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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 18.08.2009
Aktenzeichen: 8 U 178/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer behaupteten reproduktionsmedizinischen Fehlbehandlung und angeblicher mangelhafter Aufklärung auf Ersatz materieller (15.864,68 €) und immaterieller Schäden (mindestens 60.000,-- € Schmerzensgeld) sowie auf negative Feststellung (kein Anspruch der Beklagten auf Behandlungskosen im Jahr 2003) und Unterlassung in Anspruch.

Wegen eines unerfüllten Kinderwunsches nach einem zweiten Kind wandte sich die Klägerin im Frühjahr 2003 an die Beklagten, welche in ... ein Zentrum für Reproduktionsmedizin betreiben. Bei der Klägerin besteht eine Tubenpathologie sowie eine sog. balancierte Translokation (= genetischer Defekt: Umlagerung eines Bruchstücks eines Chromosoms an ein anderes Chromosom). Bei Paaren, bei denen ein Partner Träger einer balancierten Translokation ist, ergibt sich als Folge unterschiedlicher Kombinationsmöglichkeiten der Verteilung der betroffenen Chromosomen bei der Bildung der Geschlechtszellen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein Implantationsversagen, eine Fehlgeburt oder die Geburt eines Kindes mit körperlicher und/oder geistiger Behinderung. Da die balancierte Translokation sich nicht bei allen Eizellen wiederfinden muss, hoffte die Klägerin, mit Hilfe der sog. Polkörperdiagnostik schwanger zu werden. Bei der Polkörperdiagnostik, welche eine Alternative zu der in Deutschland nicht zulässigen Pränataldiagnostik darstellt, werden die sich zwischen Eizelle und Eizellhülle bildenden Polkörper der befruchteten Eizelle entnommen und mit Hilfe genetischer Sonden untersucht. Sodann werden die Eizellen ausgewählt, bei denen eine normale Weiterentwicklung anzunehmen ist. Alle drei Behandlungszyklen, denen sich die Klägerin im März/April 2003, Juli 2003 und August/September 2003 bei den Beklagten unterzog, führten nicht zum Erfolg.

Die Klägerin hat behauptet, es habe keine ausreichenden Aufklärungsgespräche über die Polkörperdiagnostik und die aussichtsreichere Pränataldiagnostik gegeben. Außerdem seien den Beklagten sowohl bei der Stimulationstherapie und der Entnahme von Eizellen als auch bei der Polkörperdiagnostik Fehler unterlaufen.

Die Beklagten haben eine Fehlbehandlung und eine mangelnde Aufklärung bestritten. Es sei auch unzutreffend, dass bei Anwendung der Präimplantationsdiagnostik an Stelle der Polkörperdiagnostik bessere Ergebnisse zu erzielen gewesen wären. Erstere sei in Deutschland verboten, weswegen sich die Frage der Vergleichbarkeit beider Methoden erst gar nicht stelle.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Anhörung der Beklagten zu 2) und 3), durch Vernehmung der Zeugin Z1 und des Zeugen Z2 (Bl. 193 bis 204, 228 bis 232 d.A.) sowie durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzung des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 vom 12.4.2006 (Extraband) und 22.11.2006 (Bl. 336 bis 342 d.A.). Dem Antrag auf mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen hat das Landgericht nicht entsprochen.

Sodann hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil den Beklagten weder ein Aufklärungsversäumnis noch ein Behandlungsfehler anzulasten sei. Die Klägerin sei hinreichend aufgeklärt gewesen, was sich aus der Parteianhörung, der Zeugenvernehmung und den schriftlichen Unterlagen ergebe. Nach den überzeugenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen seien die reproduktionsmedizinischen Maßnahmen fehlerfrei erfolgt. Dass sie nicht zum Erfolg geführt hätten, sei Folge der biologischen Gegebenheiten der Klägerin.

Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Unterlassung der Äußerung zu, dass sie psychische Probleme mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch habe, da die Äußerung - wenn überhaupt - nur zwischen zwei die Klägerin behandelnden Ärzten gefallen sei und Wiederholungsgefahr nicht bestehe.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter; hilfsweise beantragt sie Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.

