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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 24.07.2007
Aktenzeichen: 8 U 300/06
Rechtsgebiete: BGB, RBerG


Vorschriften:

BGB § 398
BGB § 793
BGB § 929
RBerG Art. 1 § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
8 U 150/06 8 U 300/06

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Auszahlung des Nennbetrags und der Zinsen aus einer Inhaber-Teilschuldverschreibung.

Die Beklagte begab im Februar 1996 unter der Wertpapierkennnummer ... Inhaberschuldverschreibungen zum Nennbetrag von 10.000,-- DM, die zu 10 1/4 % pro Jahr verzinslich sind. In den diesen Anleihen zugrundeliegenden Anleihebedingungen (ALB) hat sich die Beklagte verpflichtet, an den Inhaber der Urkunde am 6. 2. 2003 den Nennbetrag zurückzuzahlen. Des Weiteren hat die Beklagte auf den Einwand der Immunität verzichtet. Die Anleihe unterliegt deutschem Recht, Gerichtsstand ist O1. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Anleihebedingungen (Blatt 8 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte ist seit einigen Jahren mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sie am 6.1.2002 dazu veranlasst haben, mit Gesetz Nr. 25.561 den nationalen Notstand "auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischen Gebiet" auszurufen. Mit Verweis auf die Verordnung Nr. 256/2002 vom 6.2.2002 und das Notstandsgesetz setzte die Beklagte durch Resolution 73/2002 ihren Schuldendienst für sämtliche in Schuldverschreibungen verbrieften Auslandsverbindlichkeiten aus, um Verhandlungen über eine Umschuldung zu erreichen.

Die Klägerin ist eine in O2 ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (sog. Limited). Deren deutscher Geschäftsführer, Herr A, beabsichtigt, Privatanleger bei der Durchsetzung ihrer Anleiheforderungen gegenüber der Beklagten zu vertreten. Dazu können sich Privatanleger durch einen vorformulierten Vertrag als sog. stille Gesellschafter an der Klägerin beteiligen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beteiligungsvertrags verwiesen (Blatt 1681 ff. d. A.).

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Teilschuldverschreibung der o. g. Anleihe mit der Stücknummer ... sowie Inhaberin der dazugehörigen Zinsscheinen 6 und 7 zu sein. Sie habe die Schuldverschreibung durch den Abschluss eines Beteiligungsvertrags, die Zinsscheine durch Kauf von Herrn B (dem Sohn ihres Geschäftsführers) am 30.4.2005 erworben (Blatt 1681 ff., 1689 d. A.). Dieser habe die Schuldverschreibung am selben Tag von seiner Mutter C geschenkt bekommen (Blatt 1690 d. A.).

Das Amtsgericht hat die Beklagte in dem Urkundenvorbehaltsurteil vom 16.5.2006 antragsgemäß zur Zahlung eines Teil-Anleihebetrags in Höhe von 511,29 € aus der Inhaberschuldverschreibung ..., Stücknummer ... (WKN ...) Zug um Zug gegen Aushändigung der Urkunde sowie zur Zahlung von je 524,07 € Zug um Zug gegen Auszahlung der Zinsscheine 6 und 7 zu der o. g. Urkunde verurteilt. Den Einwand des Staatsnotstands hat das Amtsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats in seiner Entscheidung vom 13.6.2006 (8 U 107/03) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe (Blatt 1124 ff. d. A.) verwiesen.

Im Nachverfahren haben sich die Parteien im Wesentlichen über die Aktivlegitimation der Klägerin gestritten. Die Beklagte hat eingewandt, es liege keine wirksame Übertragung der Inhaberschuldverschreibung von Herrn B auf die Klägerin vor. Der Beteiligungsvertrag sei wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz gem. § 134 BGB nichtig. Die Klägerin habe den Besitz und das Eigentum an der Teilschuldverschreibung nur zum Zweck der Einziehung erhalten, wozu sie mangels behördlicher Genehmigung nicht berechtigt sei.

Das Amtsgericht hat das Urkundenvorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt. In den Entscheidungsgründen hat es sich nur noch mit der Aktivlegitimation der Klägerin beschäftigt, da alle weiteren Fragen bereits der Bindungswirkung des § 318 ZPO unterlägen. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin durch den Kauf- und den Beteiligungsvertrag Inhaberin der Schuldverschreibungen und Zinsscheine geworden ist, weil die Forderungen wirksam auf sie übertragen worden seien. Selbst wenn man das anders sehen würde, stünden die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes dem Klageanspruch nicht entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 28. 11. 2006 (Blatt 1722 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das Urkundenvorbehalts- wie gegen das Urteil im Nachverfahren form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Die Klageforderung sei wegen des nach wie vor existenten Staatsnotstands unbegründet.

