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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 19.12.2001
Aktenzeichen: 2 Wx 106/01
Rechtsgebiete: FGG, BGB, WEG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
BGB § 133
BGB § 157
WEG § 47
WEG § 48
WEG § 45
WEG § 43 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 106/01

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 19. Dezember 2001 durch die Richter Dr. Lassen, Puls, Albrecht

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 11. Juli 2001 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und den Antragsgegnern die ihnen im Verfahren vor dem Oberlandesgericht entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

Das gem. §§ 45, 43 Abs. 1 S. 1 WEG, 27, 29 FGG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel des Antragstellers ist unbegründet, denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Rechtsfehler, auf den hin der Senat die angefochtene Entscheidung allein überprüfen darf (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt, wonach die Anfechtung des Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 14. August 2000 durch den Antragsteller unbegründet ist. Mit dem genannten Beschluß hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft die dem Antragsteller mit Schreiben vom 26. Mai 1999 erteilte Erlaubnis zum Betrieb eines Gewerbes "Organisation und Konzeption von und für Werbeproduktionen ohne Publikumsverkehr" in seiner Wohnung im Hause der Wohnungseigentümergemeinschaft Hochallee 25 in Hamburg widerrufen.

Die mit der Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts angebrachten Beanstandungen des Antragstellers sind im Ergebnis nicht erfolgreich.

Das Landgericht hat die dem Antragsteller erteilte Erlaubnis zur Ausübung seines Gewerbebetriebs entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht fehlinterpretiert und die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Recht für befugt gehalten, die Überschreitung der durch die Erlaubnis gezogenen Grenzen durch den Antragsteller zum Anlaß für den Widerruf (vgl. § 5 Abs. 3 S. 4, 3. Variante der Teilungserklärung) zu nehmen, wie wenn er eine ihm mit der Erlaubnis verbundene Auflage nicht beachtet hätte.

Die tatrichterliche Auslegung der Erlaubnis bindet das Rechtsbeschwerdegericht solange, sie sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist - sie muß nicht zwingend sein -, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB in Einklang steht, dem Wortlaut und Sinn der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt (Keidel/Kuntze/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn 48 m.w.N.; BayObLG WuM 1994, 642), denn im Streitfall beschränkt sich die Wirkung der vom Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft nach Maßgabe der Teilungserklärung (§ 5 Abs. 3) erteilten Erlaubnis auf die Person des Antragstellers und entfaltet keine Wirkungen gegenüber einem Rechtsnachfolger (vgl. dazu BGH NJW 1998, 3712, 3713).

Das Bestreben des Antragstellers muß scheitern, seine Interpretation der Erlaubnis dahin, daß ihm auch professionelle Foto- und Filmaufnahmen in seiner Wohnung in dem von ihm betriebenen Umfang mit den für die anderen Wohnungseigentümer einhergehenden Auswirkungen gestattet seien, an die Stelle der von den Vorinstanzen vorgenommenen Auslegung zu setzen. Die Auslegung der Vorinstanzen ist im Ergebnis aus Rechtsgründen bei Heranziehung der oben angeführten Kriterien nicht zu beanstanden.

Zutreffend hat das Landgericht die Erlaubnis dahin ausgelegt, daß der Antragsteller seine Dachgeschoßwohnung nicht für Film- und Fotoaufnahmen gewerblich nutzen darf, soweit diese Tätigkeit nach außen in Erscheinung tritt, weil der Zweck der gewerblichen Erlaubnis durch die Umschreibung "Organisation und Konzeption von und für Werbeproduktionen" dem Sinne nach - stille - nur auf die Wohnung begrenzte Tätigkeiten, in erster Linie Schreibtischtätigkeiten, umfaßt. Die Umschreibung der gestatteten gewerblichen Tätigkeit löst erfahrungsgemäß die gedankliche Verknüpfung mit Planungs- und Entwurfsarbeiten, Schreiben und Zeichnen, Anfertigung von Modellen, Telefonieren und Nutzung sonstiger Kommunikationsmittel aus, die von den anderen Hausbewohnern unbemerkt bleiben, worauf auch die Einschränkung der Erlaubnis "ohne Publikumsverkehr" hindeutet.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. der die Erlaubnis für die Wohnungseigentümergemeinschaft erteilende Verwalter hat die Zustimmung zum Gewerbebetrieb des Antragstellers nicht anders verstanden. Die von den Antragsgegnern auf Seite 7 des Schriftsatzes vom 14. Juni 2000 in der Parallelsache zum Az. 102 c II 241/00 WEG vorgenommene Interpretation "Genehmigt ist sozusagen eine Schreibtischtätigkeit oder sonstige Tätigkeit des Antragsgegners oder eines Dritten, dem er die Wohnung zum Gebrauch überläßt, soweit diese Tätigkeit nach Außen nicht besonders in Erscheinung tritt, d.h., soweit sich für einen Außenstehenden die berufliche Nutzung der Räume nicht anders darstellt als eine Nutzung der Räume als Wohnung" enthält keinen Widerspruch zu der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung. Die Erwähnung auch einer "sonstigen Tätigkeit" neben der Schreibtischtätigkeit erstreckt die nach der Erlaubnis zulässigen beruflichen Aktivitäten nicht auf solche, die für die anderen Wohnungseigentümer in stärkerem Maße bemerkbar sind als es die Nutzung der im Sondereigentum des Antragstellers stehenden Räume im Dachgeschoß als Wohnung typischerweise mit sich brächte. Die vom Antragsteller entfalteten sonstigen Tätigkeiten, die das Landgericht als Verstoß gegen die Erlaubnis angeführt hat, gehen aber über die mit einer Nutzung der Dachgeschoßwohnung des Antragstellers als Wohnung verbundenen hinzunehmenden Belästigungen der anderen Wohnungseigentümer unstreitig hinaus, da sie für die anderen Wohnungseigentümer mit erheblicher Unruhe und Störung im Treppenhaus infolge des Transports von Ausrüstungsgegenständen und der Verlegung eines Starkstromkabels verbunden waren; auszunehmen von diesen Ereignissen sind die mit Datum vom 12./20.12.2000, weil sie nach dem streitigen Vortrag des Antragstellers keine Produktion betrafen, sondern nur Besprechungen.

