Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: 5 U 75/07
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, EGBGB, BGB, EStG


Vorschriften:

HGB § 172 Abs. 4
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 156
ZPO § 287 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
BGB § 195
BGB § 199 n.F.
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 214
BGB § 242
BGB § 249 S. 1
BGB § 252
BGB § 252 S. 2
BGB § 278 Satz 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 293
BGB § 295
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG § 32 a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger, ein Zahnarzt aus der ..., verlangt aus Verschulden bei Vertragsschluss im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfond, nämlich an der A. Deren persönlich haftende Gesellschafterin war und ist die Beklagte, Prospektherausgeber war die mit der Vermittlung und Zusammenführung der Anleger beauftragte B. Dem Kläger, der der Fondsgesellschaft bei einem Aufgeld von weiteren 1.850,00 DM mit einer Einlage von 100.000,00 DM im Jahr 1999 beigetreten war, hatte der Verkaufsprospekt (Anl. B 5, Bl. 113 ff. d.A.), auf den zu den Einzelheiten verwiesen wird, vorgelegen. Dieser enthielt Angaben zu einer bis 2024 ausgelegten Prognoseberechnung, die - bezogen jeweils auf das Vorjahr - Mietsteigerungen zwischen 2 und 3 % vorsah. Zu den der Prognose zugrunde liegenden Tatsachen berief der Prospekt sich wiederholt auf "Erfahrungswerte der Vergangenheit". Tatsächlich waren der Prognose eine allgemeine Preissteigerungsrate zu Grunde gelegt worden sowie Angaben des Mietspiegels und der Stadt O1 über den Bedarf an Wohnungsneubauten.

Für das Jahr 1999 erzielte der Kläger durch die gewerbliche Beteiligung eine Steuerersparnis, deren Höhe die Beklagte - pauschal bestritten - im Berufungsverfahren mit 26.842,82 € angibt. Zu der weiteren Entwicklung des Fonds wird auf den Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2006 Bezug genommen (Bl. 306- 325 d.A.). An den Kläger wurden acht Einzelausschüttungen zu je 766,94 € erbracht, die er zur Berechnung seines Schaden ungekürzt absetzt.

Der Kläger hat die Rückzahlung seiner Einlage und Nebenkosten abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen gegen Übertragung der Anteile verlangt, weil er den Prospekt aus verschiedenen Gründen als fehlerhaft angesehen hat, u.a wegen der Unrichtigkeit der Prognose zu den zu erzielenden Mieteinkünften.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1.) an den Kläger 45.939,56 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. seit dem 1.12.1999,

2.) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von seiner Haftung nach § 172 Abs.4 HGB freizustellen,

dies (d.h. die Anträge gem. Ziff.1 und 2) dabei Zug-um-Zug gegen Übertragung der Kommandit-Beteiligung des Klägers an der "A" KG in Höhe von 100.000,00 DM (entspricht 51.129,19 €).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Prospekt für richtig angesehen und sich auf Verjährung berufen.

Das Landgericht hat die Klage aus Prospekthaftung im weiteren Sinn als unbegründet angesehen, weil der Kläger zur Inanspruchnahme von Vertrauen nicht ausreichend vorgetragen habe. Auch bestehe kein Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 221-226 d.A.).

Die Berufung des Klägers macht geltend, dass das Landgericht die Voraussetzungen des Anspruchs aus Prospekthaftung im weiteren Sinn verkannt habe und auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung auf den Vortragsmangel hätte hinweisen müssen. Der Kläger habe 1998 und 2000 jeweils in Steuersparmodelle investiert und erziele ein unregelmäßiges Einkommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

1.) an den Kläger 45.939,56 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 4% Zinsen p.a. seit dem 1.12.1999,

2.) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von seiner Haftung nach § 172 Abs.4 HGB freizustellen,

dies (d.h. die Anträge gem. Ziff.1 und 2) dabei Zug-um-Zug gegen Übertragung der Kommandit-Beteiligung des Klägers an der "A" KG in Höhe von 100.000,00 DM (entspricht 51.129,19 €), und

festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.

hilfsweise,

den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil und wendet ein, der Kläger müsse sich die Steuerersparnis von 32.721,40 € anrechnen lassen, jedenfalls aber einen Vorteil aus der Absenkung der Steuerbelastung, den die Beklagte in der höchsten Progressionsstufe des EStG - betraglich unstreitig - mit 8.562,86 € angibt.

