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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 16.07.2001
Aktenzeichen: 6 WF 92/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Es ist nicht mutwillig, eine Scheidungsfolgensache nicht im Verbund geltend zu machen (von seltenen Ausnahmen abgesehen).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

6 WF 92/01

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 26.04.2001 am 16.07.2001 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und hat auch - vorläufig - Erfolg.

Der Antragstellerin kann die Prozeßkostenhilfe nicht wegen Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung gemäß § 114 ZPO verweigert werden, weil sie die Ansprüche auf Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt auch im Verbund mit der Scheidung hätte geltend machen können. Der Senat hat bislang in entsprechenden Fällen Prozeßkostenhilfe für ein isoliertes Verfahren grundsätzlich versagt, es sei denn, daß die antragstellende Partei aus vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen davon abgesehen hat, den familienrechtlichen Anspruch im Verbund zu verfolgen. Er gibt diese Rechtsprechung auf. Zwar klagt eine Partei mutwillig, wenn sie den von ihr verfolgten Zweck auch auf einem billigeren als dem von ihr eingeschlagenen Weg erreichen kann. Es ist auch richtig, daß im Verbundverfahren insgesamt geringere Kosten als bei isolierter Geltendmachung entstehen, weil die Gebühren nach den zusammengerechneten Werten der Scheidungssache und der Folgesachen berechnet werden. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Kostenregelungen in §§ 91 und 93a ZPO kann jedoch nicht von vornherein beurteilt werden, daß sich die Verfolgung von Folgesachen im Verbund für die Partei und damit im Ergebnis auch für die Staatskasse als der kostengünstigere Weg darstellt (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 623 Rdnr. 24 ff mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Die gerichtliche Praxis hat zudem gezeigt, daß regelmäßig beachtliche Gründe für die isolierte Geltendmachung von Ansprüchen geltend gemacht werden. Einer mißbräuchlichen Handhabung im Einzelfall kann auch weiterhin begegnet werden. Danach mag es dahinstehen, ob vorliegend der Antragstellerin überhaupt ein etwaiges Verschulden ihrer früheren Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet werden kann (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O., § 85 Rdnr. 11). Im Übrigen hat die Antragstellerin für das Scheidungsverfahren keine Prozeßkostenhilfe erhalten, und es tritt durch die Verbindung mit dem Antrag auf Zahlung von Trennungsunterhalt auch eine gewisse Kostenminderung ein.

Die Antragstellerin kann weiterhin auch nicht darauf verwiesen werden, daß sie ihre Bedürftigkeit selbst herbeigeführt habe, weil ihr nach rechtskräftiger Scheidung kein Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses mehr zustehe. Ob ein solcher noch vor der Scheidung bestanden hat, erscheint ohnehin fraglich. Hierauf hat das Amtsgericht die Zurückweisung des Prozeßkostenhilfeantrags im Scheidungsverfahren auch nicht gestützt. Darauf, daß die Antragstellerin nunmehr ein hohes Einkommen des Antragsgegners behauptet, kommt es nicht an. Immerhin hat sie Stufenanträge angekündigt, um nähere Kenntnis der Einkommensverhältnisse zu erhalten. Anhaltspunkte dafür, daß sich die Antragstellerin böswillig leistungsunfähig gemacht hat (vgl. BGH FamRZ 1999, 644), sind nicht ersichtlich. Einfaches Verschulden genügt jedenfalls nicht. Auf einen vermeintlichen Regreßanspruch gegen die frühere Verfahrensbevollmächtigte wegen mangelhafter Beratung kann sie nicht verwiesen werden.

Danach kann der Prozeßkostenhilfeantrag nicht wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung oder mangelnder Kostenarmut zurückgewiesen werden. Da das Amtsgericht eine nachvollziehbare Überprüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht nicht vorgenommen, sondern lediglich auf gewisse 'Bedenken' hingewiesen hat, greift der Senat der Beurteilung durch das Amtsgericht nicht vor und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

Ende der Entscheidung

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