Sie rügt zunächst, dass das Landgericht den Sachverständigen nicht geladen habe. Der Antrag sei rechtzeitig gestellt worden, der Formulierung konkreter Fragen habe es zur Zulässigkeit nicht bedurft. Angesichts der komplizierten naturwissenschaftlichen Fragen könne eine vorherige Formulierung derselben nicht verlangt werden. Ergänzenden Erläuterungsbedarf sieht die Klägerin bezüglich der Auswertung der RecDate-Unterlagen, der Zertifizierung des Verfahrens und hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Einpflanzung der Eizellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 528 f d.A. verwiesen.

Des Weiteren wiederholt die Klägerin ihre Auffassung, nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden zu sein, zumal der Beklagte zu 3) nicht als Partei vernommen worden sei. Da sie bereits zu einem Eingriff im Wege der Präimplantationsdiagnostik im Ausland entschieden gewesen sei, sei sie von den Beklagten "umgestiftet" worden. Bei dieser Sachlage sei sie über die Vor- und Nachteile der Alternativmethoden Polkörperdiagnostik einerseits und Präimplantationsdiagnostik andererseits aufzuklären gewesen, wobei das Verbot der Letzteren in Deutschland hätte Erwähnung finden können. Auch dem Unterlassungsbegehren sei zu Unrecht nicht entsprochen worden, da die Klägerin gegenüber anderen Ärzten unzulässigerweise als neurotisch bezeichnet worden sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu verurteilen

1. an die Klägerin 15.864,68 € nebst 5% Zinsen über Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,

2. an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, jedoch nicht weniger als 60.000,-- € nebst 5% Zinsen über Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, für die Behandlung der Beklagten im Jahr 2003 Zahlungen zu leisten;

4. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber Dritten sich dahingehend zu äußern, dass die Klägerin psychische Probleme mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch habe,

hilfsweise,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Das Landgericht habe den Sachverständigen zu Recht nicht geladen, da der Antrag rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Die Notwendigkeit der Erörterung sei nicht begründet worden. Im Übrigen habe die Klägerin mit der Berufung nicht vorgetragen, in welcher Hinsicht noch weiterer Aufklärungsbedarf bestehe. Rechtsfehlerfrei habe das Landgericht auch entschieden, dass die Klägerin vor Durchführung der Polkörperdiagnsotik über diese aufgeklärt worden ist. Auch die Präimplantationsdiagnostik sei Gegenstand der Erörterung gewesen. Die Beklagten hätten überdies mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen, wenn sie die Klägerin hierzu ins Ausland geschickt hätten.

Das Unterlassungsbegehren sei zu Recht abgewiesen worden, da es sowohl an einer Tatsachenbehauptung als auch an der Wiederholungsgefahr fehle.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. SV1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 1.4.2008 (Bl. 532 bis 546 d.A.) verwiesen. Des Weiteren hat der Senat gemäß Beweisbeschlüssen vom 20.5. und 23.12.2008 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens nebst Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV2.

Insoweit wird auf die Gutachten vom 12.10.2008 (Bl. 608 bis 682 d.A.) und 28.2.2009 (Bl. 707 bis 715 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Den Beklagten ist weder ein Behandlungs- noch ein Aufklärungsfehler anzulasten, so dass die Klägerin weder materiellen Schadensersatz noch Schmerzensgeld beanspruchen kann; ebenso wenig kann sie die gezahlten Behandlungskosten zurück verlangen und ihr Unterlassungsbegehren mit Erfolg begründen.

1.

Zwar rügt die Berufung mit Recht, dass das Landgericht dem Antrag auf Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 zur Erläuterung seines Gutachtens nicht entsprochen hat. Der Erläuterungsantrag ist innerhalb der bis zum 15.1.2007 verlängerten Frist zur Stellungnahme auf das Ergänzungsgutachten (Bl. 352 d.A.) rechtzeitig am 15.1.2007 gestellt worden (Bl. 365 d.A.). Dass die Klägerseite innerhalb dieser Frist keine an den Sachverständigen zu richtenden Fragen formuliert hat, stand der Ladung nicht entgegen, auch wenn der Sachverständige schon ein Ergänzungsgutachten erstattet hatte (Baumbach, ZPO, 66. Aufl. ZPO, § 411 Rdnr. 11; Zöller-Greger, 26. Aufl. ZPO, § 411 Rdnr. 5e). Bereits die Komplexität der Materie rechtfertigte den Erläuterungsantrag.

