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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.05.2007
Aktenzeichen: 5 WF 162/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 323
In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob bei einem den Beklagten verurteilenden Versäumnisurteil für den Vergleich zwischen den damaligen Verhältnissen und den derzeitigen von dem gemäß § 331 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO maßgebenden fingierten oder von den tatsächlichen Verhältnissen bei Urteilserlass auszugehen sei . In jedem Falle ist aber Voraussetzung, dass eine Veränderung der Verhältnisse dargelegt und behauptet wird.
Gründe:

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für seine Abänderungsklage (Versäumnisurteil vom 23.10.2002, Amtsgericht - Familiengericht - Gießen, Aktenzeichen 24 F 1274/02) zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der beabsichtigten Abänderungsklage fehle die hinreichende Erfolgsaussicht. Die Klage sei bereits unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 ZPO nicht vorlägen. Nach dem Vortrag des Klägers hätten sich seine Einkommensverhältnisse seit der letzten mündlichen Verhandlung nicht verschlechtert, sondern im Gegenteil zumindest eher verbessert. Schließlich habe der Kläger am 22.12.2004 in einem Scheidungsfolgenvergleich seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber den minderjährigen Kindern in der titulierten Höhe deklaratorisch geregelt. Die beabsichtigte Abänderungsklage sei auch deswegen unbegründet, weil der Kläger nicht ausreichend dargelegt habe, was er unternommen habe, um seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber den minderjährigen Unterhaltsberechtigten zu genügen. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Mit seiner sofortigen Beschwerde weist der Kläger darauf hin, das seine Verurteilung durch das Versäumnisurteil vom 23.10.2002 nicht auf tatsächlichen Einkommensverhältnissen des Antragstellers beruhe sondern auf der Fiktion des § 331 S. 1 ZPO. Bei der Abänderung eines Versäumnisurteils seien bei der Frage, ob die Abänderung zulässig sei, die fingierten Verhältnisse mit den tatsächlichen Verhältnissen zu vergleichen und nicht die tatsächlichen Verhältnisse, die dem Versäumnisurteil zu Grunde gelegen hätten, mit den jetzigen. Der Kläger müsse jedoch die Gelegenheit haben, seine Unterhaltspflicht anhand seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit ausrichten zu dürfen. Gehe man davon aus, dass sich die Einkommensverhältnisse des Klägers seit Erlass des Versäumnisurteils vom 23.10.2002 gerade nicht geändert haben, so zeige dies auf, dass das Versäumnisurteil sich nicht an der Leistungsfähigkeit des Antragstellers orientiert habe und offensichtlich unrichtig sei. Im Übrigen habe der Kläger aufgrund seines Alters, seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen und seiner beruflichen Biografie keine Möglichkeiten, ein Einkommen in der Höhe zu verdienen, wie es für die Unterhaltsfestsetzung in dem Versäumnisurteil eigentlich erforderlich sei. Er habe sich bei verschiedenen Arbeitgebern beworben, dabei jedoch keinen Erfolg gehabt. Wegen der Begründung der sofortigen Beschwerde im Übrigen wird auf den Schriftsatz vom 27.7.2006 Bezug genommen.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Für die Statthaftigkeit der Abänderungsklage nach § 323 ZPO ist erforderlich, dass eine wesentliche Änderung derjenigen Verhältnisse eingetreten ist, die für die Verurteilung maßgeblich waren (§ 323 Abs. 1 ZPO). In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob bei einem den Beklagten verurteilenden Versäumnisurteil für den Vergleich zwischen den damaligen Verhältnissen und den derzeitigen von dem gemäß § 331 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO maßgebenden fingierten oder von den tatsächlichen Verhältnissen bei Urteilserlass auszugehen sei (vergleiche die Übersicht in ZöllerA/ollkommer ZPO, 26. Auflage Randnummer 22, hier insbesondere den Aufsatz von Graba, FamRZ 2002, Seite 6). Welcher Ansicht zu folgen ist, kann hier aber dahinstehen, denn in jedem Falle ist Voraussetzung, dass eine Veränderung der Verhältnisse dargelegt und behauptet wird.

Folgte man der Auffassung des Klägers, so müssten die nach seiner Darstellung unrichtigen Einkommensverhältnisse, die dem Versäumnisurteil zu Grunde lagen, mit dem von ihm dargelegten wirtschaftlichen Verhältnissen für sein Abänderungsbegehren verglichen werden. Dann hätte es der Kläger in der Hand, außerhalb der Frist für einen Einspruch gegen das Versäumnisurteil jederzeit durch Abänderungsklage das Versäumnisurteil zu korrigieren. Dies würde dem Sinn der Rechtskraft widersprechen. Für eine Korrektur unrichtiger Urteile ist aber das Abänderungsverfahren des § 323 ZPO nicht vorgesehen. Andererseits muss es einem aufgrund einer Fiktion Verurteilten möglich sein, diese Fiktion zu korrigieren. Eine Korrektur unrichtiger Fiktionen ist nur im Rahmen einer aus anderen Gründen eröffneten Abänderungsklage für die Zukunft möglich, auch bei einem von vornherein falschen Ansatz (Graba, FamRZ 2002, 6, 12).

Folgte man der anderen Auffassung, so ist die Abänderungsklage von vornherein schon deswegen unzulässig, weil keine Änderung im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO behauptet wird.

Das Beharren der Beklagten auf der durch das Versäumnisurteil begründeten Rechtsposition widerspricht vorliegend auch nicht Treu und Glauben (vergleiche Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 6. Familiensenat in Darmstadt, Urteil vom 29.9.1994, FamRZ 1995, 7, 135). Der Kläger hat noch worauf das Amtsgericht zu Recht hinweist, am 22.12.2004, also zwei Jahre nach Erlass des Versäumnisurteils und nur etwas über ein Jahr vor Erhebung der Abänderungsklage im April 2006 im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung als Voraussetzung einer einverständlichen Ehescheidung das Versäumnisurteil bestätigt, dessen Abänderung er jetzt begehrt. Damit hat er auch die Voraussetzungen seiner Verurteilung als gegeben akzeptiert und dies gegenüber den Beklagten auf diese Weise zum Ausdruck gebracht. Er handelt widersprüchlich, wenn er sich nun daran nicht mehr festhalten lassen will, ohne dass seitdem von ihm eine Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse dargelegt oder auch nur behauptet worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 127 Abs. 4 ZPO, 1811, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

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