Der Senat hat auf die Beachtlichkeit der Angabe zu Erfahrungswerten der Vergangenheit für eine Prospektunrichtigkeit hingewiesen (Bl. 270 d.A.) sowie dem Kläger Gelegenheit gegeben, seine voraussichtliche zusätzliche Steuerbelastung bei einer Rückabwicklung im Veranlagungszeitraum 2008 vorzutragen (Bl. 356 d.A.).

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und gerechtfertigt worden. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg, nämlich soweit das angefochtene Urteil auf Rechtsfehlern beruht und von der ersten Instanz abweichender und nach § 529 Abs.1 ZPO beachtlicher Vortrag es nicht zu stützen vermag.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss zu (sog. uneigentliche Prospekthaftung). Gemäß Art. 229 § 6 Abs.1 Satz 1 EGBGB finden auf das Rechtsverhältnis der Parteien die Vorschriften des BGB in der bis zum 1.1.2002 gültigen Fassung weiter Anwendung, weil der Anspruch des Klägers zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden war und noch nicht verjährt war. Die Rechtsgrundsätze zum Verschulden bei Vertragsschluss sind hier nicht durch besondere gesetzliche Regelungen ausgeschlossen.

Aus Verschulden bei Vertragsschluss hat derjenige einzustehen, der einen künftigen Vertragspartner über für den Abschluss wesentliche Umstände nicht aufklärt, obwohl ihm oder einem Erfüllungsgehilfen diese bekannt sind.

Die Beklagte unterließ es bei Abschluss des Aufnahmevertrags (Anl. B 1, Bl. 106 d.A.) den Kläger als künftigen Mitgesellschafter auf eine Fehlerhaftigkeit des Prospekts hinzuweisen, der gemäß der Beitrittserklärung bei den Vertragsverhandlungen Verwendung fand.

Der Prospekt war fehlerhaft, weil er zu einer wesentlichen Angabe, nämlich der Prognose künftiger Mieteinnahmen, auf einer unrichtigen Tatsachengrundlage beruhte. Wesentlich sind Umstände, die objektiv zu den wertbildenden Faktoren der Anlage gehören und die ein Anleger eher berücksichtigt, als dass er sie außer Acht ließe (vgl. allgemein Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz.87). Denn ein Verkaufsprospekt dient dazu, den Erwerber in die Lage zu versetzen, die Anlage zu beurteilen und sein Risiko einzuschätzen (BGH vom 22.5.1980, II ZR 209/79 - BGHZ 77, 172, 175; BGH vom 7.9.2000, VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, 125). Der Erfolg einer Immobilieninvestition aber steht und fällt mit der künftigen Entwicklung der Mieten.

Die Vermietungsprognose wurde in dem Prospekt wiederholt auf "Erfahrungswerte der Vergangenheit" gestützt. Der Prospekt enthält eine Prognose für die 23-jährige Vermietungsphase, dass die Mieten in den ersten zwei Jahren der Vermietungsphase um je 2%, in den weiteren fünf Jahren um 2,5% und dann bis zum Ende der Prognose um je 3% ansteigen werden (Prospekt S.32 unter 1.). Gerechnet auf Basis des ersten Vermietungsjahrs, also auf 2001, ergibt dies eine Steigerung der Mieten nach 23 Jahren um 87% (Zahlenvergleich Anfang und Ende, Prospekt S.30, 31). In den Hinweisen (Prospekt S.46 unter j) ist aufgeführt, dass die für die Prognoseberechnung angenommenen Daten auf "Erfahrungswerten der Vergangenheit" beruhten. Auf Seite 50 des Prospekts ist ausgeführt, eine Fortschreibung der aktuellen Mieten für die Zukunft sei "nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungswerte der Vergangenheit" im Schätzungswege möglich.

