Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 26.05.2004
Aktenzeichen: 9 U 58/03
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

BGB § 242
VerbrKrG § 9
1. Neben dem Einwendungsdurchgriff nach § 9 III VerbrKrG kommt ein allgemeiner Einwendungsdurchgriff nach § 242 BGB nicht in Betracht, weil § 9 VerbrKG als abschließende Sonderregelung zu sehen ist (Anschluss an BGH vom 27.1.04; Az.: XI ZR 37/03, NJW 2004, 1376).

2. Für einen Wissensvorsprung der Bank, der eine Aufklärungspflichtverletzung begründen kann, kann relevant sein, dass ein ganz erheblicher Teil des Kaufpreises für Provisionen gezahlt wurde und die Bank erkennt, dass dies zu einer so wesentlichen Verschiebung zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, die als sittenwidrige Übervorteilung des Käufers angesehen werden muss (hier: 33 %).


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 58/03

Verkündet am 26. Mai 2004

In dem Rechtsstreit

...

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 2. Mai 2002 nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Darmstadt zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der beklagten Bank den Verzicht auf Ansprüche aus Darlehensverträgen, Rückzahlung eines Teils der auf das Darlehen geleisteter ZP 11 ­ Urschrift und Ausfertigung eines Urteils Zahlungen und die Feststellungen, dass die Beklagte verpflichtet ist, künftig noch entstehende Schäden zu ersetzten.

Die Klägerin kaufte von der Firma ABC Immobilien GmbH (ABC) eine Eigentumswohnung in O1 bei Potsdam für 299.988,- DM. Der am 18.10.93 von der Klägerin persönlich vor dem streitverkündeten Notar N1 geschlossene notarielle Kaufvertrag (Bl. 32 ff. d.A.) kam auf Vermittlung des Immobilienmaklers Y bzw. dessen Firma Z zustande. Die Eigentumsübertragung ist bis heute nicht vollzogen. Mit Herrn Y schloss die Klägerin unter dem 21.12.93 zugleich einen "Mietvermittlungsund Mietgarantievertrag" (Bl. 60 ff. d.A.), der eine Mietzinsgarantie von 1.216,- DM monatlich für die Dauer von fünf Jahren enthält.

Die ABC hatte das Grundstück 1992 erworben. Eine damals auf die ...bank ... eingetragene Globalgrundschuld über 1 Mio. DM wurde unter dem 2.7.93 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die ...- Bank AG (...-Bank), abgetreten. Die Bauträgerfinanzierung O1 wurde im Juli 1993 mit einem Kontokorrentkredit über 3,5 Mio. DM durch die ...-Bank-Mitarbeiter Z1 und Z2 genehmigt.

Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss die Klägerin - ebenfalls persönlich - mit der ...-Bank am 17.11./23.12.93 (Bl. 50 ff. d.A.) und 21./23.12.93 (Bl. 53 ff. d.A.) zwei Darlehensverträge über 212.000,- DM und 25.000,- DM. Diese Verträge kamen auf Vermittlung des Herrn Z3 (bzw. dessen Firma T) zustande, der die erforderlichen Formulare zur Verfügung hatte, nach Ausfüllen bei der ...-Bank einreichte und hierfür von dieser eine Provision erhielt. Die Klägerin widerrief diese Darlehensverträge mit Schreiben vom 10.10.00.

Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Zu ergänzen ist:

Gegen den Vermittler Z3 und den Streithelfer sind von der StA Mannheim (615 Js 13925/99) bzw. Darmstadt (14 Js 24291/96) jeweils Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Gegen den Streithelfer ist im Februar 2002 Anklage wegen Bestechlichkeit erhoben worden. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Mit Urteil vom 2.5.02 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 384 ff. d.A.) verwiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Klägerin.

Der streitverkündete Notar N1 hat mit Schriftsatz vom 2.7.02 (Bl. 482 d.A.) in zweiter Instanz seinen Beitritt zum Rechtsstreit aufseiten der Beklagten erklärt.

