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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 05.01.2001
Aktenzeichen: 6 UF 203/00
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG, SGB IV


Vorschriften:

BGB § 1587g Abs. 1
VAHRG § 3a Abs. 1
SGB IV § 107 Abs. 1 S. 1
Ein Anspruch auf Ausgleichsrente nach § 3a VAHRG ist erst recht ausgeschlossen, wenn die Hinterbleibenenversorgung nach der Pensionsordnung des Versorgungsträgers durch die Wiederheirat nicht nur ruht, sondern ganz ausgeschlossen ist. Zulassung der Revision.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

6 UF 203/00

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 02.11.2000 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth/Odw. vom 12.10.2000 am 05. Jan. 2001 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert. Der Antrag auf Durchführung des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die durch das Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 13a I 2 FGG).

Beschwerdewert: 3.200,00 DM.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Die gem. § 621e I ZPO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keine Ansprüche nach § 1587g BGB i.V.m. § 3a VAHRG.

Bei der Regelung des Versorgungsausgleichs aus der am 30.06.1987 geschiedenen Ehe der Antragstellerin mit J. XXX. ist ihr zwar wegen eines damals nicht öffentlich-rechtlich ausgleichbaren Teils einer Betriebsrentenanwartschaft des Ehemannes bei der Antragsgegnerin insoweit der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten worden. Der frühere Ehemann der Antragstellerin ist am 07.01.1996 verstorben, die Voraussetzungen des § 1587g I BGB sind bei der Antragstellerin am 01.05.2000 eingetreten.

Einem Anspruch der Antragstellerin aus § 3a I VAHRG steht jedoch entgegen, daß sie auch dann, wenn ihre ehe bis zum Tode des früheren Ehemannes fortbestanden hätte, von der Antragsgegnerin nach deren Satzung keine Hinterbliebenenversorgung erhalten hätte. Wie sich aus der bei den Akten befindlichen Heiratsurkunde ergibt, hat die Antragstellerin unmittelbar nach der Scheidung von ihrem ersten Ehemann am 17.09.1987 wieder geheiratet. Nach Abschnitt VIII Ziff. 3 der Pensionsordnung der Antragsgegnerin erlischt jedoch der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung, wenn sich die Witwe wieder verheiratet. Daß eine solche Klauselel den Anspruch der geschiedenen Witwe auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich regelmäßig ausschließt, hat der Gesetzgeber, wie sich aus der Regierungsbegründung zu § 3a VAHRG ergibt, ausdrücklich gewollt. Nach deren Wortlaut gelten Regelungen der Versorgungssatzung, "nach denen - etwa im Falle der Wiederverheiratung - eine Hinterbliebenenversorgung ganz oder teilweise ruht, ... auch für den Anspruch des Berechtigten auf die Ausgleichsrente..." (BT-Drucksache 10/5447 S. 11). Das bedeutet, daß ein Anspruch auf Ausgleichsrente nach § 3a VAHRG dann erst recht ausgeschlossen ist, wenn die Hinterbleibenenversorgung nach der Pensionsordnung durch die Wiederheirat nicht nur ruht, sondern ganz ausgeschlossen ist. Dies wird auch im Schrifttum nicht in Zweifel gezogen (Wagenitz, FamRZ 87, 1, 6; Palandt/Brudermüller, 60. Aufl., Rz. 6 zu § 3a VAHRG; Johannsen/Henrich/Hahne, 2. Aufl., Rz. 12 zu § 3a VAHRG).

Daran ändert hier auch der Umstand nichts, daß die Pensionsordnung der Antragsgegnerin der (echten) Witwe in Abschnitt VIII Ziff. 3 S. 2 für den Fall der Wiederverheiratung einen Abfindungsanspruch zugesteht. Auch dieser Fall ist in der Regierungsbegründung ausdrücklich bezeichnet. Nach deren Wortlaut (a.a.O.) kann der (aus dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich) Berechtigte eine solche Abfindung nicht verlangen, weil es dafür an einer Anspruchsgrundlage mangele.

Zwar wird in der Literatur trotz dieses eindeutigen Textes auch die Auffassung vertreten, daß bei einer Abfindungsklausel bei Wiederheirat die verlängerte Ausgleichsrente bis zur Höhe der Abfindung verlangt werden könne, weil dies auch dann möglich sei, wenn die Pensionsordnung des Arbeitgebers als Hinterbliebenenversorgung keine Rente, sondern eine einmalige Kapitalzahlung vorsehe (Wagenitz a.a.O., a.M. Hahne a.a.O.). Diese Auffassung erscheint dem Senat zwar zweifelhaft, weil ein vom Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung einem Ehegatten zugesagter Kapitalbetrag generell nicht in den Versorgungsausgleich fällt (BGH FamRZ 84, 156, 158) und daher bereits bei der Scheidung gar keinen Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten begründen kann. Diese Frage bedarf jedoch hier keiner abschließenden Entscheidung. Es mag insbesondere offen bleiben, ob der bereits nach § 3a I VAHRG anspruchsberechtigte frühere Ehegatte an der Abfindung teilhat, wenn er erst während des Bezugs der verlängerten Ausgleichsrente wieder heiratet. Der Senat verneint dies jedenfalls für den - hier vorliegenden - Fall, in dem der geschiedene Ehegatte bei Eintritt der Voraussetzungen des § 3a I VAHRG bereits verheiratet ist. Die in der Pensionsordnung enthaltene Wiederverheiratungsklausel ist ersichtlich dem § 107 I S. 1 SGB IV nachgebildet, der auch im Falle des Bezugs einer gesetzlichen Witwenrente bei Wiederheirat eine Abfindung in ähnlichem Umfang vorsieht. Diese Abfindung ist nach dem Gesetzeszweck keine Kapitalisierung etwa nach Wiederheirat noch vom Versorgungsträger geschuldeter Rentenleistungen, sondern eine Prämie, die der Witwe den Start in eine neue Ehe erleichtern und einen Anreiz für die Aufgabe nichtehelicher Lebensgemeinschaften bieten soll (Jahn, SGB VI, Rz. 1 zu § 107). Die in der Pensionsordnung vorgesehene Abfindung hat ersichtlich den gleichen Zweck. Wenn aber - wie im vorliegenden Fall - die geschiedene Witwe im Zeitpunkt des Eintritts der übrigen Voraussetzungen des § 3a VAHRG bereits verheiratet ist, bedarf es eines Anreizes für die Eheschließung nicht mehr. In dieser Situation gewinnt der eindeutige Wortlaut der Regierungsbegründung zu § 3a I VAHRG (a.a.O.) das entscheidende Gewicht.

Schließlich ergibt sich etwas anderes auch nicht aus der vom Amtsgericht in Bezug genommenen Ziff. 4 des achten Abschnitts der Pensionsordnung der Antragsgegnerin. Nach dem Verständnis des Senats ist diese Vorschrift nicht "etwas zusammenhanglos in die Witwenpensionsregelung eingefügt". Sie regelt den Fall, daß der Pensionsanspruch einer echten Witwe mit dem Anspruch einer geschiedenen Witwe desselben Arbeitnehmers zusammentrifft und stellt durch eine Anrechnungsanordnung sicher, daß die Antragsgegnerin insgesamt nicht mehr zu zahlen hat, als die Hinterbliebenenpension der echten Witwe ausmacht.

Wegen der abweichenden Ansicht von Wagenitz (a.a.O.) hat der Senat gemäß §§ 621e II, 546 I 2 Ziff. 1 ZPO die weitere Beschwerde zugelassen.

Ende der Entscheidung

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