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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.12.2002
Aktenzeichen: 6 W 105/02
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 118
ZPO § 103
ZPO § 104
Für die vorgerichtliche oder außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der sich (noch) nicht zur Prozeßbevollmächtigten bestellt hatte, kann im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104, 104 ZPO grundsätzlich keine Geschäftsgebühr geltend gemacht werden.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

6 W 105/02

Verkündet am 18.12.2002

In der Beschwerdesache

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.04.2002 am 18.12.2002 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Antragsgegnerin der Antragstellerin weitere 717,09 EUR, insgesamt also 803,39 EUR, nebst Zinsen in der festgesetzten Höhe zu erstatten hat. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 717,09 EUR

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist insbesondere rechtzeitig, innerhalb der bis zum 27.05.2002 laufenden Beschwerdefrist, per Telefax eingelegt worden. Von dem am letzten Tag der Frist eingegangenen Telefaxschreiben befindet sich allerdings nur die erste Seite bei der Akte; diese Seite ist nicht unterschrieben. Nachdem die Antragstellerin den Übermittlungsvorgang näher dargestellt und ihre Angaben durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung und des Sendeberichts untermauert hat, ist indessen davon auszugehen, daß der mit Anlagen insgesamt 6 Seiten umfassende und ordnungsgemäß unterschriebene Beschwerdeschriftsatz per Telefax vorab vollständig übermittelt wurde, und daß nach dem Eintreffen des Originalschriftsatzes nur die erste Seite des Telefaxschreibens bei der Akte verblieben ist. Das äußere Erscheinungsbild dieser Seite, die in der Empfangszeile u.a. "P.001/006" ausweist, korrespondiert mit der Darstellung der Antragstellerin.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachte 10/10 Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 BRAGO nebst der Pauschale nach § 26 BRAGO ist bei der Kostenausgleichung nicht zu berücksichtigen.

Für die vorgerichtliche oder die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwaltes, der sich (noch) nicht zum Prozeßbevollmächtigten bestellt hatte, kann im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103, 104 ZPO grundsätzlich keine Geschäftsgebühr geltend gemacht werden ( vgl. OLG Koblenz, AnwBl. 1987, 53 f. und AnwBl. 2001, 310; OLG Hamm, JurBüro 1997, 258 f.; OLG Karlsruhe, OLGR 1999, 347 f.; OLG München, OLGR 2002, 56; vgl. auch Senat, MDR 1995, 414 zur mangelnden Festsetzbarkeit von Abmahnkosten; a.A. LG Schwerin, AnwB11998, 541; LG Bremen, WuM 1999, 598; Zöller, ZPO, 23. Auflage, §§ 103, 104, Rdnr. 21 "Außergerichtliche Anwaltskosten" und "Vorprozessuale Kosten").

Das Kostenfestsetzungsverfahren betrifft die Erstattung von Prozeßkosten. Zu diesen zählt eine Geschäftsgebühr nach § 118 BRAGO in aller Regel nicht. Soweit es um die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes geht, enthält die einschlägige Gebührenordnung besondere Regelungen für die in gerichtlichen Verfahren entstehenden Anwaltsgebühren ( §§ 31 ff. BRAGO). Grundvoraussetzung für deren Anfall ist die Bestellung des Rechtanwalts zum Prozeßbevollmächtigten. Es besteht angesichts dieser gebührenrechtlichen Differenzierung kein Anlaß, die Kosten eines lediglich vorgerichtlich oder außergerichtlich tätigen Rechtsanwalts in den Begriff der Prozeßkosten gemäß § 103 ZPO mit einzubeziehen.

Gegen eine solche Einbeziehung spricht im übrigen auch der Zuschnitt des Kostenfestsetzungsverfahrens. Dieses Verfahren ist auf eine zügige, nach vereinfachten und klaren Grundsätzen zu treffende Entscheidung über die Entstehung und die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten ausgerichtet. Für rechtlich schwierige oder nur durch aufwendige Ermittlungen zu klärende Fragestellungen ist dieses Verfahren nicht geeignet. Bei der Geltendmachung einer Geschäftsgebühr ergibt sich jedoch regelmäßig die Schwierigkeit, daß die zugrunde liegende Anwaltstätigkeit aus den Akten nicht ersichtlich ist. Im Streitfall müßte geklärt werden, welche Tätigkeit tatsächlich entfaltet wurde. Als weiteres Problem tritt hinzu, daß es sich bei der Geschäftsgebühr um eine Rahmengebühr handelt. Dies kann zu der Frage führen, ob die von dem Rechtsanwalt getroffene Gebührenbestimmung unbillig erscheint ( § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO). Zu untersuchen wäre schließlich auch, ob und ggf. in welchem Umfang die vorgerichtliche oder außergerichtliche Anwaltstätigkeit prozeßbezogen und für die gerichtliche Rechts Verfolgung notwendig war.

Die vorliegend geltend gemachte Geschäftsgebühr kann somit im Kostenfestsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden. Der angefochtene Beschluß war entsprechend abzuändern.

Die Antragsgegnerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 ZPO lagen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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