Die Beklagte beantragt,

die Entscheidung des Amtsgerichts im Nachverfahren abzuändern, das Urkundenvorbehaltsurteil vom 16. 5. 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen. Nach Auffassung der Klägerin ist das Rechtsberatungsgesetz überhaupt nicht berührt, weil sie die Haupt- und die Zinsforderung im Wege der Vollrechtsübertragung erworben habe. Sie handele nicht geschäftsmäßig, denn sie verfolge nur die Interessen einer abgrenzbaren Anzahl enttäuschter Privatanleger, die sich durch die Bündelung ihrer Ansprüche in einer Art Sammelklage bessere Chancen der Rechtsdurchsetzung gegenüber der Beklagten versprächen.

Der Senat hat beide Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

II.

Die Berufungen sind nur zum Teil begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin den in den o. g. Zinsscheinen verbrieften Zahlungsanspruch zu erfüllen. Der Anspruch ergibt sich aus § 2 der Anleihebedingungen i. V. den Zinsscheinen und § 803 BGB. Die Klägerin hat die Zinsscheine gekauft und die Forderungen wirksam erworben. Der Anspruch auf Auszahlung eines Teilbetrags des Nominalwerts der Inhaber - Teilschuldverschreibung ist dagegen unbegründet, weil der Erwerb der Forderung wegen eines Verstoßes gegen Artikel 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes nichtig ist. Dazu im Einzelnen:

1. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat die Bescheinigung über ihre Gründung und eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 BNotO vorgelegt (Bl. 122, 131 d. A.). Bedenken gegen ihre Parteifähigkeit bestehen deshalb nicht. Der Klage steht nicht eine Unklagbarkeit der Forderung nach Artikel VIII Abschnitt 2 (b) Satz 1 des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds entgegen. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 13.6.2006 (8 U 107/03 = NJW 2006, 2931) klargestellt, dass die streitgegenständlichen Anleiheforderungen keine den Beschränkungen dieses Übereinkommens unterworfenen Devisenkontraktgeschäfte sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Entscheidungsgründe verwiesen.

2. Die Klägerin ist Inhaberin der Zinsscheine 6 und 7 zu der o. g. Inhaber-Teilschuldverschreibung. Die Zinsscheine unterliegen § 803 BGB. Da die Schuldverschreibungsurkunde keine gegenteilige Bestimmung enthält, sind die Scheine von dem nachfolgend beschriebenen "Schicksal" der Hauptforderung unabhängig. Sie verbriefen als selbständige Urkunde eine Zinsforderung, und können im Geschäftsverkehr unabhängig von dem Hauptpapier umlaufen (Palandt-Sprau, BGB, 66. Aufl., Rn 1 zu § 803 BGB). Die Klägerin hat die Zinsscheine durch den Kaufvertrag mit B erworben. Die Übergabe der Scheine und die Abtretung der ihr zugrundeliegenden Forderung war eine Leistung an Erfüllungs Statt aus der Kaufvertragsverpflichtung des Herrn D. Dementsprechend betreibt die Klägerin insoweit eine eigene Rechtsangelegenheit, die Einziehung dieser Forderung fällt nicht unter das Verbot des Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Zinsscheine unter Verstoß gegen § 1 Abs. 1 der 5. Ausführungsverordnung zum Rechtsberatungsgesetz erworben worden wären. Zwar bedarf nach dieser Vorschrift der geschäftsmäßige Erwerb von Forderungen zum Zweck der Einziehung auf eigene Rechnung einer behördlichen Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Die Vorschrift ist jedoch nach einer verbindlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. 7. 2003 verfassungswidrig. Sie ist nicht mehr anzuwenden, weil ihr die Ermächtigungsgrundlage fehlt (BVerwG vom 16. 7. 2003, Az.: 6 C 27/02 = NJW 2003, 2767).

