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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 07.02.2008
Aktenzeichen: 6 U 166/07
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 2 Nr. 1
UWG § 4 Nr. 10
In der Zusendung einer unrichtigen Auftragsbestätigung und in der ungerechtfertigten Ablehnung oder Verschiebung eines Portierungsauftrages liegt nur dann eine Wettbewerbshandlung und zugleich eine gezielte Behinderung des Mitbewerbers, wenn es sich um eine bewusste Pflichtverletzung handelt; zur Frage, wann von einer solchen bewussten Pflichtverletzung ausgegangen werden kann.
Gründe:

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313 a I, 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Mit Recht wendet sich die Antragsgegnerin dagegen, dass ihr mit der vom Landgericht bestätigten einstweiligen Verfügung die in Ziffern 2., 3. a) und 3. b) genannten Verhaltensweisen auch für den Fall einer versehentlichen Fehlleistung untersagt worden sind. Im Übrigen hat das Landgericht die einstweilige Verfügung zu Recht erlassen.

1. Der Antragstellerin steht der mit dem Antrag zu 1. geltend gemachte Unterlassungsanspruch in der zuletzt beantragten Fassung aus §§ 3, 5, 8 III Nr. 1 UWG zu.

Die Antragstellerin hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung der Frau A vom 13.11.2006 glaubhaft gemacht, dass ein Mitarbeiter oder Beauftragter der Antragsgegnerin Frau A gegenüber die im Tenor zu Ziffer 1. wiedergegebenen Behauptungen aufgestellt hat, nachdem Frau A erklärt hatte, bereits bei der Antragstellerin einen neuen Telefonanschluss bestellt zu haben. Hierin lag eine pauschale, in dieser Form irreführende Alleinstellungsbehauptung (§ 5 UWG), die auch die Bagatellgrenze des § 3 UWG überschritt. Der Antragstellerin steht daher wegen dieses Wettbewerbsverstoßes ein Unterlassungsanspruch zu, wobei sich die durch die Verletzungshandlung begründete Wiederholungsvermutung auch auf kerngleiche Abwandlungen erstreckt.

Der von der Antragstellerin zuletzt gestellte, an die konkrete Verletzungshandlung angenäherte Unterlassungsantrag ist weder zu unbestimmt noch inhaltlich zu weitgehend; jedenfalls in Verbindung mit der vorstehenden Begründung sind für die Antragsgegnerin Inhalt und Umfang des ausgesprochenen Verbots hinreichend deutlich ersichtlich. In der - auf Anregung des Senats vorgenommenen - Neuformulierung des Unterlassungsantrages liegt keine teilweise Rücknahme des Eilantrages, sondern nur eine Klarstellung des mit dem Antrag zu 1. von Anfang an verfolgten Unterlassungsbegehrens.

2. Die mit den Anträgen zu 2., 3. a) und 3. b) geltend gemachten Unterlassungsansprüche stehen der Antragstellerin nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu.

Das Unterlassungsbegehren richtet sich gegen die Versendung unzutreffender Auftragsbestätigungen (Antrag zu 2.), die ungerechtfertigte Ablehnung von Portierungsaufträgen (Antrag zu 3. a) und die ungerechtfertigte Verschiebung der Ausführung solcher Portierungsaufträge (Antrag zu 3. b).

Nach der - erst im Anschluss an das angefochtene Urteil veröffentlichten - Entscheidung "Änderung der Voreinstellung" des Bundesgerichtshofs (WRP 07, 1341) sind die genannten Verhaltensweisen nur dann als Wettbewerbshandlung (§ 2 Nr. 1 UWG) und zugleich als gezielte Behinderung i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 10 UWG einzustufen, wenn es sich hierbei nicht um versehentliche Fehlleistungen im Massengeschäft der Vertragsabwicklung handelt, sondern um eine bewusste Verletzung der Verpflichtung zur Ausführungen von Portierungsaufträgen (vgl. zum - insoweit vergleichbaren - Fall der Änderung der Voreinstellung BGH aaO Rdz. 32) bzw. der Verpflichtung, Kunden keine unzutreffenden Auftragsbestätigungen zuzusenden (vgl. BGH aaO Rdz. 40).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist nach der Glaubhaftmachungslage von einer bewussten Pflichtverletzung und damit einem Wettbewerbsverstoß der Antragsgegnerin auszugehen.

Die Antragsgegnerin beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, die Antragstellerin habe - jedenfalls mit dem in der Antragsschrift verfolgten Verfügungsbegehren - nur die tatsächliche Versendung der Auftragsbestätigungen sowie die tatsächliche Nichtausführung der Portierungsaufträge angegriffen; diese Maßnahmen seien aber nur das automatische Ergebnis der zuvor erfolgten Eingabe des (angeblichen) Auftrages der Kundin A in das System gewesen, während die Eingabe dieses Auftrages selbst zunächst nicht Gegenstand des Unterlassungsbegehrens gewesen sei und nachträglich aus Gründen der fehlenden Dringlichkeit und wegen der von der Antragsgegnerin erhobenen Verjährungseinrede nicht mehr zum Gegenstand dieses Verfügungsbegehrens gemacht werden könnten. Dieser Einwand hat keinen Erfolg.

Die Unterlassungsanträge richten sich schon deshalb richtigerweise gegen die Versendung der Auftragsbestätigungen und die Nichtausführung der Portierungen, weil die bloße Eingabe eines tatsächlich nicht erteilten Auftrages als solche noch keine Außenwirkungen entfaltet und damit wettbewerbsrechtlich nicht angegriffen werden könnte. Gleichzeitig liegt es in der Natur der Sache, dass die in den Anträgen bezeichneten Vorgänge mit Außenwirkung nur als Ergebnis einer wie auch immer zuvor getroffenen Entscheidung beanstandet werden können, wobei es für die Antragstellerin nicht erkennbar und für die Beurteilung auch ohne Bedeutung ist, auf welchem Weg es zur Versendung der Auftragsbestätigungen und zur Nichtausführung der Portierungen gekommen ist. Beruhen - wie von der Antragsgegnerin vorgetragen - beide Vorgänge darauf, dass zuvor eine diese Maßnahmen auslösende Eintragung eines Auftrages in das Datensystem erfolgt ist, liegt eine bewusste Pflichtverletzung im eingangs dargelegten Sinn dann vor, wenn der Auftrag eingetragen worden ist, obwohl der dies veranlassende Mitarbeiter der Antragsgegnerin wusste, dass ein entsprechender Auftrag in Wahrheit nicht erteilt worden ist.

Bei Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes im vorliegenden Eilverfahren muss der Senat davon ausgehen, dass im Fall der Kundin A der Auftrag in das System der Antragsgegnerin in Kenntnis des Umstandes eingegeben worden ist, dass ein solcher Auftrag in Wahrheit nicht erteilt worden ist. Nach der eidesstattlichen Versicherung der Frau A, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, hat Frau A dem Mitarbeiter der Antragsgegnerin am Telefon zweimal erklärt, sie wolle wegen der bereits vorgenommenen Bestellung eines neuen Anschlusses bei der Antragstellerin der Antragsgegnerin keinen neuen Auftrag erteilen. Dies lässt nach der Lebenserfahrung nur den Schluss darauf zu, dass der Mitarbeiter der Antragsgegnerin, der gleichwohl den Auftrag in das System eingegeben hat, eine bewusste Falscheintragung vorgenommen hat. Dies gilt jedenfalls, solange die Antragsgegnerin keine konkreten Anhaltspunkte dafür angeben kann, wie es ansonsten zur Eingabe dieses Auftrages gekommen ist.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich insoweit maßgeblich von dem Sachverhalt, der der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (aaO) zugrunde lag. Dort hatte die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kunde einen Auftrag tatsächlich erteilt hat, die sodann übersandte Auftragsbestätigung jedoch den Inhalt dieses Auftrags unzutreffend wiedergegeben hat. Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof es nach der Lebenserfahrung als nicht ausgeschlossen angesehen, dass die fehlerhafte Wiedergabe des Auftrags in der Auftragsbestätigung auf einem Versehen beruhen könnte (aaO Rdz. 41). Dieser Erfahrungsssatz ist nach Auffassung des erkennenden Senats nicht gerechtfertigt, wenn - wie hier - der Kunde tatsächlich überhaupt keinen Auftrag erteilt hat.

Da die bewusst fehlerhafte Eingabe eines tatsächlich nicht erteilten Auftrages in das System der Antragsgegnerin zugleich ursächlich für die in den Anträgen zu 2., 3. a) und 3. b) genannten Verhaltensweisen waren, kann die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Unterlassung dieses Verhaltens verlangen; dies gilt jedoch aus den dargelegten Gründen nur, soweit es sich um bewusste Pflichtverletzungen handelt. Der Senat hat die Unterlassungsaussprüche daher in der aus dem Tenor ersichtlichen Form eingeschränkt; gegen diese Tenorierung bestehen auch hinsichtlich der erforderlichen Bestimmtheit keine Bedenken (vgl. auch hierzu BGH aaO Rdz. 31).

Wegen des weitergehenden Eilbegehrens war die vom Landgericht erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben und der Eilantrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO. Bei der vorzunehmenden Quotelung war zu berücksichtigen, dass dem zurückgewiesenen Teil des Eilbegehrens eine erhebliche Bedeutung zukam. Wäre das Verbot entsprechend den Anträgen zu 2., 3. a) und 3. b) in der vom Landgericht erlassenen und von der Antragstellerin in der Senatsverhandlung verteidigten Form bestätigt worden, unterläge die Antragsgegnerin einer wesentlich weiter reichenden Unterlassungsverpflichtung, als es nach dem Tenor in der nunmehr aufrecht erhaltenen Form der Fall ist.

Ende der Entscheidung

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