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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: 6 U 112/08
Rechtsgebiete: BOStB, UWG


Vorschriften:

BOStB § 32 Abs. 2
UWG § 4 Nr. 11
1. § 32 II der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.

2. Weist ein Steuerberater nach Ablauf eines dreijährigen vertraglichen Wettbewerbsverbots, das er im Rahmen des Verkaufs seiner Praxis eingegangen war, mit einem persönlichen gehaltenen Schreiben an Mandanten, die zu dem verkauften Mandantenstamm gehörten, auf seine erneut aufgenommene Steuerberatertätigkeit hin, verstößt dies selbst dann gegen § 32 II BOStB, wenn in dem Schreiben nicht ausdrücklich zur Erteilung eines Mandanten aufgefordert wird.


Gründe:

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2 in Verbindung mit 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch im zuerkannten Umfang gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 32 Abs. 2 der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) zu.

Bei § 32 BOStB handelt es sich um eine gesetzliche Vorschrift im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer, hier der Mitbewerber des Antragsgegners, dessen Marktverhalten zu regeln.

Der Antragsgegner hat gegen § 32 Abs. 2 BOStB verstoßen, indem er Mandanten der Antragstellerin, die zu dem Mandantenstamm gehören, welchen der Antragsgegner mit dem Praxisübernahmevertrag vom 23.11.2004 an die Antragstellerin veräußert hat, angeschrieben hat wie mit dem Schreiben gemäß Anlage A 2 zur Antragsschrift geschehen. Gegenüber diesen Mandanten war das Schreiben darauf gerichtet, einen anderen Steuerberater, nämlich die Antragstellerin, aus ihrem Auftrag zu verdrängen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es dem Antragsgegner nicht verboten werden kann, überhaupt Werbung zu betreiben, und zwar auch eine solche Werbung, die auch die Mandanten der Antragstellerin erreicht. Es ist nicht zu verkennen, dass jede Werbemaßnahme, die die Mandaten der Antragstellerin erreicht, geeignet und im Grunde auch darauf gerichtet ist, diese Mandanten dazu zu bewegen, zum Antragsgegner zu wechseln. Das Schreiben des Antragsgegners gemäß der Anlage A 2 zur Antragsschrift hat jedoch eine besondere Qualität. Es ist in persönlicher Form gehalten und richtet sich gezielt an Mandanten der Antragstellerin. Auch wenn es sachlich formuliert ist und die Angeschriebenen nicht ausdrücklich dazu auffordert, der Antragstellerin das Mandat zu entziehen, um zum Antragsgegner zu wechseln, werden diejenigen Adressaten des Schreibens, die bis zum Abschluss des Praxisübernahmevertrages Mandanten des Antragsgegners waren, das Schreiben als eine Aufforderung verstehen, sozusagen zu dem Bewährten zurückzukehren, indem sie zurück zu dem Antragsgegner wechseln. Angesichts dieses Verständnisses des beschriebenen Adressatenkreises entfaltet das Schreiben eine massive Wirkung zu Lasten der Antragstellerin, die mit § 32 Abs. 2 BOStB nicht mehr vereinbar ist.

Da die Vereinbarkeit einer Werbemaßnahme mit § 32 Abs. 2 BOStB nur anhand der konkreten Werbemaßnahme beurteilt werden kann, ist der Eilantrag unbegründet, soweit er Verallgemeinerungen enthält wie die, auf die im Tenor genannten Mandanten überhaupt aktiv zuzugehen.

Ein weitergehender Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Praxisübernahmevertrag. Dieser Vertrag enthält in Ziffer 11 eine Wettbewerbsklausel, nach der sich der Antragsgegner für die Dauer von drei Jahren verpflichtet, keine Steuerberatungspraxis in ... zu eröffnen und keinerlei Mandate steuerberatender Art anzunehmen von Kunden, welche er über seine bisherige Steuerberatungspraxis betreut hat und welche zu dem veräußerten Mandantenstamm gehören. Diese Regelung, die noch über § 32 Abs. 2 BOStB hinausgeht, weil sie dem Antragsgegner die Übernahme eines Mandats schlechthin verbietet, war auf drei Jahre befristet. Anhaltspunkte dafür, dass es dem Willen der vertragsschließenden Parteien entsprochen hätte, auch für die Zeit nach Ablauf dieser drei Jahre eine Regelung zu vereinbaren, die strenger ist als die in § 32 Abs. 2 BOStB enthaltene, und die deshalb den Unterlassungsanspruch in der geltend gemachten Form begründen könnte, bestehen nicht. Zwar hat der Antragsgegner sich die Übertragung des Mandantenstammes mit 800.000,-- € vergüten lassen. Die Parteien erachteten aber offenbar übereinstimmend ein Wettbewerbsverbot für die Dauer von drei Jahren für ausreichend, um dem Interesse der Antragstellerin an diesem Mandantenstamm Genüge zu tun.

Dafür, dass für die Zeit nach Ablauf der drei Jahresfrist für das Wettbewerbsverbot die gesetzlichen Regelungen, insbesondere auch § 32 Abs. 2 BOStB maßgebend sein sollten, spricht auch die Regelung in Ziffer 12 des Praxisübernahmevertrages, wonach die gesetzlichen Bestimmungen gelten sollen, soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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