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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 09.05.2006
Aktenzeichen: 9 U 56/04
Rechtsgebiete: HWiG, ZPO


Vorschriften:

HWiG § 1
ZPO § 529
ZPO § 533
1. Zum Fortbestehen des Überrumpelungsmoments bei einem Zeitraum von über zwei Monaten zwischen Haustürsituation und zu widerrufender Willenserklärung.

2. Zur Unzulässigkeit einer Wider- und Drittwiderklage, die erstmals in der Berufung erhoben wird.


Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der beklagten Bank Rückabwicklung eines Darlehensgeschäfts, das er mit der Beklagten zur Finanzierung einer Fondsbeteiligung (A) eingegangen ist.

Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 280 ff. d.A.) verwiesen, das durch Beschluss vom 3.3.04 (Bl. 312 f. d.A.) berichtigt wurde.

Mit Urteil vom 3.12.03 hat das Landgericht der Klage hinsichtlich des Feststellungsbegehrens und dem Antrag auf Rückgewähr der Lebensversicherung stattgegeben. Den Antrag auf Rückzahlung der geleisteten Darlehenszinsen hat es dagegen abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Hiergegen richten sich die jeweils form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufungen von Kläger und Beklagter.

In der Berufung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.3.06 (Bl. 616 ff. d.A.) Widerklage gegen den Kläger und Drittwiderklage gegen die bisher am Verfahren nicht beteiligte Drittwiderbeklagte auf Zahlung von 26.700,47 € erhoben.

Die Beklagte trägt vor:

Die Ausführungen des Landgerichts trügen eine (teilweise) Verurteilung der Beklagten nicht.

Die Beklagte habe das Bestehen einer Haustürsituation in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten. Das Landgericht hätte also Beweis erheben müssen.

Darüber hinaus sei die Haustürsituation Anfang Oktober 1988 auch nicht für die mehr als zwei Monate später am 29.12.88 erfolgte Unterzeichnung des Darlehensantrages ursächlich gewesen. Es fehle substantiierter Vortrag vonseiten des Klägers, dass trotz des zeitlichen Abstands von einem Ursachenzusammenhang auszugehen sei. Außerdem sei das Widerrufsrecht nach § 1 I Nr. 3 HWiG wegen der notariellen Beurkundung des Angebots zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Steuerberater B ausgeschlossen.

Schließlich sei die Haustürsituation der Beklagten auch nicht zurechenbar (wird ausgeführt).

Eine Überschreitung der Kreditgeberrolle liege nicht vor (wird ausgeführt).

Die Teilnahme eines Vertreters der Beklagten an der Verkaufsveranstaltung am 8.10.88 werde weiterhin bestritten. Es komme aber ohnehin nicht darauf an, da der Kläger nicht behaupte, überhaupt an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben.

Die Beklagte habe auch keinen offenbarungspflichtigen Wissensvorsprung gehabt (wird ausgeführt).

Im Schreiben vom 22.12.88 habe die Beklagte nichts Falsches zugesichert.

Schließlich sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, über die Vor- und Nachteile eines endfälligen Darlehens gegenüber einem Annuitätendarlehen aufzuklären.

Das Verhalten der Vermittler sei der Beklagten nicht zuzurechnen, da es außerhalb ihres Pflichtenkreises läge.

Ein stillschweigend geschlossener Auskunftsvertrag sei abwegig.

Schließlich bildeten Darlehens- und Gesellschaftsvertrag auch kein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB.

Hinsichtlich des Vortrags der Beklagten zur neu erhobenen Wider- und Drittwiderklage wird auf den Schriftsatz vom 16.3.06 (Bl. 616 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Weiterhin beantragt der Kläger sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.719,17 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung des Fondsanteils.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Mit der Wider- und Drittwiderklage beantragt die Beklagte darüber hinaus, den Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 26.700,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragen,

die Wider- und Drittwiderklage als unzulässig zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, und trägt vor:

Die Haustürsituation sei vom Landgericht zutreffend festgestellt worden. Die Beklagte hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, insoweit mit Nichtwissen zu bestreiten. Das Darlehensgeschäft sei nicht von einem Dritten, sondern von den Erfüllungsgehilfen der Beklagten vermittelt worden. Die ursprüngliche Überrumpelungssituation aus der Haustürsituation Anfang Oktober 1988 durch den Besuch des Vermittlers C habe sich bis zur Unterzeichnung des Darlehensvertrages in der Filiale der Beklagten am 29.12.88 fortgesetzt.

