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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 24.07.2007
Aktenzeichen: 8 U 248/06
Rechtsgebiete: IWF-Übereinkommen


Vorschriften:

IWF-Übereinkommen VIII
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Kläger verfolgen Forderungen aus Inhaber - Teilschuldverschreibungen. Die Beklagte hat sich im Wesentlichen damit verteidigt, wegen eines auf Zahlungsunfähigkeit beruhenden Staatsnotstands zur Verweigerung der Rückzahlung berechtigt zu sein. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Blatt 167 - 177 d. A.), berichtigt durch Beschluss vom 14. 12. 2006 (Blatt 199 - 202 d. A.) verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Kläger die Nennbeträge und die geforderten Zinsen aus den streitgegenständlichen Teilschuldverschreibungen zu zahlen. Die Kläger hätten nachgewiesen, Inhaber der Forderungen zu sein und sie, soweit nicht ohnehin endfällig, wirksam gekündigt zu haben. Im Übrigen ist das Landgericht der Rechtsprechung des Senats gefolgt, wonach die Voraussetzungen des Staatsnotstands von der Beklagten nicht mehr dargetan sind (Senatsurteil vom 13. 6. 2006 - 8 U 107/03 = NJW 2006, 2931).

Mit der Berufung rügt die Beklagte erneut die Parteifähigkeit der Klägerin zu 3). Sie legt eine Erklärung ihres Vertreters in finanziellen Angelegenheiten in den Land1 , A, vom 13. März 2007 vor (Übersetzung Blatt 333 - 349 d. A.). Aus ihr ergebe sich, dass die Beklagte noch immer außer Stande sei, die nicht umgeschuldeten Anleihen der Privatgläubiger zu erfüllen, ohne erneut in eine wirtschaftliche Krisensituation zu verfallen, wie sie im Jahr 2001 bestanden habe. Das Landgericht habe den in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwand übergangen, wonach ihr ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 797 BGB zustehe.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kläger legen eine beglaubigte Abschrift des Firmenbuchauszugs des Handelsgerichts O1 (Bl. 308 f. d. A.) sowie einen Auszug aus dem Österreichischen Stiftungsgesetz vor (Blatt 256 d. A.). Aus diesen Unterlagen lasse sich die Parteifähigkeit der Klägerin zu 3) ableiten. Inhaltlich schließen sich die Kläger den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil an. Sie weisen darauf hin, dass nach einer Presseveröffentlichung im "ZS1" vom 27. 12. 2006 das Wirtschaftswachstum der Beklagten weiter anhält. Für das vergangene Jahr sei ein Wachstum von 8.5 % vorhergesagt, für das laufende Jahr ein Wachstum von mindestens 7 % prognostiziert worden.

II.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist nicht begründet. Sie schuldet den Klägern Auszahlung des Nennbetrags und der bereits aufgelaufenen und im Hauptantrag aufgelaufenen sowie vertragliche Zinsen aus den Nominalbeträgen. Anspruchsgrundlage ist § 793 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 2 bzw. Abs. 3 der Anleihebedingungen bzw. für die Zinsforderungen aus den Inhaber Teil-Schuldverschreibungen in Verbindung mit § 3 Abs. 1 bzw. § 2 Abs. 1 der Anleihebedingungen.

Die Klägerin zu 3) ist ausweislich der vorgelegten Unterlagen eine nach österreichischem Recht rechtsfähige Person. Damit kann sie als Partei vor deutschen Gerichten auftreten (vgl. dazu Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rn 2 zu § 50 ZPO).

Die Kläger sind Anspruchsinhaber der Anleihe- und Zinsforderungen. Sie haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Bankbestätigungen ihrer Depotbanken und Globalurkundenkopien vorgelegt, die von der C1 AG bestätigt sind (Blatt 106 ff., 123 ff. d. A.). Hiervon konnte sich auch die Beklagte nach Inaugenscheinseinnahme der Urkunden überzeugen. Sie hat darauf nur noch bemängelt, dass Bestätigungen für den mit Antrag der Klägerin zu 1) verfolgten Anspruch aus der Teilschuldverschreibung mit der Wertpapierkennnummer (WKN) ... über 1.195.000,-- DM und über den mit Antrag der Klägerin zu 3) verfolgten Anspruch aus der Teilschuldverschreibung derselben Wertpapierkennnumer über 500.000,-- DM fehlen würden. Der Einwand ist unbegründet. Der entsprechende Nachweis der Klägerin zu 1) findet sich in der Bestätigung der D1 AG, O2 vom 25. 5. 2006 (Blatt 108 a d. A.), der Nachweis der Klägerin zu 3) findet sich in der Bestätigung der Oberbank AG O2 vom 11. 5. 2006 (Bl. 119 d. A.) und in den Bestandsbestätigungen der C1AG vom 6. 6. 2006 und der E1 AG vom 11. 5. 2006 (Bl. 162/163 d. A). Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen des Landgerichts sind auch durch die Berufungsbegründung nicht geweckt worden.

Die Beklagte kann ihre Zahlungsverweigerung nicht mit dem von ihr ausgerufenen Staatsnotstand rechtfertigen. Die aktuelle Bestätigung des finanziellen Repräsentanten A bietet keinen Anlass, die o. g. Senatsrechtsprechung zum Staatsnotstand zu überdenken. Die Bestätigung geht nicht über einen pauschalen Parteivortrag hinaus und kann nicht belegen, dass die strengen Voraussetzungen des von der Beklagten reklamierten völkerrechtlichen Staatsnotstands (Art. 25 ILC) noch vorliegen würden. Im übrigen hat zwischenzeitlich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2007 festgestellt, dass es keine allgemeine Regel des Völkerrechts gibt, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand auch nur zeitweise zu verweigern (Az.: 2 BVM 1/03 u. a.). Der Beklagten als Beteiligter dieses Verfahrens sind die dortigen Feststellungen und Gründe bekannt, so dass hier nähere Ausführungen entbehrlich sind.

