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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 07.12.2000
Aktenzeichen: 6 U 38/00
Rechtsgebiete: SGB V, UWG, ZPO


Vorschriften:

SGB V § 21
UWG § 1
UWG § 3
ZPO § 97
ZPO § 91 a
ZPO § 711
Auch ein Idealvereins kann Wettbewerber und klagebefugt sein. Werbung für Zahnhygieneprodukte in Schulen ist nicht per se wettbewerbswidrig
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 38/00

2/3 O 205/99 LG Frankfurt am Main

Verkündet am 7.12.2000

In dem Rechtsstreit ...

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main durch die Richter ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7.12.2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben, wird die Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.1.2000 zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch in Form einer unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft eines inländischen, als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Beschwer des Klägers: 150.000,- DM.

Tatbestand

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung der Mund- und Zahnhygiene, der seit 1973 ein aus der Anlage K 16 ersichtliches Schulprogramm zur Verbesserung der Zahnhygiene bundesweit vertreibt. Das Programm wird entgeltlich an die in § 21 SGB V genannten Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise veräußert, die es sodann unentgeltlich an Schulen abgeben.

Die Beklagte stellt u.a. Produkte zur Mund- und Zahnpflege her, die sie unter den Marken m.", d."sowie "B."vertreibt. Seit 1998 gibt sie ein Schulprogramm zur Verbesserung der Mundhygiene für Schüler der 2.-3. Klasse in Form einer Klassenbox mit Lehrerhandbuch heraus, wegen dessen Inhalts und Aufmachung auf die Anlagen K 5 zur Klageschrift sowie B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 23.7.1999 Bezug genommen wird. Der Klassenbox sind Zahnpastaproben ("m.-ca." und "m.-co.") sowie Originalzahnbürsten (Juniorzahnbürste und Zahnbürste C.) und ein Gutschein der W.- Versicherung zur Anforderung von Informationen zum Thema Vorsorge und Zahngesundheit beigefügt. Der Vertrieb des Programms erfolgt in der Weise, daß sich die Beklagte mit Anschreiben des aus Bl. 162 f d.A. ersichtlichen Inhalts an Grundschulen wendet und ihnen den kostenlosen Bezug des Schulprogramms anbietet. Sofern die Schulen das Programm anfordern, wird es ihnen zur Verwendung im Unterricht zugesandt.

Der Kläger hat in dem Vertrieb des Schulprogramms der Beklagten ein wettbewerbswidriges Einspannen der Autorität und Vertrauensstellung der Lehrer in die Absatzwerbung für die Produkte der Beklagten unter dem Vorwand der Gesundheitserziehung gesehen. Er hat beanstandet, daß die Schülermappe "m."- Aufkleber und -Sticker, einen Stundenplan, einen Doppelfaltbogen nebst dreißig Stickern zum Aufkleben und die Aufforderung, sich am "m."- Malwettbewerb zu beteiligen nebst einer Vielzahl von Original- Zahnpastatuben und Kinderzahnbürsten enthalte. Er hat weiter beanstandet, daß sich auf sämtlichen Materialien ein hervorgehobener Hinweis auf die Marke "m." sowie die in der Print- und Fernsehwerbung durchgängig verwendete Comic-Figur "B." als Wieder- erkennungsmerkmal für die Marken "d." und "B." befinde und der "Mach Mit !"-Bogen mit den "B."-Stickem einen Hinweis "in Zusammenarbeit mit der Bundeszahnärztekammer" aufweise, der sich auch auf der Schülermappe "Gesunde Zähne" befinde. Er hat insbesondere beanstandet, daß mit der Klassenbox auch Werbung für Versicherungen betrieben werde.

Von einer Abstimmung des Schulprogramms mit den zuständigen Kultusministerien könne keine Rede sein. Soweit die Beklagte die zuständigen Ministerien angeschrieben habe, sei die Reaktion geteilt gewesen. Auf den Inhalt der vom Kläger vorgelegten Stellungnahmen in den Anlagenkonvoluten K 9 und K 10 wird Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

a) Werbeträger über eine Schülermappe über Grundschulen an Grundschüler abzugeben, sofern mit diesen für Produkte der Marken "m.", "d." oder "B." geworben wird und/oder die Comicfigur "B." in Form von Aufklebern und Stickern über Grundschulen an Grundschüler abzugeben, soweit diese gleichzeitig au Produkten der Marken "m.", "d." oder "B." bzw. deren Verpackungen abgebildet ist;