Auf die Zurechenbarkeit der Haustürsituation komme es nach einer neuen Entscheidung des BGH vom 12.12.05 (II ZR 327/04) nicht mehr an - es reiche aus, wenn eine objektive Haustürsituation vorgelegen habe.

Das Landgericht habe die Klage auf Rückzahlung geleisteter Zinsen zu Unrecht abgewiesen. Es hätte der Klage bereits aufgrund des wirksamen Widerrufs der Willenserklärung aus dem Darlehensvertrag nach dem HWiG in vollem Umfang stattgeben müssen. Es sei von einem verbundenen Geschäft bzw. einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Darlehensvertrag und finanziertem Geschäft auszugehen. Auch habe die Beklagte ihre Rolle als Kreditgeberin massiv überschritten, was sich aus folgenden Punkten ergebe:

Die Beklagte sei - wie sich aus dem Schreiben des Notars N1 vom 10.6.88 ergebe - zwischen Mai und Oktober 1988 an der Ausarbeitung des rechtlichen Konzepts des Fonds beteiligt gewesen.

Auch das Verkaufsprospekt sei unter Mitwirkung der Beklagten erstellt worden.

Auf der Verkaufsveranstaltung vom 8.10.88 sei der Direktor der Filiale der Beklagten in O1 anwesend gewesen. Dort sei die Beklagte als Partner des Fonds vorgestellt worden.

Außerdem habe die Beklagte die Firma D mit Schreiben vom 3.1.89 angewiesen, weitere Zeichner für den Fonds zu suchen.

Auch in die Vertriebstätigkeit sei die Beklagte involviert gewesen.

Vertrauen der Anleger in die Beklagte sei auch dadurch erzeugt worden, dass diese in einem Musterschreiben vom 22.12.88 darauf hinwies, ausnahmslos die Finanzierung sämtlicher Gesellschafter übernommen zu haben und die Konditionen für alle Zeichner gleich waren.

Darüber hinaus sei durch das bei der Beklagten zu führende Abwicklungskonto eine untrennbare Verbindung zwischen dieser und dem Beteiligungskonzept entstanden.

Die Beklagte habe weiterhin die gesamten Formulare - wie Selbstauskunft, Darlehensantrag usw. - zusammen mit dem Vermittler ausgearbeitet.

Schließlich habe sie auch die Zwischenfinanzierung der Initiatorin, der Firma D, übernommen.

Auch der Beteiligungsvertrag sei vom Kläger und seiner Ehefrau nach HWiG widerrufen worden. Aufgrund der zweifelsohne bestehenden wirtschaftlichen Einheit zwischen Beteiligungs- und Darlehensvertrag bestehe auch aus diesem Grund ein Anspruch auf eine komplette Rückabwicklung.

Zudem sei der Beteiligungsvertrag aufgrund eines Verstoßes gegen das RBerG nichtig. Diese Nichtigkeit habe nach § 139 BGB auch die Nichtigkeit des Darlehensvertrages mit der Beklagten zur Folge (wird ausgeführt).

Entgegen der Ansicht des Landgerichts bestünden auch Schadensersatzansprüche aus c.i.c. gegenüber der Beklagten.

Die Beklagte sei nicht nur über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgegangen, sondern habe gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau auch einen Wissensvorsprung gehabt und eine besondere Gefährdungslage geschaffen.

Die Klägerseite sei zweimal massiv getäuscht worden. Zum einen anlässlich des Verkaufs- und Beratungsgesprächs durch den Vermittler C, der als Erfüllungsgehilfe der Beklagten anzusehen sei. Dieser habe zugesichert, es sei durch den Fonds mit einer Ausschüttung von 1.500,- € jährlich zu rechnen. Zum anderen sei die Klägerseite durch die Beklagte selbst getäuscht worden, nämlich durch deren Musterschreiben vom 22.12.88. Darin teile die Beklagte wahrheitswidrig mit, dass sich die Darlehenszinsen in etwa mit den monatlichen Mieteinnahmen aus der Verpachtung der Fondsimmobilie decken würden. Dass dies nicht der Fall sein würde, habe die Beklagte bereits bei Abfassung des Musterschreibens gewusst (wird ausgeführt). Das Vorgehen der Beklagten sei arglistig und bewege sich im Bereich einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB.

