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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 18.06.2008
Aktenzeichen: 4 U 229/07
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Verletzung notarieller Amtspflichten auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte beurkundete am 27.04.2001 zur Urkundenrolle Nr. ...2001 einen Kaufvertrag zwischen einem Herrn C als Verkäufer und einer Firma A X mit Sitz in O1, vertreten durch ihren Alleingesellschafter B. Kaufgegenstand war ein Wohneigentum in O2. Mit Darlehensvertrag vom 30.04.2001 gewährte die Klägerin der A X ein Darlehen in Höhe von 1 Mill. FRF (dies entsprach etwa 152.000 Euro) zum Zwecke des Erwerbs dieser Immobilie. Auf der Grundlage einer Belastungsvollmacht des Verkäufers C bestellte die Käuferin zu Gunsten der Klägerin mit notarieller Urkunde des Beklagten vom 28.05.2001 (Urkundenrollen Nr. .../01) eine Briefgrundschuld.

Am 18.06.2001 wurde zugunsten der Käuferin eine Eigentumsübertragungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Auf Weisung der Käuferin zahlte die Klägerin das Darlehen zweistufig aus; 61.355,03 Euro überwies sie zur Begleichung von Bauhandwerkerrechnungen und restliche 89.944,92 Euro am 09.07.2001 zur Abwicklung des Grundstücksgeschäft an den Beklagten. Mit Fax-Schreiben vom 05.07.2001 an den Beklagten kündigte die Klägerin zuvor an, sie werde ihm "heute den Betrag von 590.000 FRF (= 89.944,92 €) ... überweisen in Bezug auf den von uns restlichen gewährten Kredit an die A X für den Kauf von zwei Appartements in O2 ...

Diese Überweisung erfolgt unter Ihrer Verpflichtung gegen Aufhebung und Löschung der zur Zeit existierten Eintragungen im Hypothekenregister zu Gunsten der A-Sparkasse O3 für jeweils 18.500 DM und 51.600 DM.

Wir bitten Sie uns die Löschungen der Eintragungen im Hypothekenregister zu bestätigen sowie die Zahlung des Kaufpreises."

Mit ähnlich lautendem Fax-Schreiben vom gleichen Tage teilte die Klägerin dem Beklagten mit, sie werde einen weiteren Betrag von 300.000 € überweisen unter Bezug auf einen der A Y (einer anderen Gesellschaft des B) für den Kauf eines Gebäudes in O3 gewährten Kredits.

Zu diesem Zeitpunkt lagen dem Beklagten nach seiner (bestrittenen) Behauptung die Löschungsbewilligungen der A-Sparkasse O3 und der A-Sparkasse ... bereits vor.

Am 06.07.2001 erhielt der Beklagte nach seiner Behauptung ein Schreiben des B, in welchem dieser den Beklagten ohne konkreten Bezug auf einen der Kaufverträge allgemein anwies, "den gesamt Betrag ... auf die Banque ... zu überweisen".

Am 09.07.2001 gingen aufgrund von zwei unterschiedlichen Aufträgen der Klägerin die Beträge in Höhe von 89.944,92 € und 300.000 € auf einem allgemeinen Geschäftskonto des Beklagten bei der B-Bank ein. Mit Schreiben vom gleichen Tag veranlasste der Beklagte seine Bank, beide Geldbeträge vom Geschäftskonto auf sein Anderkonto umzubuchen und sodann den gesamten Betrag an die Banque ... zu überweisen (Bl. 106 GA).

Der Beklagte räumt ein, dabei übersehen zu haben, dass die Geldbeträge unterschiedliche Kauf- bzw. Darlehensverträge betrafen.

