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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 07.08.2007
Aktenzeichen: 8 U 108/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 323
BGB § 847
Zahnarzthaftung/Implantat: Einzeitiges Vorgehen, d. h. Entfernung eines Zahnes und sogleich Implantatsetzung im Einzelfall behandlungsfehlerhaft wegen persistierender Infektion, 5.000 € Schmerzensgeld, zwei Folgeoperationen, über fünf Monate erhebliche Einschränkung in der Lebensführung.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen einer behaupteten fehlerhaften Zahnbehandlung und unzureichender Nachsorge in Anspruch.

Der Beklagte entfernte am 15.5.2000 den vertikal frakturierten Zahn 2 1 und brachte in regio 2 1 ein Implantat ein. Zur Auffüllung eines Defektes des Kieferdammes wurden Knochenspäne verpflanzt, Bindegewebe transplantiert und körperfremdes Material eingebracht. Der Zahn 2 1 wurde überkront. Wundheilungsstörungen machten weitere Behandlungen erforderlich. Am 29.5.2000 wurde eine Wundkantenanfrischung und eine Deckung der freiliegenden Membran mit Weichteilgewebe vorgenommen. Am 13.9.2000 entnahm der Beklagte Reste der Membran und transplantierte Bindegewebe nach regio 2 1. Die Klägerin brach die Behandlung beim Beklagen nach dem 26.9.2000 ab und ließ sich im Oktober 2000 das Implantat in Izmir durch den Zahnarzt Dr. A entfernen. Der fehlende Zahn 2 1 wurde sodann durch eine Brücke prothetisch versorgt.

Das Zahnärztliche Rechenzentrum Dr. X GmbH nahm die Klägerin auf Vergütung gemäß Rechnung des Beklagten vom 11.10.2000 in Anspruch. Das Amtsgericht Frankfurt (Az. 29 C 912/01-46) hat nach Einholung von Gutachten des Prof. Dr. Dr. SV1 vom 30.4. und 2.8.2002 (Bl. 11ff, 41ff d.A.) die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Rechnung betreffe eine versuchte Mängelbeseitigung nach Fehlbehandlung.

Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht den Beklagten durch Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 21.1.2004 (Bl. 158) verurteilt, an die Klägerin 21.707,55 € zu zahlen und dem Feststellungsbegehren entsprochen. Die über 20.000,-- € hinausgehende Schmerzensgeldklage hat es abgewiesen. Das Landgericht ist aufgrund des klägerischen Vorbringens davon ausgegangen, dass die Klägerin durch eine vermeidbare fehlerhafte ärztliche Behandlung geschädigt worden ist, weil das Behandlungskonzept nicht tragfähig war und neben dem Verlust des Implantats zu erheblichen Wundheilungsstörungen geführt hat. Einen über 20.000,-- € hinausgehenden Schmerzensgeldanspruch hat das Landgericht als unangemessen erachtet.

Die gegen das Schlussurteil form- und fristgerecht eingelegte Berufung (8 U 70/04) der Klägerin, mit der sie sich gegen die Abweisung des über 20.000,-- € hinausgehenden Schmerzensgeldanspruches gewehrt hat, ist nach Hinweisbeschluss des Senates vom 25.4.2005 (Bl. 328 d.A.) durch Beschluss vom 3.6.2005 (Bl. 354 d.A.) mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass das Vorbringen der Klägerin vom 10.11. und 12.12.2003 - als zutreffend unterstellt - ein über 20.000,-- € hinausgehendes Schmerzensgeld nicht rechtfertige.

Auf den Einspruch gegen das Teilversäumnisurteil vom 9.3.2005 hat das Landgericht unter urkundenbeweislicher Verwertung der Gutachten von Prof. Dr. Dr. SV1 vom 30.4. und 2.8.2002 durch Urteil vom 9.3.2005 das Teilversäumnisurteil mit der Begründung aufrechterhalten, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. SV1 im Verfahren des Zahnärztliches Rechenzentrum Dr. X GmbH gegen die Klägerin das Behandlungskonzept des Beklagten nicht tragfähig gewesen sei.

