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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 04.03.2005
Aktenzeichen: 2 Ws 22/05
Rechtsgebiete: GVG, StPO


Vorschriften:

GVG § 24 Abs. 1 Nr. 3
GVG § 74 Abs. 1 S. 2 n.F.
StPO § 210 Abs. 2
StPO § 309 Abs. 2
Erhebt die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG i.d.F. des Art. 2 Nr. 1 Opferrechtsreformgesetz Anklage zum Landgericht, so hat sie die dieses Zuständigkeitsmerkmal begründenden Umstände grundsätzlich bei Anklageerhebung darzulegen. Legt die Staatsanwaltschaft gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Amtsgericht sofortige Beschwerde ein, kann sie die Darlegung im Beschwerdeverfahren nachholen. Die Darlegung ist entbehrlich, wenn die Umstände offensichtlich sind.

2. Zum Begriff der besonderen Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG n.F..


Hanseatisches Oberlandesgericht 2. Strafsenat Beschluss

2 Ws 22/05

In der Strafsache

hier betreffend Eröffnung des Hauptverfahrens vor Gericht niederer Ordnung

hat der 2. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg am 4. März 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Harder den Richter am Oberlandesgericht Dr. Augner den Richter am Landgericht Pesch

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hamburg wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 14, vom 10. Januar 2005 aufgehoben, soweit das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Hamburg, Schöffengericht, eröffnet worden ist.

II. Das Hauptverfahren wird vor dem Landgericht Hamburg, Große Strafkammer 14, eröffnet.

Gründe:

I.

1. Die Staatsanwaltschaft Hamburg legt mit zum Landgericht Hamburg, Große Strafkammer, erhobener Anklage vom 18. November 2004 dem Angeklagten zur Last, durch zwei Straftaten jeweils eine sexuelle Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung begangen zu haben, indem er im Second-Hand-Laden der EStiftung A in H die Zeugin B M - die Nebenkläge-rin - sexuell belästigte, wobei die Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten der Zeugin durch deren vorhandene Behinderung und die arbeitgeberähnliche Stellung des Angeklagten in einem solchen Maße verringert waren, dass die Zeugin dem ungehemmten Einfluss des wesentlich älteren und überlegenen Angeklagten preisgegeben war, dem sie sich allein gegenüber sah, ohne auf fremde Hilfe rechnen zu können: Am 29. März 2004 begab der Angeklagte sich dem Anklagevorwurf zufolge mit der Zeugin in das Lager, griff an deren Pullover, drückte deren Brüste solange, bis diese schmerzten, und fasste der Zeugin sodann zwischen die Beine; am 5. April 2004 fasste er der an der Kasse stehenden Zeugin oberhalb der Bekleidung an die Brüste und drückte diese wiederum solange, bis sie schmerzten.

2. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Große Strafkammer 14 das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen, dabei aber angeordnet, dass die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Hamburg, Schöffengericht, stattfinde.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen den ihr am 12. Januar 2005 zugestellten Beschluss, soweit das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht eröffnet worden ist, am 17. Januar 2005 "Beschwerde" eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg hat beantragt, auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft unter Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses, soweit darin die Verweisung der Strafsache an das Amtsgericht Hamburg ausgesprochen worden ist, das Hauptverfahren vor dem Landgericht Hamburg, Große Strafkammer 14, zu eröffnen.

Angeklagtem und Nebenklägerin ist Gehör gewährt worden. Der Angeklagte hat sich darauf nicht geäußert. Die Nebenklägerin hat sich dem Begehren der Staatsanwaltschaft inhaltlich angeschlossen.

II.

Das gemäß § 300 StPO als sofortige Beschwerde zu verstehende Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist zulässig und begründet.

1. Die Zulässigkeit der form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde folgt aus den §§ 210 Abs. 2, 311 Abs. 2 StPO. Das Rechtsmittel betrifft zulässig allein die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Gericht niederer Ordnung; eine Prüfung des hinreichenden Tatverdachts durch den Senat hat wegen vorliegend gegebener sachlicher Trennbarkeit von der Verweisungsentscheidung nicht zu erfolgen (vgl. Senat, Beschluss vom 8. März 2004 - Az.: 2 Ws 40 - 44/04 -; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 210 Rdn. 2 m.w.N.).

Die Vorschrift des § 305 S. 1 StPO, wonach Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht der (sofortigen) Beschwerde unterliegen, greift bereits deshalb nicht Platz, weil diese Vorschrift die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem anderen Gericht nicht erfasst (Senat, a.a.O.; OLG Düsseldorf, NStZ 1991, 145, 146; Engelhardt in KK-StPO, 5. Aufl., § 305 Rdn. 2).

