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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.08.2004
Aktenzeichen: 9 W 17/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 406 II
Zur Frage, wann ein Ablehnungsantrag, der gegen einen gerichtlich bestellten Sachverständigen gerichtet ist, rechtzeitig gestellt ist.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

9 W 17/04

Entscheidung vom 30.08.2004

In der Beschwerdesache

...

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch ... ohne mündlichen Verhandlung am 30. August 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagte gegen den Beschluss des Landgerichts Gießen vom 1. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Beklagten wenden sich gegen die Zurückweisung ihres gegen einen Sachverständigen gerichteten Ablehnungsantrags.

Mit Beschluss vom 30. Juni 2003 ordnete die Kammer des Landgerichts die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens an. Auf Vorschlag der Beklagten wurde am 28.10.2003 Dr. A zum Sachverständigen bestellt. Nachdem dieser sein Gutachten am 21.2.2004 vorgelegt hatte, setzte das Landgericht beiden Parteien eine Frist von sechs Wochen zur Stellungnahme. Gutachten und Fristsetzung gingen den Beklagten am 3. März 2004 zu. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2006 lehnten die Beklagten den Sachverständigen als befangen ab. Aus dem Inhalt des Gutachtens ergebe sich, dass der Sachverständige erforderliche Feststellungen nicht getroffen und lediglich Gefälligkeitsausführungen zugunsten der Klägerin gemacht habe. Mit Beschluss vom 1. Juli 2004 hat das Landgericht das Befangenheitsgesuch zurückgewiesen, da es nicht unverzüglich nach Kenntnisnahme vom Gutachten gestellt worden sei. Gegen diesen, ihnen am 6. Juli 2004 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13. Juli 2004 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten, mit der sie geltend machen, die Befangenheit hätten sie erst nach Einholung weiterer Auskünfte, die ihnen am 11. Juni 2004 vorgelegen hätten, erkennen können. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere an sich statthaft (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 406 Abs. 5 Halbsatz 2 ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 ZPO). In der Sache hat sie indes keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Ablehnung zu Recht zurückgewiesen, da sie entgegen § 406 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig geltend gemacht wurde und deswegen unzulässig ist (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 406 Rn. 11). Nach dieser Vorschrift ist der Ablehnungsantrag binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses über seine Ernennung zu stellen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Die von den Beklagten geltend gemachten Ablehnungsgründe ergeben sich nicht aus der Person des Sachverständigen, sondern aus dem Inhalt des von ihm gefertigten Gutachtens. In diesem Fall ist die Ablehnung unverzüglich nach Kenntnis vom Ablehnungsgrund zu stellen (OLG Köln VersR 1989, 210; OLG Celle NJW-RR 1995, 128; BayObLG MDR 1995, 412, 413). Zur Ablehnung des Sachverständigen berechtigt können die Beklagten sein, wenn er im Gutachten einseitig den Ausführungen einer Partei folgt und sich mit dem Vorbringen der ablehnenden Partei nicht auseinandersetzt. Ob dies der Fall war, konnten die Beklagten den Ausführungen im schriftlichen Gutachten unmittelbar entnehmen. Hierzu bedurfte es weder der Einholung fachkundigen Rats Dritter noch der Beschaffung einschlägiger Literatur. Insoweit wäre es den Beklagten möglich und zumutbar gewesen, die Ablehnung unmittelbar nach Zustellung des Gutachtens geltend zu machen, der erst rund zweieinhalb Monate später gestellte Antrag ist unzulässig.

Soweit die Beklagten ihren Ablehnungsantrag darauf stützen, der Sachverständige habe erforderliche tatsächliche Feststellungen nicht getroffen, grundlegende Regeln seines Fachgebiets nicht beachtet und sei zu unzureichenden Feststellungen gekommen, begründet dies kein Ablehnungsrecht. Der Vorwurf mangelnder Sachkunde, der damit erhoben ist, begründet nicht die Befürchtung einer Unparteilichkeit des Sachverständigen (OLG München RPfl 1980, 303; Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 9), sondern kann allenfalls im Rahmen der Einwendungen nach § 411 Abs. 3 ZPO geltend gemacht werden und zur Einholung eines neuen Gutachtens nach § 412 ZPO führen.

Die Kosten des Rechtsmittels haben die Beklagten zu tragen, da es ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 I ZPO).

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 574 II ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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