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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 11.06.2007
Aktenzeichen: 9 U 109/06
Rechtsgebiete: BGB, HWiG


Vorschriften:

BGB § 126
HWiG § 1
HWiG § 2 Abs. 1
1. Bei dem Zusatz "Im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages kommt auch der Beitritt in die (Name der Gesellschaft) nicht wirksam zustande." handelt es sich nicht um eine die Belehrung unwirksam machende andere Erklärung im Sinne von § 2 I 3 HWiG.

2. Weder § 2 HWiG noch die allgemeine Vorschrift über die Schriftform gemäß § 126 BGB erfordern die Angabe von Ort oder Zeit auf der Widerrufsbelehrung.

3. Hat die eine Vertragspartei ihre auf Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung bereits abgegeben und schickt den Vertrag zusammen mit der Belehrung zur Gegenzeichnung an den Verbraucher, handelt es sich um eine unzulässige Vorabbelehrung.


Gründe:

Der Kläger begehrt Rückabwicklung eines Darlehensvertrags, den er mit der ...bank O1 zur Finanzierung des Beitritts zu einem Immobilienfonds geschlossen hat.

Der Darlehensvertrag enthält eine Widerrufsbelehrung, die wie folgt lautet:

"Als Darlehensnehmer steht mir/uns das gesetzliche Recht zum Widerruf zu. Danach ist die auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung erst wirksam, wenn sie nicht binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerrufen wird. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Lauf der Frist beginnt mit Aushändigung der Ausfertigung dieser Information über das Recht zum Widerruf. Im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages kommt auch der Beitritt in die A KG GMBH & CO nicht wirksam zustande."

Die Darlehensgeberin übertrug im Jahr 2004 ihren Betriebsteil zusammen mit dem Kreditverhältnis des Klägers auf die Beklagte.

Der Kläger widerrief seine Erklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz am 25.4.2005 und verlangt mit der vorliegenden Klage neben einer negativen Feststellung die auf das Darlehen erbrachten Zahlungen (10.934,52 €) und die zur Sicherheit abgetretene Lebensversicherung zurück. Mit Urteil vom 22.9.2006 hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren.

Dem Kläger kann für die zweite Instanz Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden, weil die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne Aussicht auf Erfolg ist (§ 114 ZPO).

Weder kann festgestellt werden, dass der Kläger den Darlehensvertrag wirksam widerrufen hat noch steht ihm ein Anspruch aus § 3 HWiG auf Rückerstattung der auf das Darlehen erbrachten Leistungen zu.

Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil und schließt sich diesen an, weil sie in allen Punkten zutreffend sind.

Es kann dahinstehen, ob eine zum Widerruf berechtigende Haustürsituation vorlag, weil die Widerrufserklärung des Klägers erst nach Ablauf der Widerrufsfrist abgegeben wurde. Die zwei Wochen betragende Widerrufsfrist (§ 1 Abs. 1 HWiG) begann mit der Aushändigung der Belehrung bei Abschluss des Darlehensvertrags am 31.12.1997, weil diese Belehrung wirksam war. Sie entsprach den Anforderungen des § 2 Abs. 1 HWiG.

1. Bei dem Satz "Im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages kommt auch der Beitritt in die A KG GMBH & CO nicht wirksam zustande" handelt es sich nicht um eine die Belehrung unwirksam machende andere Erklärung i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG.

Der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der Beitritt in eine Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande kommt, ist nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine unzulässige andere Erklärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG. Das Zusatzverbot bedarf insoweit unter Berücksichtigung seines Zwecks sowie des Zwecks der Widerrufsbelehrung der telelogischen Reduktion. Das Zusatzverbot ist nur aufgenommen worden, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen. Dies geschieht durch eine Belehrung über die Folgen des Widerrufs nicht. § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG und nunmehr auch § 358 Abs. 3 BGB n.F. schreiben bei einem verbundenen Geschäft eine Widerrufsbelehrung mit dem Hinweis, dass im Falle eines Widerrufs auch der verbundene Vertrag nicht wirksam zustande kommt, sogar vor. § 2 Abs. 1 HWiG verbietet einen solchen Zusatz jedenfalls nicht. Die abweichende Ansicht des II. Zivilsenats (BGH, Urt. v. 14.6.04 - II ZR 385/02) hat der Xl. Zivilsenat mit dessen Zustimmung aufgegeben (BGH, Urt. v. 24.4.07 XI ZR 191/06; s. auch OLG Bremen ZIP 06, 1527, 1528 f.).