Die Höhe des Schmerzensgeldes sei wegen des Verlusts des Implantats, der erforderlich gewordenen Überkronung der Zähne 11, 22 und 23 und der mit den Wundheilungsstörungen und weiteren operativen Eingriffen verbundenen Schmerzen gerechtfertigt.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung erstrebt der Beklagte Abänderung des angefochtenen Urteils, Aufhebung des Teilversäumnisurteils und Klageabweisung. Er ist der Auffassung, das Landgericht habe das Versäumnisurteil jedenfalls wegen sachlicher Unrichtigkeit aufheben müssen. Das Landgericht sei vor allen Dingen verpflichtet gewesen, dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu entsprechen, da die die Verwertung von Gutachten aus anderen Verfahren vorsehende Vorschrift des § 411 a ZPO seinerzeit noch nicht gegolten habe. Die These des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. SV1, sein Behandlungskonzept sei nicht tragfähig gewesen, sei nach dem wissenschaftlichen Meinungsstand zur Insertion von Dentalimplantaten nicht haltbar. Der Beklagte habe im übrigen schon in der Klageerwiderung dargelegt, dass die streitige Implantation erfolgreich durchgeführt worden sei, der Behandlungserfolg jedoch durch das postoperative Verhalten der Klägerin zunichte gemacht worden sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteil das Teilversäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.1.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die urkundenbeweisliche Verwertung des Gutachtens des Prof. Dr. Dr. SV1 sowie die Nichteinholung eines weiteren Gutachtens.

Im übrigen nimmt sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.

Gemäß Beweisbeschlüssen vom 29.12.2005 und 6.12.2006 ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines Gutachtens und eines Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Dr. Dr. Dr. SV2 (im folgenden: Dr. SV2), wegen deren Inhalt auf Bl. 426 - 466,524 - 548 d.A. Bezug genommen wird. Des weiteren haben Dr. SV2 sowie Prof. Dr. Dr. SV1 (im folgenden. Prof. Dr. SV1) ihre Gutachten mündlich erläutert (Sitzungsprotokoll vom 22.5.2007/Bl. 604 - 609 d.A.).

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hat in der Sache zum Teil Erfolg. Der vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeldbetrag war auf 5.000,-- € zu reduzieren und der Feststellungsantrag - eingeschränkt auf die dem Beklagten vorzuwerfenden Fehler - neu zu fassen.

1. Die formale Rüge des Beklagten, das Landgericht habe sich nicht ohne Zustimmung der Parteien auf die urkundenbeweisliche Verwertung des Gutachtens des Prof. Dr. SV1 stützen dürfen und das im vorliegenden Verfahren beantragte Gutachten einholen müssen, ist berechtigt, weil die Bestimmung des § 411 a ZPO, die die Verwertung von in anderen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten erlaubt, nach § 29 Zif. 3 EGZPO hier nicht anwendbar ist. Dementsprechend hat der Senat zu den maßgeblichen Fragen ein Gutachten und ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen Dr. F. eingeholt. Aufgrund von deren Ergebnis hat der Senat den Sachverständigen Dr. F. zur Erläuterung seines Gutachtens geladen und den im vorangegangenen Verfahren tätig gewordenen Gutachter Prof. Dr. SV1 ebenfalls als Sachverständigen zu seinem Gutachten und ergänzend gehört.

2. Aufgrund des Ergebnisses der gutachterlichen Äußerungen beider Sachverständiger teilt der Senat die Einschätzung des Landgerichts, dass das Behandlungskonzept des Beklagten fehlerhaft war. Der Beklagte hätte angesichts der bei der Klägerin vorgefundenen Lage nicht in einem Termin sowohl den Zahn 2 1 entfernen und sogleich ein Implantat in regio einbringen dürfen. Auch wäre das Implantat in Anbetracht der Wundheilungsstörungen und Beschwerden der Klägerin spätestens am 13.9.2000 zu entfernen gewesen.

