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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.08.2000
Aktenzeichen: 7 U 126/96
Rechtsgebiete: ADS, ZPO


Vorschriften:

ADS § 24 Abs. 1
ZPO § 91
Zur Beurteilung der Handelsüblichkeit der Verpackung von Frachtgut ist auf die beteiligten Kreise am Abladeort und zur Abladezeit abzustellen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 126/96

3/8 O 224/89 LG Frankfurt am Main

Verkündet am 30.8.2000

In dem Rechtsstreit ...

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. März 1996 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 48.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Klägerin ist mit 318.273,77 DM beschwert.

Tatbestand

Die Klägerin stellte im Jahre 1987 für eine Firma I. in Baldwin/Wisconsin eine computergesteuerte Fertigungsstraße zur Herstellung von Rolladenelementen für Garagentore her. Mit dem Versand der Anlage beauftragte die Kläger in die internationale Spedition E., die im multimodalen Verkehr ab dem Herstellerwerk bis Wisconsin den Transport übernehmen sollte. Die Transportfirma schloß bei der Beklagten eine Transportversicherung für den vorgesehenen Transport der Anlage ab der damaligen Niederlassung der Klägerin ab. Wegen der Einzelheiten des Versicherungsscheines wird auf Blatt 28, 29 d.A. verwiesen. Dem Versicherungsvertrag lagen die ADS 1984 sowie die DDV Maschinenklauseln zugrunde. Vereinbart war eine Allgefahrendeckung, wobei als Versicherter der jeweilige Inhaber der Police gelten sollte. Ziffer 1.4.1.5 der ADS 73/84 bestimmte, daß als nicht ersatzpflichtige Schäden solche angesehen werden, die auf Fehlen oder Mängel handelsüblicher Verpackung beruhten. Für den Fall der Beschädigung der transportierten Güter sollte nach Ziffer 7.3.1 der ADS der gemeine Handelswert oder der gemeine Wert maßgebend sein, den die Güter im unbeschädigten Zustand, am Ablieferungsort haben sollten. Auch nach der DTV-Maschinenklausel 1973 war in Ziffer 3.1 ein Ausschluß für solche Schäden vorgesehen, die der Versicherungsnehmer durch mangelhafte oder unsachgemäße Verladeweise verschuldete.

Der Transport der Maschinenanlage erfolgte ab dem Herstellerwerk am 3. September 1987 in zwei Containern der Firma E. die zunächst einen Transport per Lkw nach Antwerpen durchführte. Dort wurden die Container auf ein Schiff der M.-Lines umgeladen, das nach Montreal auslief. Die Ladung wurde dort am 15. September 1987 gelöscht und am folgenden Tage per Eisenbahn über Detroit und Chicago zum Endbestimmungsort Minneapolis weiter befördert. Die Auslieferung der beiden Container an die Empfängerfirma in Baldwin erfolgte sodann mit zwei Lastkraftwagen. Nach der Öffnung der Containertüren stellte sich heraus, daß Teile der Anlage beschädigt bzw. zerstört waren. Die Firma I. meldete ihrem Broker, einer Firma N. Inc. telefonisch den Schaden, die wiederum eine Niederlassung der Transportfirma in Nebraska hiervon telefonisch verständigte. Der Schaden wurden einem Havariekommissar gemeldet, der eine weitere Firma mit einer gemeinsamen Beaufsichtigung mit einem Vertreter der Eisenbahngesellschaft vornahm. Die Firma I. hat ihre Rechte gegenüber der Beklagten an die Klägerin abgetreten.