Außerdem habe die Beklagte nicht über die Nachteile der verbindlichen Finanzierung über ein endfälliges, über eine Lebensversicherung zu tilgendes Darlehen beraten. Es errechne sich ein Vermögensschaden von 14.666,52 DM über die gesamte Vertragslaufzeit (wird ausgeführt).

Darüber hinaus habe die Beklagte definitiv gewusst, dass es von vornherein an der Werthaltigkeit des Fonds gefehlt habe und die Vermietung zu völlig überhöhten Konditionen erfolgte, und zwar nicht an einen solventen und seriösen Betreiber, sondern an die Firma D.

Die Beklagte sei zudem unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung in Anspruch zu nehmen. Der streitgegenständliche Emissionsprospekt sei komplett falsch und weise eine Vielzahl erheblichster Mängel auf (wird ausgeführt).

Wegen der Falschangaben in ihren Musterschreiben hafte die Beklagte darüber hinaus aus einem stillschweigend abgeschlossenen Auskunftsvertrag (wird ausgeführt).

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 28.3.06 (Bl. 632 d.A.) durch Vernehmung der Drittwiderbeklagten als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28.3.06 (Bl. 630 ff., 632 ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufungen von Kläger und Beklagter sind zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat allerdings nur die Berufung der Beklagten Erfolg (dazu A.); die Berufung des Klägers ist dagegen unbegründet (dazu B.). Die erst in der Berufung erhobene Wider- und Drittwiderklage der Beklagten ist unzulässig (dazu C.).

A. Das Landgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Kläger und seine Ehefrau (künftig: Klägerseite) können weder die Feststellung verlangen, dass sie nicht verpflichtet sind, weitere Zahlungen aus dem Darlehensverhältnis an die Beklagte zu erbringen, noch haben sie einen Anspruch auf Freigabe bzw. Rückabtretung der Lebensversicherung. Weder war nämlich der Darlehensvertrag unwirksam (dazu 1.) noch kann sich die Klägerseite auf einen Einwendungsdurchgriff berufen (dazu 2.) oder stehen ihr Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu (dazu 3.).

1. Der Darlehensvertrag ist nicht durch den Widerruf vom 15.11.01 unwirksam geworden. Die Klägerseite war nicht zum Widerruf nach § 1 I HWiG berechtigt, denn der Abschluss des Darlehensvertrages geht nicht auf eine Haustürsituation zurück.

Zwar steht einer Anwendung des HWiG nicht entgegen, dass der Darlehensvertrag von der Klägerseite persönlich in einer Filiale der Beklagten unterzeichnet wurde, denn für einen wirksamen Widerruf wäre es ausreichend, wenn eine Haustürsituation bei der behaupteten Vertragsanbahnung Anfang Oktober 1988 vorgelegen hätte. Allerdings muss sich die durch die Haustürsituation ausgelöste Beeinträchtigung der Willensfreiheit der Klägerseite - die Überrumpelung - in diesem Fall bis zur Vertragsunterzeichnung mehr als zwei Monate später fortgesetzt haben. Hiervon kann indes nicht ausgegangen werden.

Ein Anscheins- bzw. Indizienbeweis für das Fortbestehen der Überrumpelungssituation kann nur für einen kurzen Zeitraum angenommen werden - regelmäßig nur für eine Woche (so auch Fischer/Machunsky HWiG, § 1 Rn 53 f.), vielleicht noch für zwei bis drei Wochen, jedenfalls aber nicht für mehrere Monate. Wenn - wie hier - kein Anscheinsbeweis mehr für das Fortbestehen der Überrumpelung spricht, muss der Verbraucher darlegen und beweisen, dass dies dennoch so war. Dies ist dem Kläger nicht gelungen.