Ein Jahr nach Auszahlung der Darlehensvaluta wurde der von der A X in Anspruch genommene Kredit notleidend und von der Klägerin im November 2002 fällig gestellt. Der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin ist uneinbringlich. Im Jahr 2005 leitete die Klägerin das Zwangsversteigerungsverfahren aus der Briefgrundschuld ein. Dabei stellte sich heraus, dass die A X nicht Eigentümerin der Immobilie geworden war, da der Verkäufer C gegenüber der Käuferin bereits am 31.07.2001 wegen Nichtzahlung des Kaufpreises vom Kaufvertrag zurückgetreten war. Dies war dem Beklagten auf Grund eines Schreibens des Verkäufers vom 02.08.2001 bekannt. Auf die mit Schreiben vom 28.09.2001 formulierte Bitte des Verkäufers um Bestätigung, dass die zu Gunsten der A X eingetragene Grundschuld und Eigentumsübertragungsvormerkung gelöscht seien und der Kaufvertrag "komplett rückgängig gemacht und aufgehoben" worden sei, antwortete der Beklagte unter dem 08.10.2001, er könne nun mitteilen, "dass die Käuferin den Kaufpreis gemäß der im Betreff genannten notariellen Urkunde in Französischen Franc dem Unterzeichner zur Verfügung gestellt hat. Nach Umrechnung des Betrages in Deutsche Mark wird der Vertrag dann ordnungsgemäß weiter abgewickelt werden können."

Die Klägerin, die zwischenzeitlich - jedenfalls nach einem dem Beklagten vorliegenden Schreiben vom 10.08.2002 (Bl. 37 GA), dessen Echtheit die Klägerin bestreitet - der Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschulden zugestimmt hatte, erfuhr erst durch die Zustellung der Vollstreckungsabwehrklage des Verkäufers vom 30.12.2005, mit welcher der Verkäufer die Unzulässigkeit der von der Klägerin eingeleiteten Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld und die Herausgabe des Grundschuldbriefs begehrte, dass die A X nicht Eigentümerin der Immobilie geworden war und die Einzelheiten des Rücktritts des Verkäufers.

Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe amtspflichtwidrig gehandelt, als er unter Verletzung der ihm mit Schreiben vom 05.07.2001 erteilten Treuhandweisungen die Darlehensvaluta von 89.944,92 € nicht zur Erfüllung der Kaufpreisverbindlichkeit der A X an den Verkäufer sondern auf Weisung der Käuferin an einen Dritten ausgezahlt habe.

Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe sich entschlossen, das zur Verfügung gestellte Geld unverzüglich nach Eingang an die Klägerin zurück zu überweisen, da die notwendige, von ihm am 04.06.2001 angeforderte Verwalterzustimmung zum Verkauf des Wohnungseigentums nicht vorgelegen habe. Vorsorglich hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat den Beklagten in einem von ihm als "minimalistisch" kritisierten Urteil antragsgemäß verurteilt. Der Beklagte habe die auch vor Annahme eines notariellen Treuhandauftrags bestehenden Sorgfaltspflichten verletzt, indem er das Geld nicht an die Klägerin zurück überwiesen habe. Die Forderung sei auch nicht verjährt.