Die vom Senat in der mündlichen Verhandlung nachgeholte Erläuterung des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 konnte der Berufung der Klägerin jedoch ebenso wenig wie die weiteren Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV2 zum Erfolg verhelfen.

2.

Mit dem Landgericht ist zunächst festzuhalten, dass den Beklagten ein Aufklärungsfehler nicht zur Last zu legen ist.

Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht rügt, nicht darüber aufgeklärt worden zu sein, dass die Durchführung der Polkörperdiagnostik fehlschlagen kann, also nicht zur erwünschten Schwangerschaft führt.

Soweit sie den Beklagten vorwirft, nicht ausreichend über die Vor- und Nachteile der Polkörperdiagnostik einerseits und der Alternativmethode der Präimplantationsdiagnostik andererseits informiert worden zu sein, so kann sie damit nicht durchdringen. Ein Aufklärungsversäumnis trifft die Beklagten auch nicht unter dem Aspekt, die angeblich bereits zur Durchführung der - in Deutschland verbotenen, im Ausland aber zulässigen - Präimplantation entschlossene Klägerin dahingehend umgestimmt zu haben, es doch mit dem Verfahren der Polkörperdiagnostik zu versuchen. Dahinstehen kann dabei, inwieweit das in Deutschland unzulässige Verfahren der Präimplantationsdiagnostik als Behandlungsalternative seitens der Beklagten überhaupt diskutiert werden musste. Denn zum einen ist der Senat mit dem Landgericht davon überzeugt, dass die mit der Problematik vertraute Klägerin mit dem Wunsch zu den Beklagten kam, gerade über die Möglichkeiten der Polkörperdiagnostik in Kenntnis gesetzt zu werden. Zum anderen hat der Sachverständige Prof. Dr. SV1 ausgeführt, dass Vorteile der Präimplantationsdiagnostik gegenüber der Polkörperdiagnsotik nicht bestehen. Der Sachverständige hat bei seiner mündlichen Erläuterung vor dem Senat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch im Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin die Polkörperdiagnostik nicht schlechter gewesen sei als die Präimplantationsdiagnostik, wobei es allerdings nur eine Studie gebe, welche beide Verfahren verglichen habe, nämlich die von Frau Dr. A. Nach dieser betrug die Schwangerschaftsrate nach Polkörperdiagnostik 23% und war damit jedenfalls nicht schlechter als die Erfolgsrate bei Präimplantationsdiagnostik. Waren aber beide Verfahren im Ergebnis gleichwertig, so bestand für die Beklagten keine Veranlassung, der Klägerin die Präimplantationsdiagnostik als die vorzugswürdigere Methode darzustellen.

3.

Den Beklagten ist auch kein Behandlungsfehler vorzuwerfen.

Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die präimplantationsdiagnostischen Maßnahmen der Beklagten dem ärztlichen Standard entsprechend durchgeführt worden sind. Diese Einschätzung erfährt weder eine Änderung durch das mündliche Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 noch durch die Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV2.

Die Sachverständigen haben ausgeführt, dass die Behandlungen der Beklagten sowohl aus klinischer als auch aus reproduktionsbiologischer Sicht nach den Standards des Fachgebietes vorgenommen worden sind. Dabei haben sie die reproduktionstechnischen Maßnahmen an Hand der RecDate-Unterlagen, der elektronischen Dokumentation, nachvollzogen.

Danach ist davon auszugehen, dass sowohl die Entnahme der Polkörper zeit- und sachgerecht erfolgt ist als auch deren präzise Fixierung durch die Reproduktionsbiologin.

Nachdem der Sachverständige Prof. Dr. SV1 bei seiner mündlichen Erläuterung vor dem Senat nicht endgültig Stellung zu der Frage bezogen hat, ob die Entnahme zweier Polkörper zur Beurteilung der Translokation zwingend erforderlich ist und darauf hingewiesen hat, dass die Beantwortung bestimmter genetischer Fragen nicht in sein Fachgebiet falle bzw. die Beurteilung, welche Eizelle transferiert wird und welche nicht, dem Humangenetiker vorbehalten bleibe, hat der Senat zusätzlich den Sachverständigen Prof. Dr. SV2 hinzugezogen.