Die hierzu vernommene Drittwiderbeklagte, deren Bekundungen insgesamt glaubhaft waren und deren Parteivernehmung der Senat entgegen der Ansicht der Beklagten gemäß § 448 ZPO für zulässig erachtet, hat zwar bestätigt, dass die Vertragsanbahnung Anfang Oktober 1988 durch den Vermittler C in der Privatwohnung der Klägerseite stattgefunden hat. Ihre Bekundungen zu der Behauptung des Klägers aber, sie seien bis zur Unterzeichnung des Darlehensvertrages in der Filiale der Beklagten in O2 davon ausgegangen, dass sie sich bereits verbindlich am Fonds beteiligt hatten, reichen für die Annahme einer fortbestehenden Überrumpelungssituation nicht aus. So konnte die Drittwiderbeklagte keine genauen Aussagen dazu machen, was bei dem Vertreterbesuch überhaupt vereinbart wurde. Sie konnte sich auch nicht mehr daran erinnern, ob im Rahmen des Besuchs von Herrn C irgendetwas unterschrieben worden war. Auch für einen juristischen Laien wäre die Unterschriftsleistung aber ein wichtiges Indiz für die Verbindlichkeit eines Geschäfts oder einer Willensäußerung.

Die Aussage der Drittwiderbeklagten lässt eher vermuten, dass die Klägerseite als entscheidenden Moment der Festlegung auf den Fondsbeitritt den Notartermin am 9.11.88 angesehen hat. Das Fortbestehen der Überrumpelungssituation könnte unter diesem Blickwinkel aber nur dann angenommen werden, wenn sich die Klägerseite aufgrund des Vertreterbesuches verpflichtet gesehen hätte, an dem Notartermin teilzunehmen. Auch hierfür geben die Bekundungen der Drittwiderbeklagten jedoch nichts her. Immerhin liegt zwischen dem Vertreterbesuch und dem Notartermin ein Zeitraum von rund einem Monat. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Klägerseite gehindert gesehen hat, diesen Zeitraum dafür zu nutzen, noch einmal zu überprüfen, ob sie das von Herrn C angepriesene Geschäft tatsächlich wollte.

Die Unwirksamkeit des Beteiligungsvertrages wegen Verstoßes gegen das RBerG, die nicht ernstlich infrage gestellt werden kann, hat grundsätzlich nicht gleichzeitig die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages zur Folge, wenn zwei isolierte Geschäfte vorliegen. Anders wäre das nur dann, wenn von einem verbundenen Geschäft auszugehen wäre. Dies ist indes nicht der Fall, wie nachfolgend unter 2. noch auszuführen ist.

2. Auf den Einwendungsdurchgriff nach § 9 III VerbrKrG kann sich die Klägerseite von vornherein nicht berufen, da das VerbrKrG nach Art. 9 des Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung der ZPO und anderer Gesetze vom 17.10.90 nicht anwendbar ist. Sowohl der Darlehensvertrag als auch der Beteiligungsvertrag waren bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.1991 zustande gekommen (vgl. auch Palandt-Putzo BGB, 58. Aufl., VerbrKrG Rn 1 zu Art. 9).

Die Regelungen des durch das VerbrKrG abgelösten Abzahlungsgesetzes (AbzG) sind auf die vorliegenden Verträge ebenfalls nicht anwendbar, da die Vertragsgestaltung nicht in den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes (§§ 1 und 8 AbzG) fällt. Auf Darlehensverträge könnte das Gesetz nur dann angewendet werden, wenn diese der Finanzierung eines Kaufvertrages über bewegliche Sachen dienen, was hier nicht der Fall ist (vgl. v. Westphalen VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rn 27).

Weiter gezogen wurde auch zu Zeiten des AbzG dagegen der Anwendungsbereich des - zuvor gesetzlich insoweit nicht ausdrücklich normierten und auf § 242 BGB gestützten - Einwendungsdurchgriffs. Da insoweit der sachliche Anwendungsbereich des AbzG keine Rolle spielte, wurde der Einwendungsdurchgriff auch bei sonstigen finanzierten Verträgen zugelassen. Eine Grenze war jedoch dort erreicht, wo die Fremdfinanzierung einer Vermögensanlage gerade der vollen Ausschöpfung von Steuervergünstigungen diente, wie zum Beispiel bei der Beteiligung an Abschreibungsgesellschaften (vgl. v. Westphalen VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rn 28 - mit weiteren Nachweisen zur damaligen Rechtsprechung). Dies trifft auch auf die vorliegende Fallgestaltung zu.

Da der vorliegende Fall auf der Basis der Rechtslage von 1988/89 zu entscheiden ist, kann der Anwendungsbereich des Einwendungsdurchgriffs nachträglich nicht erweitert werden. Dies umso mehr, als eine Erweiterung überhaupt erst durch das Inkrafttreten des VerbrKrG möglich geworden ist.