Die verbrieften Zinsforderungen sind seit 6. 2. 2002 bzw. seit 6. 2. 2003 fällig. Die Beklagte kann der Zahlungsforderung nicht entgegenhalten, dass sie wegen des nach wie vor gesetzlich ausgerufenen Staatsnotstands von ihrer Leistungspflicht befreit sei. Ihre Argumente sind bereits in der o. g. Entscheidung vom Senat zurückgewiesen worden, weil die von ihr selbst herangezogenen Voraussetzungen des Staatsnotstands nicht mehr vorliegen. Auch die im Schriftsatz vom 11. 6. 2007 vorgelegte Erklärung ihres Repräsentanten in finanziellen Angelegenheiten in den O3, E, bietet keinen Anlass, die o. g. Senatsrechtsprechung zum Staatsnotstand zu überdenken. Die Bestätigung geht nicht über einen pauschalen Parteivortrag hinaus und kann nicht belegen, dass die strengen Voraussetzungen des von der Beklagten reklamierten völkerrechtlichen Staatsnotstands (Art. 25 ILC) noch vorliegen würden. Im übrigen hat zwischenzeitlich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2007 festgestellt, dass es keine allgemeine Regel des Völkerrechts gibt, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand auch nur zeitweise zu verweigern (Az.: 2 BVM 1/03 u. a.). Der Beklagten als Beteiligter dieses Verfahrens sind die dortigen Feststellungen und Gründe bekannt, so dass hier nähere Ausführungen entbehrlich sind.

3. Die Klägerin ist wegen der Forderung aus der Inhaber - Teilschuldverschreibung nicht aktivlegitimiert. Die Klägerin hat zwar die Urkunde in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht im Original vorlegen können. Die Teilschuldverschreibung ist ein Inhaberpapier im Sinne von § 793 BGB. Inhaberpapiere weisen den jeweiligen Inhaber der Urkunde als berechtigt aus, das verbriefte Recht geltend zu machen. Zu ihren Gunsten wird daher zunächst vermutet, dass sie die materiell Berechtigte ist (Staudinger - Marburger, BGB, 2002, Rn 7 vor § 793 BGB). Diese Vermutung ist allerdings durch den Inhalt des Beteiligungsvertrags widerlegt, in dem die Übertragung der Inhaber - Teilschuldverschreibung von Herrn B auf die Klägerin geregelt ist. Er verstößt gegen Artikel 1 § 1 RBerG, was zur Nichtigkeit des Übertragungsgeschäfts nach § 134 BGB führt und die Anspruchsberechtigung der Klägerin entfallen lässt (vgl. Henssler/Prütting - Weth, BRAO mit Rechtsberatungsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., Rn 71 zu Art. 1 § 1 RBerG).

Die Einziehung abgetretener Forderungen zu Zwecken der Einziehung stellt ebenso wie die Rechtsberatung eine nach dieser Vorschrift erlaubnispflichtige Tätigkeit dar, wenn es sich um eine fremde Rechtsangelegenheit handelt und wenn sie geschäftsmäßig erfolgt (BGH NJW-RR 2005, 286 f.; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz (berichtigt.: die Red.), 11. Aufl., 2003, Rn 102 zu § 1 RBerG). Eine Inkassoerlaubnis berechtigt zu allen in Zusammenhang mit der außergerichtlichen Einziehung anfallenden rechtsbesorgenden Tätigkeiten und deckt dann auch die gerichtliche Verfolgung der Forderung mittels eines vom Inkassounternehmen eingeschalteten Rechtsanwalt ab (BGH BB 2001, 64). Die Klägerin hat eine Inkassoerlaubnis nicht erhalten.

Für die Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes spielt es keine Rolle, dass die Klägerin ihren Sitz nicht in Deutschland sondern in England hat, weil sie ihre Tätigkeit im vorliegenden Fall ausschließlich im Inland ausübt (OLG Köln NJW 2004, 2684 f.).

a) Die Klägerin besorgt keine eigene sondern eine fremde Rechtsangelegenheit des Herrn B. Diese Frage ist vom wirtschaftlichen Standpunkt aus zu beurteilen (Henssler/ Prütting - Weth, a. a. O., Rn 12 zu § 1 RBerG). Allein entscheidend ist die wirtschaftliche Interessenlage. Wer nach außen hin für sich selbst auftritt, im Innenverhältnis aber für einen Dritten handelt, besorgt grundsätzlich eine fremde Rechtsangelegenheit (Kleine-Cosack, RBerG, 2004, Rn 60 zu Art. 1 § 1 RBerG). Es kommt also darauf an, ob die Forderung nur schuldrechlich zu Einziehungszwecken übertragen oder ob sie in das Vermögen der Klägerin überführt worden ist (vgl. dazu Henssler/Prütting - Weth a. a. O., Rn 26, 30 zu § 1 RBerG).