b) Werbeträger mittels eines an die Eltern gerichteten Briefes über Grundschulen an die Grundschüler abzugeben, sofern darin für die Produkte der Marken "m.", "d." oder B." geworben wird und/oder diese die Comicfigur "B." in Form von Aufklebern und Stickern zur Weitergabe an die Grundschüler enthält; c) Zahnpastatuben und Zahnbürsten der Marken "m." und "d." unentgeltlich über Grundschulen an Grundschüler abzugeben;

d) in der Schülermappe für die W.-Versicherung durch Beilegen eines Faltblattes zu werben, in dem Rufnummern angegeben sind, über die Auskünfte über Leistungen der W.-Versicherung erteilt werden oder über eine vorgedruckte Postkarte angefordert werden können;

e) in der Schülermappe für die W.-Versicherung durch Beilegen eines Gutscheins zu werben, auf dem die Anschrift der W.-Versicherung angegeben ist und über die kostenlose Informationen zum Thema "Vorsorge und

Zahngesundheit" angefordert werden können.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

Die Beklagte hat das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses und die Klagebefugnis des Klägers bestritten und geltend gemacht, die Schulverwaltungen der Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Thüringen, Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt hätten sich mit dem Versand des Schulprogramms einverstanden erklärt. Nur in diesen Bereichen habe sie das Programm, das wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden sei, auf Anforderung durch die Schulen versandt.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 27.1.2000, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses ebenso verneint wie die Verbandsklagebefugnis des Klägers und die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er macht insbesondere geltend, daß er durch das angegriffene Schulprogramm im Vertrieb seines Schulprogramms unmittelbar beeinträchtigt werde, so daß er durch die angegriffenen Werbemaßnahmen unmittelbar verletzt sei. Mit dem angegriffenen Programm verstoße die Beklagte gegen §§ 1,3 UWG, weil sie die Autorität und Vertrauensstellung der Grundschullehrer in den Absatz und in die Werbung für ihre Produkte einspanne und fälschlich den Eindruck erwecke, als ob ihr Schulprogramm von den zuständigen Ministerien geprüft und autorisiert sei, womit sie die nach der Rechtsprechung erforderliche Erlaubnis der zuständigen Schulbehörden durch gezielte lrreführung zu umgehen suche. Mit der Verteilung des Schulprogramms gerieten auch die Eltern unter den Druck ihrer Kinder, die ein bestimmtes Markenprodukt deshalb haben wollten, weil sie es gesehen haben oder weil aufgrund der Erfahrung bei Geschwistern oder Freunden ein besonderer Kaufanreiz vorhanden sei. Auf diese Weise würden sowohl Eltern als auch Lehrer zu den "VolIstreckern" einer unmittelbaren Auswahl ihrer Kinder oder Schutzbefohlenen. Im übrigen sei das Schulprogramm der Beklagten auf die Verdrängung der wettbewerbsneutralen Programme, wie sie der Kläger anbiete, angelegt. Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags des Klägers wird auf seine zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte die aus der Niederschrift der Verhandlung vom 7.12.2000 (Bl. 466 ff) ersichtliche Unterlassungerklärung betreffend das Faltblatt der W.-Versicherung abgegeben. In ihrem Umfang haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt nunmehr,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, es bei Meldung eines für jeden F:all der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500,000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monat@an, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführem, zu unterlassen,

a) Werbeträger über eine Schülermappe über Grundschulen an Grundschüler abzugeben, sofern mit diesen für Produkte der Marken "m.", "d." oder "B." geworben wird und/oder die Comicfigur "B." in Form von Aufklebern und Stickern über Grundschulen an Grundschüler abzugeben soweit diese gleichzeitig auf Produkten der Marken "m.", "d." oder "B." bzw. deren

Verpackungen abgebildet ist;

b) Werbeträger mittels eines an die Eltern gerichteten Briefes über Grundschulen an die Grundschüler abzugeben, sofern darin für die Produkte der Marken "m.", "d." oder "B." geworben wird und/oder dieser die Comicfigur "B." in Form von Aufklebern und Stickern zur Weitergabe an die Grundschüler enthält;

c) Zahnpastatuben und Zahnbürsten der Marken "m." und "d." unentgeltlich

über Grundschulen an Grundschüler abzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, stellen sie wechseIseitige Kostenanträge.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer zu den Akten gereichten Schriftsätze, auf die Bezug genommen wird. Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist in dem Umfang, in dem über sie noch in der Sache zu entscheiden ist, unbegründet.

