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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: 5 WF 221/05
Rechtsgebiete: HessVerwZustellungG, ZPO


Vorschriften:

HessVerwZustellungG § 15
ZPO § 93 d
ZPO § 93 a
ZPO § 269 Abs. 3
Nach § 15 des hessischen Verwaltungszustellungsgesetzes vom 14.2.1957 in der zur Zeit des Vorgangs geltenden Fassung war eine öffentliche Zustellung nur zulässig" wenn der Aufenthalt des Empfängers unbekannt war". Damit unterscheiden sich die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz nicht von denen der Zivilprozessordnung (§ 185 ZPO). Der Aufenthaltsort des Empfängers ist nicht schon deshalb unbekannt, weil die Verwaltungsbehörde seine Anschrift im Zeitpunkt der beabsichtigten Bekanntgabe nicht kennt oder Briefe als unzustellbar zurückkommen. Die Anschrift muss vielmehr allgemein unbekannt sein. Die Verwaltungsbehörde muss daher vor der öffentlichen Zustellung die nach Sachlage gebotenen und zumutbaren Ermittlungen nach dem Aufenthaltsort des Empfängers anstellen. Nur weil ein Bürger sich nicht ordnungsgemäß abmeldet, dürfen ihn die Rechtsnachteile einer öffentlichen Zustellung nicht treffen.
Gründe:

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss in dem Unterhaltsfestsetzungsverfahren dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt, weil er Anlass zur Antragstellung gegeben habe. Zuvor hatte die Antragstellerin mit Schreiben vom 11.1.2005 die Hauptsache für erledigt erklärt, weil der Kindesvater seine Leistungsunfähigkeit nachgewiesen habe.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Dem Antragsgegner können die Kosten weder nach § 93 d ZPO, noch nach §§ 91 bis 93a und 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO auferlegt werden. Es kann daher dahinstehen, ob der Fall einer einverständlichen Erledigungserklärung oder einer Antragsrücknahme vorliegt. Der Antragsgegner hat keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben.

Der Antrag auf Unterhaltsfestsetzung wurde dem Antragsgegner durch Zustellungsurkunde am 16.10.2004 unter der Wohnanschrift X-Straße erstmals wirksam zugestellt. Er hat daraufhin das vorgeschriebene Formular "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" ausgefüllt und an das Amtsgericht gesandt. Daraufhin hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass sie die Hauptsache für erledigt erkläre, weil der Antragsgegner seine Leistungsunfähigkeit nachgewiesen habe.

Unter den gegebenen Umständen hat der Antragsgegner nicht deswegen Anlass für das Verfahren gegeben, weil der Antrag auf Festsetzung von Unterhalt ihm am 20.12.2002 erfolglos unter der Anschrift in X-Stadt (Y-Straße) zugestellt worden ist und auch ein weiterer Zustellungsversuch unter der Anschrift Z-Straße in X-Dorf fehlgeschlagen war. Die Antragstellerin konnte nämlich aufgrund der verschiedenen Hinweise des Amtsgerichts zu den Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung die zutreffende Anschrift des Antragsgegners über das Arbeitsamt X-Stadt in Erfahrung bringen. Unter dieser Anschrift konnte der Antrag auf Unterhaltsfestsetzung schließlich auch zugestellt werden.

Zum Nachteil des Antragsgegners gereicht es ihm nicht, dass die Antragstellerin am 31. Januar 2003 über ihr Hauptamt eine öffentliche Zustellung der Rechtswahranzeige nach Verwaltungsvorschriften veranlasst hat und der Aushang vom 11.2.2003 bis zum 24.2.2003 erfolgt ist.

Nach § 15 des hessischen Verwaltungszustellungsgesetzes vom 14.2.1957 in der zur Zeit des Vorgangs geltenden Fassung war eine öffentliche Zustellung nur zulässig" wenn der Aufenthalt des Empfängers unbekannt war". Damit unterscheiden sich die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz nicht von denen der Zivilprozessordnung (§ 185 ZPO).

Der Aufenthaltsort des Empfängers ist nicht schon deshalb unbekannt, weil die Verwaltungsbehörde seine Anschrift im Zeitpunkt der beabsichtigten Bekanntgabe nicht kennt oder Briefe als unzustellbar zurückkommen. Die Anschrift muss vielmehr allgemein unbekannt sein. Die Verwaltungsbehörde muss daher vor der öffentlichen Zustellung die nach Sachlage gebotenen und zumutbaren Ermittlungen nach dem Aufenthaltsort des Empfängers anstellen. Dazu gehören Nachforschungen bei der zuletzt zuständigen Meldebehörde, u. U. aber auch die Befragung von Angehörigen oder des bisherigen Vermieters, Arbeitsamtes oder Arbeitgebers. Mutmaßlichen Aufenthaltsorten des Empfängers muss durch Rückfragen bei der zuständigen Meldebehörde bzw. anderen in Betracht kommenden Institutionen oder Personen nachgegangen werden.

Aufgrund der Hinweise des Amtsgerichts bei dem Versuch, den Antrag auf Unterhaltsfestsetzung zuzustellen, war es der Antragstellerin möglich, die zutreffende Anschrift bei dem Arbeitsamt in Erfahrung zu bringen und zuzustellen. Gleiches wäre auch im Verwaltungsverfahren bei der Zustellung der Rechtswahranzeige möglich gewesen und hätte zum nämlichen Erfolg geführt. Nur weil ein Bürger sich nicht ordnungsgemäß abmeldet, dürfen ihn die Rechtsnachteile einer öffentlichen Zustellung nicht treffen.

Demnach fallen die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin zur Last, weil sie den Antrag in der Sache zurückgenommen hat, ohne dass der Antragsgegner Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hätte. Geht man von einer übereinstimmenden Erledigungserklärung aus, ergibt sich die nämliche Rechtsfolge aus der Anwendung des § 91a ZPO.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, die Wertfestsetzung aus § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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