Die Übertragung einer Teilschuldverschreibung geschieht i. d. R. durch Übereignung der Urkunde. Das verbriefte Recht kann aber auch durch Abtretung der Forderung übertragen werden (Staudinger-Marburger a. a. O.; Münchener Kommentar zum BGB - Hüffer, 4. Aufl., Rn 18 zu § 793 BGB). Dem Beteiligungsvertrag kann man nicht entnehmen, dass Herr B der Klägerin die Schuldurkunde übereignet hätte. In § 1 Abs. 2, 4. Teilabsatz des Beteiligungsvertrags ist nur von einer Aushändigung der zur Geltendmachung erforderlichen Urkunden und von einer treuhänderischen Übertragung für die gerichtliche Geltendmachung die Rede. Das spricht eher für eine Ermächtigungstreuhand als für eine Übereignung der Urkunde (vgl. Palandt - Bassenge, a. a. O., Rn 34 zu § 903 BGB).

Die Klägerin hat nicht nachweisen können, dass die der Schuldurkunde innewohnende Forderung durch Abtretung in ihr Vermögen überführt worden wäre. Die Bestimmungen des Beteiligungsvertrags sind mehrdeutig, so dass sich nicht ausschließen lässt, dass die Forderung nur zu Einziehungszwecken übertragen worden ist.

In § 1 Abs. 2, 2. Unterabsatz des Beteiligungsvertrags verpflichtet sich der stille Gesellschafter, zwei Wochen nach schriftlicher Aufforderung (der Klägerin) seine gegen die Beklagte bestehenden Forderungen treuhänderisch i. S. v. § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO auf die Klägerin zu übertragen. Abgesehen davon, dass die Klägerin niemals vorgetragen hat, wann sie Herrn D schriftlich aufgefordert hätte, seine Ansprüche auf sie zu übertragen und wann Herr B dieser Aufforderung nachgekommen wäre, ist diese Vertragsklausel nicht eindeutig. Die genannte Bestimmung der Abgabenordnung regelt die wirtschaftliche Zuordnung einer Forderung für die steuerliche Veranlagung, weswegen ihre Bezugnahme offen lässt, ob der stille Gesellschafter weiterhin Inhaber der Teilschuldverschreibung bleiben soll oder ob ihm rechtlich nur noch ein Gewinnausschüttungsanspruch verbleibt. Der Erklärungsversuch des an der Vertragskonstruktion beteiligten Notars Dr. F vom 26.10.2006 hilft nicht weiter (Blatt 1756 d. A.).

Gegen eine Vollrechtsübertragung sprechen weitere Bestimmungen des Beteiligungsvertrags. Die Übertragung der Forderung wird ausdrücklich der Zielsetzung der stillen Gesellschaft, nämlich der gerichtlichen Durchsetzung der Forderungen im Interesse des Vertragspartners unterworfen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 sowie Präambel). Der stille Gesellschafter ist verpflichtet, die Kosten der Rechtsverfolgung durch seine Bareinlage aufzubringen und ggf. auch noch nachzuschießen. Er erwirbt seine treuhänderisch übertragene Forderung zurück, wenn er wegen unzureichender Realisierung der Forderung den Vertrag aufkündigt. Auch die in § 1 Abs. 2 enthaltene Ermächtigung zum Vergleichsabschluss bei Erreichung einer bestimmten Quote des Gesamtwerts (Nennwert und Quote), und die Regelung in § 2 Abs. 1 des Vertrags, wonach jeder stille Gesellschafter mit seinem jeweils eingebrachten Anlagevolumen an der jeweiligen Klage beteiligt ist, sind Indizien, dass der Gesellschafter das wirtschaftliche Interesse an seiner eigenen Forderung und damit seine Rechtsposition durch den Abschluss des Beteiligungsvertrags nicht verloren hat.

Die hiesige Konstellation ist deshalb auch nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der dem Bundesverwaltungsgericht für seine o. g. Entscheidung vorgelegt worden war. Dort ging es um Forderungen, die von einem Rechenzentrum für Rechtsanwälte aufgekauft und im eigenen Namen geltend gemacht wurden. Durch die dort abgesprochen Abtretungsregelungen waren die Forderungen der Rechtsanwälte erloschen, sie waren an der Einziehung nicht mehr interessiert, nach dem sie den Kaufpreis dafür erhalten hatten. Hier erhält der Gesellschafter dagegen von der Klägerin zunächst einmal keinen wirtschaftlichen Gegenwert, die Gewinnausschüttung ist ungewiss und hängt vor allem von der von ihm zu finanzierenden Realisierung der eigenen Forderung ab. Deshalb und im Hinblick auf die o. g. vertraglichen Regelungen ist hier der stille Gesellschafter nach wie vor am Bestand und der Durchsetzbarkeit der eigenen Forderung interessiert. Er lässt sie lediglich zur Vereinfachung der Abwicklung durch die Klägerin anmelden und einziehen.

