Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.01.2007
Aktenzeichen: 9 U 68/05
Rechtsgebiete: BGB, HWiG


Vorschriften:

BGB § 280
HWiG § 1
Bis März 2002 musste ein Anwalt in einem Prozess, in dem sein Mandant auf Rückzahlung eines Kredits in Anspruch genommen wurde, den er zur Finanzierung des Beitritts zu einem Immobilienfonds aufgenommen hatte, nicht davon ausgehen, dass der Widerruf des Darlehensvertrages nach dem HWiG dazu führen könnte, dass die Bank seinen Mandanten nicht auf Rückzahlung der Darlehensvaluta in Anspruch nehmen kann.
Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den beklagten Rechtsanwälten Schadensersatz wegen angeblich falscher Prozessführung in einem vorausgegangenen Rechtsstreit über Ansprüche, die eine Bank gegenüber der Klägerin aus einem Darlehensgeschäft zur Finanzierung einer Fondsbeteiligung geltend gemacht hat.

Der vorausgegangene Prozess:

Die A AG erhob im Oktober 2000 gegen die Klägerin vor dem Landgericht Frankfurt am Main im Rechtsstreit zu Aktenzeichen 2-12 O 393/00 (Beiakte) Klage auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 101.820,91 DM. Das Darlehen über ursprünglich 120.000,- DM war der Klägerin mit Vertrag vom 5.1./1.2.1995 zum Zwecke der Finanzierung der Beteiligung an einer Fondsgesellschaft (B KG) gewährt worden. Die Bank hatte das Darlehen unter dem 16.2.2000 fristlos gekündigt, nachdem es die Klägerin trotz mehrfacher Mahnungen ab November 1998 nicht mehr bedient hatte.

Erstinstanzlich ließ sich die Klägerin von dem Beklagten zu 1) vertreten. Dieser beantragte mit Schriftsatz vom 12.2.2001 (Bl. 50 ff. Beiakten) Klageabweisung und erhob Widerklage auf Schadensersatz in Höhe von 152.000,- DM.

Das Landgericht erhob zunächst Beweis durch Vernehmung der Zeugen Z1 und Z2 - einem Mitarbeiter der Bank -, und zwar über die Behauptungen der Klägerin, die Bank habe ihr zugesagt, dass das Darlehen nicht gekündigt und ausschließlich durch die zu erwartenden Fondsausschüttungen zurückgeführt werde sowie dass die Klägerin mit dem Zeugen Z2 vereinbart habe, dass dieser das Angebot der Fondsgesellschaft auf Rückkauf der Anteile zu 95 % der ursprünglichen Beteiligungssumme annehme.

Mit Urteil vom 28.8.2001 gab das Landgericht sodann der Klage statt und wies die Widerklage ab. Zur Begründung führte es aus:

Der Bank stehe ein Anspruch auf Rückzahlung des gewährten Darlehens gegen die Klägerin zu. Die Bank sei zur Kündigung des Darlehensvertrages berechtigt gewesen, weil die Klägerin mit mehr als zwei Darlehensraten in Verzug gewesen sei. Die Kündigung sei auch nicht deshalb unwirksam, weil die Bank mit der Klägerin eine Stundungsabrede getroffen hätte. Ihre entsprechenden Behauptungen habe die Klägerin nicht beweisen können - die Aussagen des von ihr benannten Zeugen Z1 stünden im Widerspruch zu denen des Zeugen Z2.

Die Widerklage dagegen sei unbegründet. Der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch gegenüber der Bank zu. Insoweit habe sie nicht beweisen können, dass zwischen ihr und dem Zeugen Z2 in einem Telefonat vom 29.10.1999 vereinbart worden sei, dass dieser für sie das schriftliche Angebot der Fondsgesellschaft auf Rückkauf der Anteile annehme.

Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung ein. Im Berufungsverfahren ließ sie sich durch die Beklagten zu 2) vertreten, die die erstinstanzlichen Klageanträge im vollen Umfang weiterverfolgten.

Mit Schriftsatz vom 11.3.2002 (Bl. 333 Beiakte) trugen die Beklagten zu 2) vor, dass die Klägerin die Fondsbeteiligung mit Kündigungsschreiben vom 8.3.2002 (Bl. 334 Beiakte) gekündigt habe und erklärten gleichzeitig den Widerruf des Darlehensvertrages.