Mit der Klage hat die Klägerin die von ihr errechnete Versicherungsentschädigung auf der Grundlage zu ersetzender Maschinen und Maschinenteile, Transportkosten für diese Teile, Montagekosten für die zu erneuernden Teile, Reisekosten für den Zeugen W. zur Schadenseinschätzung, zusätzlich benötigte Ersatzteile, Zinsentschädigungsansprüche der Firma l. wegen Verschiebung der Inbetriebnahmetermine und Zollkosten in Höhe von 360.288,75 DM verfolgt. Wegen der Einzelheiten der Entschädigungsberechnung wird auf die Aufstellung in der Klageschrift (Bl. 9 ff d.A.) Bezug genommen. Sie hat die Beklagte für eintrittspflichtig gehalten und zur Begründung ausgeführt, die beiden Container, in denen die Maschinen und Maschinenteile befördert worden seien, seien auf der Reise unzulässig hohen Stoßeinwirkungen ausgesetzt gewesen, die zu den Beschädigungen geführt hätten. Da die Container bei der Verladung auf das Seeschiff noch keine Schäden aufgewiesen hätten und die Schiffsreise nach dem Logbuch ohne besondere Vorkommnisse, verlaufen sei, müßten die Schäden bei dem mehrfach erforderlich gewesenen Rangiermanövern während des Containertransportes auf der Bahn in den Vereinigten Staaten von Nordamerika entstanden sein. Die Empfängerfirma I. und deren Produktionsleiter hätten der Klägerin mitgeteilt, daß sich die Maschinen in beiden Containern beim Öffnen beträchtlich verschoben haben müßten, was allein auf häufige und überhart ausgeführte Rangiermanöver zurückzuführen sei. Eine der Maschinen sei sogar so weit verschoben gewesen, daß sie das vordere Ende des Containers zerstoßen habe. In beiden Containern sei die Verschiebung in Vorwärtsrichtung erfolgt, alle Abstützungen für die Maschinen seien herausgerissen, zerbrochen und in einem solchen Ausmaß durcheinander geworfen worden, daß es unmöglich gewesen sei, den ursprünglichen Zustand der Maschinen und ihre Ausgangsposition beim Beladen zu rekonstruieren. Die Pfosten, die das Dach über dem Container getragen habe, seien von ihren Sockeln verschoben worden und zwischen die Maschinen gefallen. Ein weiterer Hinweis auf die Schwere des Aufpralls sei der Bruch des 10 cm starken Kantholzes gewesen, mit dem eine der Maschinen im Container verbolzt gewesen sei. Dieses schwere Holzstück sei am Grundgestell der Maschine und parallel zum Containerboden befestigt worden. Wenn ein derart schweres und massives Holzteil zerbreche, werde durch die besondere, über alles handelsüblich und voraussehbare Maß hinausgehende Krafteinwirkung belegt, der die Container auf der Reise ausgesetzt gewesen sein müßten. Die Verpackung der Anlageteile sei transportsicher, fachgerecht und handelsüblich erfolgt.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 360.288,75 DM nebst 5 % Zinsen aus 349.375 12 DM seit dem 28. März. 1988 und aus 10.913,63 DM seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat sich in erster Linie deshalb für leistungsfrei gehalten, weil eine mangelhafte Verladung bzw. mangelhafte Verpackung des Transportgutes vorgelegen habe. Sie hat die Auffassung vertreten, die Schäden an dem Transportgut seien durch eine Kombination harter Transporterschütterungen einerseits und ungenügender Verstauung innerhalb des Containers andererseits verursacht worden. Die von der Klägerin gewählte Art der Verladung und Verpackung sei nicht ausreichend gewesen, die Ladung zu sichern. Die Maschinenteile seien nebeneinander nicht abgestützt ge wesen, zur Befestigung der Container im Boden seien Plattennägel verwendet worden, die keinen ausreichenden Halt im Containerboden gehabt hätten. Die Klägerin habe auch keine handelsübliche Verpackung gewählt, was für den Eintritt der Schäden ursächlich geworden sei. Im übrigen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, ihre Leistungspflicht entfalle auch deshalb, weil ein versicherbares Interesse der Klägerin nicht vorliege. Da sich aus der Rechnung ergebe, daß die Klägerin "ex-works" verkauft habe, sei ihr ein ersatzfähiger Schaden aufgrund der Beschädigung der Containerteile entstanden.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung über die Frage der Verursachung der Schäden durch unsachgemäße Verstauung und Erkennbarkeit der Mangelhaftigkeit der gewählten Art und Weise der Verpackung Gutachten des Sachverständigen Dr. L. eingeholt, wegen deren Einzelheiten auf Blatt 334 ff d.A., 367 ff d.A. und Blatt 459 ff d.A. verwiesen wird. Weiterhin hat das Landgericht die Zeugen W., F. und A. vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 19. November 1993 (Bl. 399 f d.A.) und vom 11. Februar 1994 (Bl. 41 9 ff d.A.) verwiesen.