b) Die Klägerin handelt geschäftsmäßig. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin für den Sohn des Geschäftsführers tätig wird, denn Herr A hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass er die Klägerin auch für die Rechtsdurchsetzung anderer Personen gegründet habe. Geschäftsmäßig ist die Tätigkeit, wenn sie selbständig und mit Wiederholungsabsicht erfolgt und nicht nur aus besonderen Gründen als Gefälligkeit ausgeübt wird (BGH NJW 2002, 2104, 2105). Die Absicht, Gewinne zu erzielen, ist keine Voraussetzung für geschäftsmäßiges Handeln. Soweit die Klägerin ihre Geschäftsmäßigkeit mit der Begründung abstreitet, sie vertrete lediglich die Interessen einer abgrenzbaren Klientel enttäuschter O4-Gläubiger, kann der Senat dem nicht folgen. Die von der Beklagten herausgegebenen Anleihen befinden sich im "Streubesitz" unzähliger Privatanleger. Deren Anzahl kann keiner der Beteiligten überblicken, so dass sich das Angebot der Klägerin an einen unbestimmten Kreis von Interessenten richten kann. Weder aus dem Beteiligungsvertrag noch aus den sonst hier vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Klägerin eine Selbstbeschränkung vornimmt. Die von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmefälle sind mit dem hiesigen Sachverhalt nicht zu vergleichen (vgl. BGH MDR 2005, 239; weitere Nachweise bei Henssler/Prütting - Weth a. a. O. Rn 41 ff. zu Art. 1 § 1 RBerG und bei Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Rn 58 zu Art. 1 § 1 RBerG).

c) Die weiteren Argumente des Amtsgerichts zur einschränkenden Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes überzeugen den Senat nicht. Die Klägerin bewegt sich im Zentrum des Regelungsbereichs des Rechtsberatungsgesetzes, denn sie will Forderungen ihrer stillen Gesellschafter durchsetzen und damit deren Rechte verwirklichen (vgl. BGH NJW 2003, 3046, 3048). Die vom Amtsgericht herangezogene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. 1. 2004 (NJW 2004, 672) hat die journalistische Aufarbeitung von Rechtsfällen in unterhaltenden Fernsehsendungen behandelt und ist deshalb mit dem hiesigen Fall nicht vergleichbar.

Der "Disclaimer" im Beteiligungsvertrag, wonach der Geschäftsführer der Klägerin keine Rechtsberatung erteilt, ist unerheblich, da das Gesetz die außergerichtliche Einziehung von Forderungen unter den Vorbehalt einer behördlichen Erlaubnis stellt, ohne dass es auf eine Rechtsberatung ankommt (vgl. dazu BVerfG NJW 2002, 1190 - Inkassounternehmen I und BVerfG NJW-RR 2004, 1570 - Inkassounternehmen II). Im Übrigen wird auch bei einer ausschließlich auf die gerichtliche Verfolgung und Vollstreckung gerichteten Tätigkeit erlaubnispflichtige Rechtsberatung im Sinne des Gesetzes betrieben. Es darf nicht vergessen werden, dass die Klägerin den Rechtsstreit in erster Instanz - entgegen den Bestimmungen des Beteiligungsvertrags - ohne anwaltliche Hilfe geführt hat.

Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass durch ihre Aktivitäten die Funktion und der Schutzbereich des Gesetzes unangetastet bliebe. Ziel des Rechtsberatungsgesetzes ist in erster Linie der Verbraucherschutz und die Sicherheit der Rechtspflege (BVerfG NJW 1998, 3481, 3482; BGH NJW 2003, 3046, 3047). Gerade deshalb hat man das Inkasso erlaubnispflichtig gemacht. Wenn jetzt eine englische Gesellschaft ohne nennenswertes Eigenkapital fremde Forderungen einziehen darf, dann besteht die Gefahr, dass Anleger, die sich der Klägerin anvertrauen, mit Rechtsverlusten bis hin zum Totalausfall ihrer Forderungen rechnen müssen. Damit ist der Schutzbereich des Gesetzes unmittelbar tangiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil der Rechtsstreit im Hinblick auf die mit der Aktivlegitimation der Klägerin verbundenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Modalitäten einer zulässigen Vollrechtsübertragung auf derartige Klagegesellschaften sind höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Da es gerichtsbekannt noch eine Reihe von Verfahren vergleichbarer Anspruchsteller, u. a. im Zusammenhang mit den von der Beklagten herausgegebenen Anleihen, gibt, sind diese Rechtsfragen klärungsbedürftig.

Ende der Entscheidung

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