Zwar hat der Sachverständige Dr.F. in seinen schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass eine Sofortimplantation unmittelbar im Anschluss an eine Zahnextraktion ein implantologisch gesichertes und ausreichend erprobtes Verfahren für einen implantatgetragenen Zahnersatz darstelle und klinisch erprobt sei und dass der operative Eingriff vom 15.5.2000 lege artis gewesen sei. Gleichwohl vermochte der Senat eine dahingehende Überzeugung nicht zu gewinnen, nachdem sowohl der Sachverständige Dr.F. als auch der Sachverständige Prof. Dr. SV1 zusätzlich mündlich sachverständig befragt wurden.

Es kann letztlich dahin stehen, inwieweit eine Sofortimplantation nach dem Wissensstand des Jahres 2000 fachärztlichem Standard entsprach. Prof. Dr. SV1 hat insoweit ausgeführt, dass es in diesem Bereich sehr wenig evidenzbasierte Untersuchungen gibt, welche eine allgemeingültige Aussage erlaubten. Selbst wenn aber ein einzeitiges Vorgehen - Zahnextraktion und sofortige Implantierung - seinerzeit grundsätzlich anerkannt gewesen sein sollte, so hat auch Dr. SV2 bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens schließlich der Einschätzung von Prof. Dr. SV1 zugestimmt, dass das Vorgehen des Beklagten nicht fachärztlichem Standard entsprach. Der Grund, weswegen nicht nur Prof. Dr. SV1, sondern auch Dr. SV2 im Falle der Klägerin ein mindestens zweizeitiges Vorgehen gewählt hätte, wobei zwischen Extraktion und Einbringung des Implantats nicht unbedingt ein langer Zeitraum hätte liegen müssen, ist darin zu sehen, dass vorliegend ein Zahn aus einem jedenfalls vorher infizierten Gebiet entfernt worden ist und zudem ein Knochendefekt mit Fremdmaterialien behoben werden musste.

Die klassische Indikation für eine Sofortimplantation - nämlich die Ersetzung des Verlustes eines Zahnes aufgrund eines Traumas - lag hier nach der Einschätzung beider Gutachter nicht vor. Beide Gutachter waren sich auch dahingehend einig, dass eine Sofortimplantation kontraindiziert ist, wenn nach der Extraktion eines Zahnes der Verdacht auf eine persistierende Infektion fortbesteht.

Letzteres war vorliegend zu bejahen. Zwar hat sich der Sachverständige Dr. SV2 zunächst dahingehend geäußert, dass es aufgrund wissenschaftlicher Studien grundsätzlich möglich sei, gleich nach Extraktion eines Zahnes aus einem infizierten Gebiet ein Implantat einzubringen und dass im Falle der Klägerin ein lokal begrenzter entzündlicher Prozess vorgelegen habe. Angesichts der gleichzeitig durchzuführenden antibiotischen Behandlung gehe er davon aus, dass der Beklagte kein Implantat in einen erkennbar infizierten Raum eingebracht habe. Demgegenüber hat der Sachverständige Prof. Dr. SV1 die Auffassung vertreten, dass angesichts des klinischen Befundes auch nach Entfernung des Zahnes 2 1 eine Keimkontamination des umliegenden Gewebes zu befürchten war, nachdem entzündliche Prozesse hätten ausgeräumt werden müssen. Ungeachtet der Unterschiede in den Stellungnahmen beider Gutachter, inwieweit vorliegend nach der Extraktion ein fortbestehender chronischer entzündlicher Prozess wahrzunehmen bzw. zu befürchten war und inwieweit er sich erst nach der Extraktion und Einbringung des Implantats akut entwickelt hat, wertet der Senat die Ausführungen auch des Sachverständigen Dr. SV2 - wie in dessen abschließender Stellungnahme - dahin, dass das Vorgehen des Beklagten nicht fachärztlichem Standard entsprach. Insoweit ist insbesondere auch in Rechnung zu stellen, dass vorliegend nach Entfernung des Zahnes eine Knochenaufbaumaßnahme mit verschiedenen Fremdmaterialien erfolgte, die zwar nicht kontraindiziert und für sich gesehen auch lege artis war, die indessen das Risiko der Infektion deutlich erhöhte. Bei der Klägerin bestand eine die Primärstabilität nachhaltig vermindernde Inkongruenz zwischen Zahnfach und Implantat; die Kombination mehrerer nicht blutgefäßversorgter Gewebeersatzmittel und körpereigener Transplantate hat die Möglichkeiten der natürlichen Geweberegeneration und der physiologischen Keim- und Infektabwehr reduziert. Auch im Jahre 2002 - dem Zeitpunkt der Erstellung des Erstgutachtens durch Prof. Dr. SV1. - existierten nach seinen Angaben keine fundierten Untersuchungen zu den kontroversen Fragen im Zusammenhang mit Sofortimplantation und gleichzeitiger Knochenaugmentation. Da bereits bei einer "komplikationslosen" Sofortimplantation ein geringerer Grad an Fixierung erreicht wird, gilt dies umso mehr, wenn zuvor ein Knochendefekt zu beheben ist. Die mit einer Sofortimplantation verbundenen Vorteile - Ersparung eines weiteren Eingriffs und Minimierung des Risikos einer Verschmälerung des Kieferhammers - wogen bei der gegebenen Sachlage weit weniger schwer als die mit einem einzeitigen Vorgehen verbundenen Risiken.