Soweit der BGH in seiner Entscheidung XI ZR 164/95 vom 17.9.96 eine Ausnahme machen will und - entgegen der damaligen Rechtsprechung - auch für eine kreditfinanzierte Gesellschaftsbeteiligung, die vor Inkrafttreten des VerbrKrG abgeschlossen wurden, ein verbundenes Geschäft und die Möglichkeit eines Einwendungsdurchgriffs annimmt, bezieht sich das ausdrücklich nur auf Haustürgeschäfte. Solche liegen hier aber nicht vor: Für das Darlehensgeschäft wurde dies vorstehend bereits ausgeführt (vgl. A. 1.). Für den Beteiligungsvertrag kann nichts anderes gelten, nachdem die ggf. widerrufbaren Erklärungen der Klägerseite notariell beurkundet wurden, was einer Anwendung des HWiG gemäß § 1 II Nr. 3 HWiG entgegensteht.

3. Schließlich kann der Kläger gegenüber der Beklagten auch keine Schadensersatzansprüche geltend machen, die er deren Darlehensrückzahlungsansprüchen im Wege des dolo-agit-Einwandes entgegensetzen könnte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen (BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576 - beide mit weiteren Nachweisen). Die Verwendung des Kredits ist allein Sache des Kreditnehmers. Ihm allein obliegt es, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die Entscheidung darüber, ob er sie eingehen will, eigenverantwortlich zu treffen. Das mit der Verwendung des Darlehens verbundene Risiko hat der Darlehensnehmer grundsätzlich allein zu tragen. Bei finanzierten Kapitalanlagen darf die darlehensgebende Bank deshalb regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage hinreichend geprüft hat, gegebenenfalls unter Einschaltung besonderer Fachberater. Dies gilt auch und in besonderem Maß bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart WM 2000, 292).

Nur ausnahmsweise und in besonderen Fallgruppen kommt eine Aufklärungs- und Beratungspflicht der Bank in Betracht. Die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestände sind: Überschreiten der Kreditgeberrolle, Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes, Bestehen einer Interessenkollision oder Vorliegen eines konkreten Wissensvorsprunges.

Die von dem Kläger vorgebrachten Umstände lassen jedoch nicht den Schluss auf das Vorliegen einer dieser Fallgruppen zu. Im Einzelnen:

a) Unter Bezugnahme auf ein Schreiben das Notars N1 vom 10.6.88 trägt der Kläger vor, die Beklagte sei bereits im Vorfeld - noch vor Konzeption des Treuhand- und Gesellschaftsvertrages - in das Projekt eingebunden gewesen, und zwar seit Mai 1988. Die Kontakte zwischen den Fondsinitiatoren bzw. dem Treuhänder und der Beklagten zielten aber lediglich darauf ab, die spätere Kreditgewährung für die Anleger vorzubereiten und abzustimmen. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte unmittelbaren Einfluss auf das Projekt selbst genommen hätte. Außerdem ist eine entsprechende Tätigkeit der Beklagten nicht nach außen hin erkennbar gewesen sein, wie es die Fallgruppe für eine Vertrauenshaftung voraussetzt.

b) Gleiches gilt, soweit der Kläger weiter vorträgt, die Fondsinitiatoren bzw. Vermittler und die Beklagte hätten den Emissionsprospekt gemeinsam entwickelt.

Ähnlich verhält es sich auch mit der Behauptung des Klägers, die Verkaufsveranstaltung vom 8.10.88 sei von der Finanz- und Wirtschaftsberatung E und der Beklagten gemeinsam vorbereitet und abgehalten worden. Im Übrigen hat die Klägerseite an dieser Veranstaltung gar nicht teilgenommen.

c) Soweit der Kläger vorträgt, der Direktor der Filiale der Beklagten in O1 sei auf der Verkaufsveranstaltung anwesend gewesen und dort sei die Beklagte den Anwesenden als "Partner des Fonds" vorgestellt worden, der die gesamte Finanzierung übernommen habe, ist dies im vorliegenden Fall irrelevant, weil die Klägerseite - wie schon erwähnt - an der Verkaufsveranstaltung nicht teilgenommen hat und damit in die Geschehnisse dort auch kein Vertrauen gesetzt haben kann.

