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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 02.04.2007
Aktenzeichen: 8 U 279/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 631
Zur Frage, wann nach dem Empfängerhorizont vom Vorliegen eines Angebots zur kostenpflichtigen Aufnahme in eine Internet-Verzeichnis auszugehen ist.
Gründe:

Der Senat ist der Auffassung, dass die Berufung der Beklagten keine Aussicht auf Erfolg hat, dass der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und dass weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senates erfordern.

I.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Honorar für die Aufnahme ihrer Firmendaten in einen Internetauftritt zu zahlen. Die Klägerin habe der Beklagten mit ihrem Schreiben vom 17.1.2005 ein entsprechendes Eintragungsangebot unterbreitet, das von dem Inhaber der Beklagten Herrn A, angenommen worden sei. Die Beklagte habe den Vertrag durch Schreiben vom 3. Februar 2005 bestätigt und sei deshalb mit ihrer Anfechtungserklärung vom 16. Februar 2005 ausgeschlossen (§ 144 BGB). Der Vertrag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Dafür reiche es nicht aus, dass das von der Klägerin geführte Verzeichnis von minderer Qualität und von zu vernachlässigender Werbewirksamkeit sei. Die Widerklage wurde abgewiesen. Die Beklagte bleibe bis zum 31.12.2006 aus dem Vertrag verpflichtet und könne deshalb auch nicht die Löschung ihrer Daten bzw. die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren verlangen.

II.

Die Berufungsbegründung der Beklagten rechtfertigt keine davon abweichende Beurteilung:

Zwischen den Parteien ist ein Inseratvertrag abgeschlossen worden, der den Rechtsvorschriften des Werkvertrages unterliegt (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 66. Aufl., Rdn. 18 zu § 631 BGB). Der Senat folgt der Argumentation des Landgerichts sowie den gleichgelagerten Entscheidungen des Landgerichts Kassel vom 12. Dezember 2006 (Az. 1 S 388/06 - Bl. 306 ff. d.A.) und des Amtsgerichts Starnberg vom 19.9.2006 (Az.: 4 C 1066/06 - Anlage 11 Bl. 220 ff. d.A.).

Das Schreiben der Klägerin vom 17.1.2005 ist aus der maßgeblichen objektivierten Sicht des Erklärungsempfängers, d.h. hier eines kaufmännisch geschulten Lesers, deutlich als Angebot zur kostenpflichtigen Veröffentlichung von Firmendaten in einem Internet-Verzeichnis zu verstehen (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, 66. Aufl. (2007), Rn 9 zu § 133 BGB).

Das Leistungsangebot der Klägerin ist hinreichend bestimmt. Sie hat der Beklagten ein Angebot zur Eintragung ihrer Firmendaten in das von ihr herausgegebene "Deutsche Gewerbeverzeichnis für Industrie Handel und Gewerbe" im Rahmen einer kostenpflichtigen Basisauskunft unterbreitet. Dass diese Daten in ein Internetverzeichnis aufgenommen werden, das unter dem Suchwort "Deutsches Gewerbeverzeichnis" im Internet auffindbar ist, ergibt sich für einen verständigen Leser daraus, dass ein "Link auf ihre Homepage" und ein automatischer Anfahrtsroutenplaner angeboten werden. Diese Angebote machen nur bei einem in elektronischer Form geführten Register Sinn. Herr A hat das Schreiben der Klägerin in diesem Sinn auch verstanden. Dies ergibt sich aus seiner Kündigung vom 3. Februar 2005 und aus seinem anschließenden Anfechtungsschreiben vom 16. Februar 2005.

Ein kaufmännisch geschulter Leser kann dem Schreiben bei gehöriger Aufmerksamkeit entnehmen, dass es sich um ein Angebot handelt, dass für ihn bei Vertragsannahme kostenpflichtig ist. Der Senat hat sich mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Instanzgerichte zum sog. "Addressbuchschwindel" beschäftigt (vgl. z. B. die Zusammenstellung bei Kötter/Zirkel MDR 2005, 185). Dort wird beispielsweise ein Vertragsschluss abgelehnt, wenn das vorformulierte Angebot der Klägerin bei einem verständigen Leser den Eindruck erweckt, ihm werde lediglich ein kostenfreier Grundeintrag angeboten (AG Rendsburg SchlHAnz 2006, 275) oder wenn die Zahlungsverpflichtung in einer intransparenten Vertragsklausel versteckt ist (Kötter/Zirkel a.a.O., S. 185, 188).