In der Berufungsverhandlung am 13.3.2002 (Protokoll - Bl. 336 Beiakte) wies der erkennenden Senat den Beklagten zu 2 c) darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, da der Senat der Beweiswürdigung des Landgerichts folge. Er gehe auch davon aus, dass der neue Vortrag im Schriftsatz vom 11.3.2002 der Berufung nicht zu Erfolg verhelfen könne. Daraufhin nahm der Beklagte zu 2 c) die Berufung zurück.

Der vorliegende Regressprozess:

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten des Vorprozesses - die Beklagten - auf Schadensersatz in Höhe von 30.012,48 € in Anspruch. Der Betrag setzt sich zusammen aus den von der Klägerin im Zeitraum 1.2.1995 bis 25.10.1999 weitergezahlten Darlehensraten (30.203,90 DM = 15.443,01 €) sowie den von ihr zu tragenden Kosten des ersten Prozesses (14.569,47 €). Die insoweit behaupteten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten hat sich die Klägerin von ihrer Rechtsschutzversicherung, die für die Kosten eingetreten ist, rückabtreten lassen. Darüber hinaus verlangt die Klägerin von den Beklagten Freistellung von den Forderungen der A AG aus dem ersten Prozess (Verurteilungssumme 101.820,91 DM = 52.060,20 €).

Mit Urteil vom 2.9.2005 (Bl. 311 ff. d.A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Kläger.

Die Kläger tragen vor:

Das Landgericht gehe rechtsirrig davon aus, dass der Darlehenvertrag nicht hätte wirksam widerrufen werden können und dass kein verbundenes Geschäft vorgelegen habe. Die Klägerin hätte gegenüber der Bank einen Anspruch auf Rückzahlung aller Zins- und Tilgungsleistungen gehabt.

Eine Haustürsituation habe vorgelegen. Sowohl die Kreditanfrage als auch der Kreditvertrag seien in einer Privatwohnung unterzeichnet worden. Deshalb habe sich der Bank das Vorliegen einer Haustürsituation aufdrängen müssen.

Das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass das Überraschungsmoment nicht fortgewirkt habe (wird ausgeführt). Die Bank habe sich die Haustürsituation auch zurechnen lassen müssen. Nach BGH vom 14.6.2004, II ZR 395/01 wäre das Widerrufsrecht auch nicht erloschen gewesen.

Rechtsfolge des Widerrufs wäre gewesen, dass die Klägerin von der Bank die Rückerstattung aller Zins- und Tilgungsleistungen hätten verlangen können und künftig auf das Darlehen keine Leistungen mehr schulde. Die Klägerin wäre dabei nicht verpflichtet gewesen, der Bank die Darlehensvaluta zurückzugewähren, da es sich vorliegend um ein verbundenes Geschäft handele, wie sich aus den Urteilen des II. Zivilsenats des BGH vom 14.6.2004 ergebe. Bank und Fondsinitiatoren hätten sich der selben Vertriebsorganisation bedient.

Zudem habe das Landgericht im Hinblick auf den Darlehensvertrag den Verstoß gegen das VerbrKrG nicht erkannt. In Anbetracht der vorliegenden unechten Teilabschnittsfinanzierung sei der Gesamtbetrag der Kreditkosten nach § 4 VerbrKrG fehlerhaft angegeben. Es habe die Pflicht der Bank bestanden, alle vom Verbraucher zu erbringenden Leistungen anzugeben. Eine Heilung des Darlehensvertrages sei nicht eingetreten, da die Darlehenvaluta direkt an den Treuhänder geflossen sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten gemäß den erstinstanzlichen Anträgen zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen übereinstimmend,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen vor:

- der Beklagte zu 1):

Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin ein Widerrufsrecht nicht zugestanden habe (wird ausgeführt). Wegen des langen Zeitraums zwischen Haustürsituation und Vertragsunterzeichnung könne auch nicht mehr von einem Fortwirken der Überrumpelung ausgegangen werden. Außerdem habe die Haustürsituation nach der damaligen Rechtsprechung der Bank nicht zugerechnet werden können. Die Beklagten hätten während des Vorprozesses keine Veranlassung gehabt, entsprechende Ausführungen im Rechtsstreit zu machen. Eine anwaltliche Pflichtverletzung sei daher nicht gegeben.