2. Die Begründetheit der sofortigen Beschwerde ergibt sich aus den §§ 24 Abs. 1 Nr. 3, 74 Abs. 1 S. 2 GVG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz-OpferRRG) vom 24. Juni 2004 (BGBl I, 1354, 1357), welches nach seinem Art. 6 am 1. September 2004 in Kraft getreten ist.

a) Nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG n.F. sind in Strafsachen die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht die Staatsanwaltschaft u.a. wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, Anklage beim Landgericht erhebt; nach § 74 Abs. 1 S. 2 GVG n.F. sind die Strafkammern als erkennende Gerichte des ersten Rechtszuges zuständig auch für alle Straftaten, bei denen die Staatsanwaltschaft in den Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG Anklage beim Landgericht erhebt.

aa) Der zuständigkeitsbegründende Begriff der besonderen Schutzbedürftigkeit bedarf schon wegen des Grundsatzes des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG, § 16 S. 2 GVG) klarer Konturierung. Diese findet ihre Grundlagen hier sowohl im Wortlaut ("Schutzbedürftigkeit", "besondere") als auch im systematischen Vergleich mit ebenfalls dem Zeugenschutz dienenden, aber unterschiedlich gefassten Vorschriften (z.B. Schutzwürdigkeit in § 171 b Abs. 1 GVG; Gefährdung von Leib, Leben und Freiheit in § 172 Nr. 1 a GVG) sowie im Zweck der Regelung, wie er durch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt wird.

Die Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 829/03 vom 7. November 2003, S. 43 f; siehe auch aktualisierter Regierungsentwurf, BT-Drs. 15/2536, S. 5, i.V.m. BT-Drs. 15/1976, S. 19) besagen hierzu folgendes:

"Durch die Ergänzung von § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG wird die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts erweitert. Danach erhebt die Staatsanwaltschaft - unabhängig von der Rechtsfolgenerwartung - ... Anklage beim Landgericht wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Opferzeugen. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass insbesondere kindliche Opfer von Sexualstraftaten zwei Tatsacheninstanzen durchleiden müssen. ... Die besondere Schutzbedürftigkeit von Opferzeugen kann sich insbesondere daraus ergeben, dass durch eine weitere Vernehmung in einer zweiten Tatsacheninstanz gravierende psychische Auswirkungen auf das Opfer zu befürchten sind. Dies kann bei allen Straftaten der Fall sein, die sich gegen höchstpersönliche Rechtsgüter richten. Dabei kommt es auf die individuelle Schutzbedürftigkeit eines Zeugen im konkreten Strafverfahren an. ... Die Verfahren müssen sich jeweils deutlich aus der großen Masse der Verfahren herausheben, die den gleichen Tatbestand betreffen. Dies muss nach dem jeweiligen Einzelfall beurteilt werden."

Für die Befürchtung einer nochmaligen Vernehmung als Grundlage gravierender psychischer Auswirkungen auf das Opfer genügt danach die zum Zeitpunkt der Anklageerhebung bestehende Möglichkeit, dass das Opfer zur späteren Hauptverhandlung geladen werden muss (Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 24 Rdn. 17).

bb) Der Staatsanwaltschaft steht kein Wahlrecht zu, ob sie zum Amts- oder Landgericht anklagt. Ihre Entscheidung unterliegt voller gerichtlicher Überprüfung. Sie hat grundsätzlich bei Anklageerhebung die Umstände anzugeben, aus denen sie die besondere Schutzbedürftigkeit herleitet.

Diese Erfordernisse ergeben sich zum einen aus der systematischen Stellung des Zuständigkeitsmerkmals der besonderen Schutzbedürftigkeit, das durch das Opferrechtsreformgesetz in § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG neben das Zuständig- keitsmerkmal der besonderen Bedeutung des Falles gestellt worden ist, für welches diese Anforderungen allgemein anerkannt sind (vgl. BVerfGE 9, 223, 229; BGH NStZ-RR 1998, 336; KG NStZ-RR 2005, 26, 28; Hannich in KK-StPO, 5. Aufl., § 24 GVG Rdn. 8; Meyer-Goßner, a.a.O., § 24 GVG Rdn. 7). Die Begründungspflicht folgt zum anderen aus der Funktion, die volle gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen. Die Gesetzesmaterialien (a.a.O., S. 44) führen hierzu aus:

"Der Staatsanwaltschaft steht kein Wahlrecht zu, ob sie Anklage vor dem Landgericht oder dem Amtsgericht erhebt. (Der Begriff) `besondere Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommenŽ (ist ein) unbestimmte(r) Rechtsbegriff ..., (den) die Staatsanwaltschaft auslegen muss, und die Entscheidung ist durch die Gerichte nachprüfbar. Weder die Staatsanwaltschaft noch das Gericht haben dabei ein Ermessen. Bejaht die Staatsanwaltschaft auf Grund ihrer Prüfung die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG, muss sie Anklage beim Landgericht erheben. Dabei hat sie die Umstände anzugeben, in denen sie die `besondere SchutzbedürftigkeitŽ ... erblickt, sofern diese nicht offensichtlich sind, um der Strafkammer die Prüfung zu ermöglichen, ob sie das Hauptverfahren vor dem Landgericht oder dem Amtsgericht eröffnet (§ 207 Abs. 1, § 209 Abs. 1 StPO). Wird Anklage beim Amtsgericht erhoben, kann dies nach § 209 Abs. 2 StPO überprüft werden..."

Aus der aufgezeigten Gleichstellung mit dem Zuständigkeitsmerkmal der besonderen Bedeutung des Falles ergibt sich, dass die hierzu in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannten Ausnahmen von der Begründungspflicht bei Anklageerhebung auch für die Anklage zum Landgericht wegen besonderer Schutzbedürftigkeit anzuerkennen sind. Eine Begründung ist demnach entbehrlich, wenn die das Zuständigkeitsmerkmal begründenden Umstände offensichtlich sind (vgl. jeweils a.a.O. BVerfG, BGH, Hannich und Meyer-Goßner; speziell zur besonderen Schutzbedürftigkeit Regierungsentwurf, a.a.O.). Auch kann die Staatsanwaltschaft die bei Anklageerhebung noch nicht dargelegten Umstände mit der Beschwerde gegen die Eröffnung vor dem niederen Gericht benennen, sodass das Beschwerdegericht sie bei seiner eigenen Sachentscheidung gemäß § 309 Abs. 2 StPO zu überprüfen hat (vgl. - zur besonderen Bedeutung des Falles - KG, a.a.O.).

b) Nach diesen Maßstäben ist die Hauptverhandlung hier vor dem Landgericht durchzuführen.

aa) Allerdings schweigt sich die Anklage zur Frage der besonderen Schutzbedürftigkeit einer als Zeugin in Betracht kommenden Verletzten der Straftaten aus; auch die staatsanwaltschaftliche Schluss- und Übersendungsverfügung vom 18. November 2004 enthält hierzu keinerlei Angaben. Erst in der Rechtsmittelbegründung der Staatsanwaltschaft vom 17. Januar 2005 und in der Antragsbegründung der Generalstaatsanwaltschaft vom 24. Januar 2005, zu denen dem Angeklagten Gehör gewährt worden ist, sind die erforderlichen Ausführungen weitgehend nachgeholt worden.

Durch diese prozessuale Handhabung wird die Annahme des in Rede stehen- den Zuständigkeitsmerkmals schon deshalb nicht gehindert, weil dessen Voraussetzungen hier offensichtlich sind:

bb) Dass die Möglichkeit, das Opfer müsse zur späteren Hauptverhandlung geladen werden, im Zeitpunkt der Anklageerhebung wie der Beschwerdeentscheidung besteht, liegt schon deshalb zutage, weil der Angeklagte die Tatbegehungen bestreitet.

Die gravierende besondere individuelle Schutzbedürftigkeit der Zeugin M als Tatopfer ergibt sich jedenfalls aus ihrer besonderen gesundheitlichen Situation, sodass dahingestellt bleiben kann, in wieweit auch ohne diese gewichtigen höchstpersönlichen Besonderheiten hier eine besondere Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG n.F. zu bejahen wäre:

Die 1973 geborene Zeugin ist ausweislich der überzeugenden Angaben ihrer Betreuerin R und des aussagepsychologischen Gutachtens der Diplompsychologin G halbseitig gelähmt (spastische Hemiparese), vermag den rechten Arm kaum zu heben und die rechte Hand kaum zu bewegen; sie hinkt. Grund dessen ist ein Hirnsubstanzdefekt, als dessen Folge sich zudem ein fokales Anfallsleiden (Anfallsyndrom) entwickelt hat, welches in den Wirkungen einer Epilepsie nahe kommt: Bei Auftreten eines Anfalls fängt die Zeugin an zu zucken und gerät in Stress in - nach ihren glaubhaften Angaben - Gestalt eines Gefühls, als ob Blitze durch ihren Kopf gingen. Trotz antikonvulsiver Therapie hat sich eine Anfallsfreiheit nicht erreichen lassen.