Diese Prognose war falsch, weil sie auf einer unzutreffenden Grundlage beruhte. Erfahrungswerte der Vergangenheit zur Mietentwicklung standen den Prospektverantwortlichen tatsächlich nicht zur Verfügung, erst recht nicht in einer die Zukunftserwartung von 87% tragenden Weise. Die Prospektpflichtigen übernehmen grundsätzlich zwar keine Gewähr dafür, dass die im Prospekt getroffenen Voraussagen auch eintreffen, eine Verantwortlichkeit besteht aber insofern, als Prognosen ausreichend durch Tatsachen gestützt und kaufmännisch vertretbar sein müssen (BGH vom 12.7.1982, II ZR 175/81, WM 1982, 862, für Unternehmensprognose; Assmann/Schütze, wie oben, § 6 Rz.89; Siebel/Gebauer WM 2001, 175). Mit Recht will sich der Leser darauf verlassen können, dass es sich bei einer Prognose um keine Mutmaßung handelt, sondern um eine Schlussfolgerung aus nachgeprüften Tatsachen oder Wertfeststellungen, die auf einer sorgfältigen Analyse aller hierfür maßgeblichen Voraussetzungen beruhen (BGH, wie vor). Dementsprechend verlangen die IDW-Grundsätze (Anlage 1 zu WFA 1/1987, S.11, hier Bl. 123 d.A), also die Prüfungsgrundsätze des Verbands der Wirtschaftsprüfer, zu Prospektprognosen die Angabe, wann und durch wen sie erstellt wurden.

Solche Erfahrungswerte der Vergangenheit standen den Prospektverantwortlichen nicht zur Verfügung. Auf den Hinweis des Senats vom 27.2.2008, die Tatsachengrundlage für die "Erfahrungswerte der Vergangenheit" könne entscheidungserheblich werden (Bl. 270 d.A.), hat die Beklagte angegeben, es sei die Preissteigerung für einen 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalt als Anhaltspunkt genommen worden (Schriftsatz vom 14.4.2008, S. 2, Bl. 302 d.A.). Diese Entwicklung ist jedoch auf Wohnungsmieten nicht übertragbar, weil sich diese Steigerungsrate an einem umfassenden Warenkorb orientiert. Für eine Entwicklung von Geschäftraummieten ist sie nahezu ganz unbrauchbar. Die von den Prospektverantwortlichen herangezogene Angabe des Mietspiegels 1998/1999 für O1 konnte ebenfalls nicht hilfreich im Sinn eines Erfahrungswerts sein, weil sie keine Entwicklung erkennen ließ. Auch eine berücksichtigte Bedarfsangabe zu Wohnungen der Stadt O1 stellte keinen Erfahrungswert der Vergangenheit dar. So hat die Beklagte schließlich eingeräumt (Schriftsatz vom 20.5.2008, S.3, Bl. 328 d.A.), dass sie im Jahr der Prospektlegung keine gesicherten Daten oder Erkenntnis zur Mietentwicklung der Vergangenheit in O1 hatte.

Dieser unrichtigen Angabe zu den Grundlagen der Prognose der Mieteinnahmen wurde durch Risiko-Hinweise nicht ihre Bedeutung für die Anlageentscheidung genommen. Der auf der Rückseite des Titelblatts des Prospekts abgedruckte, allgemeine Hinweis auf eine Veränderung der Lebensverhältnisse ist nichtssagend, während auf S. 50 des Prospekts sogar noch hervorgehoben wird, im Gegensatz zu früher ungewissen Prognosen bei anderen Unternehmungen sei hier eine Schätzung wegen der "Erfahrungswerte der Vergangenheit" möglich. Auf dieser Grundlage kann dahin stehen, ob mit einem Risikohinweis überhaupt eine konkrete, unzutreffende Prospektangabe neutralisiert werden könnte.

Die Beklagte war verpflichtet, den Kläger über diese Unrichtigkeit des Prospekts aufzuklären. Als direkte Vertragspartnerin des Klägers nahm sie persönlich das Vertrauen des Klägers in Anspruch, dass der in den Vertragsverhandlungen vorgelegte Prospekt bei der Anlageentscheidung des Klägers zugrunde gelegt werden könne (vgl. BGH vom 7.7.2003, II ZR 18/01, DStR 2003, 1584 mwN.). Ob ihren Organen oder Angestellten die Unrichtigkeit der Angaben zur Tatsachengrundlage der Mietprognose bekannt war, kann dahin stehen. Denn für ein schuldhaftes Verhalten der Prospektverantwortlichen, also der B, hat die Beklagte nach § 278 Satz 1 BGB einzustehen. Zur Erfüllung einer eigenen Verpflichtung, den Kläger als ihren künftigen Vertragspartner über den Gesellschaftszweck aufzuklären, hatte sie sich des Prospekts und damit der Dienste der prospektverantwortlichen B bedient.