Dahinstehen kann, ob dem Landgericht auch bei der Interpretation der Auflage "ohne Publikumsverkehr" zu folgen ist, wonach gemeinschaftsfremde Personen vom Zugang zum Haus ausgeschlossen werden sollten, die es im Zusammenhang mit der gewerblichen Nutzung durch den Antragsteller betreten wollen. Selbst wenn die Auflage wegen der Verwendung des Begriffs "Publikumsverkehr" aus Rechtsgründen dahin auszulegen sein sollte, daß nur das Ausmaß der Belästigung der anderen Wohnungseigentümer durch vermehrten Zustrom von Personen in das Haus infolge der gewerblichen Nutzung der Dachgeschoßwohnung des Antragstellers auf das bei der Nutzung der Räume als Wohnung übliche Maß eingeschränkt worden ist, sprengt die mit der gewerblichen Nutzung der Räume im Dachgeschoß für Foto- und Filmaufnahmen einhergehende Beanspruchung des Treppenhauses den durch die Erlaubnis vorgegebenen Rahmen. Die Personen, die den Antragsteller wegen dessen gewerblicher auf Film- und Fotoaufnahmen gerichteter Tätigkeit in der Dachgeschoßwohnung aufsuchen, unterscheiden sich in den vom Landgericht festgestellten Fällen mit Ausnahme der Besprechungstermine von Besuchern einer zu Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung unstreitig dadurch, daß sie am 11., 21., 22. und 25. Dezember 2000 sperrige Gegenstände wie fototechnische Ausrüstung für gewerbliche Produktionen sowie am 9. Januar 2001 Richtstrahler, Kabelrollen und großformatige Bilder durch das Treppenhaus transportiert und dadurch stärkere Störungen verursacht haben, als mit dem Aufsuchen einer Wohnung typischerweise verbunden ist. Die in der Rechtsbeschwerdebegründung aufgestellte Behauptung des Antragstellers, das Verhalten eines anderen Wohnungseigentümers, der im selben Haus ebenfalls Foto- und Filmaufnahmen in seiner Dachgeschoßwohnung durchführe, werde ihm zu Unrecht zugerechnet, geht schon deshalb ins Leere, weil der Antragsteller die vom Landgericht angeführten Geschehnisse nicht in Abrede genommen, sondern zugestanden hat. Neuer Tatschenvortrag ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht zu berücksichtigen.