Auch hinsichtlich der angeblichen Formnichtigkeit des Darlehensvertrages falle den Beklagten keine falsche Beurteilung des Sach- und Streitstandes zur Last. Bis zur Beendigung des Vorprozesses habe kein Anlass zur der Annahme bestanden, der Darlehensvertrag erfordere die Angabe eines "fiktiven Gesamtbetrages".

Überdies sei es jedenfalls durch die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Heilung nach § 6 II VerbrKrG gekommen. Die möglicherweise abweichenden Ausführungen des II. Zivilsenats des BGH unter dem 14.6.2004 könnten keinen Rolle spielen.

Zudem habe das Landgericht auch das Vorliegen eines Verbundgeschäfts zutreffend verneint (wird ausgeführt).

- die Beklagten zu 2):

Das Verteidigungsvorbringen der Klägerin sei auf die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages gerichtet gewesen. Aus welchen Gründen die Widerruflichkeit des Vertrages anzunehmen war, sei eine Rechtsfrage, die vom Gericht zu beantworten war.

Es komme hinzu, dass der für die Klägerin im Vorprozess in der Berufung tätige Beklagte zu 2 c) keine Informationen der Klägerin über eine angebliche Haustürsituation und über Einzelheiten des Verbraucherkreditvertrages mit der Bank erhalten habe. Er habe deshalb auch keinen ergänzenden Vortrag bringen können.

Soweit die Klägerin den Beklagten zu 2) vorwerfe, nicht auf die angeblich fehlerhafte Gesamtbetragsangabe im Darlehensvertrag aufmerksam gemacht zu haben, greife auch dies nicht durch. Zum einen wäre ergänzender Tatsachenvortrag hierzu in der Berufung gar nicht mehr möglich gewesen. Zum anderen habe der Beklagte zu 2 c) das Erfordernis der Gesamtbetragsangabe zum damaligen Zeitpunkt gar nicht erkennen können. Darüber hinaus handele es sich auch insoweit um Rechtsfragen, die nach dem Grundsatz "jura novit curia" nicht vorgetragen, sondern vom Gericht selbst erkannt werden müssten. Überdies hätte die Erkenntnis der formalen Fehlerhaftigkeit des Vertrages ebenfalls nur den Widerruf des Vertrages zur Folge haben können. Dieser sei aber von den Beklagten zu 2) mit Schriftsatz vom 11.3.2004 erklärt worden.

Der Senat hat die Akten des vorausgegangenen Prozesses Rechtsstreit 2-12 O 393/00 (= 9 U 184/01) beigezogen. Die Beiakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die vom Senat in der mündlichen Verhandlung gerügten Mängel des Passivrubrums hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 21.12.2006 behoben, so dass - wie mit diesem Urteil geschehen - eine entsprechende Berichtigung des Rubrums erfolgen konnte.

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 I 1 BGB, denn den Beklagten kann nicht vorgeworfen werden, dass sie ihre anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt haben.

Voraussetzung des Anspruchs ist eine rechtswidrige und schuldhafte Pflichtverletzung des Anwalts die zu einem Schaden geführt hat. Dabei löst nicht jeder Schaden auch die Haftung aus; der haftungsbegründende Vorgang muss vielmehr zum einen kausal für den eingetretenen Schaden geworden sein und zum anderen muss letzter der anwaltlichen Pflichtverletzung auch zurechenbar sein (Vollkommer/Heinemann Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rn 342 und 465).

Die Klägerin wirft den Beklagten zwei pflichtwidrige Unterlassungen vor, nämlich zum einen, dass sie die Möglichkeit des Widerrufs des Darlehensvertrages nach dem HWiG nicht gesehen, und zum anderen die angebliche Formunwirksamkeit des Darlehensvertrages nach dem VerbrKrG nicht erkannt haben.

Sieht man hierin eine verschuldete Pflichtwidrigkeit, setzt ein Schadensersatzanspruch voraus, dass ein pflichtgemäßes Alternativverhalten der Beklagten den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Anders gesagt: Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin besteht nur dann, wenn sie hätte obsiegen müssen, wenn die Beklagten die vorgenannten Punkte in den Prozess eingebracht hätten (Vollkommer/Heinemann, a.a.O. Rn 479). Dabei ist im Regressverfahren selbstständig darüber zu entscheiden, wie der Vorprozess richtig zu entscheiden gewesen wäre (BGH NJW 2001, 673), und zwar auf der Grundlage der damaligen Rechtslage und höchstrichterlichen Rechtsprechung (zuletzt BGH NJW 2005, 3071).