Ohne dies traf sie aber auch eigenes Verschulden. Nachdem der Prospekt keine Tatsachengrundlage für die "Erfahrungswerte der Vergangenheit" angibt, die aber infolge ihrer Fortschreibung für die Rendite der Anlage wesentlich waren, musste sie beim Prospektverantwortlichen nachfragen, zumal nicht die in den IDW-Grundsätzen verlangten Angaben zur Prognoseerstellung vorhanden waren.

Die Aufklärungspflicht der Beklagten bestand, obwohl die Beklagte keine Gründungsgesellschafterin war. Die Kommanditgesellschaft hatte bereits zuvor ohne Publikumsbeteiligungen bestanden. Diese Verhältnisse der Vergangenheit waren für das Verhältnis der Beklagten zu den Anlegerkommanditisten aber nicht entscheidend. Nach § 4 Abs.5 des Gesellschaftsvertrags war nämlich die Beklagte als nun alleinige persönlich haftende Gesellschafterin zur Aufnahme weiterer Gesellschafter, also der Anlegerkommanditisten, bevollmächtigt (Prospekt, S.36). Infolge dieser herausragenden Bedeutung für die Aufnahme der Anlegerkommandisten war sie zu dem Anlageobjekt, dem Gesellschaftszweck, aufklärungsverpflichtet.

Dem Kläger ist aus der Anlage ein Schaden entstanden. Für den auf Rückabwicklung (§ 249 S.1 BGB) gerichteten Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss ist Voraussetzung, dass dem Anleger überhaupt mit der Anlage ein Schaden entstanden ist, d.h. dass seine Anlage minderwertig ist (BGH vom 26.9.1997, V ZR 29/96 - NJW 1998, 302, BGH vom 7.9.2000, VII ZR 443/99; BGHZ 145, 121). Der aktuelle Nachteil der Investition ergibt sich für den Kläger daraus, dass eine auskömmliche Mieteinnahme ohne die Mietgarantie trotz nahezu erreichter Vollvermietung nicht vorliegt (Bl. 140, auch Prospekt S.22). Durch den im Einvernehmen mit den Parteien aus einer Parallelsache (5 U 159/06 - ...) übernommenen Geschäftsbericht des Fonds für 2006 (hier Bl. 306 ff. d.A.) ist gerichtsbekannt, dass die Fondsgesellschaft nach Ablauf des Geschäftsjahrs 2006 Mindereinnahmen gegenüber den prospektierten erwarteten Einnahmen von ca. 408.000,00 € auszuweisen hatte, also 27% weniger als die in der Prognoseberechnung geschätzten Einnahmen. Es ist dort festgehalten, dass der Fonds in den letzten Jahren kein positives Ergebnis erzielen konnte und Ansprüche gegen den Mietgaranten in Höhe von 1.116.534,79 € bestehen.

Dieser Schaden ist durch die Verletzung der Aufklärungspflicht zu den Tatsachengrundlagen der Prognose verursacht. Eine Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens (BGH vom 6.2.2006, II ZR 329/04 - BGH NJW 2006, 2042, unter II 1 b; Assmann/Schütze, wie oben, § 6 Rz.177 mwN. in Fn. 453), aus der sich ergibt, dass der Kläger bei rechtmäßigem Verhalten der Beklagten von der Anlageentscheidung Abstand genommen hätte, hat die Beklagte nicht entkräftet. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, warum sich der Kläger bei Aufklärung über die freie Schätzung der Zukunftsentwicklung trotzdem an dem Fonds hätte beteiligen sollen. Auch wenn es dem Kläger maßgeblich auf die kurzfristige Nutzung von Steuervorteilen ankam, wird die Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens nicht entkräftet (vgl. Assmann/Schütze, wie oben, § 6 Rz.177). Auf der Anlageentscheidung beruht der Schaden des Klägers, denn ohne seine Beteiligung wäre der Wert seines Vermögens für den Kläger nicht gemindert.

