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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 05.06.2002
Aktenzeichen: 5 UF 187/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1618 S. 4
Auch die Ersetzung der Einwilligung in die Voranstellung oder die Anfügung des Namens kommt nur in Betracht, wenn die Voranstellung oder Anfügung des Namens erforderlich ist. Ein geringeres Maß der Erforderlichkeit als bei der Namensänderung ist nicht angeordnet.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

5 UF 187/01

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Büdingen vom 26.07.2001 am 05.06.2002 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen; von der Erhebung gerichtlicher Gebühren wird abgesehen. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt die Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung des aus der geschiedenen Ehe der Parteien hervorgegangen Kindes xxx. Sie ist seit 14.12.2000 in neuer Ehe verheiratet und führt den Ehenamen xxx. Der Antragsgegner verweigert die Einwilligung in die Einbenennung des Kindes. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die beantragte Ersetzung der Einwilligung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 20. 8. 2001 eingelegten Beschwerde.

Die Beschwerde ist zulässig. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts über die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung ist das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde gegeben. Die Beschwerdefrist ist gewahrt.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Nach § 1618 Satz 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nichtsorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes ersetzen, wenn die Erteilung des Namens, seine Voranstellung oder Anfügung zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Anders als nach der bis zum 31. 6. 1998 geltenden Rechtslage (§ 3 Namensänderungsgesetz) genügt es nicht, dass die Änderung des Namens dem Wohl des Kindes dient. Vielmehr kann die Einwilligung nur ersetzt werden, wenn das Gericht feststellt, dass ohne die Namensänderung für das Kind schwerwiegende Nachteile zu befürchten sind oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellt, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde (vgl. z.B. OLG Frankfurt, Senatsbeschluss v. 6. 11. 2000 - 5 UF 111/99 -, OLG Bamberg, FamrZ 2000, 243; OLG Rostock, FamRZ 2000, 695; OLG Oldenburg, FamRZ 2000, 693; Oelkers/Kreutzfeld, FamRZ 2000, 645).

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 24. 10. 2001 - XII ZB 88/99 - (FamRZ 2002, 94) diese strengen Anforderungen für die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung bestätigt und ausgeführt, dass die Einwilligungsersetzung eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten voraussetzt, wobei die bestehende Namensverschiedenheit allein kein ausreichendes Abwägungskriterium darstellt, weil diese grundsätzlich jedes Kind trifft, das aus einer geschiedenen Ehe stammt und bei einem wiederverheirateten Elternteil lebt, der den Namen des neuen Ehegatten angenommen hat. Daher könne die Einbenennung nicht schon dann als erforderlich angesehen werden, wenn die Beseitigung der Namensverschiedenheit innerhalb der neuen Familie des sorgeberechtigten Elternteils zweckmäßig und dem Kindeswohl förderlich erscheint.

Bei den Anforderungen an die Erforderlichkeit der Einbenennung ist nicht danach zu differenzieren, ob die Einbenennung durch Namensänderung oder durch Voranstellung oder Anfügung des neuen Namens erfolgen soll. Auch die Ersetzung der Einwilligung in die Voranstellung oder die Anfügung des Namens kommt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1618 Satz 4 BGB nur in Betracht, wenn die Voranstellung oder Anfügung des Namens erforderlich ist. Erst wenn die Erforderlichkeit der Einbenennung zu bejahen ist, stellt sich die Frage, ob es ausreicht, anstelle einer Namensänderung eine Voranstellung oder Anfügung des Namens vorzunehmen. Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht eröffnen diese Alternativen zur Namensänderung nicht eine Einbenennung unter erleichterten Voraussetzungen. Soweit in der Rechtsprechung die Prüfung gefordert wird, ob anstelle einer Namensänderung die Voranstellung oder Anfügung des Namens ausreicht, dient dies jeweils dazu, im Falle der Erforderlichkeit der Einwilligungsersetzung diese auf das unbedingt notwendige Maß zu begrenzen, da die Ersetzung einen Eingriff in Rechte des nichtsorgeberechtigten Elternteils darstellt. Aus diesem ultima-ratio-Gedanken kann nicht umgekehrt hergeleitet werden, dass die Einbenennung in die Voranstellung oder Anfügung des Namens schon bei einem geringeren Mass an Erforderlichkeit ersetzt werden könnte (vgl. dazu BGH a. a. O.; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1376; OLG Celle FamRZ 1999, 1374; OLG Rostock FamRZ 2000, 695; Staudinger BGB 2000 § 1635 Rn 35).