Mit seiner fristgemäß erhobenen Berufung verfolgt der Beklagte weiterhin die Klagabweisung. Der Beklagte rügt, das Landgericht habe keine Feststellung darüber getroffen, ob überhaupt ein Treuhandverhältnis zustande gekommen sei. Seine erstinstanzliche Darstellung, er habe den Treuhandauftrag nicht annehmen wollen, gibt der Beklagte nicht auf, bezeichnet sie indes jetzt als rechtlich nicht erhebliche Mentalreservation. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten weiter geltend gemacht, die beabsichtigte Rücküberweisung sei irrtümlich an einen falschen Adressaten gerichtet worden. Im Übrigen hat er die Auffassung vertreten, der Treuhandauftrag sei bereits mit Übersendung des Schreibens der Klägerin vom 05.07.2001 zustande gekommen, einer Annahme des Beklagten habe es nicht bedurft. Jedenfalls sei eine konkludente Annahme in der von ihm vorgenommenen Grundschuldbestellung zugunsten der Klägerin zu sehen. Zur Auszahlung sei der Beklagte berechtigt gewesen, denn die Treuhandweisungen seien bereits bei Erhalt des Treuhandauftrages erfüllt gewesen; das Landgericht habe übersehen, dass die Löschung der vorrangigen Grundpfandrechte sichergestellt gewesen sei. Da sich im Treuhandauftrag auch keine ausdrückliche Auflage finde, dass die Treuhandvaluta erst freigegeben werden dürften, wenn der gesamte Kaufpreis "belegt" sei, hätte das Landgericht prüfen müssen, ob die Bedingung für die Weiterleitung des überwiesenen Betrages nicht wenigstens durch das Schreiben der Klägerin vom 10.08.2002 rückgängig gemacht worden sei, in dem sich die Klägerin mit der auflagenfreien Löschung ihres Grundpfandrechts einverstanden erklärt habe. Aufgrund dieses Schreibens hätte der Beklagte jedenfalls jetzt eine entsprechende Anweisung der A X auf Auszahlung des Geldes an die Banque ... befolgen müssen. Selbst wenn die Überweisung seinerzeit im Juli 2001 von ihm nicht hätte vorgenommen werden dürfen, so sei dies nicht ursächlich für den im Jahre 2005 eingetretenen Schaden in Gestalt des Umstandes, dass die der A X gewährten Kredite notleidend wurden. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Rückzahlungsanspruch der Klägerin durch Inanspruchnahme von Sicherheiten in der Zwischenzeit erfüllt worden sei. Sei dies nicht der Fall, könne die Klägerin ihn nicht in Anspruch nehmen, ohne ihm ihre Sicherheiten abzutreten. Das Landgericht habe auch zu Unrecht die Forderung als nicht verjährt angesehen. Verjährungsbeginn sei spätestens der 10.08.2002, weil die Klägerin nur bis zu diesem Zeitpunkt eventuelle Schadensersatzansprüche wegen einer eventuell vorzeitigen Verfügung über den an ihn überwiesenen Betrag hätte geltend machen können. Nicht entscheidend sei, wann die Klägerin Kenntnis von der Fehlüberweisung vom 09.07.2001 erhalten habe.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung die vom Beklagten vorgelegten, angeblich von der Klägerin stammenden Schreiben vom 13.06.2002 und 10.08.2002 als Fälschung bezeichnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Übrigen gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten wegen einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung zur Zahlung von Schadensersatz auf der Grundlage von § 19 BNotO verurteilt.

1. Der Beklagte ist als Notar tätig geworden. Denn nach § 24 Abs. 2 S. 1 BNotO ist anzunehmen, dass ein Rechtsanwalt und Notar immer dann als Notar tätig wird, wenn er Handlungen der in § 24 Abs. 1 BNotO bezeichneten Art vornimmt, die dazu bestimmt sind, Amtsgeschäfte der in §§ 20 - 23 BNotO bezeichneten Art vorzubereiten oder auszuführen. Wenn nach den objektiven Umständen, insbesondere nach der Art der Tätigkeit, eine Aufgabe zu erfüllen ist, die in den Bereich notarieller Amtstätigkeit fällt, bestehen Zweifel an notariellem Handeln nicht (BGH NJW-RR 2001, 1639, 1640). Die Überweisung der Klägerin erfolgte hier im Rahmen eines dem Beklagten angetragenen Verwahrungsvertrages, das durch das von ihm beurkundete Kaufgeschäft veranlasst war. Zwar ist das Schreiben der Klägerin an "Rechtsanwalt und Notar ..." (Hervorhebung v. S.) gerichtet, jedoch ergibt sich aus dem Text und der Bezugnahme auf den von dem Beklagten beurkundeten Kaufvertrag, dass es der Klägerin darum ging, die Auszahlung der Darlehensvaluta auf den Kaufpreis an den Verkäufer nach vorheriger Löschung von Voreintragungen vor ihrer Grundschuld sicherzustellen. Dem steht nicht entgegen, dass im Kaufvertrag die Kaufvertragsparteien die Einrichtung eines Anderkontos und Abwicklung der Kaufpreiszahlung über dieses Konto nicht vereinbart hatten. Nach der kaufvertraglichen Regelung war der Kaufpreis erst nach der Mitteilung des Beklagten, u.a. über die Vorlage der Löschungsbewilligungen, fällig. Dies begründete ein Sicherungsbedürfnis der Klägerin und auf diesem Hintergrund wurde der Beklagte, wenn er den Treuhandauftrag der Klägerin annahm oder ablehnte, als Notar auf der Grundlage von §§ 23, 24 BNotO tätig.

2. Der Beklagte hat seine Amtspflichten gegenüber der Klägerin verletzt.

Dies gilt sowohl dann, wenn ein Treuhandverhältnis zur Klägerin nicht zustande gekommen ist - wovon der Senat ausgeht -, aber auch dann wenn ein solches - wie die Berufung nunmehr geltend macht - bestand.