Das Klagebegehren ist allerdings nicht bereits deshalb unbegründet, weil es zwischen. den Parteien an einem Wettbewerbsverhältnis fehlen würde.

Der Kläger ist vielmehr als unmittelbarer Verletzter aus §§ 1,3 UWG klagebefugt. Denn der Kläger verlegt ein Schulprogramm zur Verbesserung der Mundhygiene, das sich wie das Programm der Beklagten an Schulen und Schüler wendet, so daß sich die Parteien mit konkurrierenden Produkten an denselben Abnehmerkreis wenden. Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte ihre Produkte auf Anforderung unmittelbar und kostenlos an die Grundschulen verschickt und der Kläger sein Programm gegen Entgelt an Arbeitsgemeinschaften und ähnliche Einrichtungen abgibt, die sie den Schulen dann kostenlos zu Unterrichtszwecken zur Verfügung stellen. Denn die Produkte der Parteien dienen demselben Zweck und begegnen sich in demselben Abnehmerkreis. Es liegt daher auf der Hand, daß der Vertrieb des Schulprogramms des Klägers durch den Vertrieb des Schulprogramms durch die Beklagte gestört wird. Insoweit ist insbesondere unerheblich, daß der Kläger ein Idealverein ist. Denn auch ein ldealverein kann mit Dritten im geschäftlichen Verkehr stehen (vgl. Baumbach-Hefermehl, UWG 21. Aufl., Einl. Rdn. 210 m. Nachw.), der im Streitfall in der Versorgung von Schulen mit Unterrichtsmaterial zum Thema Mundhygiene besteht. Die Parteien stehen daher in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis beim Absatz ihrer Schulprogramme, so daß der Kläger als unmittelbare Verletzter der angegriffenen Werbemaßnahmen wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus eigenem Recht geltend machen kann. Dieses Klagerecht entfällt auch nicht deshalb, weil sich der Kläger lediglich gegen die Abgabe der Werbeträger an die Schulen wendet, nicht aber gegen die Abgabe des Schulprogramms generell.

2. In der Sache ist die Klage allerdings in dem Umfang, der nach der teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung noch zur Entscheidung steht, unbegründet. Ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines wettbewerbswidrigen Einspannens der Autorität und der Vertrauensstellung der Lehrer liegt nicht vor.

Dem Kläger ist, im Ausgangspunkt darin zu folgen, daß die Duldung von Werbung in Schulräumen und im Unterricht durch Schulleitungen und Lehrer je nach Lage des Falles geeignet sein kann, den Absatz der beworbenen Produkte zu fördern, wenn durch diese Duldung der Eindruck entstehen kann, die Schule und die Lehrer stünden hinter den beworbenen Produkten und der Werbung für sie, weil die Schule für die Schüler und/oder ihre Eltern in der Frage der Beurteilung der Qualität derartiger Produkte als sachverständig und damit - wenn auch vielleicht nicht als alleinige - Autorität für Beurteilungen dieser Art gilt. Ob eine solche Konstellation vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls (BGH GRUR 1984, 665 ff, 666 = WRP 1984, 399 ff - Werbung in Schulen). Einen Grundsatz, daß jedwede Werbung vor Schulklassen ein wettbewerbswidriges Einspannen der Autorität und der Vertrauensstellung des Lehrpersonals darstelle, gibt es nicht. Allein aus dem Umstand, daß Produkte eines bestimmten Unternehmens in der Schule oder im Unterricht Verwendung finden oder auf Unterrichtsmaterialien genannt werden und dadurch erkennbar ist, daß es sich um Produkte eines bestimmten Unternehmens handelt, folgt daher nicht, daß eine wettbewerbswidrige Werbung in Schulen vorliegen müsse und die Schüler oder ihre Eltern sachfremde Erwägungen an die Stelle sachlicher Leistungsvergleiche bei der Beschaffung entsprechender Produkte setzen würden (BGH aa0). Vielmehr müssen zur Begründung eines Unterlassungsanspruchs aus § 1 UWG unter dem Gesichts-punkt eines wettbewerbswidrigen Einspannens der Schule und/oder Lehrer im Einzelfall über das bloße werbliche In-Erscheinung-treten hinausgehende und die Qualifizierung der Werbemaßnahme als unlauter rechtfertigende Umstände erkennbar sein.