Die Klägerin trägt vor: Das Landgericht hätte über die Behauptungen der Klägerin Beweis erheben müsse, Herr Z3 bzw. dessen Firma T GmbH sei sowohl als Darlehens- als auch als Objektvermittler tätig gewesen und Herr Y als Untervermittler aufgetreten; Herr Z3 sei vonseiten der ...-Bank für den Vertrieb der vollfinanzierten Kapitalanlageimmobilie beauftragt und bevollmächtigt gewesen sei und es ihm ausdrücklich erlaubt gewesen sei, mit der Bezeichnung ihrer Bank zu werben; Herr Z3 habe seit 1992 ein Büro in den Räumen der ...-Bank O2 unterhalten und dort freien Zugang zur EDV-Anlage sowie allen Bankformularen und Geschäftsunterlagen gehabt. Darüber hinaus habe das Landgericht unter Missachtung des klägerischen Sachvortrages festgestellt, dass eine Haustürsituation nicht hinreichend dargestellt worden sei. Dabei ignoriere das Gericht entsprechenden Sachvortrag vonseiten der Klägerin. Das Landgericht sei aufgrund der unterlassenen Beweisaufnahme zu dem falschen Ergebnis gelangt, dass der Kaufpreis für die Eigentumswohnung nicht sittenwidrig überhöht gewesen sei. Diese Beweisaufnahme sei aber bereits deshalb erforderlich gewesen, weil sowohl die handelnden Bankmitarbeiter als auch der beurkundende Notar Schmier- und Bestechungsgelder erhalten hätte. Darüber hinaus sei das Landgericht zu dem falschen Ergebnis gelangt, dass nicht nachgewiesen sei, dass die Beklagte Kenntnis von den im Kaufpreis versteckten Innenprovisionen hatte und - wie im Schriftsatz vom 25.9.01, S. 15 ff. dargelegt die ...-Bank selbst den sittenwidrig überhöhten Kaufpreis festgelegt habe. Entgegen der Meinung des Landgerichts sei § 9 III VerbrKrG anwendbar, obwohl es vorliegend um Realkredite gehe, weil die Kredite nicht zu marktüblichen Bedingungen ausgegeben worden seien. Darüber hinaus übersehe das Landgericht, dass es auch einen allgemeinen Einwendungsdurchgriff gebe. Ferner verkenne das Landgericht, "dass dem Vortrag der sittenwidrigen Kaufpreiserhöhung auch hinsichtlich der Argumentation des Vorliegens eines gefahrerhöhenden Sonderwissens im Sinne der Ausnahmetatbestandrechtsprechung des BGH nachzugehen sei, zumal im vorliegenden Extremfall eines gemeinschaftlich begangenen Kapitalanlagebetrugs, wobei hier schon eine schriftliche Schilderung des Zusammenwirkens der einzelnen Parteien vonseiten des Vermittlers Z3 (Anlage K&H 54) vorliege". Weiterhin führe der Umstand, dass der Vermittler Z3 von der Beklagtenseite selbst - wie es unstreitig ist - eine Vermittlungsprovision von 1% des Darlehensnominalbetrages erhalten habe, zur Nichtigkeit der Darlehensverträge. Die Beklagte müsse sich die betrügerischen Handlungen und Aussagen des Vermittlers Z3, des Untervermittlers Y sowie ihrer eigenen vormaligen Mitarbeiter Z4, Z5, Z1 und Z2 nach § 278 BGB zurechnen lassen. So sei dem Hausbrief der Rechtsabteilung der Beklagten vom 20.12.94 (Anlage K&H 46) zu entnehmen, dass die Firma T des Herrn Z3 bis 1998 mit Wissen der Bank den Zusatz "Vertragspartner der ...