Unter diesen Voraussetzungen kann weder eine Haftung des Beklagten zu 1) [dazu nachfolgend 1. und 2.] noch eine solche der Beklagten zu 2) [dazu nachfolgend 3. und 4.] angenommen werden.

1. In der ersten Instanz des Vorprozesses haben die beiden vorgenannten Aspekte keine Rolle gespielt. Der Beklagte zu 1) hat hierzu nichts vorgetragen. Die Klägerin hätte aber auch nicht obsiegen können, wenn er es getan hätte.

a) Die Rechtsverteidigung bzw. die Widerklage der Klägerin hätten auch dann keinen Erfolg gehabt, wenn sie (auch) auf einen Widerruf des Darlehensvertrages nach dem HWiG gestützt worden wäre. Nach der damaligen Rechtslage - also vor Verkündung des Urteils vom 28.1.2001 - konnte nämlich dahinstehen, ob der Darlehensvertrag durch eine Widerrufserklärung unwirksam geworden wäre. Ginge man von dem Vorliegen eines Haustürwiderrufsgeschäfts nach § 1 I Nr. 1 HWiG aus und nähme man weiter an, dass das Widerrufsrecht weder nach § 5 II HWiG (Subsidiarität des HWiG gegenüber dem VerbrKrG) ausgeschlossen noch nach § 1 I HWiG verfristet war, ist Folge des wirksamen Widerrufs die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses. Diese würde sich hier über die Rechtsfolgenverweisung des § 5 II HWiG nach dem VerbrKrG richten, das eine eigenständige Rückabwicklungsnorm jedoch nicht enthält, sondern in § 7 IV VerbrKrG auf § 3 HWiG zurückverweist. Nach dieser Vorschrift sind beide Vertragsteile Zug um Zug zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet.

Die von der Klägerin empfangene Leistung besteht in der Darlehensvaluta. Dabei spielt es keine Rolle, dass diese nicht unmittelbar an sie, sondern an die Fondsgesellschaft bzw. auf ein Treuhandhandkonto ausgezahlt wurde. Weil es sich bei der Auszahlung eines Darlehens nicht um eine höchstpersönliche Leistung handelt, kann diese nach § 362 II BGB mit befreiender Wirkung auch an einen Dritten erfolgen. Die dazu erforderliche Zustimmung vonseiten der Klägerin ist in Ziffer 17 des Darlehensvertrages vom 5.1./1.2.1995 ausdrücklich vorbehalten.

Gemäß § 3 III HWiG hätte die Klägerin darüber hinaus den Wert der Überlassung des Gebrauchs der Sache bis zum Zeitpunkt des Widerrufs zu vergüten. Bei der Gewährung eines Darlehens ist deshalb ein Verzinsung vorzunehmen, die grundsätzlich in Höhe des marktüblichen Zinses zu erfolgen hat (BGB WM 2002, 2501; 2003, 64), aber nicht höher sein kann als der konkret vereinbarte Zins. Vorliegend hätte die Klägerin den vertraglich vereinbarten Zinssatz von 6,3 % jährlich als Überlassungsvergütung zu zahlen, nachdem dieser Zinssatz nicht höher liegt als der gesetzliche Verzugszinssatzes nach § 11 I VerbrKrG, der als Bemessungsgrundlage für den marktüblichen Zins herangezogen werden kann. Der Zinssatz des § 11 I VerbrKrG betrug 5 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank. Der Diskontsatz selbst aber lag ausweislich der Monatsberichte der Deutschen Bundesbank in dem hier relevanten Zeitraum im Durchschnitt nicht unter 1,3 %.

Eine andere Beurteilung der Rechtslage hätte sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt ergeben, dass es sich bei dem Fondsbeitritt und dem Darlehensvertrag um ein Verbundgeschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG handelte. In der hier relevanten Zeit war eingedenk § 9 IV VerbrKrG bereits fraglich, ob die Vorschrift überhaupt entsprechend auch für Kredite galt, die - wie hier - zur Finanzierung der Beteiligung an einem Fonds gewährt wurden. Die Frage hatte der Bundesgerichtshof bis dahin offen gelassen.