Die Zeugin ist deshalb 80 % behindert. Sie leidet an einer leichten bis mittelgradigen Intelligenzminderung. Nach testpsychologischer Untersuchung der Sachverständigen erreichen 95 % aller gleichaltrigen Frauen intelligenzmäßig höhere Testwerte. Ein Zahlenverständnis der Zeugin fehlt weitgehend. Sie vermag sich nur sehr schlicht und nicht abstrakt auszudrücken. Sie steht angesichts ihres Zustandes unter Betreuung, lebt in einer betreuten Wohngemeinschaft und findet Beschäftigung in der E Stiftung A als einer betreuenden und beschützenden Einrichtung.

Sobald die Zeugin sich mit den anklagegegenständlichen Vorfällen gedanklich befasst, treten nach Angabe der Betreuerin im Vergleich zum vorherigen Zustand vermehrt - und zwar in fast jedem Falle einer solchen Befassung - Anfälle der vorbezeichneten Art auf; als konkrete Begebenheiten werden angeführt die erfolgte Konfrontation mit den anklagegegenständlichen Geschehnissen bei der Polizei (Anzeigeerstattung und Vernehmung) sowie gleich gelagerte Anfälle auf der Arbeitsstelle in der E Stiftung A, welche nach Angabe der Betreuerin und des Sachverständigengutachtens vom 7. September 2004 zuletzt gehäuft auftraten. In entsprechender Weise waren nach dem - von dem Angeklagten nicht in Abrede genommenen - Vorbringen der Nebenklage Probleme auch bereits bei der Zeugenvernehmung des Tatopfers in dem von dem Angeklagten angestrengten arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzprozess entstanden; die tatbezogene Vernehmung hatte wegen psychischer Belastung der Zeugin mehrmals unterbrochen werden müssen; durch abwertende - von der vorsitzenden Arbeitsrichterin darauf untersagte - Mimik und Abgabe von Missfallenslauten seitens des Angeklagten war diese Belastung verstärkt worden; dies hat die Furcht des Opfers vor einer erneuten Vernehmung im Ergebnis noch gesteigert.

Die starke emotionale Betroffenheit der Zeugin M hat im vorliegenden Verfahren Erhärtung weiter dadurch gefunden, dass diese bei Abhörung ihrer erfolgten polizeilichen Tonbandvernehmung vor Unterzeichnung des Protokolls rot wurde, zu weinen anfing, sich ein Taschentuch vor den Mund hielt und zwischenzeitlich "dieses Schwein" ausrief. Nach allem liegt die gravierende besondere Schutzbedürftigkeit des Tatopfers vorliegend auf der Hand. Insbesondere ist nach den Angaben der Betreuerin und den Ausführungen des Sachverständigengutachtens glaubhaft, dass bei jeder zusätzlichen Vernehmung und der damit zwangsläufig bewirkten Konfrontation mit dem wahrscheinlichen Tatgeschehen weitere - naturgemäß in hohem Maße gesundheitsschädliche - Anfälle des krankheitsbedingt behinderten Tatopfers ernstlich und konkret zu besorgen stehen. Ungeachtet der Aussagebereitschaft der Zeugin steht nachhaltig zu befürchten, dass weitere epilepsieähnliche Anfälle nicht zu verhindern sein werden, sodass jede Vernehmung in einer weiteren zweiten Tatsacheninstanz vermieden werden muss. Jedenfalls dies hebt den Fall aus der Masse der den gleichen Geschehenstatbestand betreffenden Verfahren - und zwar in besonderem Maße - deutlich hervor, sodass die Sache vor dem Landgericht zu verhandeln ist.

3. Die Besetzungsentscheidung nach § 76 Abs. 2 S. 1 GVG ist, weil gesetzlich der Strafkammer selbst zugewiesen, auch im Falle der Entscheidung durch das Oberlandesgericht nach § 210 Abs. 2 StPO von dem Landgericht zu treffen (Meyer-Goßner, a.a.O., § 76 GVG Rdn. 4 m.w.N.).

III.

Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist nicht veranlasst, da wegen der fortbestehenden Rechtshängigkeit des Verfahrens dieser Beschluss nicht verfahrensabschließend im Sinne des § 464 Abs. 1, Abs. 2 StPO ist (vgl. Senat, Beschluss vom 8. März 2004 a.a.O.).

Ende der Entscheidung

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