragen.

Die mit der Berufung nicht angegriffene Zug um Zug - Verurteilung folgt aus § 255 BGB.

Die Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ebenfalls ohne Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht die haftungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 2., 3. und 4. auf Schadensersatz verneint.

Eine Haftung der Beklagten zu 4. wegen Verletzung eigener notarieller Amtspflichten ist, soweit er als Notarvertreter für den Beklagten zu 1. tätig geworden ist, nicht erkennbar. Der Beklagte zu 4. hatte am 30.09.1999 als Notarvertreter der Klägerin mitgeteilt, dass der Kaufpreis fällig sei und um Auszahlung gebeten. Noch am selben Tag veranlasste der Beklagte zu 4. die Eröffnung eines Notaranderkontos mit der Verkäuferin und dem Käufer A als Beteiligten. Am 06.10.1999 beurkundete der Beklagte zu 4. die Grundschuldbestellung über 150.000 DM zugunsten der Klägerin und beantragte die Eintragung dieser Grundschuld beim zuständigen Grundbuchamt.

Dass der Beklagte zu 4. bei diesen Tätigkeiten gegen ihm als Notarvertreter obliegende Pflichten verstoßen hat, ist nicht erkennbar und wird von der Klägerin selbst nicht dargelegt.

Eine Haftung des Beklagten zu 3. als Treuhänder entbehrt ebenfalls einer substantiiert dargelegten Grundlage. Zwar weist die Kontobezeichnung "Treuhandkonto D" auf eine entsprechende Treuhandtätigkeit des Beklagten zu 3. im Rahmen der Abwicklung des hier gegenständlichen Grundstückskaufvertrages zwischen der Firma C mbH und dem Käufer A hin. Da es sich unbestritten bei dem benannten Konto aber um ein allgemeines Geschäftskonto der seinerzeit gemeinsam vom Beklagten zu 3. mit den übrigen Beklagten betriebenen Kanzlei handelte, hätte der Kläger detailliert zur Begründung des Treuhandverhältnisses mit dem Beklagten zu 3. vortragen müssen. Entgegen der Auffassung der Klägerin belegen die Angaben der erstinstanzlich gehörten Zeugen Z3 und Z2 keine Treuhandtätigkeit des Beklagten zu 3. Der Zeuge Z2 hat allein bekundet, einen Treuhänder D zwar vom Namen her zu kennen, dieser sei des öfteren durch ihre "Bücher" gegangen. Er habe diesen Herrn D indes nie gesehen. Auch der Zeuge Z3 hat bekundet, Herrn D persönlich nicht zu kennen und auch zu dessen Art von Treuhandverhältnis und dessen konkreter Treuhandtätigkeit nichts sagen zu können. Die Anweisung der Grundstücksverkäuferin, der Firma C mbH, vom 11.10.1999 wendet sich zwar an den Treuhänder D. Unbestritten sind indes die dort benannten Anweisungen vom Beklagten zu 1. ausgeführt worden.

Gegen den Beklagten zu 3. kann ein Rückgewähranspruch in Höhe von 41.503 DM auch nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB hergeleitet werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt der vermeintliche Treuhandauftrag mit dem Beklagten zu 3. keinen Verstoß gegen § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BRAGO dar. Nach dieser Vorschrift ist es einem Rechtsanwalt lediglich untersagt, in der Rechtssache, die Gegenstand der Beurkundung des mit ihm in Sozietät verbundenen Notars war, als Rechtsanwalt tätig zu werden. Eine anwaltliche Tätigkeit, z.B. die Vertretung einer der Kaufvertragsparteien in einem gegen die andere Kaufvertragspartei gerichteten Verfahren, hat der Beklagte zu 3. aber auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht ausgeübt.

Die haftungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 2. bis 4. auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den §§ 263, 27 StGB, § 826 BGB hat die Klägerin nach wie vor nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Sämtliche Darlegungen der Klägerin beschränken sich - ungeachtet der Frage der prozessrechtlichen Zulässigkeit gemäß § 531 ZPO - auf eine Aufzählung einzelner Beurkundungen und sonstiger Tätigkeiten der Beklagten im Zusammenhang mit der Abwicklung von verschiedenen Immobiliengeschäften, die Gegenstand eines umfangreichen bei der Staatsanwaltschaft ... geführten Ermittlungsverfahrens sind. Konkrete strafbare Handlungen der Beklagten zu 2. bis 4. werden insbesondere bezüglich der Abwicklung des hier von der Klägerin finanzierten Immobilienkaufes im Einzelnen nicht dargelegt. Unklar bleiben insbesondere die Darlegungen zur jeweils subjektiven Tatseite.

Ob und inwieweit die Beklagten zu 2. bis 4. in die Geschäfte des Beklagten zu 1. involviert waren, lässt sich dem bisherigen Sachvortrag der Klägerin nicht entnehmen. Zwar mögen die Beklagten durchaus mehrfach als Vertreter des Beklagten zu 1. tätig gewesen sein und in dieser Funktion Gelegenheit zu Einblicken in die jeweiligen Notarakten gehabt haben. Dass die Beklagten daraus das von der Klägerin behauptete Betrugsnetzwerk des Beklagten zu 1. hätten ersehen können, lässt sich indes nicht feststellen. Auch die Schlussfolgerung, dass den Beklagten zu 2. bis 4. aufgrund des Umfangs der Unregelmäßigkeiten und der Zahlungsausgänge an die Grundstückskäufer über das Kanzleikonto hätte klar sein müssen, dass der Beklage zu 1. in die Vermögensinteressen der darlehensgebenden Banken gefährdende Geschäfte verwickelt gewesen ist, ist nicht zwingend. Schließlich fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Annahme eines erforderlichen Gehilfenvorsatzes der Beklagten zu 2. bis 4.

Wegen des vorstehend dargestellten, nicht hinreichend substantiierten Vortrages der Klägerin lässt sich ebenfalls eine von den Beklagten zu 2. bis 4. mitgetragene und unterstützte vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin, die einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB tragen würde, nicht feststellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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