2.1 Der Beklagte hat in erster Instanz ausdrücklich vorgetragen, er habe den Antrag wegen der fehlenden Verwalterzustimmung nicht angenommen und deshalb das Geld sofort wieder rücküberweisen wollen (Bl. 59 GA). Diesen Sachvortrag hat der Beklagte in zweiter Instanz nicht korrigiert, er hat ihn nur als rechtlich unerheblich (in der Berufungsbegründung) bzw. als unerhebliche Mentalreservation (in der mündlichen Verhandlung) bezeichnet, weil das Treuhandverhältnis schon mit der Überweisung der Darlehensvaluta seitens der Klägerin zustande gekommen sei.

a. Der Rechtsauffassung des Beklagten liegt ein dogmatisches Fehlverständnis vom Zustandekommen eines Treuhandvertrages im Zusammenhang mit der Überweisung von Darlehensvaluta seitens der den Kaufpreis finanzierenden Bank zugunsten einer Partei des vom Notar beurkundeten Grundstückskaufvertrages zugrunde. Der Beklagte meint zu Unrecht der einschlägigen Rechtsprechung des BGH und auch des Senats entnehmen zu können, dass ein Treuhandvertrag zwischen Bank und Notar allein durch die Überweisung der Darlehensvaluta mit vorangegangenen oder gleichzeitig eingehenden Weisungen zustande komme, weil es sich dabei um "einseitige" Weisungen handle. Damit missversteht der Beklagte die rechtliche Problematik.

Die in Bezug genommne Rechtsprechung betrifft das Verhältnis unterschiedlicher Treuhandweisungen, wenn hinsichtlich ein und derselben Verwahrungsmasse mehrere miteinander kollidierende Verwahrungsanweisungen erteilt werden. Liegen beispielsweise bei einem drittfinanzierten Grundstückskaufvertrag hinsichtlich zu verwahrender Darlehensvaluta Weisungen sowohl von den Kaufvertragsparteien als auch der finanzierenden Bank vor, so bedarf es der Klärung, ob es sich bei den Weisungen der Bank um ein einseitiges, dem Treuhandverhältnis zwischen den Vertragsparteien und dem Notar vorgeschaltetes Treuhandverhältnis handelt, oder ob das Kreditinstitut in das mehrseitige Treuhandverhältnis mit den Vertragsparteien eintritt (instruktiv BGH NJW 2002, 1346). Bis zu dieser Entscheidung des BGH war allgemein angenommen worden, dass alleine das Wissen des Notars um die Fremdfinanzierung des Kaufpreises und die allgemeine Üblichkeit von Treuhandauflagen bei diesen Geschäften zur Annahme eines inhaltlich noch nicht erkennbaren Vorbehalts bezüglich nachfolgender einseitiger Verwahranweisungen ausreichte; es entsprach deshalb der Notarpraxis, wenige Tage nach dem Geldeingang eintreffende Treuhandauflagen allgemein als zulässig und im Rahmen eines dadurch zustande kommenden Treuhandvertrages als konstitutiv anzuerkennen (vgl. Hertel in: Eylmann/Vaasen, Bundesnotarordnung/ Beurkundungsgesetz, 2. Auflage, § 54a BeurkG Rn. 68; dagegen in der Vorauflage vgl. § 54c Rn. 9). Dies führte zu einem Schwebezustand, in dem Notar und Beteiligte nicht wussten, ob noch eine Treuhandauflage nachfolgte, oder ob möglicherweise schon ausgezahlt werden konnte, der nach vorgenannter Entscheidung des BGH in der Regel nicht mehr entstehen kann. Denn auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann die Überweisung eines Geldbetrages durch eine Bank auf das für die Abwicklung eines Grundstückskaufs eingerichtete Notaranderkonto nur dann zu einem Treuhandauftrag zwischen überweisender Bank und Notar führen, wenn die Verwahranweisungen der Bank dem Notar vor oder jedenfalls spätestens mit der Überweisung zugehen. Ist das nicht der Fall und lässt sich auch nicht aus sonstigen konkreten Umständen auf die für den Notar erkennbare Ankündigung nachfolgender Treuhandweisungen schließen, so stellt die Zahlung auf das Anderkonto aus dem objektiv zu beurteilenden Empfängerhorizont eine Zahlung zugunsten des Käufers dar, welche bei entsprechender Vereinbarung im Kaufvertrag zur Erfüllung des Kaufpreishinterlegungsanspruchs dient; die erteilten Treuhandweisungen der Bank sind dann unbeachtlich. Mit den vom Beklagten besonders hervorgehobenen Entscheidungen ist der Senat lediglich dem Versuch eines Notars entgegen getreten, die Entstehung eines vorrangigen Treuhandverhältnisses zu der kaufpreisfinanzierenden Bank mit der Behauptung in Abrede zu stellen, er habe unmittelbar nach Mitteilung vom Eingang der Darlehensvaluta seitens der kontoführenden Bank die Auszahlung verfügt, mit Treuhandweisungen habe er nicht gerechnet. Der Senat hat demgegenüber - inzwischen vom BGH gebilligt - die Auffassung vertreten, der von dem Notar im Rahmen der Abwicklung der Finanzierung über Notaranderkonto eingeschalteten Bank komme nur die Funktion eines Empfangsboten zu. Wenn die überweisende Bank auf dem Überweisungsträger Treuhandweisungen erteile oder dort die spätere Erteilung solcher Weisungen ankündige, könne bereits mit Eingang des Geldes zwischen der finanzierenden Bank und dem die Darlehensvaluta annehmenden Notar ein Treuhandverhältnis zustande kommen, das den Treuhandweisungen aus dem Kaufvertrag vorgeschaltet sei (Urteil des Senats vom 07.12.2005, 4 U 93/04).