Die Beklagte hat kein Recht, wegen Verjährung eine Schadensersatzleistung an den Kläger zu verweigern, § 214 BGB. Nach Art. 229 § 6 Abs.4 EGBGB ist ab dem 1.1.2002 die Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren anzuwenden, die nach § 199 Abs.1 Nr.2 BGB erst begann mit dem Zeitpunkt der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis der anspruchsbegründeten Umstände. Denn am 1.1.2002 war die längere Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von 30 Jahren für Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss noch nicht abgelaufen. Es kann dahin stehen, wann die subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist des § 199 BGB n.F. vorlagen. Selbst wenn die Frist ab dem 1.1.2002 lief, wurde sie vor ihrem Ende am 31.12.2004 durch die Erklärungen der Beklagten vom 13.12.2004 und 5.12.2005 (Anl. K 4, Bl. 168-169 d.A.) gehemmt, mit denen diese bis 31.3.2006 einen "Verzicht auf die Einrede der Verjährung" erklärten. Die Klage ist dann am 30.3.2006 eingegangen und demnächst zugestellt worden (§ 167 ZPO).

Infolge der Verwirklichung des Haftungstatbestands ist die Beklagte gemäß § 249 S.1 BGB verpflichtet, den Kläger durch Rückabwicklung des Beitritts so zu stellen, als wäre die Anlage nicht getätigt worden. Das führt zur Verpflichtung, die vom Kläger am 1.12.1999 erbrachten Zahlungen gegen Verschaffung der Kommanditanteile zurückzugewähren und den Kläger von möglichen Ansprüchen nach § 172 Abs.4 HGB freizustellen. Insoweit kann der Kläger zulässigerweise (§ 256 Abs.1 ZPO) Feststellung verlangen, weil infolge der Rückzahlung von Haftungskapital in Form von Ausschüttungen seine unbeschränkte Haftung wieder aufgelebt ist.

Bei der Bemessung des Schadensersatzes auch gemäß § 249 S.1 BGB hat sich der Geschädigte grundsätzlich erzielte Vorteile anrechnen zu lassen, sofern diese adäquat kausal durch das schädigende Ereignis entstanden sind und die Vorteilsanrechnung in wertender, aus § 242 BGB hergeleiteter Betrachtung dem Zweck der Ersatzpflicht entspricht (vgl. etwa Bamberger/Roth, BGB, 2007, § 249 Rz. 103 mwN.). Die Anrechnung muss dem Geschädigten in Ansehung des Schadensersatzzwecks zumutbar sein, ohne dass es zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers kommt (Bamberger/Roth, wie vor). Damit sind Steuervorteile - nicht anders als sonstige Vorteile - grundsätzlich beim Schadensausgleich anzurechnen (vgl. MüKo-BGB/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rz.239). Die Anrechnung der vom Kläger erzielten Steuerersparnis ist nicht anders zu behandeln, weil sie adäquat durch den Erwerb der Beteiligung entstand. Die Anrechnung ist auch nicht zweckstörend, denn der Steuervorteil ist seiner Art nach von dem schädigenden Erwerb abhängig. Es ist davon auszugehen, dass die angestrebte Steuerersparnis zumindest mitursächlich für die Anlageentscheidung war. Das genügt (vgl. BGH vom 3.12.2007, II ZR 21/06 - DStR 2008, 515).