d) Der Kläger wendet weiterhin ein, die Beklagte sei darüber hinaus auch in den Vertrieb des Fonds eingeschaltet gewesen. Konkret trägt er insoweit vor, die Beklagte habe die Firma D aufgefordert, weitere Zeichner "zu bringen", damit der Fonds geschlossen werden könne. Es ist nicht erkennbar, inwieweit hierdurch ein - nach außen sichtbarer - Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, der für ein Hinausgehen über die Kreditgeberrolle erforderlich ist.

e) Soweit der Kläger weiter einwendet, die Beklagte habe ihn durch das Musterscheiben vom 22.12.88 darüber getäuscht, dass sich die Finanzierung von allein trage, kann auch dies eine Haftung der Beklagten nicht begründen. Wie auch für den Laien erkennbar, hat die Beklagte in dem Schreiben nur eine Prognose der Initiatoren wiederholt und schon durch die Formulierung "in etwa" sowie das Fehlen sonstiger Berechnungen erkennen lassen, dass es sich allenfalls um eine vage Abschätzung handeln kann.

Ebenso kommt ein auf Delikt gestützter Schadenersatzanspruch von daher nicht in Betracht. Auch die Haftung aus einem stillschweigend abgeschlossenen Auskunftsvertrag ist nicht erkennbar.

f) Eine Täuschung durch den Vermittler C muss sich die Beklagte nach der Trennungstheorie nicht zurechnen lassen, soweit die behaupteten Falschangaben die Beteiligung an sich und nicht das Darlehensgeschäft betrafen, weil sich die Vermittler insoweit außerhalb des Pflichtenkreises der Beklagten bewegten.

Soweit der Kläger weiterhin einwenden will, die Vermittler hätten ihn auch über die Höhe der an die Beklagte zu zahlenden Zinsen getäuscht und insoweit seien sie als Erfüllungsgehilfen der Beklagen anzusehen, ist dies jedenfalls für einen eventuellen Schaden auf Klägerseite nicht kausal gewesen, nachdem der Kläger und seine Ehefrau die genauen Konditionen der Darlehensgewährung selbst aus dem Darlehensangebot der Beklagten entnehmen konnten.

g) Auch im Übrigen ist nicht erkennbar, inwieweit die Musterschreiben der Beklagten bei der Klägerseite zu dem Eindruck geführt haben sollen, die Beklagte sei mehr als bloße Kreditgeberin.

h) Soweit der Kläger - konkludent - meint, die Beklagte hafte, weil sie Kenntnis von der fehlenden Werthaltigkeit des Fonds und der überhöht angesetzten Miete gehabt hat, greift auch dies nicht durch. Ein Wissensvorsprung der Bank hierüber könnte - analog der Rechtsprechung zum darlehensfinanzierten Kauf einer (überteuerten) Wohnung - nur dann relevant sein, wenn die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Anlegers ausgehen musste. Dies ist nicht dargelegt.

i) Die - bestrittene - Behauptung, die Beklagte habe die Zwischenfinanzierung der Fondsinitiatorin übernommen, vermag ebenfalls kein Hinausgehen über die Kreditgeberrolle (oder eines anderen Ausnahmefalls) zu begründen (Edelmann MDR 2000, 1172, 1174).

j) Soweit der Kläger aus dem Umstand, dass die Beklagte ein Abwicklungskonto für ihn und seine Ehefrau führte, eine Haftung herleiten will, greift dies nicht durch. Die Führung von Konten ist die originäre Aufgabe eines Kreditinstitutes und gibt darüber hinaus nichts für eine der vier Fallgruppen her.

k) Soweit der Kläger weiterhin einwendet, die Beklagte habe bei der Finanzierung - verbindlich - ein endfälliges, über eine Lebensversicherung zu tilgendes Darlehen vorgegeben, kann auch dies nicht zu einer Haftung der Beklagten führen. Unabhängig davon, dass die Beklagte bestreitet, die Darlehensform verbindlich vorgegeben zu haben, kam es dem Kläger gerade auf die Möglichkeit an, Steuern zu sparen. Hierfür bot die Kombination mit einer Lebensversicherung den üblichen Finanzierungsmodellen gegenüber sogar besondere Vorteile. Die Klägerseite war so zusätzlich an den von der Versicherung erwirtschafteten Überschüssen beteiligt und konnte die Versicherungsprämien zusätzlich steuerlich geltend machen. Die Möglichkeit, die Anlage bereits nach kurzer Zeit wieder veräußern zu können, spielte für die Klägerseite erkennbar keine Rolle.