Es ist danach zwar nicht entscheidend, wann der Notar die Treuhandweisungen abzeichnet oder zur Kenntnis nimmt; dies ändert indes nichts an der dogmatischen Qualifizierung des Treuhandauftrags als Vertrag (mit einseitigen Weisungen), der entsprechend den allgemeinen Regeln für mehrseitige Rechtsgeschäfte nur durch Angebot und Annahme zustande kommen. Es ist daher selbstverständlich notwendig, dass der Notar zumindest konkludent den Auftrag annehmen muss.

b. Vorliegend liegt keine ausdrückliche Annahme vor, es fehlt indes auch an einer wenigstens konkludenten Annahme des Treuhandauftrages durch den Beklagten.

Zwar kann nach § 151 BGB ein Vertrag auch ohne Erklärung der Annahme gegenüber dem Antragenden zustande kommen, wenn dies der Verkehrssitte entspricht oder der Antragende auf eine solche Erklärung verzichtet. Die Norm setzt jedoch immer eine Betätigung des Annahmewillens voraus, die nach außen hervortritt. Schlüssige Handlungen des Beklagten, die einen Annahmewillen hervortreten lassen, sind nach Überzeugung des Senats weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Dies gilt ohne weiteres dann, wenn der Sachvortrag des Beklagten zugrunde gelegt wird, er habe sich entschlossen, das zur Verfügung gestellte Geld unverzüglich nach Eingang an die Klägerin zurück zu überweisen, da die notwendige, von ihm am 04.06.2001 angeforderte Verwalterzustimmung zum Verkauf des Wohnungseigentums bei Eingang des Geldes nicht vorgelegen habe. Wenn der Beklagte, wie er weiter geltend macht, die Überweisung lediglich irrtümlich an einen falschen Adressaten vorgenommen hat, dann war auch dies nichts anderes als ein nach außen tretender Ausdruck der Ablehnung des Treuhandauftrags.