-Bank" geführt habe. Herr Z3 sei seit 1990 für die ...-Bank sowohl für die Vermittlung von Kapitalanlageobjekten als auch deren Finanzierung tätig gewesen. Die Festsetzung des sittenwidrig überhöhten Kaufpreises, der wucherischen Innenprovision sowie die Täuschung der Kapitalanleger sei im kollusiven Zusammenwirken mit den vormaligen Mitarbeitern der ...-Bank Z4, Z5 und Z1 erfolgt, die hierfür von Herrn Z3 Schmier- und Bestechungsgelder erhalten hätten, die im Fax der Rechtsabteilung der Beklagten vom 21.1.00 (Anlage K&H 49) bzw. der Übersicht zu K&H 51 aufgeführt seien. Teilweise seien die Bankmitarbeiter auch direkt in den Objektvertrieb des Herrn Z3 eingebunden gewesen. Aus dem streitgegenständlichen Objektvertrieb habe der den streitgegenständlichen Darlehensvertrag unterzeichnende Sachbearbeiter Z4 eine Vermittlungsprovision von 2 % des Kaufpreises erhalten. Der beurkundende Notar N1 habe von der ABC eine Provision von 3 % des Kaufpreises erhalten. Für den Objektvertrieb habe Herr Z3 bzw. seine Firma T von der ABC 16,07 % vom Kaufpreis erhalten. Die Firma Z des Herrn Y, die diesbezüglich als Untervermittlerin eingeschaltet gewesen sei, vereinnahmte insoweit über die Firma T 11,26 % vom Kaufpreis. Insgesamt hätten die Innenprovisionen bzw. Schmiergelder, die zwischen Z3, den Mitarbeiter der ...-Bank und dem Notar vereinbart gewesen seien, rund 35 % des Kaufpreises ausgemacht. Die Mitarbeiter der vormaligen ...-Bank - Niederlassung O2 und O3 - hätten Herrn Z3 freien Zugang zu der Bank-EDV, zu Blankoformularen, Briefpapier der Bank und den internen Vorstandsanweisungen der Beklagten ermöglicht. Der Widerruf mit Schreiben vom 10.10.00 sei wirksam; das HWiG sei auch auf die vorliegenden Realkreditverträge anzuwenden. Der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin zum Vorliegen einer Haustürsituation sei ausreichend, das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen dagegen nicht. Der Kaufpreis sei sittenwidrig überhöht gewesen. Dies habe die Beklagte bzw. die ...-Bank gewusst. 1999 habe die Beklagte selbst den Verkehrswert mit nur 60.000,- DM angegeben. Der tatsächliche Verkehrswert zum Erwerbszeitpunkt habe lediglich 55.300,- € betragen (- insoweit verweist die Klägerin auf ein Privatgutachten des Sachverständigenbüros S. vom 3.7.03 - Anlage B 7). Ein derartiger Verfall des Marktpreises sei nicht erklärlich und sei allein auf die überhöhte Festsetzung des Verkehrswertes durch die vormalige ...-Bank sowie die wucherischen Innenprovisionen der unseriösen Vertriebe zu erklären. Die von der Klägerin insoweit angebotenen Beweise seien auch keine Ausforschungsbeweise. Die dargestellten wucherischen Vermittlungsprovisionen, die insgesamt 35 % des Kaufpreises ausmachten, führten zur Sittenwidrigkeit des Maklervertrages, die sich auf die Nichtigkeit des Hauptvertrages erstrecke und zudem zur deliktischen Haftung der Beklagten nach §§ 826, 830 II BGB führe.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen;