Dem Kläger sind solche steuerlichen Vorteile entstanden, die ihm auch nach einer Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes in erheblichem Umfang verbleiben. Allerdings kompensieren die durch eine Rückabwicklung entstehenden Steuernachteile bei gewerblicher Investition regelmäßig einen erzielten einkommensteuerlichen Vorteil, weil die Schadenersatzleistung als Betriebseinnahme ihrerseits der Einkommensteuer unterliegt (vgl. BGH vom 17.11.2005, III ZR 350/04 - NJW 2006, 174; Assmann/Schütze, wie oben, § 6 Rz.201). Das gilt im Grundsatz auch hier: Mit der Beteiligung des Klägers an der KG wurden gewerbliche Einkünfte erzielt, wie sich aus einem Auszug zu einem Steuerbescheid zur gesonderten Feststellung für das Veranlagungsjahr 1999 (Anlage zum Schriftsatz vom 20.5.2008, Bl. 335 d.A.) und dem Prospekt der Beklagten (Deckblattrückseite, S. 5, 45, 49 und 54) ausreichend ergibt. Die Fondsgesellschaft gilt nach § 15 Abs.3 Nr.2 EStG als Gewerbebetrieb, weil persönlich haftender Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft ist und nur diese - § 7 Abs.1 des Gesellschaftsvertrags - zur Geschäftsführung befugt ist (gewerblich geprägte Personengesellschaft, vgl. auch Assmann/Schütze/Wagner, wie oben, § 16 Rz.221). Die Schadensersatzleistung der Beklagten unterfällt damit grundsätzlich einer Besteuerung aus § 15 Abs.1 Satz 1 Nr.2 EStG (vgl. BGH, wie vor). Auf dieser Grundlage kann bei im Wesentlichen gleichbleibenden Verhältnissen im Wege der Schadenschätzung eine völlige Aufzehrung des entstandenen Steuervorteils durch die spätere Steuerbelastung angenommen werden (BGH, wie vor). Ein Geschädigter wäre sonst gezwungen, den durch die Schadenersatzleistung später eintretenden steuerlichen Nachteil erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums geltend zu machen, in dem die Rückabwicklung erfolgt (vgl. dazu BGH vom 18.12.1969, VII ZR 121/67 - BGHZ 53, 132, am Ende). Das zweistufige Vorgehen ist einem Geschädigten aber zuzumuten, wenn ihm ansonsten trotz einer zu erwartenden Steuerbelastung aus der Schadensersatzleistung ungerechtfertigte Steuervorteile in voraussichtlich erheblichem Umfang verbleiben werden (BGH, wie oben: "außergewöhnliche Steuervorteile"; auch BGH vom 19.6.2008, VII ZR 215/06 - MDR 2008, 1098).

Die Darlegungslast für anzurechnende Steuervorteile hat die Beklagte, weil es sich insoweit um einen die schadensrechtliche Differenzbetrachtung korrigierenden, wertenden Einwand auf der Grundlage des § 242 BGB handelt, während die Herabsetzung des bereits eingetretenen Vorteils durch einen späteren, weitgehend gleich hohen Schaden in Form künftiger steuerlicher Nachteile grundsätzlich vom Geschädigten vorzutragen ist. Dazu hat dieser zumindest anzugeben, dass seine für die Besteuerung bedeutsamen Verhältnisse im Wesentlichen unverändert sind.

Wollte man dies anders sehen, träfe den Kläger jedenfalls eine sekundäre Vortragslast, weil Anhaltspunkte für eine verbleibende Ersparnis bei ihm bestehen (vgl. auch BGH vom 3.12.2007, II ZR 21/06 - DStR 2008, 515 unter II 6; BGH vom 19.6.2008, VII ZR 215/06 - MDR 2008, 1098, 1099). Denn nur der Kläger verfügt über die erforderlichen Kenntnisse, ob und inwieweit sich die ihn betreffenden Besteuerungsgrundlagen inzwischen geändert haben, etwa weil er sich als Zahnarzt inzwischen zur Ruhe gesetzt haben könnte. Einen Anhaltspunkt für einen außergewöhnlichen steuerlichen Vorteil hat die Beklagte mit dem Hinweis auf eine Herabsetzung des Steuertarifs in der Spitze durch das Steuersenkungsgesetz 2000 vom 23.10.2000 eingewandt, wodurch dem Kläger abstrakt gesehen ein Vorteil in Höhe von 8.562,86 Euro verbleiben könnte. Der Progressionsvorteil ist in diesem Zusammenhang, also bei der Minderung eines unzweifelhaft grundsätzlich anzurechnenden steuerlichen Vorteils, ein berücksichtigungsfähiger Umstand. Es handelt sich nicht um eine ihrem Zweck nach den Kläger privilegierende steuerliche Regelung (vgl. BGH vom 22.3.1979, VII ZR 259/77 - BGHZ 74, 103, 116, Abgrenzung zum ermäßigten Steuersatzes nach § 34 EStG). Denn der Zweck dieser Steuervergünstigung war allgemeinwirtschaftlicher Art (vgl. BT-Drucksache 14/2683 S.93). Ihn dem Geschädigten zuzuordnen, widerspräche Grundprinzipien des Schadenersatzrechts, nämlich einem auf die Schlussverhandlung abstellenden Vermögensvergleich (zu Progressionsvorteilen, vgl. BGH vom 15.11.1994, VI ZR 194/93 - BGHZ 127, 391 - Rz.18 bei juris). Dass der Geschädigte durch den Zeitablauf begünstigt wird, ist Folge der auf den Schluss der mündlichen Verhandlung abstellenden Differenzbetrachtung. Die Entscheidung des BGH vom 16.5.1970 (VI ZR 245/67 - WM 1970, 633, 637, am Ende) betraf nicht die Minderung eines unzweifelhaft anzurechnenden Steuervorteils, sondern die Frage, ob ein infolge Verzögerung einer fälligen Schadensersatzleistung anzuwendender günstigerer Steuertarif nach seinem Zweck die Schadensersatzleistung mindern kann.