Der Beklagte hat den Treuhandauftrag nach den konkreten Umständen des Falls auch nicht dadurch angenommen, dass er die Umbuchung von dem auf seinem allgemeinen Geschäftskonto eingegangenen Geldbetrag auf sein Notaranderkonto veranlasst hat. Mit dem Schreiben vom 09.07.2001 (Bl. 107 GA) an seine Bank hat der Beklagte nämlich bezüglich der ihm von der Klägerin mit Treuhandweisungen zur Verfügung gestellten Darlehensvaluta (zur Finanzierung des Kaufvertrages A X/C) keine Verfügung vornehmen wollen. Vielmehr hat er die Umbuchung auf sein Notaranderkonto und die Überweisung des Geldes an die Banque ... im Rahmen eines anderen Kaufvertrages (A Y/B) veranlassen wollen. Denn nach seinem eigenen Vortrag hatte der Beklagte insoweit irrtümlich angenommen, die an diesem Tage infolge von zwei getrennten Überweisungen der Klägerin auf seinem allgemeinen Geschäftskonto eingegangenen Valuta von insgesamt 389.944,92 Euro (300.000 Euro sowie 89.944,92 Euro) seien von der Klägerin zur Finanzierung des Kaufpreises aus einem anderen Kaufvertrag (UR. .../01, zugunsten der Käuferin A Y für den Kauf eines Gebäudes in O3) zur Verfügung gestellt worden; nur dieses Geld sollte und wollte er auf Weisung des B vom 06.07.2001 auf ein Konto der Banque ... überweisen und dementsprechend nur darauf bezogen war das Schreiben des Beklagten vom 09.07.2001 an seine Bank.

Auf diesem Hintergrund stellt sich die mit diesem Schreiben lediglich irrtümlich erbetene und nicht mit dem notwendigen Erklärungsbewusstsein verbundene Umbuchung nicht als Betätigung eines Annahmewillens dar.

Soweit der Beklagte schließlich eine konkludente Annahme aus der Beurkundung der Briefgrundschuld zugunsten der Klägerin herleiten möchte, scheitert eine solche Annahme schon daran, dass diese nicht nur bereits am 28.05.2001, also über einen Monat vor Übersendung des Treuhandauftrages vom 05.07.2001 beurkundet worden war, sondern auch daran, dass sich in dieser Urkunde kein Anhaltspunkt dafür findet, dass der Notar mit nachfolgenden Treuhandweisungen der Klägerin hätte rechnen müssen oder gerechnet hat.

c. Nimmt ein Notar gleich aus welchem Grund einen Verwahrungsantrag nicht an, treffen ihn jedenfalls, wovon das Landgericht völlig zutreffend ausgegangen ist, vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ihn auch verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die Rücküberweisung an denjenigen erfolgt, von dem die Valuta stammen.

Diese Verpflichtung hat der Beklagte fahrlässig verletzt.

2.2 Eine fahrlässige Pflichtverletzung liegt aber auch dann vor, wenn man mit dem Beklagten davon ausgehen wollte, dass der Treuhandvertrag zustande gekommen ist.

Die einseitigen Treuhandweisungen der Klägerin vom 05.07. 2001 verlangten vom Beklagten zunächst, dass ihm eine Löschung voreingetragener Grundstücksbelastungen vorliegen musste. Die Klägerin verlangte aber in ihrem entsprechenden Schreiben nicht nur die Bestätigung der Löschung sondern darüber hinaus auch die Bestätigung der "Zahlung des Kaufpreises". Das konnte und durfte der Beklagte nicht anders verstehen, als dass er - nach Erfüllung der ersten Treuhandauflage - die Auszahlung des restlichen Kaufpreises an den Verkäufer vornehmen musste. Es mag - wie der Beklagte geltend macht - ihm unklar gewesen sein, aus welchen rechtlichen Gründen die Klägerin die Darlehensvaluta überwiesen hat, er wusste aber nach seinem eigenen Vortrag (BE S.8), dass er nach § 3 (2) des von ihm beurkundeten Kaufvertrages den nach Ablösung der vorrangigen Belastungen durch den Käufer verbleibenden Kaufpreis auf ein noch zu benennendes Konto des Verkäufers zahlen sollte. Er musste daher die Auflage der Klägerin, die Zahlung des Kaufpreises zu bestätigen, so verstehen, dass er den von der Klägerin an ihn überwiesenen Geldbetrag nur an den Verkäufer auszahlen durfte.

Beide Treuhandweisungen hat der Beklagte fahrlässig verletzt.

Er hat nämlich über die Valuta vor Löschung der Voreintragungen verfügt und das Geld nicht an den Verkäufer sondern an einen Dritten ausgezahlt.