Nach allem ist davon auszugehen, dass die Sofortimplantation vom 13.9.2000 nicht lege artis erfolgte. Diese Einschätzung ist nicht die Folge einer ex-post-Betrachtung, sondern die Beurteilung des ärztlichen Vorgehens des Beklagten aufgrund des klinischen Befundes am 13.9.2000.

3. Nicht fachärztlichem Standard entsprach aber auch das weitere Vorgehen des Beklagten nach dem Auftreten der Wundheilungsstörungen und den massiv persistierenden Beschwerden der Klägerin.

Zwar war der nachfolgende operative Eingriff vom 29.5.2000 - die teilweise Entfernung der Augmentationsmembran zur besseren Wundheilung - nach Angabe des Sachverständigen Dr. SV2 medizinisch indiziert, wenn sonst reizlose Wundverhältnisse bestanden. Inwieweit für den Eingriff vom 13.9.2000 eine Indikation bestand, vermochte der Sachverständige Dr. SV2 nicht zu beantworten. Demgegenüber hat der Sachverständige Prof. Dr. SV1 beide Eingriffe als versuchte Mängelbeseitigung qualifiziert: Da die wesentlichen Mängel des Therapiekonzepts - Versuch der Sofortimplantation im iatrogen ersatzschwachen infektbeladenen Lager - nicht hätten beseitigt werden können, sei es nicht zur Wundkonsoliderung gekommen. Beurteilt man den Ausgangseingriff als fehlerhaft, so stellten die Nachfolgeeingriffe Versuche dar, die eingetretene Lage zu beherrschen, d.h. die Auswirkungen des nicht fachlichem Standard entsprechenden Eingriffs zu minimieren.

Jedenfalls nicht fachgerecht war es aber nach sachverständiger Einschätzung, das nicht eingeheilte Implantat nicht wenigstens am 13.9.2000 zu entfernen. Der Sachverständige Dr. SV2 hat insoweit ausgeführt, dass dies der letzte Zeitpunkt war, zu dem der Beklagte hätte erkennen müssen, dass sein Behandlungskonzept fehlgeschlagen war und eine Einheilung des Implantats nicht mehr erfolgen würde. Die heftigen Schmerzen der Klägerin an der Implantatstelle stellten bereits für sich allein einen Hinweis auf einen entzündlichen Prozess im Knochen dar.