hilfsweise,

1. festzustellen, dass der Beklagten gegenüber der Klägerin aus den Darlehensverträgen mit den Kundennummer ... und -... keine Ansprüche mehr zustehen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 12.782,30 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 9.6.98 seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. (sinngemäß) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche künftig noch entstehenden Schäden zu ersetzten, die im Zusammenhang mit dem Kauf der streitbefangenen Eigentumswohnung stehen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor: Die Beklagte habe keine Aufklärungspflichten verletzt. Es lägen keine Anhaltspunkte für einen der Ausnahmetatbestände vor, in denen die Rechtsprechung überhaupt Hinweis- und Aufklärungspflichten der Bank annehme. Insbesondere habe die Beklagte ihre Kreditgeberrolle nicht überschritten. Grundlage für eine derartige Vertrauenshaftung könnte allenfalls eine nach außen hin sichtbare Wahrnehmung von Verkäufer- oder Vertriebsfunktionen durch die finanzierende Bank sein. Diese liege hier aber nicht vor. Herr Z3 bzw. die Firma T hätten das Darlehen vorliegend als Finanzierungsvermittler ausschließlich vermittelt. Sie seien von der Beklagten nicht mit dem Vertrieb des Objekts beauftragt gewesen. Es sei ihnen nicht gestattet gewesen, sich als Repräsentanten, Agenten oder dergleichen der Beklagten zu bezeichnen. Die Beklagte habe dies auch nicht geduldet. Ein Raum in der Filiale der Beklagten habe Herrn Z3 lediglich im Zeitraum Mitte 1994 bis Mitte 1995 zur Verfügung gestanden. Außerdem habe Herr Z3 gegenüber der Klägerin keine Handlungen vorgenommen oder Erklärungen abgegeben, die den Anschein hätten erwecken können, die Beklagte sei in das Erwerbsgeschäft einbezogen gewesen. Im Übrigen wären etwaige gegenteilige Erklärungen des Herrn Z3 der Beklagten nicht zuzurechnen. Auch die behaupteten Schmiergeldzahlungen von Herrn Z3 an Mitarbeiter der Bank hätten mit seiner Vermittlertätigkeit nichts zu tun. Sie seien vielmehr dafür geleistet worden, dass die Mitarbeiter der Beklagten Herrn Z3 auch durch andere Vermittler hereingereichte Baufinanzierungen "zuschlüsselten". Hier gehe es also allenfalls um Schädigungen zulasten der Beklagten. Was eine weiterhin behauptete Provision des Bauträgers an den Notar mit dem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien zu tun habe, sei nicht ersichtlich. Eine allein aufklärungspflichtige sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises werde von der Klägerin nicht substantiiert behauptet. Das von der Klägerseite vorgelegte Gutachten M sei unter grober Missachtung der anerkannten Bewertungsregeln erstellt worden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte dafür vor, inwiefern die Beklagte hiervon zum relevanten Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge hätte Kenntnis haben können, zumal das Objekt zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal erstellt gewesen sei. § 278 sei auf Angaben und Erklärungen Dritter zu diesem Bereich nicht anwendbar, sie könnten der nur finanzierenden Bank nicht zugerechnet werden, da es schon an einem sachlichen Zusammenhang mit den Pflichten der Bank fehlt. Die Behauptung, die ...-Bank habe zusammen mit Herrn Z3 die sittenwidrig überhöhten Verkaufspreise und Innenprovisionen festgesetzt, sei substanzlos. Allenfalls habe die Beklagte die Kalkulation des Bauträgers überprüft. Der Umstand, dass die Beklagte den selbstständigen Kreditvermittlern im Einzelfall Provisionen für den Nachweis von Finanzierungsinteressenten gezahlt habe, sei rechtlich in jeder Hinsicht irrelevant. Auch eine deliktische Haftung der Bank scheide aus, jedenfalls seien deliktische Ansprüche aber verjährt; diese Einrede werde vorsorglich erhoben. Ein Widerruf nach HWiG sei nicht begründet, und zwar schon deshalb nicht, weil eine Haustürsituation nicht substantiiert vorgetragen sei. Aus dem Vortrag der Klägerin sei nicht einmal ersichtlich, wo und unter welchen Umständen "mehrere Beratungsgespräche im September und Oktober 1993" angeblich stattgefunden hätten. Auch die weiteren Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf lägen nicht vor. Zudem sei die Haustürsituation der Beklagten über § 123 II BGB nicht zurechenbar. Im Übrigen habe ein wirksamer Widerruf lediglich zur Folge, dass das ausgereichte Darlehen nebst marktüblicher Verzinsung an die Beklagte zurückzugewähren sei. Vorsorglich werde insoweit die Aufrechnung erklärt. Ein Einwendungsdurchgriff nach § 9 VerbrKrG sei vorliegend nach § 3 II Ziff. 2 VerbrKrG ausgeschlossen, weil es sich um Realkredite handele.

Nach allgemeinen Grundsätzen sei eine wirtschaftliche Einheit des Kauf- und der Darlehensverträge schon deshalb nicht zu konstruieren, weil der BGH in seiner Entscheidung vom 27.1.04 (Az. XI ZR 37/03) in Fällen wie dem vorliegenden den Rückgriff auf § 242 BGB ausgeschlossen habe. Zudem wäre hierzu wiederum eine Überschreitung der Kreditgeberrolle erforderlich, die nicht vorliege.

Der Streitverkündete trägt vor, die Behauptung, er habe sich als Notar Provisionen versprechen lassen oder solche entgegengenommen, sei falsch.

Der Streitverkündete beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die nach den Vorschriften der reformierten ZPO zu beurteilende Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, und hat auch in der Sache Erfolg. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache gemäß § 538 II ZPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, weil das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

A. Etwaige Bedenken des Senats gegen die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf den ursprünglichen Antrag zu I. aus der Klageschrift sind dadurch beseitigt, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufung sachdienlich umgestellt hat.

B. Die Ausführungen des Landgerichts zur Begründetheit der Klage tragen die Klageabweisung aus den nachfolgend dargestellten Gründen nicht.