Der Beklagte räumt in zweiter Instanz selbst ein (BE S. 9), dass die Treuhandweisung jedenfalls die Sicherstellung der Löschung der der Grundschuld der Klägerin vorrangigen Grundpfandrechte erforderlich machte. Indes ging die Treuhandweisung der Klägerin weiter; sie verlangte nicht nur die Sicherstellung der Löschung sondern die Löschung selbst. Da ein Notar Treuhandweisungen immer peinlich genau zu befolgen hat (BGH MDR 2003, 987), kommt es an sich nicht darauf an, ob dem Beklagten Löschungsbewilligungen vorlagen. Selbst wenn man aber die Weisung der Klägerin in dem Sinne verstehen würde, dass die Löschung nur sichergestellt sein musste, fehlte es auch an dieser Voraussetzung. Denn mit dem Begriff der Sicherstellung ist beim Treuhandauftrag, sofern besondere Absprachen fehlen, gemeint, dass für die Eintragung des Rechts oder der Rechtsänderung nur noch das pflichtgemäße Handeln des Notars und des zuständigen Grundbuchbeamten erforderlich ist (BGH NJW-RR 2003, 1434; MDR 2003, 987). Die Sicherstellung ist danach im Allgemeinen gegeben, wenn der Eintragungsantrag gestellt ist und alle für die Eintragung notwendigen Unterlagen dem Grundbuchamt vorliegen und aus dem Grundbuch und den Grundakten bei Antragstellung keine Eintragungshindernisse erkennbar sind. Hier fehlte es im Zeitpunkt der Verfügung über das verwahrte Geld bereits an einem Antrag auf Löschung. Der Vollzug der Löschung war damit keineswegs nur noch vom pflichtgemäßen Handeln des Grundbuchamtes abhängig.

Unabhängig davon hat der Beklagte gegen die Weisungen verstoßen, weil die Auszahlung des verwahrten Geldes nicht - wie es die Verwahranweisung verlangte - zur Tilgung des Kaufpreises an den Verkäufer, sondern an einen Dritten erfolgte.

War aus Sicht des Beklagten die Treuhandweisung der Klägerin unpräzise und ungenau, wäre es Pflicht des Beklagten gewesen, sich über ihren Inhalt Gewissheit zu verschaffen.

Der Beklagte hat daher auch dann, wenn ein Treuhandvertrag mit der Klägerin zustande gekommen wäre, die ihm daraus erwachsenen Pflichten verletzt.

3. Der Schaden besteht darin, dass die Klägerin die dem Beklagten im Rahmen des ihm angesonnenen Treuhandvertrages zur Verfügung gestellten Valuta nicht zurückerhalten hat. Der Vortrag des Beklagten ist deshalb auch insoweit unerheblich, als er einen Schaden unter Hinweis darauf bestreitet, dass das Landgericht nicht festgestellt habe, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin durch Verwertung von Sicherheiten nicht befriedigt worden sei. Der Schaden ist der Klägerin nämlich schon dadurch entstanden, dass sie auf die Valuta infolge der Pflichtverletzung des Beklagten nicht mehr Zugriff nehmen konnte und kann, nachdem insoweit ein Treuhandverhältnis nicht zur Entstehung gelangt ist oder jedenfalls unstreitig nicht mehr besteht.

Hätte ein Treuhandverhältnis bestanden, so wäre entgegen der Auffassung des Beklagten die haftungsausfüllende Kausalität der durch die verfrühte und an einen Nichtberechtigten erfolgte Auszahlung begründeten Pflichtverletzung für den Schaden nicht nachträglich entfallen. Es kann allerdings an einem zurechenbaren Schaden fehlen, wenn der Treugeber dem Notar die Möglichkeit einräumt, die Auszahlungsvoraussetzungen noch herbeizuführen. Ob dies der Fall war, kann dahin stehen, weil vorliegend entgegen der Auffassung des Beklagten die Auszahlungsvoraussetzungen auch zu keinem späteren Zeitpunkt vorgelegen haben.

Eine solche Annahme scheidet schon deshalb aus, weil der Kaufvertrag, was der Beklagte wusste, infolge des Rücktritts des Verkäufers nicht vollzogen worden ist und daher das von der Klägerin zur Finanzierung des Kaufpreises zur Verfügung gestellte Darlehen vom Beklagten zu keinem Zeitpunkt hätte ausgezahlt werden dürfen; abgesehen davon hat der Beklagte auch nicht an den Verkäufer sondern einen Dritten ausgezahlt.