Derartige Umstände liegen im Streitfall nicht vor.

Soweit der Kläger zunächst geltend gemacht hatte, die Beklagte vertreibe das angegriffene Schulprogramm ohne Genehmigung der Kultusministerien der Länder, ist sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen worden, daß das Klagebegehren darauf nicht abgestellt ist und daß ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Schreiben der Hessischen Kultusministerin (Bl. 138), des Ministeriums für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen (Bl. 139), des Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft des Saarlandes (Bl. 140), des Thüringer Kultusministeriums (Bl. 141), des Landesschulamts Berlin (Bl. 142) und der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg (Bl. 145) es der Beklagten freigestellt worden ist, das Programm den Schulen kostenlos anzubieten, wenn diese das Programm anfordern. Bei dieser Sachlage kann keinesfalls davon ausgegangen werden, daß die Beklagte das Schulprogramm ohne Zustimmung der genannten Schulträger und der Schulen verteilt worden wäre. Da das Programm vielmehr nur auf Anforderung der Schulen kostenlos an diese abgegeben wird, ist ein Verstoß gegen § 1 UWG unter diesem Gesichtspunkt nicht zu erkennen. Durch die Verteilung des Schulprogramms der Beklagten einschließlich der in den Klassenboxen enthaltenen Produkte (Zahnpasta und Zahnbürsten) werden weder die Schulen noch die die Boxen im Unterricht verwendenden Lehrer in den Absatz der Produkte der Beklagten eingespannt. Insoweit ist zunächst davon auszugehen, daß die Anleitung zu sachgerechter Mund- und Zahnpflege - wie sich auch aus den genannten Schreiben der Kultusministerien ergibt - im allgemeinen Erziehungsauftrag der Schulen liegt. Da die Klassenboxen unentgeltlich verteilt werden und darüber hinaus weder der Bezug weiterer Produkte erforderlich ist noch angeregt wird, liegt - anders als in dem Fall BGH GRUR 1979, 157 ff = WRP 1979' 117 ff - Kindergartenmalwettbewerb - auch kein Einspannen der Lehrer und Eltern in den Produktabsatz vor. Insbesondere werden die Lehrer weder aufgefordert oder in einer sonstigen Form angehalten, die Produkte der Beklagten zu begutachten, zu empfehlen oder sich in sonstiger Weise zu ihnen zu äußern und sich an dieser Form in den Absatz der Produkte der Beklagten einzuschalten (vgl. zu diesen Formen des Einspannens von Autoritätspersonen OLG Frankfurt WRP 1971, 379 ff, DB 1978, 535 ff).

Die mit dem Verteilen des Schulprogramms der Beklagten verbundene Werbewirkung beschränkt sich mithin auf den Umstand, daß die Marken, die Comicfigur und die Produkte der Beklagten in den Klassensätzen namentlich genannt werden. Sowohl das Handbuch für die Lehrer als auch die an die Schüler zu verteilenden Materialien enthalten sich jeder darüber hinausgehender Anpreisung der Produkte der Beklagten und sind in jeder Hinsicht sachlich gehalten. Anhaltspunkte, daß von dem Schulprogramm eine darüber hinausgehende Werbewirkung ausgehen könnte, legt der Kläger nicht dar. Vielmehr beschränkt sich das Schulprogramm in seinem gesamten zu den Akten gereichten Inhalt auf eine sachgerechte Anleitung der Schüler zur Mund- und Zahnpflege. Anhaltspunkte, daß darüber hinausgehende Werbung betrieben werde oder die Lehrer in den Produktabsatz einbezogen würden, hat der Kläger nicht dargelegt.