1. Zutreffend geht das Landgericht zunächst davon aus, dass die streitbefangenen Darlehensverträge weder anfänglich unwirksam waren noch nachträglich geworden sind.

Für eine anfängliche Unwirksamkeit der Darlehensverträge, insbesondere durch die von der Beklagtenseite selbst an die Vermittler gezahlten Provisionen, bestehen von vornherein keine Anhaltspunkte.

Die Darlehensverträge sind auch nicht nachträglich durch den Widerruf der Klägerin vom 10.10.00 unwirksam geworden. Ein Widerruf nach § 7 VerbrKrG scheitert jedenfalls daran, dass die Jahresfrist des § 7 II VerbrKrG im Oktober 2000 längst abgelaufen war. Ein Widerruf nach § 1 HWiG käme in Betracht, wenn in Bezug auf den Abschluss der Darlehensverträge eine Haustürsituation vorgelegen hätte, die der Beklagten zugerechnet werden kann. Beides kann jedoch dahinstehen. Geht man zugunsten der Kläger davon aus, dass ein Widerruf nach § 1 I HWiG möglich war und gegenüber der Beklagten wirksam ist, wäre Rechtsfolge die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses nach § 3 HWiG. Danach sind beide Parteien verpflichtet, einander wechselseitig die Leistungen zurückzugewähren, die sie empfangen haben. Der Beklagten stünde damit ein Anspruch auf Rückzahlung der ausgezahlten Darlehensvaluta und eine marktübliche Verzinsung zu (BGH WM 2002, 2501, 2502 f.; 2003, 64, 66). Wenn der Beklagten aber jedenfalls Rückabwicklungsansprüche aus den Darlehensverträgen zustünden, können die Klageanträge zu I. und II. nicht begründet sein.

2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die Auffassung des Landgerichts, dass sich die Klägerin nicht auf den Einwendungsdurchgriff nach § 9 III VerbrKrG berufen kann. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, muss dies schon deshalb gelten, weil es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossene Kreditvertrag um einen Realkreditvertrag handelt, auf den gemäß § 3 II Nr. 2 VerbrKrG die Vorschrift des § 9 III VerbrKrG nicht anwendbar ist. Eine teleologische Reduktion dieses gesetzlichen Anwendungsverbots ist nach Auffassung des BGH nicht möglich, weil es sich insoweit um eine bewusste und abschließende, von der Rechtsprechung zu respektierende Regelung handelt (BGH vom 12.11.02 - XI ZR 25/00 - BKR 2003, 112; BGH vom 23.9.03 - XI ZR 135/02 - BKR 2003, 893, 895; anders wohl die Europäische Kommission in NJW 2004, XXX).

Soweit die Klägerin pauschal einwendet, § 3 II Nr. 2 VerbrKrG sei deshalb nicht einschlägig, weil die Kredite nicht zu marktüblichen Bedingungen gewährt worden sei, ist dies nicht erkennbar.

Der Senat ist in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 19.5.00 (WM 2000, 1287) davon ausgegangen, dass der Käufer und Darlehensnehmer beim finanzierten Kauf gegenüber dem Darlehensgeber trotz rechtlicher Selbstständigkeit des Darlehensvertrages unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Treu und Glauben Einwendungen aus dem Kaufvertrag erheben kann, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden und die Risiken des finanzierten Kaufes anderenfalls nicht angemessen verteilt würden (allgemeiner Einwendungsdurchgriff). An dieser Rechtsauffassung hält er aufgrund der neuen Entscheidung des BGH vom 27.1.04, Az.: XI ZR 37/03, (NJW 2004, 1376) nicht fest. In dieser Entscheidung hat der BGH für einen Parallelfall ausgeführt, dass ein Rückgriff auf die von der Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungsgeschäft entwickelten und später auf fremdfinanzierte Geschäfte anderer Art erweiterten, aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätze über den Einwendungsdurchgriff nicht in Betracht kommen, weil § 9 VerbrKrG als abschließende Sonderregelung zu verstehen sei.

3. Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht jedoch, soweit es in dem angefochtenen Urteil - ohne Beweisaufnahme - zu dem Schluss gelangt, dass der Klägerin keine Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen können. Wenn solche Schadenersatzansprüche bestehen, hätte die Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch, so gestellt zu werden, als sei es nicht zum Abschluss der Darlehensverträge gekommen. Dies könnte sie den Ansprüchen der Beklagtenseite aus den Darlehensgeschäften gemäß § 242 BGB entgegenhalten (dolo agit-Einwand).

a) Die Klägerin begründet ihre Schadenersatzansprüche u.a. mit einer Verletzung von Aufklärungs- oder Hinweispflichten durch die Beklagte. Ein solcher Anspruch würde - soweit er auf culpa in contrahendo gestützt wird - voraussetzen, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten vorliegt, die sich auf eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises bezieht, denn nur aus diesem Umstand kann der Klägerin überhaupt ein Schaden erwachsen sein.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen (BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576 - beide mit weiteren Nachweisen). Die Verwendung des Kredits ist allein Sache des Kreditnehmers. Ihm allein obliegt es, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die Entscheidung darüber, ob er sie eingehen will, eigenverantwortlich zu treffen. Das mit der Verwendung des Darlehens verbundene Risiko hat der Darlehensnehmer grundsätzlich allein zu tragen. Bei finanzierten Kapitalanlagen darf die darlehensgebende Bank deshalb regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage hinreichend geprüft hat, gegebenenfalls unter Einschaltung besonderer Fachberater. Dies gilt auch und in besonderem Maß bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart WM 2000, 292). Nur ausnahmsweise und in besonderen Fallgruppen kommt eine Aufklärungs- und Beratungspflicht der Bank in Betracht, nämlich wenn sie ihre Kreditgeberrolle überschreitet, einen besonderen Gefährdungstatbestand schafft, sich in einer Interessenkollision befindet oder gegenüber dem Anleger einen konkreten Wissensvorsprunges hat.

Für die Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestands oder eine Interessenkollision bestehen keine Anhaltspunkte. Die Doppelfinanzierung des Bauträgers und der Klägerin reicht hierfür nicht aus (OLG Stuttgart WM 2000, 292). Auch ein Überschreiben der Kreditgeberrolle liegt nicht vor. Weil es insoweit um eine Vertrauenshaftung geht, ist eine "Außenwirkung" erforderlich, d.h. die Klägerin hätte in der Lage sein müssen zu erkennen, dass die Beklagtenseite sich nicht allein auf ihre Kreditgeberrolle beschränkt. Das behauptet die Klägerin aber selbst nicht. Alles, was sie jetzt vorträgt (Einbindung des Vermittlers Z3 in die ... Filiale der ...-Bank, Objektvermittlung durch Bankmitarbeiter, Einflussnahme der ...-Bank auf den Kaufpreis), hat sie erst später - teilweise durch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft - erfahren.

Soweit sich die Klägerin zur Begründung eines Schadenersatzanspruches jedoch auf einen Wissensvorsprung der Beklagtenseite über die angebliche Unangemessenheit des Kaufpreises bezieht, kann hierüber entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht ohne eine Beweisaufnahme entschieden werden. Allerdings kommt es insoweit nicht auf den Vortrag der Klägerin an, die Beklagtenseite habe hierüber Bescheid gewusst, weil sie 1999 ein Gutachten über den Wert der Wohnung eingeholt habe, in dem der Verkehrswert nur mit 60.000,- DM angegeben werde. Aus dem Gutachten kann nämlich nicht auf eine Kenntnis der ...-Bank zum relevanten Zeitpunkt geschlossen werden, weil es erst Jahre nach Abschluss des Darlehensgeschäfts eingeholt wurde. Für einen Wissensvorsprung der Beklagtenseite ist aber relevant, dass von dem Kaufpreis nach dem Vortrag der Klägerin ein ganz erheblicher Teil für Provisionen gezahlt wurde. Generell muss die Bank zwar über solche Innenprovisionen nicht aufklären (Edelmann MDR 2000, 1175 mit weiteren Nachweisen). Ausnahmsweise ist dies aber anders, wenn die Bank erkennt, dass die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, die als sittenwidrige Übervorteilung des Käufers angesehen werden muss (BGH WM 2000, 1245, 1247). Sollte die Behauptung der Klägerin zutreffen und die Provisionszahlungen tatsächlich über 33 % betragen haben, wäre der Bereich einer sittenwidrigen Übervorteilung erreicht. Dabei reicht es aus, wenn - wie die Klägerin behauptet - der Vermittler Z3 über die hohen Provisionen im Bilde war. Da er unstreitig jedenfalls die Darlehensverträge vermittelt hat, ist er insoweit als Erfüllungsgehilfe der Beklagtenseite anzusehen, was zur Folge hat, dass ihr gemäß § 166 BGB sein diesbezügliches Wissen zugerechnet werden könnte.