Die Rüge des Antragstellers, der Widerruf der Erlaubnis sei unverhältnismäßig, da ein Unterlassungsbegehren, das die Antragsgegner im Parallelverfahren betreiben, zum Schutz der Antragsgegner ausreichend sei, greift nicht durch. Der Antragsteller hat nämlich, wie die für das Rechtsbeschwerdegericht bindende Tatsachenfeststellung des Landgerichts im angefochtenen Beschluß ergibt, unbestritten in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß die Foto- und Filmproduktion für seine berufliche Tätigkeit unabdingbar ist. Eine Erklärung dahin, daß er die Foto- und Filmproduktion in seiner Dachgeschoßwohnung künftig unterlassen will, hat der Antragsteller nicht abgegeben, vielmehr hält er sich weiterhin für berechtigt, wie die Begründung seiner Rechtsbeschwerde erkennen läßt, die mit Störungen für die anderen Wohnungseigentümer verbundenen Film- und Fotoproduktionen in seiner Wohnung durchzuführen oder durchführen zu lassen. Da die ihm erlaubte gewerbliche Nutzung seiner Wohnung für "Organisation und Konzeption von und für Werbeproduktionen ohne Publikumsverkehr" nach seinem Verständnis untrennbar mit der Durchführung von Film- und Fotoproduktionen verbunden ist, hat die Wohnungseigentümergemeinschaft die Erlaubnis unter Berufung auf § 5 Ziff. 3 S. 4, 3. Variante der Teilungserklärung zu Recht entzogen. Der Senat teilt die vom Landgericht im angefochtenen Beschluß mitgeteilte Rechtsauffassung, daß der Widerruf der Erlaubnis erstrecht gestattet ist, wenn der Berechtigte die Grenzen die ihm erteilten Genehmigung nicht einhält, wenn schon die Nichtbeachtung einer Auflage die Wohnungseigentümergemeinschaft zum Widerruf der Genehmigung berechtigt. Der Senat verweist auf die zutreffende Begründung des Landgerichts, gegen die der Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren auch keine Einwendungen mehr erhoben hat.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, daß ihm die entzogene Erlaubnis wieder eingeräumt wird, denn die erneute Genehmigung mit dem gleichen Wortlaut wäre, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei geschlußfolgert hat, angesichts des Beharrens des Antragstellers auf seinem Standpunkt, streitstiftend.

Der Antragsteller kann nicht damit durchdringen, daß der Widerruf der Erlaubnis den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletze, weil er nicht abgemahnt worden sei und die vom Landgericht zur Rechtfertigung des Widerrufs angeführten Geschehnisse sich erst zeitlich nach dem Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 14. August 2000 ereignet hätten. Die Entscheidung des Landgerichts verletzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht. Der Antragsteller wußte nämlich, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft die Erlaubnis nicht auf Film- und Fotoaufnahmen in der von ihm ausgeübten Weise bezog, da die Wohnungseigentümergemeinschaft ihm mit Beschluß vom 10. April 2000 bereits bestandskräftig verboten hatte, seine Dachgeschoßwohnung an Dritte für Film- und Fotoaufnahmen zu vermieten. Darüber hinaus hatte die Eigentümergemeinschaft das im Zusammenhang mit den Film- und Fotoaufnahmen stehende Verhalten des Antragstellers bzw. seiner Besucher als Überschreitung der Erlaubnis angesehen. Auch das Parallelverfahren, das die Antragsgegner mit dem dem Antragsteller am 22. Juni 2000 zugestellten Schriftsatz vom 14. Juni 2000 eingeleitet haben mit dem Ziel, ihn zur Unterlassung von Film- und Fotoaufnahmen in seiner Wohnung durch ihn selbst oder Dritte zu verpflichten, macht deutlich, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht hinzunehmen bereit ist, daß der Antragsteller die Grenzen der ihm erteilten Erlaubnis mißachtet. Zudem hat die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 28. Juli 2000 noch vor dem Widerruf vom 14. August 2000 abgemahnt, keine Starkstromkabel durch das Treppenhaus zu verlegen sowie Scheinwerfer und sonstiges Material durch das Treppenhaus zu transportieren. Außerdem wurde in diesem Schreiben der Widerruf der erteilten Zustimmung bei erneuter Zuwiderhandlung angekündigt. Auch die Kenntnis des Beschlusses erster Instanz, der den angefochtenen Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 14. August 2000 als rechtmäßig ergangen beurteilt hat, hat nicht zu einer Veränderung des Standpunkts des Antragstellers geführt. Vielmehr hat er seine Auffassung vom Ausmaß der Erlaubnis vor dem Landgericht bekräftigt und gegenüber den Wünschen der Wohnungseigentümergemeinschaft keine konziliante Haltung eingenommen und eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben, was nahegelegen hätte, da die Antragsgegner den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf Unterlassung von beruflichen oder gewerblichen Film- und/oder Fotoaufnahmen in der Dachgeschoßwohnung des Antragstellers schon in der Beschwerdeinstanz beantragt hatten und diesen Antrag im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens wiederholt haben. Angesichts dieser Umstände hat das Landgericht den Widerruf der Erlaubnis nicht als unverhältnismäßig eingeschätzt, denn dem Antragsteller ist mehrfach schon vor dem Widerruf der Erlaubnis deutlich vor Augen geführt worden, daß die Antragsgegner nicht gewillt sind, seine Überschreitungen des Erlaubnisrahmens hinzunehmen. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt hat, daß die Film- und Fotoaufnahmen für seine berufliche Tätigkeit unabdingbar seien, so daß mit Verstößen gegen die Grenzen der Erlaubnis jederzeit zu rechnen ist und den Antragsgegnern eine erneute Abmahnung nicht zumutbar ist.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist in der Hauptsache durch die Entscheidung über die sofortige weitere Beschwerde erledigt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 47, 48 WEG. Zur Begründung wird auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen, da sie auch für die Rechtsbeschwerdeinstanz zutreffen.

Ende der Entscheidung

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