Sodann hat das Landgericht durch Urteil vom 6. März 1996, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 475 ff d.A. verwiesen wird, der Klage überwiegend stattgegeben. Gegen dieses, der Beklagten am 14. März 1996 zugestellte Urteil richtet sich ihre am Montag, dem 15. April 1996 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. Juni 1996 am 14. Juni 1996 begründete Berufung. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Abweisung der Klage insgesamt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens meint die Beklagte, ihre Entschädigungspflicht hinsichtlich der bei dem Transport Maschinen und Maschinenteile sei schon deshalb entfallen, weil die Klägerin die Anlage nicht handelsüblich verpackt habe, sie aufgrund der Verlängerung des Transportweges die Gefahren des Transportes erhöht habe, jedenfalls aber ihr ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Die Ersatzpflicht der Beklagten sieht die Beklagte im Hinblick auf Ziffer 1.4.1.5 ADS deshalb als ausgeschlossen an, weil das Fehlen bzw. die Mängel einer handelsüblichen Verpackung die Zerstörung bzw. Beschädigung der transportierten Anlage verursacht hätten. Die Sicherung des Transportgutes gegen Zerstörung sei ungeeignet gewesen, insbesondere sei die vorgenommene Vernagelung unzureichend gewesen. Wäre die Anlage handelsüblich verpackt gewesen, wäre die Beschädigung der Anlage nicht eingetreten, weil nicht Teile der Anlage durch die Luft hätten gewirbelt werden können. Es treffe nicht zu, daß auch bei einer ausreichenden Sicherung des Transportgutes aufgrund des auf die Container einwirkenden Rangierstoßes die Schäden eingetreten wären. Die Beklagte meinte, daß keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, daß während des Transportes bis nach Minneapolis tatsächlich ein unzulässiger Rangierstoß auf die Container und deren Inhalt eingewirkt habe. Weiterhin sieht die Beklagte ihre Ersatzpflicht auch deshalb als ausgeschlossen an, weil die Klägerin durch Verlängerung des Transportes über Minneapolis hinaus die Gefahr geändert habe und sich dies Gefahränderung ebenfalls auf den Eintritt des Schadens ausgewirkt habe. Die Verlängerung des Transportes über den in der Police vertraglich bestimmten Bestimmungsort Minneapolis hinaus sei als Gefahrerhöhung im Sinne des § 24 Abs. 1 ADS anzusehen, so daß dementsprechend die Leistungspflicht ausgeschlossen sei. Die Gefahränderung sei auch nicht unbeachtlich gewesen, weil es nicht feststehe, daß sie unter keinen Umständen einen Einfluß auf den Schadensfall gehabt habe. Die Klägerin habe hierfür den erforderlichen Beweis nicht erbracht. Die Beklagte behauptet, daß die Verlängerung des Transportes über Minneapolis hinaus nach Baldwin Einfluß auf den Schadensfall gehabt habe, da jede Erschütterung der Container dazu geführt habe, daß die umgestürzten und verschobenen Teile der Anlage aneinander rieben und schabten. Schließlich meint die Beklagte, daß ihr ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Entschädigungsleistung so lange zustehe, bis ihr die Originalpolice ausgehändigt werde.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 6. März 1996 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie meint, daß die Beklagte nicht den Nachweis dafür geführt habe, daß die von der Beklagten behaupteten Mängel der Verstauung und Verpackung der Anlageteile in den beiden für den Transport benutzten Containern handelsunüblich und damit mangelhaft gewesen sei. Der vorgelegte Stauplan, der aus dem Gedächtnis gezeichnet worden sei und lediglich schematisch darstelle, wie die einzelnen Ladungsteile in den Containern verstaut worden seien, gebe nichts hinsichtlich der genauen Position der Maschinenteile im Container und deren Abstände zueinander wieder. Gegenüber der Vorplanung