l) Soweit der Kläger schließlich einwendet, die Beklagte habe sich auch unter dem Aspekt der Prospekthaftung schadensersatzpflichtig gemacht, greift auch dies nicht durch. Beschränkt sich die Bank bei einem Anlageobjekt auf ihre Kreditgeberrolle, begründet sie allein deshalb noch keinen Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Solidität des Vorhabens oder die Richtigkeit der Prospektangaben, wenn sie in dieser Rolle im Prospekt genannt wird. Überschreitet die Bank ihre Kreditgeberrolle, hat die Rechtsprechung eine Prospekthaftung (im engen oder weiteren Sinn) angenommen, wenn: die Bank Mitherausgeberin des Prospekts ist, ihr als Vermittlerin einer "bankgeprüften" Beteiligung unrichtige Prospektangaben zuzurechnen sind, die Bank eine Immobilien-Kapitalanlage in ihr Beratungsprogramm aufgenommen hat oder sich als Referenz im Prospekt nennen lässt (vgl. Heymann NJW 1999, 1577, 1585 - mit weiteren Nachweisen).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar ist die Beklagte an fünf Stellen des Prospekts genannt, allerdings war sie weder Mitherausgeberin noch ist sie als Referenz genannt. Die vom Kläger im Einzelnen zitierten Stellen, beziehen sich alle auf Finanzierungsfragen des Anlegers. Dass der Beklagten unrichtige Prospektangaben zuzurechnen sind oder die Anlage in ihr Beratungsprogramm aufgenommen hat, behauptet auch der Kläger nicht.

B. Aus den vorausgehenden Ausführungen unter A. ergibt sich, dass das Landgericht den Antrag des Klägers auf Rückzahlung der bisher schon auf das Darlehen geleisteten Zahlungen in Höhe von 6.719,17 € im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat. Der Kläger hat keinen Rückzahlungsanspruch, da die Beklagte weiterhin Rückzahlung der Darlehensvaluta verlangen kann.

C. Die von der Beklagten erst in der Berufung erhobene Wider- und Drittwiderklage ist unzulässig. Den gegenteiligen Rechtsausführungen der Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13.4.06 vermag der Senat nicht zu folgen. Nach § 533 ZPO ist die Zulässigkeit einer in zweiter Instanz neu erhobenen Widerklage von der Einwilligung des Gegners, ersatzweise von einer Bejahung der Sachdienlichkeit durch das Gericht abhängig. Darüber hinaus ist Voraussetzung, dass zur Entscheidung keine nicht für den bisherigen Prozessstoff nach § 529 ZPO ohnehin zur berücksichtigenden Tatsachen zugrunde gelegt werden müssen. Gleiches gilt insoweit für die Drittwiderklage (Eichele/Hirtz/Oberheim Handbuch der Berufung, XVI Rn 93 und 108).

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte haben der Wider- und Drittwiderklage ausweislich ihrer Erklärungen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.3.06 nicht zugestimmt. Ob die Wider- und Drittwiderklage sachdienlich ist, kann dahinstehen, da jedenfalls die zweite Zulässigkeitsvoraussetzung nicht vorliegt, denn zur Entscheidung über die Wider- und Drittwiderklage muss neuer Vortrag der Beklagten berücksichtigt werden, der bisher nicht Prozessstoff im Sinne von § 529 ZPO war. Hierbei handelt es sich um den Vortrag zur Kündigung des Darlehens, die die Beklagte mit Schreiben vom 15.3.06 ausgesprochen hat, sowie zur Zusammensetzung des mit der Widerklage beanspruchten Forderungsbetrages - den aktuell angeblich rückständigen Darlehensraten.

Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus § 91 I ZPO, da der Kläger insoweit vollständig unterliegt. Für die zweite Instanz waren die Kosten nach § 92 I ZPO zu quoteln, weil hier ein Teilunterliegen der Beklagten hinsichtlich der Widerklage zu berücksichtigen ist. Hinsichtlich der nicht bezifferten Streitwerte der Klage hat sich der Senat dabei an die von den Parteien nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil gehalten.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2, 108 I ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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