Auf die Vortragslast und auf die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen ist der Kläger durch Beschluss vom 17.6.2008 hingewiesen worden (Bl. 358 d.A.), ohne dass er sich zu seinen persönlichen Verhältnissen erklärt hätte. Mit dem Hinweis auf "unregelmäßige Einkünfte" (Schriftsatz vom 29.7.2008, S. 2, Bl. 365 d.A., unter Bezugnahme auf die einen anderen Anleger betreffenden Angaben) hat der Kläger seiner Vortragslast nicht genügt, denn dieses Vorbringen ermöglicht eine Einschätzung dahin nicht, dass die Besteuerungsverhältnisse im Wesentlichen gleich geblieben wären.

Der nachgereichte Schriftsatz vom 16.12.2008 rechtfertigt insoweit keine Widereröffnung der verfahrenfehlerfrei geschlossenen mündlichen Verhandlung. Dass die Steuertarife in Ansehung der persönlichen Verhältnisse des Klägers doch in etwa gleich blieben, weil der Kläger nur oder überwiegend Gewinneinkünfte iSd. § 32 a Abs.1 EStG erzielte und derzeit über ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 250.000,00 € pro Jahr verfügt (§ 32a Abs.2 EStG), wird auch jetzt nicht behauptet. Unabhängig davon wären dies konkrete persönliche Angaben, die in der vom Senat gesetzten Frist bis zum 31.7.2008 (Bl. 359 d.A.) hätten erfolgen sollen.

In Ermangelung dieser Angaben muss sich der Kläger die mit 32.721,40 € schließlich vorgetragenen Vorteile in vollem Umfang anrechnen lassen und ist wegen seiner künftigen steuerlichen Nachteile, die noch nicht, auch nicht als bedingte oder nicht fällige Belastung mit einer Abgabenforderung entstanden sind, wegen der Steuerlast zu einer Rückzahlung des ausgeurteilten Betrags von 13.218,16 €, auf eine zusätzliche Geltendmachung zu verweisen. Die im Berufungsverfahren neue Behauptung der Beklagten zur Höhe des Steuervorteils, mit Schriftsatz vom 20.5.2008 (S.6, Bl. 331 d.A.) auf 32.721,40 € erhöht, ist nach § 531 Abs.2 Nr.1 ZPO zuzulassen, weil sie einen Gesichtspunkt betrifft, den das Landgericht für unerheblich gehalten hat, auf den aber bei anderer Sacheinschätzung hinzuweisen gewesen wäre. Zwar hat der Kläger den zuvor vorgetragenen Ersparnisbetrag an Steuern in einer Fußnote zu seinem Schriftsatz vom 18.4.2008 (S. S.3, Bl. 295 d.A.) pauschal bestritten. Dieses Bestreiten, das auch auf den erhöhten Betrag zu beziehen ist, ist nach § 138 Abs.2 ZPO unzulässig, weil sich der Kläger zu seinen gegebenenfalls abweichenden steuerlichen Verhältnissen erklären muss.