sei bei der tatsächlichen Verladung von erfahrenem Verladepersonal eine Veränderung der Lagerung vorgenommen worden, wenn dies dem Ladepersonal für eine gute Sicherung erforderlich erschienen habe. Es treffe auch nicht zu, daß die einzelnen Maschinenteile nicht gegeneinander und zu den Containerwänden abgestützt worden seien. Dies könne den Lichtbildern nicht entnommen werden, die nicht im Zeitpunkt des Eintreffens der Container in Baldwin gefertigt worden seien. Angesichts der sonstigen für sich bereits ausreichenden Sicherung der Ladung sei das Vernageln des Holzunterbaus der Maschine mit dem Holzboden eine zusätzliche Sicherung gewesen. Weiterhin seien die Schaltschränke und hochstehenden Maschinenteile durch Zurrungen gegen Umfallen gesichert worden. Schadensursächlich sei das Einwirken außerordentlich hoher, nicht transportüblicher Kräfte gewesen. Dies werde dadurch belegt, daß sich die elektrischen und elektronischen Geräte im Schaltschrank aus ihren fabrikmäßig vorgenommenen Verankerungen gerissen hätten, obwohl die Schaltschranktüren geschlossen und nahezu unbeschädigt gewesen seien. Der große Schaltschrank in der vorderen Ecke des Containers sei nicht umgefallen, seine Türen geschlossen geblieben. Die Containerwand sei im Zusammenhang mit dem Zusammenstoß von einem Flacheisen durchstoßen worden. Da das Schadensereignis damit auf einem unzulässig starken Rangierstoß auf der Bahnstrecke zurückzuführen sei, habe die an sich handelsübliche und ansonsten ausreichende Verpackungsart nicht genügt, Schäden an dem Inhalt des Containers herbeizuführen. Die Klägerin behauptet, daß überharte Rangierstöße auf amerikanischen Eisenbahnen keineswegs unbekannt seien und der Umstand, daß Maschinenteile die vordere Stahlwand des einen Containers zerstoßen hätten, mit Muttern festverschraubte Steuerungsteile des Schaltschrankes herausgerissen hätten und Verbolzungen und Verbiegungen festzustellen gewesen seien, belege, daß eine außerordentliche Beschleunigung bzw. Bremsverzögerung stattgefunden haben müsse, wie sie bei einem Seetransport oder einem Landtransport per Lkw ausgeschlossen sei. Die Klägerin tritt weiterhin der Auffassung der Beklagten entgegen, daß Leistungsfreiheit wegen nachträglicher Gefahrerhöhung bestehe. Auf der kurzen Strecke des Lkw-Transportes von Minneapolis.nach Baldwin könne sich der Schaden nicht ereignet haben. Die Behauptung der Beklagten, die Container seien beim Beladen des Lastkraftwagens abgerutscht, sei unrichtig. Vielmehr seien die Container einzeln gekrant worden, vom Kran jedoch seien Container nicht abgestürzt, jedenfalls hätte selbst eine solche Fallhöhe nicht ausgereicht, um die Anlageaggregate derart zu beschleunigen, daß sich Teile durch die stählerne Containerwand hätten bohren können. Die Container seien auch nicht bei der Verladung auf die Lastkraftwagen abgerutscht. Die bei einem Lkw- Transport auftretenden Beschleunigungs- und Bremskräfte reichten nicht aus, um Schäden in der festgestellten Größenordnung zu verursachen. Schließlich sei der Einwand der Beklagten verfehlt, die versicherte Entschädigungssumme sei nicht fällig, weil ihr der Originalversicherungsschein nicht ausgehändigt worden sei. Da die Beklagte in ihrer Versicherungsbestätigung ausdrücklich die Firma T. & H. als Bevollmächtigte benannt habe, sei ihr auch entsprechend der Originalversicherungsscheine von der American E. über diese Firma ausgehändigt worden. Die Bevollmächtigten der Beklagten hätten den Originalversicherungsschein am 5. Februar 1988 der Niederlassung der Beklagten in den Vereinigten Staaten von Nordamerika übersandt. Es könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen, wenn von dort aus der Versicherungsschein nicht an den Hauptsitz der Beklagten weitergegeben worden sei.

Der Senat hat ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen J. vom 14. Januar 1999 eingeholt, das dieser im Termin vom 23. November 1999 mündlich erläutert hat. Wegen der Einzelheiten der mündlichen Erläuterung und der Bekundungen des weiterhin vernommenen Zeugen W. wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. November 1999 (Bl. 632 - 640 d.A.) verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch Erfolg. Die Berufung führte zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung des Klageanspruchs insgesamt.

Der der Klägerin seitens der Firma E. abgetretene Anspruch auf Entschädigung aus dem zwischen der Firma E. und der Beklagten abgeschlossenen Transportversicherung ist jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weit die Beklagte keinen Ersatz für Schäden schuldete, die durch Fehlen oder Mängel handelsüblicher Verpackung herbeigeführt worden sind (Ziffer 1.4.1.5 der Vertragsinhalt gewordenen ADS 73/84). Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist davon auszugehen, daß die Schäden an dem beförderten Transportgut während des versicherten Transportes eingetreten sind. Hiervon ist deshalb auszugehen, weil die Maschinen und Maschinenteile nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien zu Beginn des Transportes unversehrt und vollständig aufgeladen worden sind, schließlich am Ort ihrer Bestimmung beschädigt angelangt sind. Damit steht es fest, daß der Schaden während des versicherten Transportes eingetreten ist und vorbehaltlich der unten darzustellenden Einschränkung die Allgefahrendeckung der Beklagten eingreift (vgl. hierzu auch OLG Hamburg, VersR 1966, 378; OLG Karlsruhe, VersR 1987, 928; Ritter/Abraham, Das Recht der Seeversicherung., Band 1, 2. Auflage 1967, § 28 ADS Anm. 9; vgl. auch OLG Düsseldorf, VersR 1958, 295).

Die grundsätzliche Verpflichtung zur Deckung aller während des Transportzeitraumes eintretenden, auf den Transportvorgang zurückzuführenden Schäden durch die Beklagte ist jedoch deshalb ausgeschlossen, da nach dem erwiesenen Sachverhalt das Fehlen aller handelsüblichen Verpackung und Sicherung des Transportgutes zu dem Eintritt des Schadens geführt hat. Unbeschadet der Einordnung der Transportversicherung als Allgefahrenversicherung trägt der Versicherer nicht alle Gefahren, denen die Güter während des Transportes ausgesetzt sind, was sich in den Einschränkungen der ADS und der DTV-Maschinenklausel entnehmen läßt. Der Senat geht davon aus, daß die Frage der Mangelhaftigkeit der Verpackung entsprechend den für das Seefrachtversiche- rungsrecht entwickelten Gründen nach den allgemein am Abladeort zur Abladezeit nach der Auffassung der beteiligten Kreise nötigen Anforderungen zu bestimmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1996 - 11 ZR 21/95 -; vgl. auch BGH NJW 1971, 1363). Der Senat folgt der Auffassung, daß die modernisierte Fassung der ADS vom 1. Januar 1984 dazu geführt hat, daß bei Schäden aufgrund mangelhafter Verpackung in Übereinstimmung mit der Versicherungspraxis nicht mehr auf den Manqel oder das Fehlen der Verpackunq, sondern nur noch auf deren Handelsüblichkeit abzustellen ist. Das führt insofern zu einer Verbesserung der Rechtsstellung des Versicherungsnehmers, weil ein Schaden auch dann ersatzpflichtig ist, wenn das Fehlen oder die Mangelhaftigkeit der Verpackung handelsüblich geworden sein sollte (vgl. BGH, a.a.O.; Enge, Transportversicherung, 1987, S. 120). Hinsichtlich der Beurteilung der Handelsüblichkeit in Ziffer 1.4.1.5 ADS-Güterversicherung 1973 geht der Senat davon aus, daß hierbei nicht nur die zu transportierenden Güter und die Umstände der betreffenden Reise in Betracht zu ziehen sind, sondern auch die Standards der Verpackung am Abladeort zur Abladezeit, damit eine sichere Tatsachengrundlage für die Bewertung der Handelsüblichkeit der aufgetretenen Mängel gewonnen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1996, a.a.O.; OLG Bremen, Transportrecht 1989, 236).

Aufgrund der einleuchtenden Feststellungen des Sachverständigen J. ist mit der für ein Urteil notwendigen Gewißheit davon auszugehen, daß die danach maßgebliche Art der Verladung und Befestigung der Schaltschränke und Maschinenteile in den Containern nicht dem handelsüblichen Standard am Abladeort in Minneapolis / Minnesota entsprach und ungünstig von dem Sicherheitsstandard an diesem Abladeort abgewichen ist. Der Sachverständige ist zunächst davon ausgegangen, daß die Handelsüblichkeit der Stauung, Verpackung und Sicherung von Ladungen in Europa wie in Nordamerika weitgehend gleichen Standards folgt, was er zusätzlich durch Anfragen an die jeweiligen deutsch-amerikanischen Handelskammer in New York und Chicago als Ausgangspunkt seines Gutachtens gesichert hat.

Aufgrund der einleuchtenden Feststellungen des Sachverständigen J. ist davon auszugehen, daß die gewählte Verpackungsart nicht den Beanspruchungen des kombinierten Transportes standhalten konnte und das Fehlen einer geeigneten Verpackung von dem handelsüblichen Standard abwich. Das ergibt sich mit der für ein Urteil notwendigen Gewißheit bereits daraus, daß die hohen Schaltschränke und Maschinenteile, die fast die Containerhöhe von 2,4 m erreichten, im oberen Bereich nicht ausreichend gegen ein Kippen, und damit gegen eine Seitwärtsbewegung gesichert waren. Eine kraftschlüssige Verbindung durch Verblockung der Zwischenräume, die Befestigung mit Herkulestauwerk war handelsüblicher Sorgfaltsstandard, wenn die Konstruktion dieser Maschinen, wie hier, ein Ansetzen von weiteren Abstützungen nicht erlaubte. Insbesondere wurde der handelsübliche Sorgfaltsstandard hinsichtlich der Verfügung deshalb nicht genügend beachtet, weil eine ausreichende Verzurrung nicht erfolgt ist. Der Sachverständige hat hierzu einleuchtend dargestellt, daß eine Ladungssicherunq weder mit Laschmaterial nach unten führend, noch nach oben führend festzustellen gewesen ist, Verzurrungen, wenn sie vorhanden gewesen sein sollten, den auftretenden seitlichen Kräften nicht standgehalten haben. Da das Verschieben der Maschinenteile in Längsrichtung wegen der hierbei auftretenden Kräfte ausschließlich auf Rangiervorgänge im Zusammenhang mit dem Eisenbahntransport zu suchen sei, der Einsatz des Kantholzrahmens auf dem Boden nur eine Auflage darstellte, dagegen nicht eine Absicherung für Verschiebungen in Längsrichtungen mit sich brachte, stellte auch dies keine ausreichende Sicherungsmaßnahme dar. Das gilt auch für das Vernageln des Holz unterbaus, das nicht ausreichte, um eine Maschine mit einem Gewicht von drei Tonnen gegen ein Verschieben zu sichern.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Sachverständige bei der Erstattung seines Gutachtens von unzutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist. Soweit der Sachverständige in seinem Gutachten davon ausgegangen ist, daß die Bodensektionen der Maschinenteile mit Holzbalken unterlegt gewesen seien, die mit Schloßschrauben von 12 mm Durchschnitt befestigt waren, hat er nicht den unzutreffenden Eindruck erweckt, dem Ausmaß der Sicherung nicht gerecht geworden zu sein. Da der Sachverständige in nicht zu beanstandender Auswertung der Lichtbilder Schloßschrauben, die mit dem Unterbau eine Verbindung zu den Maschinen herstellen sollten und die nach dem Transport nach der Darstellung der Klägerin verbogen worden sein sollten, nicht gesehen hat, ist es nicht zu beanstanden, daß er in seinem Gutachten davon ausgegangen ist, daß eine solche zusätzliche Sicherung nicht vorlag. Soweit der Zeuge W. bekundet hat, daß zusätzlich neben dem Vernageln des Holzunterbaus der Maschine mit dem Holzboden zur Sicherung der Maschine für den Transport auf Paletten aus dem gekauften Holz gefertigt worden sein sollten, die mit den Maschinen verbunden wurden, indem Schloßschrauben angebracht worden sind, wobei sich an den vier Ecken jeweils zwei Schloßschrauben befunden hatten, widersprecht dies dem durch die Lichtbilder gesicherten Befund der Sicherung mit dem Unterbau. Nicht zu beanstanden ist es auch, daß der Sachverständige bei der Erstattung seines Gutachtens nicht zugrundegelegt hat, daß die Schaltschränke und hochstehenden Maschinenteile durch Zerrungen gegen Unfall gesichert worden sein sollten. Dies ließ sich den Lichtbildern nicht entnehmen, kann auch nicht den Angaben des Zeugen W. mit der für ein Urteil notwendigen Gewißheit entnommen werden. Im übrigen hat der Gutachter hierzu festgestellt, daß möglicherweise gebrochene Verzurrungen, die den Lichtbildem nicht entnommen werden konnten, aufgrund großer Krafteinwirkung nicht erwähnt worden sind, woraus