Hier liegt der Fall aber anders, weil sich aus objektivierter Empfängersicht bereits aus dem Betreff des Anschreibens, aus dem folgenden Fließtext und aus dem fett gedruckten Marketingbeitrag unter der Rubrik "Basisauskunft" mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt, dass hier eine kostenpflichtige Leistung angeboten wird. Da dem Inhaber der Beklagten die für seine Entschließung erforderlichen Daten mitgeteilt worden waren, kann seine Rücksendung mit Stempel und Unterschrift nur als Annahmeerklärung gewertet werden.

Die Vertragsannahme der Beklagten ist nicht wirksam angefochten worden. Der Senat hat - wie schon das Landgericht Kassel und das Amtsgericht Starnberg - erhebliche Zweifel, ob die Beklagte überhaupt berechtigt war, das Vertragsangebot wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Das Leistungsangebot und dessen Entgeltlichkeit sind - wie schon dargestellt - bei gehöriger Aufmerksamkeit ebenso wie die Laufzeit des Vertrags ohne weiteres erkennbar. Dabei spielt eine Rolle, dass es sich um ein im Umfang und Text überschaubares Angebot handelt, das mit zumutbarem Zeitaufwand überblickt werden kann.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Gesellschafter der Beklagten, Herr A, in Kenntnis seines Irrtums die vertragliche Vereinbarung in seinem Kündigungsschreiben bestätigt und um Korrektur seiner Daten gebeten hat (Bl. 79 d.A.). Das Landgericht hat darin mit Recht eine Novation des Vertrags gesehen (§ 144 BGB). Dafür genügt ein Verhalten, das den Willen offenbart, ungeachtet des Anfechtungsgrundes das Rechtsgeschäft gelten zu lassen (BGH MDR 1990, 527). Einen solchen Erklärungswert wird man dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 3. Februar 2005 nicht abstreiten können.

Weitere Gegenansprüche auf Vertragsaufhebung, etwa aus §§ 280 Abs. 1 i. V. 311 Abs. 2 BGB, sind aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht gegeben.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der Inseratvertrag wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig wäre (§ 138 BGB). Diese Vorschrift greift neben der Spezialregelung in § 123 BGB nur dann ein, wenn neben der arglistigen Täuschung weitere besondere Umstände vorliegen, die dem Geschäft den Gesamtcharakter der Sittenwidrigkeit geben (BGH NJW 1988, 2599; BGH NJW 1997, 254). Solche Umstände sind hier nicht dargelegt. Die Daten der Beklagten sind unstreitig in die "Home-Page" www....de eingegeben und durch Eingabe des Suchwortes "Deutsches Gewerbeverzeichnis" dort einsehbar (Anlage 5 - Bl. 133 d.A.). Das hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 5.6.2006 (dort S. 5, Bl. 112 d. A.) auch zugestanden. Wenn sie weiter argumentiert, niemand würde unter diesem Suchwort bzw. unter dieser "Domain" einen Versicherungsmakler in ... suchen, dann ist das zwar richtig. Man kann der Beklagten auch darin folgen, dass der Werbeeffekt Ihres Inserats gegen Null geht.

Umgekehrt muss sich der Inhaber der Beklagten dann aber auch die Frage gefallen lassen, warum ihm das nicht schon vorher aufgefallen ist.

Immerhin hat er das Angebot der Klägerin sieben Tage in seinem Geschäftsbetrieb prüfen und sich beispielsweise durch Suche im Internet über die Werthaltigkeit des Angebots informieren können. Es ist dem Senat daher auch nicht erklärlich, worauf die Beklagte ihr fehlendes Urteilsvermögen bei der Annahme des Vertragsangebots stützen will (§ 138 Abs. 2 BGB).

Das Landgericht hat mit Recht die Widerklage abgewiesen. Die Beklagte bleibt zur Zahlung der monatlichen Raten bis zum 31.12.2006 verpflichtet, weil sie den Vertrag erst zum Ablauf des vergangenen Jahres gekündigt hat. Die Vertragsbestimmung über den Eintragungszeitraum ist Bestandteil des Inseratvertrages geworden. Ein ausdrücklicher Hinweis auf diese Allgemeine Geschäftsbedingung war nicht erforderlich (§ 305 Abs. 2 BGB).

Die Beklagte kann von der Klägerin nicht die Löschung ihrer Daten verlangen. Das grundgesetzlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung spielt hier keine Rolle. Dies ist nämlich ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat, dass hier wegen der vertraglichen Beziehungen der Parteien nicht zum Tragen kommt. Die Beklagte hat nicht darlegen können, aus welcher Rechtsgrundlage sich ihr Löschungsbegehren herleiten lässt. Ersatzansprüche wegen verauslagter Anwaltsgebühren sind aus den oben genannten Gründen ebenfalls vom Landgericht mit Recht abgewiesen worden.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.

Der Senat rät der Beklagten - auch aus Kostengründen - die Berufung zurück zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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