Das Landgericht wird danach eine Beweisaufnahme über die Behauptung der Klägerin durchzuführen haben, die Provisionszahlungen hätten über 33 % des Kaufpreises betragen und Herr Z3 habe hiervon gewusst. Entsprechender Vortrag und Beweisangebote der Klägerin finden sich bereits in der Klageschrift (Bl. 10 ff. d.A.) und werden in der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 500 d.A.) wiederholt. Sollte die Klägerin diese Behauptung beweisen können, müsste nachfolgend eine Beweisaufnahme über den - zwischen den Parteien streitigen - tatsächlichen Wert der Wohnung bei Vertragsschluss erfolgen. Der Klägerin ist nämlich nur dann ein Schaden entstanden ist, wenn der Wert der Wohnung wegen der Provisionen überhöht gewesen ist, was aber nicht schon dann der Fall sein muss, wenn die Provisionen tatsächlich mehr als 33 % des Kaufpreises ausgemacht haben sollten. Insoweit hat die Klägerin erstinstanzliche unter Berufung auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten behauptet, der Wert der Wohnung habe bei Vertragsschluss lediglich 68.248,- DM betragen, was die Beklagte auch in der Berufung noch bestreitet. Bei der Frage, ob der Kaufpreis für die streitbefangene Wohnung wesentlich überteuert war, kann auf die Rechtsprechung zur sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises im Sinne von § 138 BGB zurückgegriffen werden (zu den Voraussetzungen vgl. BGHZ 146, 298, 302 ff.). Die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts auf Seite 10 des angefochtenen Urteils, das in anderem Zusammenhang zu dem Ergebnis gelangt, eine sittenwidrige Überteuerung liege nicht vor, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.

b) Mit der Frage, ob der Klägerin deliktische Schadenersatzansprüche gegen die Beklagtenseite aus §§ 826 ff. BGB zustehen, wird sich das Landgericht nicht zu befassen haben, weshalb es auch auf die Verjährungseinrede der Beklagten nicht ankommt. Die von der Klägerin behaupteten Provisions- oder "Schmiergeldzahlungen" wären insoweit nur dann von Bedeutung, wenn gerade sie dazu geführt hätten, dass die Klägerin sich zu dem Kauf der (überteuerten) Wohnung entschlossen hat bzw. dass Dritte es unterließen, die Klägerin auf die Überteuerung hinzuweisen. Dafür - oder für ein sonst wie geartetes kollusives Zusammenwirken der Bankmitarbeiter mit den Vermittlern - finden sich indes keine Anhaltspunkte. Einleuchtender ist die Darstellung der Beklagten, wonach die "Schmiergeldzahlungen" dazu dienten, das Vermittlungsvolumen des Herrn Z3 bzw. seiner Firma T aufzublähen, und zwar zum Schaden der Beklagtenseiten.

C. Der Senat hat davon abgesehen, gemäß § 538 I ZPO eine eigene Sachentscheidung zu treffen. Der Hauptantrag der Klägerin auf Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz ist sachdienlich, weil das Interesse an eine schnelleren Erledigung des Rechtsstreits den Verlust einer Tatsacheninstanz nicht überwiegt.

Die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 538 II Nr. 1 ZPO liegen vor: Das Landgericht hat gegen § 286 ZPO verstoßen, indem es die angebotenen Beweis nicht erhoben hat. Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar (Zöller-Gummer ZPO 23. Auflage, § 538 Rn 25) und rechtfertigt die Zurückverweisung, weil eine umfangreiche bzw. aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, wie oben ausgeführt wurde.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze vom 6.5. und 7.5.04 konnten für die Entscheidung nicht mehr berücksichtigt werden, soweit sie neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten (§ 296 a ZPO). Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO bestand keine Veranlassung.

Von einer Kostenentscheidung war abzusehen, da das Landgericht bei seiner neuen Entscheidung auch über die Kosten der Berufung und der Nebenintervention zu entscheiden hat.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

Ende der Entscheidung

Zurück