Auch seine gutachterlichen Feststellungen vermögen der Klägerin nicht zum Erfolg ihrer Berufung zu verhelfen.

a)

Fehl geht zunächst der Vorwurf der Klägerin, die Behandlung im April 2003 sei nicht fachgerecht gewesen. Die Untersuchung der Eizelle Nr. 2 habe nämlich ergeben, dass diese zur Einpflanzung geeignet gewesen sei. Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. SV2 hierzu ausgeführt, dass es aus Sicht der Klägerin durchaus nachvollziehbar sei anzunehmen, dass ein Fehler unterlaufen sei, weil die Untersuchung eine balancierte und damit zur Einpflanzung geeignete Eizelle ergeben habe. Diese Einschätzung der Klägerin gehe jedoch von der nicht zutreffenden Annahme aus, dass eine für das betreffende Chromosom balancierte Signalkonstellation im 1. und 2. Polkörper stets mit einer normalen Chromosomenverteilung der Eizelle verbunden ist. Letzteres sei nicht immer der Fall. Insoweit habe das von der Humangenetikerin Frau Dr. B angewandte Testsystem von nur zwei Sonden keine zweifelsfreie Identifikation erlaubt; Interpretationsfehler seien möglich, die bei Verwendung wenigstens einer weiteren Sonde vermieden worden wären. Dass eine dritte Sonde nicht verwendet worden ist, gereicht den Beklagten indessen nicht zum Vorwurf. Dabei kann dahinstehen, ob eine etwaige fehlerhafte Unterlassung der hinzugezogenen Humangenetikerin Dr. B den Beklagten überhaupt zugerechnet werden könnte, weil sie - den Fällen eines vom behandelnden Arzt hinzugezogenen Labormediziners oder Pathologen vergleichbar - nicht als Erfüllungsgehilfin der Beklagten, sondern als im Verhältnis zur Klägerin eigenverantwortlich tätig werdende Wissenschaftlerin anzusehen sein könnte mit der Folge, dass die Beklagten allenfalls für ein etwaiges Auswahlverschulden haften könnten. Denn aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. SV2 ist zu folgern, dass eine schuldhafte Fehlleistung der Humangenetikerin nicht gegeben ist: So habe es im Jahre 2003 hinsichtlich der Durchführung der Polkörperdiagnostik weder entsprechende Leitlinien noch ein Konsenspapier gegeben, welche ein bestimmtes Verfahren vorgegeben hätten. Dass - von diesbezüglichen Vorgaben abgesehen - eine in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen standardisierte Vorgehensweise bestanden hätte, ist bereits deswegen nicht anzunehmen, weil es sich bei der Polkörperdiagnostik um eine junge wissenschaftliche Sparte und keine Routinediagnostik handelte. Über die erfolgreiche Etablierung dieses Untersuchungsverfahrens zur Diagnostik von chromosomalen Imbalancen und die Geburt des ersten Kindes nach Polkörperdiagnostik ist - wie der Sachverständige dargelegt hat - erstmals 2002 berichtet worden. Auf nochmalige Nachfrage hat der Sachverständige Prof. Dr. SV2 klargestellt, dass auch er die zweite Eizelle nicht zur Einpflanzung empfohlen hätte.

b)

Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Beanstandung der Klägerin, im Juli 2003 sei fälschlich kein Polkörper der drei befruchteten Eizellen untersucht worden. Insoweit hat der Sachverständige festgestellt, dass nach dem Polkörperdiagnostik-Protokoll von Frau Dr. B alle drei Eizellen für einen Transfer nicht geeignet gewesen seien, wobei sie unter klinischen Gesichtspunkten als für diese Frage ausreichend untersucht anzusehen seien.

Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat darüber hinaus ausgeführt, dass entgegen der Behauptung der Klägerin beim zweiten Versuch auch nicht zu früh punktiert worden sei, da die Größe der Follikel ein Zuwarten nicht gerechtfertigt hätte.

Dass der erste und dritte Versuch deutlich bessere Stimulationsergebnisse gezeitigt habe, sei auf biologische Ursachen zurückzuführen und nicht den Beklagten anzulasten.

c)

Was die weitere Behauptung der Klägerin anbelangt, es entspreche nicht den Regeln der Technik, bei einer Polkörperdiagnostik jeweils nur den 1. Polkörper zu untersuchen, so hat der Sachverständige Prof. Dr. SV2 dies bestätigt. Allerdings sei im Labor der Beklagten nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen worden: es seien nämlich regelhaft zwei Polkörper entnommen worden. Die erfolgreiche Entnahme beider Polkörper sei aber aus technischen oder zeitlichen Gründen nicht immer möglich. Neben der technischen Unmöglichkeit, beide Polkörper ohne Gefährdung der Eizelle zu gewinnen, könnten sich Verluste durch Fragmentation der Polkörper, beim Transfer, bei der Fixierung und beim Wiederauffinden auf dem Objektträger ergeben. Da seinerzeit keine bindenden Leitlinien oder Empfehlungen zur Frage des Transfers von Embryonen unvollständig analysierter Eizellen vorlagen, habe die Entscheidung im Ermessen des betreuenden Reproduktionsmediziners gelegen. Wenn die Entnahme des zweiten Polkörpers nicht möglich sei, könne auch die Untersuchung des Polkörpers 1 allein erfolgen.

d)

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat nach Meinung beider Sachverständiger auch die organisatorische und zeitliche Einrichtung der Diagnostik den gesetzlichen Vorgaben und dem internationalen reproduktionstechnischen Wissensstand entsprochen. Die üblichen Abläufe der Praxis, der OP und im Labor seien im Rahmen der ISO-Zertifizierung durch einen fachlichen Auditor bestätigt worden, der die wissenschaftlich korrekte Vorgehensweise in den gesamten Arbeitsbereichen bestätigt habe.

Den Vorwurf der Klägerin, die von den Beklagten geleistete Diagnostik habe nicht zu korrekten Ergebnissen führen können, weil bereits Zersetzungsprozesse vorgelegen hätten, haben beide Gutachter zurückgewiesen. Zwar haben sie festgehalten, dass die Dokumentation der Humangenetikerin Frau Dr. B nicht optimal gewesen ist, weil Datums- und Zeitangaben fehlen. Hieraus lasse sich jedoch letztlich nichts herleiten, weil die in Frage stehenden Zeiträume zwischen Entnahme der Polkörper und Fixierung nicht kritisch seien. Nach erfolgter Fixierung seien Zersetzungsprozesse innerhalb von 24 Stunden nicht zu erwarten. Die Qualität der Untersuchung hänge vielmehr von der Polkörperbeschaffenheit und den verwendeten Sonden sowie der zur Verfügung stehenden Zeit ab.

Die Sachverständigen haben die reproduktionstechnischen Maßnahmen an Hand der sog. RecDate-Unterlagen nachvollzogen und keine Fehler festgestellt. Danach ist die Fixierung jeweils 1 Stunde nach der Polkörperbiopsie erfolgt.

Soweit die Klägerin mögliche Manipulationen an den RecDate-Daten vermutet, handelt es sich mangels Darlegung konkreter Anknüpfungspunkte um eine unzulässige Behauptung ins Blaue hinein. Die Tatsache, dass die Protokolle von Frau Dr. B keine hinreichenden Datums- und Zeitangaben enthalten, mit denen die Eintragung im RecDate zweifelsfrei validiert werden könnte, bildet keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Annahme unkorrekten Vorgehens bzw. einen den Beklagten anzulastenden Organisationsmangel.

e)

Was die Anmerkung der Klägerin zu dem Gutachten anbetrifft, die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. SV2 beruhten nicht auf das Jahr 2003 betreffenden Unterlagen, hat der Sachverständige festgestellt, dass die von ihm zitierten Veröffentlichungen das Jahr 2003 ebenfalls erfassen und nochmals darauf hingewiesen, dass es zum Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin keine entsprechenden berufsständischen Empfehlungen oder Leitlinien gegeben habe.

4.

Die Entscheidung des Landgerichts ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als es dem Unterlassungsbegehren der Klägerin nicht entsprochen hat. Selbst wenn der Beklagte zu 3) der Zeugin Z1 gegenüber telefonisch geäußert haben sollte, die Klägerin habe einen neurotischen Kinderwunsch, so handelt es sich um eine Erörterung unter Fachkollegen über die medizinische Qualifizierung des klägerischen Verhaltens, also eine Diagnosestellung. Eine solche kann nicht Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs sein, zumal es auch an der Darlegung einer Wiederholungsgefahr mangelt.

Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben, so dass sie mit der sich aus § 97 Abs.1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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