Der Beklagte kann schließlich auch aus dem von ihm als "prozessentscheidend" bewerteten Schreiben der Klägerin vom 10.08.2002 (Bl. 37 GA) nichts zu seinen Gunsten herleiten. Mit diesem Schreiben hat die Klägerin, sollte das der Kopie entsprechende Original existieren und entgegen ihrem Bestreiten in der mündlichen Verhandlung echt sein, zwar die Zustimmung zur Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld erklärt, weil ihr andere Sicherheiten für das Darlehen zur Verfügung stünden. Gleichwohl ist die daran anknüpfende Auffassung des Beklagten rechtlich nicht nachvollziehbar, er habe angesichts des Inhalts des Schreibens von diesem Zeitpunkt an jedwede Überweisungsanweisung der A X gleich welchen Inhalts befolgen können. Der Beklagte war nach Aufhebung des Kaufvertrages zur Rückzahlung der nur treuhänderisch verwahrten Valuta an die Klägerin verpflichtet; daher ist es auch nicht verständlich, wie der Beklagte, nachdem er das Geld bereits im Juli 2001 an einen Dritten ausgekehrt hatte, im Oktober dem Verkäufer noch mitteilen konnte, der Kaufpreis sei nunmehr zur Verfügung gestellt und der Kaufvertrag könne abgewickelt werden.

Auch im Hinblick auf ein mögliches (Mit-)Verschulden der Klägerin an der Schadensentstehung oder -begrenzung (§ 254 BGB) ist das Schreiben unergiebig; unstreitig hat die Klägerin erst im Zuge der im Jahre 2005 vom Verkäufer erhobenen Vollstreckungsabwehrklage erstmals davon erfahren, dass der Verkäufer vom Vertrag zurückgetreten und ihre Darlehensschuldnerin, die A X, nicht Eigentümerin der Immobilie geworden war.

Daher kann offen bleiben, ob der Klägerin die Grundschuld überhaupt noch eine Sicherheit bot.

4. Auf die Frage nach einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit kommt es wegen § 19 Abs. 1 S. 2, 2. Halbs. BNotO nicht an.

5. Die Einrede der Verjährung kann der Beklagte aus den Gründen des Urteils des Landgerichts nicht mit Erfolg erheben. Der Schadensersatzanspruch wegen notarieller Amtspflichtverletzung verjährt nach § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO, § 195 BGB bzw. nach der unter Berücksichtigung des Zeitpunkts der Amtspflichtverletzung noch geltenden Vorschrift des § 852 BGB a.F. regelmäßig in drei Jahren. Die Verjährung kann erst beginnen, wenn ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Der Lauf der Verjährungsfrist setzt entgegen der Rechtsansicht des Beklagten die Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners voraus. Selbst wenn die Klägerin mit Schreiben vom 10.08.2002, wie der Beklagte meint, auf ihre Treuhandweisungen verzichtet hätte, hat sie unstreitig indes erst im Jahr 2005 Kenntnis davon erlangt, dass der Beklagte den verwahrten Betrag bereits ausgekehrt hatte. Die Klageerhebung im Jahr 2007 erfolgte mithin in unverjährter Zeit.

6. Auf die Berechtigung der in zweiter Instanz "vorsorglich" erhobenen Einrede des Beklagten, dass ihm im Falle einer Verurteilung ein möglicher Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe der Klageforderung gegen die A X zustehen müsse, kommt es im Hinblick auf die in zweiter Instanz geänderte Antragstellung der Klägerin nicht mehr an.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 ZPO; die Einschränkung des erstinstanzlich zuerkannten Schadensersatzanspruchs durch die Verurteilung Zug-um-Zug gegen Abtretung von Sicherungsrechten enthält kein Unterliegen der Klägerin, das sich kostenmäßig ausdrücken könnte, zumal ihre Grundpfandrechte gelöscht und unstreitig ihr Darlehensrückzahlungsanspruch uneinbringlich und damit nicht werthaltig ist.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war auf der Grundlage von § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil es insoweit an den gesetzlichen Voraussetzungen fehlt.

Ende der Entscheidung

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