Die Darlegungen der Antragstellerin zu den angeblich nicht vorhandenen Bindungen zwischen dem Antragsgegner und dem Kind rechtfertigen die Ersetzung der Einwilligung nicht. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.10.2001 kann die Erforderlichkeit der Ersetzung der Einwilligung gerade nicht daraus hergeleitet werden, dass der Namensbindung keine tatsächlich gelebte Bindung mehr zugrunde liegt. Ob etwas anderes gilt, wenn ein Vater keinerlei Interesse an dem Kind zeigt kann hier dahinstehen. Denn der Antragsgegner hat sich seit Jahren immer wieder vergeblich um Umgang mit dem Kind bemüht und auch durch regelmässige Unterhaltszahlung - wenn auch nicht immer ganz in von der Antragstellerin für ausreichend erachteter Höhe - gezeigt, dass er insoweit Verantwortung für das Kind übernimmt. Es mag sein, dass - wie die Antragstellerin darlegt - der Antragsgegner in den ersten Jahren nach der Trennung der Kindeseltern nicht in dem Maße den Kontakt zum Kind aufrecht erhalten hat, wie dies zur Förderung und Erhaltung einer gefestigten Vater-Kind-Beziehung erforderlich gewesen wäre. Hieraus kann jedoch für die Frage der Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung nichts hergeleitet werden, weil jedenfalls seit 1999 ein Umgang des Antragsgegners mit seinem Sohn schon deshalb nicht möglich war, weil die Antragstellerin Besuchskontakten ausdrücklich widersprochen hat. Dabei ist es gleichgültig, ob sie mit dieser Haltung eigene Interessen verfolgte oder - wie sie darlegt - , dem Wunsch des Kindes entsprochen hat. Dem Antragsgegner kann nicht fehlendes Interesse wegen unterlassener Umgangskontakte angelastet werden, wenn diesem ein Umgang mit dem Kind von der sorgeberechtigten Antragstellerin ausdrücklich verweigert wurde, was hier spätestens seit dem Schreiben der Antragstellerin vom 7. 11. 1999 unzweifelhaft der Fall war.

Nicht zu verkennen ist jedoch, dass xxx zu der Frage der Einbenennung eine eindeutige Haltung eingenommen und diese auch im Rahmen seiner Anhörung vor dem Berichterstatter begründet hat. Dem Vater gegenüber empfindet er eine tiefe Enttäuschung. Er sehnt sich nach einer intakten Familie, die er in der neuen Ehe seiner Mutter gefunden hat. Dabei drückt sich für ihn die Intaktheit der Familie auch in einem gemeinsamen Familiennamen aus. Er hat Angst, der Vater könne seine neue Familie zerstören oder ihn gar aus ihr herausnehmen. Sein Bild vom Vater ist zum einen dadurch geprägt, dass die vor Jahren stattgefundenen Umgangskontakte hinter seinen berechtigten Erwartungen zurückblieben, zum anderen dadurch, dass er die späteren - wenigen - Versuche des Vaters, Umgang mit ihm durchzusetzen, als bedrohlich empfunden hat. Wesentliche Prägung hat sein Vaterbild durch Schilderungen und Wertungen der Kindesmutter erfahren. So begründet er seine Angst vor dem Vater unter anderem damit, dass der Vater, als xxx sich in stationärer Krankenhausbehandlung befand, der Mutter damit gedroht habe, er werde xxx mit der Polizei aus dem Krankenhaus zu holen.

Hier ist es in erster Linie die Aufgabe der Kindesmutter, xxx die Gewissheit zu vermitteln, dass er fester Bestandteil der neuen Familie ist, und ihm die Ängste vor dem Vater zu nehmen. Der Antragsgegner hat mangels eines persönlichen Umgangs mit dem Kind kaum Möglichkeiten, aktiv zur Beseitigung der Ängste beizutragen. Die derzeitige Haltung des Kindes resultiert aus einem Vaterbild, dem kein aktuelles Erleben des Vaters zugrunde liegt. Ohne dieses aktuelle Erleben des Vaters ist dem Kind eine sachgerechte Bewertung der Namenszuordnung unter Abschätzung der zukünftigen Auswirkungen der Namensänderung nicht möglich. Die Haltung des Kindes beruht darauf, dass ihm der Vater fremd ist. Diese Entfremdung - das Fehlen einer tatsächlich gelebten Bindung - ist nach der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs gerade kein Kriterium für die Erforderlichkeit der Einbenennung. Im übrigen ist auch die Kontinuität der Namensführung ein wichtiger Kindesbelang, ist es für das wohl des Kindes wichtig, die Beziehung zu dem nichtsorgeberechtigten Vater aufrechtzuerhalten, und zwar auch insbesondere dazu, wenn der Kontakt zu diesem abgebrochen ist und durch die Einbenennung als nach außen sichtbar endgültiger Ablösung von ihm verfestigt würde (BGH a. a. O.).

Der Senat verkennt nicht, dass die Einbenennung von xxx als entlastend empfunden und damit dem Kindeswohl dienen würde. Die Erforderlichkeit einer Einbenennung lässt sich aber nicht mit der Erwägung rechtfertigen, dass alles, was dem Kindeswohl förderlich ist, grundsätzlich Priorität habe und daher regelmässig auch erforderlich sei (BGH a.a.O.). Dass die Belastungen im Falle einer Beibehaltung des Geburtsnamens für xxx so erheblich wären, dass ein verständiger Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde, vermag der Senat nicht festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 13a Abs. 1 Satz 2 FGG, 131 Abs. 3 KostO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 30 Abs. 2 KostO (gemäss § 161 KostO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung).

Ende der Entscheidung

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