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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 09.10.2007
Aktenzeichen: 9 W 23/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 42
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger begehrt Rückabwicklung eines Darlehens, das er bei der Beklagten zur Finanzierung des Erwerbs eines Grundstückfondsanteils. Nach Durchführung des schriftlichen Vorverfahrens bestimmte der Einzelrichter Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 7.5.2007. Am 12.3.2007 wurde Richter am Landgericht A für die Sache zuständig und zeigte dem Vorsitzenden der Kammer am 30.4.2007 nach § 48 ZPO an, dass er in den Jahren 1998 - 2000 bei der B-bank Bundesland C (und dort u.a. in der Abteilung Baufinanz Wohnungsunternehmen), später nach deren Zusammenschluss bei der Beklagten selbst tätig war. Der Kläger lehnte, nachdem ihm dies mitgeteilt worden war, den Richter am Landgericht A wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dieses Gesuch hat die Kammer mit Beschluss vom 29. Juni 2007 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diesen, ihm am 16.7.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom 25.7.2007, der die Kammer nicht abgeholfen hat.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 46 Abs. 2 Satz 2 ZPO an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 ZPO) eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Selbst wenn Richter am Landgericht A objektiv nicht befangen ist, besteht für den Kläger nachvollziehbar Grund, die Unparteilichkeit des Richters anzuzweifeln.

Ein Anstellungsverhältnis begründet grundsätzlich Beziehungen zwischen den Beteiligten, die bei einer späteren Tätigkeit als Richter bei vernünftiger Betrachtung objektiv Bedenken an dessen unparteilicher Amtsausübung wecken können. Der Zweck des Ablehnungsrechts, bereits den Anschein einer Voreingenommenheit zu vermeiden, verlangt einen Ausschluss des Richters bereits dann, wenn die Befürchtungen des Ablehnenden sich nicht erkennbar als unvernünftig oder ungerechtfertigt erweisen.

Dies lässt sich vorliegend nicht feststellen. Dass der Richter - wie die Beklagte vorträgt - tatsächlich nur im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses für sie tätig war, ergibt sich der dienstlichen Stellungnahme des Richters nicht. Seine Tätigkeit (in welcher konkreten Form auch immer) u.a. in der Abteilung Baufinanz Wohnungsunternehmen weist eine enge Beziehung zum vorliegenden Streitgegenstand auf. Auch wenn diese Tätigkeit vor der Vergabe des hier im Streit stehenden Darlehens abgeschlossen war, ist nicht auszuschließen, dass der Richter an bankinternen Vorgängen mitgewirkt hat, die sich auch auf den vorliegenden Fall auswirken. Dass die Beklagte selbst eine juristische Person ist, schließt nicht aus, dass der Richter persönliche oder emotionale Beziehungen zu Personen aufgebaut hat, die zum Zeitpunkt der Kreditvergabe an den Kläger oder später verantwortlich für die Beklagte tätig wurden, und die noch heute bestehen.

Zu Recht weist der Kläger zudem darauf hin, dass die nicht unwesentliche Dauer der Tätigkeit des Richters für die Beklagte es nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, dass dieser Sichtweisen und Wertungen der Beklagten zu Eigen gemacht hat. Geht es, wie im vorliegenden Fall, gerade auch um die Frage, inwieweit objektive Umstände "evident" waren, sich der Eindruck aufdrängen muss, die Beklagte habe sich deren Erkenntnis geradezu verschlossen, lässt sich die Befürchtung des Klägers, diese aus der Sicht eines objektiven Dritten ex post vorzunehmende Bewertung lassen von einem ehemaligen Angestellten der Beklagten nicht mit der erforderlichen Distanz treffen, nicht als überzogen zurückweisen.

Die Befürchtungen des Klägers sind auch nicht deswegen unvernünftig, weil das Anstellungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Richter bereits längere Zeit beendet ist. Da der Richter nicht bloß vorübergehend, sondern insgesamt bis zu zwei Jahre lang für die Beklagte tätig war, kann ein Fortdauern der dadurch begründeten Beziehungen nach sechs Jahren nicht sicher ausgeschlossen werden.

Die Kosten des erfolgreichen Beschwerdeverfahrens sind Kosten des Rechtsstreits, über die die Kammer bei Beendigung der Instanz zu entscheiden haben wird (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 46 Rn. 20).

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt gemäß § 46 Abs. 2 Halbsatz 1 ZPO nicht in Betracht.

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