Selbst wenn man aber einen Vorgriff auf die Rechtsprechung des II. Zivilsenats im Jahre 2003 (vgl. BGH vom 21.7.2003, II ZR 387/02) machen würde, wäre unklar geblieben, ob die Voraussetzungen für die Annahme eines Verbundgeschäfts - gleichzeitiges Anbieten von Fondsbeteiligung und Darlehensvertrag durch den Vermittler unter Verwendung von Formularen der Bank - überhaupt vorlagen. Hierzu hat die Klägerin auch im Regressprozess nichts vorgetragen.

Auch wenn man dies dahinstehen lässt, wäre damals noch eine weitere hohe Hürde zu nehmen gewesen, denn die Rückabwicklung hätte sich nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft richten müssen.

b) Die Rechtsverteidigung bzw. die Widerklage der Klägerin hätte auch unter dem Aspekt der angeblichen Formunwirksamkeit des Darlehensvertrages keinen Erfolg gehabt. In der hier relevanten Zeit wurde die Nichtangabe des "Restlaufzeit-Gesamtbetrages" (Angabe der Zinsen nur bis zum Ablauf der ersten Zinsbindungsfrist und nur des Nettorestbetrages bis zum Ablauf der gesamten Darlehenslaufzeit) in den Fällen der sog. "unechten Teilabschnittfinanzierung" nicht problematisiert. Die erste BGH-Entscheidung, die die Einhaltung der Formvorschriften des § 4 I VerbrKrG auch für die unechte Abschnittsfinanzierung verlangt, stammt vom 8.6.2004 (XI ZR 150/03). Aktuell vertritt der BGH zudem die Auffassung, dass jedenfalls dann eine Heilung nach § 6 II VerbrKrG eintritt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen hat. Hiervon ist vorliegend auszugehen, auch wenn das Darlehen auf das Treuhandkonto ausgezahlt wurde (BGH vom 25.4.2006, XI ZR 29/05).

Wie die Beklagten zutreffend einwenden, kommt hinzu, dass diesbezüglich schon keine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) vorliegt, denn die Feststellung eines Verstoßes gegen § 4 I VerbrKrG ist reine Rechtsanwendung, die das Gericht selbst vornehmen muss. Eines Vortrags des Beklagten zu 1) hierzu hat es nicht bedurft, nachdem der Darlehensvertrag selbst, aus dem sich alle notwendigen Tatsachen für die Rechtsanwendung ergeben, dem Gericht vorgelegen hat.

2. Der Beklagte zu 1) hat sich auch nicht schon dadurch haftbar gemacht, dass er der Klägerin überhaupt zur Verteidigung gegen die Klage der Bank (anstelle eines Anerkenntnisses) und darüber hinaus zu einer Widerklage geraten hat. Zwar ist es denkbar, dass der Anwalt sich in diesen Fällen gegenüber seinem Mandanten haftbar macht. Vorliegend kann man jedoch nicht davon ausgehen, dass die Strategie der Beklagten zu 1) von vornherein aussichtslos bzw. pflichtwidrig war, weil der Erfolg der Rechtsverteidigung und der Widerklage von einer Beweisaufnahme abhängig. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 1) hätten erkennen müssen, dass die Beweisaufnahme zuungunsten der Klägerin ausgehen würde, sind nicht erkennbar.

3. Die Beklagten zu 2) haften aus denselben Gründen, die oben in Bezug auf das Verhalten des Beklagten zu 1) ausgeführt wurden, nicht für den Schaden, den die Klägerin daraus herleitet, dass von ihren damaligen Prozessbevollmächtigten weder der Widerruf des Darlehensvertrages noch seine angebliche Formunwirksamkeit problematisiert wurde. Der Stand der Rechtsprechung hatte sich auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (13.3.2002) in Bezug auf die hier relevanten Rechtsprobleme noch nicht verändert.

Anders als dem Beklagten zu 1) kann den Beklagten zu 2) aber schon keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden, da sie in der Berufungsinstanz des Vorprozesses mit Schriftsatz vom 11.3.2002 den Widerruf erklärt haben.

4. Soweit die Klägerin den Beklagten zu 2) zusätzlich vorwirft, dass sie die Berufung auf einen Hinweis des Senats zurückgenommen haben, verfängt dies ebenfalls nicht, da hieraus nur dann ein Schaden hätte entstehen können, wenn die Berufung ansonsten hätte Erfolg haben können. Hiervon konnten die Beklagten zu 2) aus den vorgenannten Gründen zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht ausgehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2, 108 I ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück