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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 7 U 202/06
Rechtsgebiete: VHB 92


Vorschriften:

VHB 92 § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte leistungsfrei ist, weil die Klägerin die ihr gemäß § 21 Nr. 1a VHB 92 obliegende Pflicht, den Schaden unverzüglich dem Versicherer anzuzeigen, vorsätzlich verletzt hat.

Die Behauptung der Klägerin, sie habe nicht gewusst, dass ihre Hausratversicherung für den Verlust ihres bei ihrer Mutter eingelagerten Schmucks einstandspflichtig sei, würde eine Verletzung der Anzeigepflicht entfallen lassen. Diese Einlassung der Klägerin ist aber widerlegt. Die Klägerin hat, wie das Landgericht festgestellt hat, gewusst, dass ihre Versicherung für den Verlust ihres Schmucks einzustehen hat. Diesen Schluss zieht das Berufungsgericht daraus, dass die Klägerin im Mai 2005 ihrem Hausratversicherer, der Beklagten, die Entwendung des Schmucks gemeldet hat, aber nicht plausibel darlegen könnte, warum sie erst jetzt davon ausgehe, ihr Versicherer habe für den Schaden aufzukommen. Ihre Behauptung, der Zeuge Z1 habe ihre Mutter darauf aufmerksam gemacht, trifft nicht zu. Der Zeuge Z1 hat verneint, der Mutter der Klägerin Ratschläge gegeben zu haben. Der Zeuge hat den Hergang vielmehr so geschildert, dass ihm bei einem Anruf gesagt worden sei, bei dem Schadensfall sei auch Schmuck der Klägerin abhanden gekommen. Aus welchem Grund die Zeugin Z2 darauf zu sprechen kommen sollte, ist nicht verständlich. Auch die Zeugin Z2 konnte dies nicht plausibel erklären. Der Umstand, dass die Zahlung der Versicherung nicht die gesamte geltend gemachte Schadenssumme deckte, erklärte sich hinreichend daraus, dass für Wertsachen nur eine Höchstsumme vereinbart war. Die Zeugin Z2 oder die Klägerin konnten daher nicht glauben, dass das Zurückbleiben der Entschädigung hinter der angemeldeten Schadenssumme gerade darauf zurückzuführen sein könnte, dass der Schmuck der Klägerin nicht entschädigt worden war, zumal dies dem Versicherer auch gar nicht bekannt war. Wenn die Zeugin und die Klägerin meinten, der Schmuck der Klägerin sei ausschließlich über die Hausratversicherung der Zeugin Z2 versichert, lag auf der Hand, dass diese Pauschale für die gesamten Wertsachen gelten würde, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen. Wenn ihr Kenntnisstand so war, wie sie behaupten, hätten sie sich mit der pauschalen Entschädigung abfinden müssen. Wenn die Zeugin Z2 daher die Sprache darauf brachte, dass in den Schadensfall auch Schmuckstücke ihrer Tochter verwickelt waren, und sie deshalb für eine bestimmte Anzahl von Schmuckstücken die originalen Expertisen zurückverlangte, belegt dies, dass der Zeugin unabhängig von Mitteilungen des Zeugen Z1 bekannt war, dass der Schaden der Klägerin bei der Beklagten geltend zu machen war. Deshalb kann auch der Klägerin nicht geglaubt werden, sie habe erst aufgrund einer Mitteilung des Zeugen Z1 erfahren, dass ihr Schaden bei der Beklagten geltend gemacht werden müsse.

Da die Klägerin einen anderen nachvollziehbaren Grund für die Verzögerung der Schadensanzeige nicht angegeben hat, und der von ihr angegebene Grund nicht zutreffen kann, muss angenommen werden, dass sie die Schadensanzeige vorsätzlich verzögert hat. Zwar ist im allgemeinen davon auszugehen, dass ein Versicherungsnehmer die Anzeige nicht vorsätzlich verzögert, weil nicht angenommen werden kann, dass Versicherungsnehmer bewusst ihren Versicherungsschutz gefährden. Diese Regel setzt aber voraus, dass der Versicherungsnehmer Gründe für die Verzögerung angibt. Darauf beruft sich die Klägerin aber nicht. Sie hat sich nur darauf berufen, nicht gewusst zu haben, dass Versicherungsschutz in ihrer Hausratversicherung besteht. Die Klägerin hat aber nicht in Abrede gestellt, dass ihr bekannt war, dass ein Schadensfall dem Versicherer unverzüglich zu melden ist.

Die Leistungsfreiheit der Beklagten entfällt nicht deshalb, weil die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigung gehabt hätte. Denn die verspätete Meldung war generell geeignet, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu beeinträchtigen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin an der verspäteten Meldung nur ein geringes Verschulden trifft. Das Berufungsgericht verweist in diesem Zusammenhang auf die zutreffenden Ausführungen in den Gründen des angefochtenen Urteils. So weit sich die Berufungsbegründung hiergegen wendet, wird nicht deutlich, ob sich diese Ausführungen auf den von der Berufung allenfalls angenommenen Fall der grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung und damit auf den Kausalitätsgegenbeweis beschränken. An der Eignung der verspäteten Schadensmeldung, die Interessen des Versicherers zu beeinträchtigen, ändert es jedenfalls nichts, dass unverzüglich Strafanzeige erstattet und eine Stehlgutliste eingereicht worden war.

Denn bei der Frage der generellen Eignung kommt es auf den Ablauf im individuellen Einzelfall nicht an. Darüber hinaus ist es aber gerade wegen der verspäteten Schadensmeldung auch zu einer frühzeitigen Klärung und Festlegung der Beteiligten auf die Eigentumsverhältnisse an den Schmuckstücken nicht gekommen. Gerade dies ist geeignet, die Interessen des Versicherers zu beeinträchtigen. Gegen die Annahme des Landgerichts, die Klägerin treffe an der Verspätung der Schadensanzeige auch ein erhebliches Verschulden, wendet sich die Berufung, nicht.

Da das Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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