4. Dass die Klägerin für den Implantatverlust selbst zumindest mit verantwortlich gewesen ist, hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Der Sachverständige Dr. SV2 hat ausgeführt, dass Kaugummikauen eine ungünstige mechanische Reizung der Wundheilung darstellen könne. Bei der Klägerin sei die operierte Region jedoch durch ein festes an den Nachbarzähnen angeklebtes Provisorium geschützt gewesen, so dass eine Störung durch Kaugummikauen eher auszuschließen sei.

Was das Rauchen anbelangt, so kann es nach den Ausführungen des Sachverständigen die Erfolgsprognose einer Implantation durchaus verschlechtern. Gleichwohl sieht der Senat es nicht als erwiesen an, dass die Klägerin durch etwaigen Nikotingenuss messbar zum Misserfolg beigetragen hat. Dies folgt aus dem Umstand, dass vorliegend ein insgesamt ungeeignetes Behandlungskonzept gewählt wurde, dass nach der Extraktion nicht nur eine bestehende bzw. aufkeimende Infektion bekämpft werden musste, sondern vor allen Dingen auch ein knöcherner Defekt einer ausreichenden Konsolidierung bedurfte.

5. Was die Höhe des Schmerzensgeldes angeht, so hält der Senat einen Betrag von 5.000,-- € für angemessen, aber auch ausreichend.

Die Klägerin hat durch die Sofortimplantation und die Nachfolgeeingriffe beträchtliche Schmerzen erleiden müssen, die bei fachgerechtem Vorgehen in dieser Form nicht aufgetreten wären. Sie musste sich am 29.5. und 13.9.2000 zwei operativen Nachfolgeeingriffen aussetzen, zu denen es bei korrektem zumindest zweizeitigen Vorgehen des Beklagten in dieser Form nicht gekommen wäre. Zwar hätte auch ein zumindest zweizeitiges oder sogar dreizeitiges Vorgehen - Extraktion - Knochenaufbau - Implantateinbringung - Folgeeingriffe erforderlich gemacht, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht völlig schmerzlos verlaufen wären. Der Senat ist indessen davon überzeugt, dass die Klägerin infolge der Einbringung des Implantats in eine infektbeladene Region Wundheilungsstörungen und Schmerzen in einem Ausmaß erlitten hat, die bei korrekter Behandlung nicht entstanden wären. Vor allen Dingen ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte die von der Klägerin geschilderten Schmerzen offensichtlich unterbewertet und nicht hinreichend ernst genommen hat. Weitere gravierende Beschwerden wären der Klägerin erspart geblieben, wenn der Beklagte frühzeitig oder jedenfalls im September 2000 erkannt hätte, dass die Sofortimplantation - mit der er der Klägerin zwar ursprünglich mehrere Eingriffe ersparen wollte - fehlgeschlagen und ein weiteres Zuwarten erfolglos und für die Klägerin unzumutbar sein würde.

Dass die Klägerin gerade durch das fehlerhafte Konzept des Beklagten auch Magen- und Darmbeschwerden bekommen hätte, vermag der Senat nicht mit der notwendigen Sicherheit festzustellen. Zwar kann eine mehrwöchige Antibiotikaeinnahme durchaus zu Magen- und Darmbeschwerden führen. Eine Antibiotikagabe wäre jedoch vorliegend angesichts der infizierten Region ohnehin erforderlich gewesen.

Die Höhe des Schmerzensgeldes trägt auch dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin über 5 Monate durch die ständigen Beschwerden in ihrer Lebensgestaltung erheblich eingeschränkt war. Die Größenordnung orientiert liegt an der oberen Grenze vergleichbarer Fälle zahnärztlicher Fehlbehandlung (vgl.z.B. LG Düsseldorf v. 25.8.2005 - 3 0 354/04).

6. Der Feststellungsantrag ist begründet, soweit es um die Folgen geht, die auf der Extraktion nebst Sofortimplantation in regio 2 1 und darauf zurückzuführen sind bzw. sein werden, dass der Bekalgte das Implantat nicht wenigstens am 13.9.2000 entfernt hat.

7. Nach allem war das angefochtene Urteil entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 344 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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