Der in einer Widerrufsbelehrung enthaltene Zusatz, dass im Falle des Widerrufs auch der Beitritt zur Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande kommt, ist unter Berücksichtigung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch nicht etwa unrichtig, weil sich der Verbraucher danach erst für die Zukunft von seinem Beitritt lösen kann. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, die auch bei einem widerrufenen Beitritt zu einer Fondsgesellschaft gelten (BGH, Urt. v. 2.7.01 - II ZR 304/00; BGH, Urt. v. 9.5.06 - XI ZR 119/05), greifen erst ein, wenn der Gesellschaftsbeitritt in Vollzug gesetzt ist (BGH, Urt. v. 21.7.03 - XI ZR 387/02; BGH, Urt. v. 25.4.06 - XI ZR 193/04; BGH, Urt. v. 24.4.07 XI ZR 191/06). Oftmals ist aber eine Leistung der kreditfinanzierten Einlage vor Ablauf der Widerrufsfrist nach dem Darlehensvertrag ausgeschlossen. Abgesehen davon wäre der Zusatz auch nach einem vollzogenen Gesellschaftsbeitritt im wirtschaftlichen Ergebnis nicht als unrichtig anzusehen, da der Verbraucher bei einem verbundenen Geschäft von der kreditgebenden Bank grundsätzlich so zu stellen ist, als ob er dem Fonds nicht beigetreten wäre (BGH, Urt. v. 24.4.07 XI ZR 191/06).

2. Entgegen der Ansicht des Klägers muss diese Widerrufsbelehrung nicht - und schon gar nicht von der anderen Vertragspartei - datiert werden. Aufgrund der für den vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung des § 2 HWiG vom 16.1.1986 war nach Abs. 1 Satz 2 erforderlich, dass der Kunde die Belehrung unterschrieb. Weder § 2 HWiG noch die allgemeine Vorschrift über die Schriftform (§ 126 BGB) erfordern die Angabe von Ort oder Zeit (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 126 Rn. 2). Darauf, ob dies unter der Geltung des Abzahlungsgesetzes anders zu beurteilen war, kommt es nicht an.

Etwas anders ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kunde den Beginn der Widerrufsfrist ohne Angabe eines Datums nicht bestimmen könnte. Er weiß, wann ihm die Belehrung ausgehändigt wurde. Soweit er befürchten muss, dieses Datum innerhalb der Widerrufsfrist zu vergessen, steht es ihm frei, es sich zu notieren. Soweit der Bundesgerichtshof davon ausgeht, dass die Belehrung über den Widerruf auch eine Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist enthalten muss (Urteil vom 17. Dezember 1992 - I ZR 73/91) geht er ausdrücklich davon aus, dass die abstrakte Wiedergabe des Fristbeginns ("Aushändigung der Belehrung") genügt und es der Angabe eines Datums nicht bedarf. Etwas anderes ergibt sich aus keiner der vom Kläger zitierten Entscheidungen, auch nicht der des erkennenden Senats vom 2.8.2000. Diese betrafen ausnahmslos andere Formulierungen und sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

3. Auch die übrigen vom Kläger vorgetragenen Bedenken vermögen die Wirksamkeit der Belehrung nicht zu beseitigen.

Dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger die Widerrufsbelehrung zusandte und sie ihm damit vorlag, bevor er den Vertrag unterzeichnete, macht die Belehrung nicht unwirksam. Weder die europäische Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1985, S. 31) noch das nationale Haustürwiderrufsgesetz wollen einen Vertragsschluss durch postalisch übermittelte Willenserklärungen ausschließen. Hat die andere Vertragspartei ihre auf Abschluss des Vertrags gerichtete Erklärung - wie vorliegend - bereits abgegeben und schickt den Vertrag zusammen mit der Belehrung zur Gegenzeichnung an den Kunden, handelt es sich nicht um eine nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. vom 4.7.2002 - I ZR 55/00) unzulässige Vorabbelehrung (arg. Art. 1 Abs. 2 i.V. mit Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. B; Art. 1 Abs. 3 und 4 i.V. mit Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c der Richtlinie). Die andere Vertragspartei darf - insbesondere auch aufgrund der vom Kläger vorgetragenen Gespräche mit dem Anlagevermittler auch über die Finanzierung der Anlage - vielmehr darauf vertrauen, dass der Kunde den Vertrag unverzüglich unterschreibt und zurückschickt.

Letztlich bedarf es in der Widerrufserklärung auch keiner weiteren Klarstellung darüber, in welcher Form der Widerruf durch mehrere Vertragspartner auf Kundenseite auszuüben ist. Die Frage, ob sie dies allein oder nur gemeinsam tun können, wird sich ihnen regelmäßig nicht stellen, wenn doch, genügt die vorliegende Formulierung, um zu erkennen, dass der Widerruf durch jeden Vertragspartner alleine möglich ist. Letztlich ist die vorliegend genauso bedeutungslos wie die Frage, ob alle Vertragspartner über die Widerrufsmöglichkeit belehrt wurden, weil der Kläger den Darlehensvertrag allein abgeschlossen hat und sich die verwendete Widerrufsbelehrung zumindest in seinem Fall damit als bedenkenlos erweist.

Ende der Entscheidung

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