Die weiteren Argumente der Beklagten zum zivilrechtlichen Notstand, zur Beachtlichkeit des Zahlungsmoratoriums etc. sind in den Entscheidungen des Senats vom 13. 6. 2006 (8 U 107/03) und vom 29. 9. 2006 (8 U 60/03 u. a.) bereits als unerheblich zurückgewiesen worden.

Der Beklagte steht kein Leistungsverweigerungsrecht aus § 797 BGB zu. Sie kann die Zahlung nicht bis zur Zug - um - Zug-Aushändigung der Schuldverschreibungen verweigern.

Hier ist die Beklagte bereits aus prozessualen Gründen in der Berufungsinstanz gehindert, sich auf ein etwaiges Leistungsverweigerungsrecht zu berufen, weil sie versäumt hat, es erstinstanzlich geltend zu machen und weil dieses Versäumnis nicht entschuldigt worden ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Die Behauptung der Beklagten, sie habe ihre Einrede in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erhoben, findet in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung des Landgerichts keine Stütze. Das Landgericht hat eine Protokollberichtigung durch Beschluss vom 27. 11. 2007 abgelehnt (Blatt 193 d. A.). In den vorbereitenden Schriftsätzen der Beklagten war die Einrede ebenfalls nicht erhoben worden. In der Klageerwiderung ist lediglich die Vorlage der Original-Urkunden als Nachweis der Aktivlegitimation reklamiert worden.

§ 797 BGB gewährt dem Aussteller ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 273, 274 BGB. Er ist grundsätzlich nur Zug um Zug gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet (vgl. dazu Münchener Kommentar - Hüffer, BGB, 4. Aufl. Rn 2 zu § 797 BGB). Nur dann, wenn der Schuldner die Einrede erhebt, wird aus dem vorbehaltlosen Anspruch ein solcher auf Leistung Zug um Zug und nur dann ist die Verurteilung entsprechend einzuschränken (Staudinger-Bittner, BGB, Stand 2004, Rn 1 zu § 274 BGB). Die Einrede nach § 797 BGB ist ein Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO und hätte daher schon erstinstanzlich geltend gemacht werden müssen. Dem Landgericht ist kein Verfahrensfehler unterlaufen, in dem es versäumt hätte, dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten diese Notwendigkeit aufzuzeigen. Er ist gerichtsbekannt schon in einer ganzen Reihe paralleler Verfahren mit dieser Problematik befasst gewesen, beispielsweise in den Rechtsstreitigkeiten, die den o. g. Entscheidungen des Senats zugrunde lagen.

Unabhängig davon wäre die Einrede hier auch materiellrechtlich unerheblich. Inhaberschuldverschreibungen sind zwar grundsätzlich Vorlegungspapiere und unterliegen dann der Aushändigungspflicht nach § 797 Abs. 1 BGB. Von diesem Grundsatz ist aber eine Ausnahme zu machen, wenn die Effekten in einer Sammelurkunde im Sinne von § 9a DepotG verbrieft sind (vgl. Staudinger-Marburger, BGB, Stand 2002, Rn 1 zu § 797, Rn 4 in Vorbem. zu §§ 793 - 808 BGB m .w. N.).

So liegt der Fall hier. Die Forderungen der Kläger sind nicht in effektiven Stücken sondern in sog. Globalurkunden verbrieft. In § 1 Abs. 2 der Anleihebedingungen zu den Wertpapierkennnummern ... und ... hat die Beklagte ausdrücklich die Ausgabe von Einzelurkunden und Zinsscheinen ausgeschlossen (Anlagen K 3 und K 8 zur Klageschrift). In § 1 Abs. 2 der Anleihebedingungen zu der Wertpapierkennnummer ... wird den Gläubigern diese Möglichkeit zwar eröffnet, zugleich aber klargestellt, dass die Forderungen auch nach wie vor in einer Inhaber-Sammelglobalurkunde mit beigefügten Globalzinsscheinen verbrieft bleiben können (Anlage K 4 zur Klageschrift). So ist dies praktiziert worden (Blatt 149, Sammelzinsscheine Blatt 146 - 154 d. A.).

Die Globalurkunden bzw. die Sammelglobalurkunden können von den Klägern naturgemäß nicht ausgehändigt werden. Die Beklagte hat sich dementsprechend in § 4 Abs. 1 der Anleihebedingungen der WKN ... und ... uneingeschränkt zur Zahlung verpflichtet, in § 4 Abs. 1 (a), Abs. 2 der Anleihebedingungen zur WKN ... ist das bei einer Verbriefung durch Sammelglobalurkunde ebenfalls so versprochen. Die Kläger haben von der C1AG bestätigte Ablichtungen der Globalurkunden vorgelegt und ihre Aktivlegitimation nachgewiesen. Mehr kann von ihnen im Erkenntnisverfahren nicht verlangt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es liegen keine Gründe für eine Zulassung der Revision vor. Zur Begründung wird auf die Ausführungen in den o. g. Entscheidungen des Senats verwiesen, ergänzend auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Ende der Entscheidung

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