der Schluß gezogen werden kann, daß die Verzurrung nicht in ausreichendem Maße erfolgt sei. Der Sachverständige ist auch nicht deshalb von unzureichenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen, weil er seinen Feststellungen den vorgelegten Stauplan in Verbindung mit den Lichtbildern hinsichtlich der Art der Beladung zugrundegelegt hat. Der Senat kann es offen lassen, ob der durch den Zeugen W. bestätigten Darstellung der Klägerin zu folgen ist, wonach der Stauplan, der lediglich aus dem Gedächtnis gezeichnet worden ist, nicht verläßlich wiedergegeben hat, wie die tatsächlich erfolgten Ladungssicherungsmaßnahmen vorgenommen worden sind. Die Darstellung der Klägerin, wonach gegenüber der Vorplanung bei der tatsächlichen Verladung von erfahrenem Verladepersonal Veränderungen vorgenommen worden seien, mag zutreffen oder auch nicht. Da der Stauplan nicht die einzige Erkenntnisquelle des Sachverständigen hinsichtlich der Art der Verpackung war, sich vielmehr aus den vorgelegten Lichtbildern und dem Beschädigungsbild des Containerinhalts aufschlußreiche Feststellungen hinsichtlich der Art der Verpackung entnehmen ließen, bestehen keine Bedenken gegen die von ihm hinsichtlich der Art der Verpackung zugrundegelegten Anknüpfungstatsachen. Der Sachverständige hat mit Recht darauf hingewiesen, daß sich dem Stauplan nichts über die Höhe der einzelnen Maschinenteile entnehmen ließ, weshalb es nicht zu beanstanden ist, daß er als zusätzliche Anknüpfungstatsache ein oder zwei in den Akten vorhandene Lichtbilder zur Hand genommen und sie, mit dem Stau- plan abgeglichen habe. Weitere Einzelheiten der Verpackungsart hat der Sachverständige in nicht zu beanstandender Weise den weiteren gefertigten Lichtbildern entnommen. Hinzu kommt, daß die Klägerin Einzelheiten zu dem tatsächlichen Stauplan nicht vorgetragen hat, sich diese auch nicht den Angaben des Zeugen W. entnehmen lassen, der lediglich ausgeführt hat, es habe gewisse Änderungen hinsichtlich des Ladezustandes gegeben, die nicht im einzelnen ausgeführt worden sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß sich Feststellungen hinsichtlich des Zustandes innerhalb der Container im Zeitpunkt des Eintreffens in Baldwin deshalb verbieten, weil diese Aufnahmen nicht unmittelbar nach Ankunft der Container aufgenommen worden sind. Das mag hinsichtlich der Lichtbilder Nummer 17 - 22 zutreffen, die der Zeuge W. nach seinen glaubhaften Angaben erst vier Wochen nach Beginn des Versandes gefertigt hatte, gilt jedoch nicht für die übrigen vorgelegten Lichtbilder, die nach den einleuchtenden Feststellungen des Sachverständigen vom Entladepersonal, das generell mit Fotoapparaten ausgerüstet ist, gefertigt werden, wenn problematische Ladungen ausgeladen werden. Damit ist es nicht zu beanstanden, daß der Sachverständige seine Feststellungen zum Zustand der Ladung aus den Lichtbildern entnommen hat.

Soweit der Sachverständige erwogen hat, daß es zu dem Beschädigungsbild hinsichtlich der im Inneren des Schaltschrankes aus der Halterung gerissenen Teile durch eine rauhe Behandlung" des Containergutes beim Abladen gekommen sei, und als wahrscheinlichste Erklärung hierfür, wie es zu der Beschädigung gekommen sei, ein überhartes Abladen angenommen hat, liegen keine gesicherten Feststellungen vor, daß Ursache dieser Schäden keine fehlerhafte Ladung und Verpackung gewesen sei. Da der Gutachter hinsichtlich der hohen Schaltschränke auch ein Kippen nach der Seite als Schadensursache angeführt hat, steht es nicht fest, daß diese Schäden allein auf den damit versicherten Abladevorgang zurückzuführen seien.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Bemessung der Beschwer orientiert sich am Ausmaß des Unterliegens der Klägerin in der Berufungsinstanz.

Ende der Entscheidung

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