Der Kläger hat auch nicht ausreichend vorgetragen, dass er seine durch die Beklagte erzielten Steuervorteile ohnehin durch eine andere Beteiligung erlangt hätte, die er infolge seines Investments in den Fonds der Beklagten aber unterlassen hatte. Der Senat hat auf einen diesbezüglichen Vortragsmangel mit Beschluss vom 16.6.2008 hingewiesen (Bl. 357 d.A.). Einen Erfahrungssatz, dass der Geschädigte seine Geldmittel in einer anderen steuerbegünstigten Form angelegt hätte, gibt es nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der Senat folgt, nicht (vgl. BGH vom 17.11.2005, III ZR 350/04 - WM 2006, 174; BGH vom 6.2.2006, II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042). Mit der Behauptung, dass der Kläger im Vorjahr und im Folgejahr "im gleichen Rahmen" steuerbegünstigte Beteiligungen gezeichnet habe (Schriftsatz vom 29.7.2008, S.1, Bl. 364), hat der Kläger keine ausreichenden Hilfstatsachen eingebracht, die einen Schluss auf einen entgangenen gleichwertigen Steuervorteil aus einem Alternativinvestment für 1999 tragen könnten. Dies gilt auch dann, wenn man sich über § 287 Abs.1 ZPO hinaus zu dem entgangenen, kompensierenden Vorteil mit einem Wahrscheinlichkeitsurteil iSd. § 252 S.2 BGB begnügt (vgl. dazu Martin NZG 2006, 175, 176). Der sehr knappe Vortrag des Klägers zur jährlichen Inanspruchnahme von Steuersparmodellen lässt zwar einen Schluss darauf zu, dass der Kläger ohne das Engagement mit der Beklagten ein anderes Steuersparmodell in Anspruch genommen hätte. Ob dieses allerdings demjenigen der Beklagten zum prospektierten Risiko und zur Steuerrendite, also zum Verhältnis des eingesetzten Eigenkapitals zum Steuervorteil, vergleichbar gewesen wäre, ist daraus nicht zu entnehmen, wie auch Vortrag fehlt, dass diese Alternativanlage bis heute ordnungsgemäß läuft.

Seine Angabe, die Zeichnung wäre "im gleichen Rahmen" erfolgt, hat insoweit keinen Tatsachengehalt. Der nachgereichte Vortrag des Schriftsatzes vom 16.12.2008 zu einem Alternativinvestment ist nicht zu berücksichtigen (§ 296a ZPO). Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht veranlasst, § 156 ZPO, weil die Verhandlung verfahrenfehlerfrei geschlossen worden ist. Noch immer lässt der Vortrag eine Beurteilung einer Vergleichbarkeit mit dem prospektierten Fonds nicht zu.

Der Zinsschaden, den der Kläger ab Zahlung seiner Einlage geltend macht, ist aus § 252 BGB nicht begründet. Der Kläger hat inzwischen vorgetragen, dass er sich ohne die Beteiligung am Fonds der Beklagten an einem anderen Steuersparmodell beteiligt hätte. Dass er eine verzinsliche Anlage für die Klagesumme gewählt hätte, ist damit aufgegeben. Eine Verzinsung erfolgt dann aber erst aus Verzug, der mangels Vortrags einer früheren Mahnung mit der Klagezustellung - 13.6.2006 - eingetreten ist. Da die Forderung des Klägers bereits vor dem 1.5.2000 fällig war, nämlich mit Einzahlung des Anlagebetrags, ist nach Art.229 § 1 Abs.1 Satz 3 EGBGB zur Verzinsung § 288 Abs.1 BGB in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.

Die Beklagte ist mit der Entgegennahme der Kommanditanteile in Annahmeverzug, § 293 BGB, denn mit ihren vorprozessualen Schreiben lehnte sie eine Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes ab, sodass gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot des Klägers genügte, das hier jedenfalls in der Klageerhebung liegt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs.1, 708 Nr.10 und 711 ZPO.

Die Revision war für den Kläger zuzulassen. Die Darlegungslasten bei der Beurteilung der Vorteilsanrechnung und die Folgen bei teilweiser Kompensation durch einen späteren steuerlichen Nachteil sind trotz grundsätzlicher Bedeutung noch nicht ausreichend höchstrichterlich geklärt, § 243 Abs.2 Nr.1 ZPO. Für die Beklagte fehlen die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen.

Ende der Entscheidung

Zurück