Bei dieser Sachlage fehlt ein hinreichender Anhaltspunkt für ein unlauteres Einspannen der Autorität und Vertrauensstellung der Lehrkräfte in den Produktabsatz der Beklagten. Vielmehr ist bei der gebotenen Beurteilung des Gesamtverhaltens der Beklagten am Schutzzweck des § 1 UWG (vgl. dazu BGH WRP 2000, 170 ff = GRUR 2000, 237 ff - Giftnotruf- Box) die von dem Schulprogramm ausgehende Werbewirkung auch an dem Umstand zu messen, daß mit dem Schulprogramm der allgemeine Bildungsauftrag der Schule unterstützt wird. Die in die Gesamtabwägung einzubeziehende und von dem Schulprogramm ausgehende Werbewirkung beschränkt sich auf den Umstand, daß erkennbar ist, wer die Schulen in der Wahrnehmung dieses Erziehungsauftrags unterstützt. Da Lehrer weder Zahnärzte sind noch aus sonstigen Gründen dem Verkehr als Sachverständige auf dem Gebiet der Zahn- und Mundhygiene entgegentreten, ist die Verwendung des Schulprogramms im Unterricht auch nicht geeignet, bei den Schülern oder Eltern den Eindruck hervorzurufen, daß die Produkte der Beklagten im Verhältnis zu den Produkten anderer Hersteller von besonderer Qualitiät oder aus sonstigen Gründen zu bevorzugen seien. In der Sache beschränkt sich daher die Werbewirkung des angegriffenen Schulprogramms auf den Umstand, daß durch die Nennung der Beklagten als der verantwortlichen Herausgeberin des Schulprogramms diese als Unternehmen werblich vor den Schülern erscheint. Dies ist aber nicht per se wettbewerbswidrig.

Soweit der Kläger geltend gemacht hat, der Hinweis auf die Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer sei irreführend, ist dies nicht Gegenstand der Klageanträge. Im übrigen ist der Kläger für seine - von der Beklagten bestrittene - Behauptung darlegungs- und beweisfällig geblieben. Tatsächliche Anhaltspunkte für seine Behauptung, das Schulprogramm werde nicht in Zusammenarbeit mit der Bundeszahnärztekammer herausgegeben, hat der Kläger nicht vorgetragen. Vielmehr sieht er lediglich im Sach- vortrag der Beklagten ein "Indiz" für seine Behauptung (Schriftsätze vom 23.8.1999, S. 9 und vom 16.9.1999, S. 7, Bl. 281, 348). Der Kläger hat deshalb nicht dargelegt, daß die angegriffene Behauptung falsch und damit irreführend sein könnte. Bei dieser Sachlage bestand keine Veranlassung, den von der Beklagten angetretenen Beweis für die Richtigkeit der Angabe zu erheben.

Die Klage ist schließlich unbegründet, soweit der Kläger im Vertrieb des Schulprogramms der Beklagten einen wettbewerbswidrigen Verdrängungswettbewerb sieht. Anhaltspunkte, daß die Beklagte ihr Schulprogramm an die das Programm anfordernden Schulen zur gezielten Verdrängung und Vernichtung eines Mitbewerbers einsetzt, legt der Kläger nicht dar. Allein die Tatsache, daß die Beklagte mit dem angegriffenen Schulprogramm ein mit dem Schulprogramm des Klägers konkurrierendes Schulprogramm erstellt und daß dieses Programm nicht an Arbeitsgemeinschaften und sonstige Einrichtungen nach § 21 SGB V verkauft wird, die es sodann kostenlos an die Schulen abgeben, sondern unmittelbar den Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt wird, läßt noch keine besonderen Umstände erkennen, die den Vertrieb des Programm zu einem unerlaubten Mittel des sittenwidrigen Verdrängungswettbewerbs (§ 1 UWG) qualifizieren. Gegen die kostenlose Abgabe des Schulprogramms durch die Beklagte richtet sich das Klagebegehren auch nicht.

Die Klage ist daher, soweit über sie noch in der Sache zu entscheiden ist, im Ergebnis zu Recht abgewiesen und die Berufung zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 a ZPO. Danach hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits im Umfang der Zurückweisung seiner Berufung zu tragen. Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 91 a ZPO, wobei die Kosten des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen waren. Denn die Beilegung der Werbung von Versicherungen steht in keinem Zusammenhang mit der Erziehung der Schüler zur Mund- und Zahnpflege. Die Maßnahme diente allein der Anbahnung von Kontakten zum Abschluß von Versicherungsverträgen, für die die vorgenannten Abwägungsgesichtspunkte nicht Platz greifen können. Da die Klage in diesem Teil des Rechtsstreits voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, entspricht es billigem Ermessen, die Beklagte mit diesem Teil der Kosten des Rechtsstreits zu belasten.

4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus 708 Nr. 10, 11, § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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