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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 26.01.2004
Aktenzeichen: 2 Wx 107/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 28 Abs. 4
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 107/01

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 26. Januar 2004 durch die Richter

Dr. Lassen, Puls, Albrecht

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 18. Juli 2001 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht hat der Antragsteller zu tragen. Eine Erstattung der den Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten erfolgt nicht.

Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird festgesetzt auf 13.978,49 DM, entsprechend 7.147,09 €.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte statthafte sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG), aber in der Sache ohne Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung, auf die verwiesen wird, beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG a.F.), auf die allein hin das Oberlandesgericht eine Überprüfung vornehmen darf.

Das Rechtsbeschwerdegericht darf nur prüfen, ob eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, ob der festgestellte Sachverhalt die Tatbestandsmerkmale der maßgeblichen Normen ausfüllt, wobei das Oberlandesgericht an die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts gebunden ist, wenn der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend ermittelt (§ 12 FGG), sich bei der Beurteilung des Beweisstoffes mit allen wesentlichen Umständen auseinandergesetzt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften (§ 15 FGG) sowie gegen Denkgesetze und zwingende Erfahrungssätze sowie den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat (Keidel/Kuntze/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 27 Rn 42 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab ist die angefochtene Entscheidung, wonach die am 2. Dezember 1999 gefassten Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 2. Dezember 1999 zu TOP 14 (Verpflichtung der Verwaltung zur Vorlage einer lückenlosen Versicherungsabrechnung) für die Schadensfälle 1992 bis 1995, ZusatzTOP 1 (Bestätigung der Veraltung) und TOP 10 (Zwangsmaßnahmen gegen den Wohnungseigentümer ) gültig sind, nicht zu beanstanden.

1) Das Landgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts vom 22. September 2000, betreffend den TOP 14 der Wohnungseigentümerversammlung vom 2. Dezember 1999, wonach die Wohnungseigentümer mehrheitlich abgelehnt haben, die Verwaltung zu verpflichten, die Versicherungsfälle aus den Jahren 1992 bis 1995 lückenlos darzulegen, auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hin rechtfehlerfrei aufgehoben und den rechtzeitig beim Amtsgericht angebrachten Antrag des Antragstellers, den Beschluss der Wohnungseigentümer für ungültig zu erklären, zurückgewiesen.

Das Rechtsmittel des Antragstellers muss nicht schon deshalb scheitern, weil er sich gegen einen Negativbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung wendet, dessen Regelung sich in der Ablehnung eines Beschlussantrags erschöpft und ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antragsteller nicht ersichtlich ist, dir die gerichtliche Erklärung des Beschlusses als ungültig nicht zu einer positiven Entscheidung führen kann. Der Antragsteller hat nämlich deutlich gemacht, dass er die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichten möchte, vom Verwalter durch Mehrheitsbeschluss die lückenlose Versicherungsabrechnung für die Schadensfälle von 1992 bis 1995, also Rechnungslegung im Sinne der §§ 28 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, zu verlangen. Indessen ist die angefochtene Entscheidung nicht deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil das Landgericht es unterlassen hat, den Antragsteller darauf hinzuweisen, dass er seinen Anfechtungsantrag in ein Verpflichtungsbegehren zur Verfolgung seines Rechtsschutzziels ändern könne. Eines solchen Hinweises bedurfte es nicht. Der Antragsteller ist den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgericht zufolge erst 1995 Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geworden und es ist kein Rechtsgrund ersichtlich, aufgrund dessen der Antragsteller aus den Jahren vor seiner Mitgliedschaft Rechte für sich sollte herleiten dürfen. Zudem ist der Antragsteller an den bestandskräftig gewordenen Beschluss der Wohnungseigentümer vom 23. Oktober 1996 über die Jahresabrechnung 1995 gebunden und der Anspruch auf Rechenschaftslegung für das entsprechende Wirtschaftsjahr erloschen. Dies gilt auch dann, wenn die Ungereimheiten zum Abrechnungspunkt "außerordentliche Aufwendungen" sich erst später aus den Buchungslisten vom 7. Januar 1997 und 13. August 1997 ergeben haben sollten, weil die dortigen Angaben im Widerspruch zum den Erläuterungen dieses Abrechnungsposten stehen, die der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 1995 mündlich erteilt haben soll, und auch nicht in Einklang zu bringen sein mögen mit dem Vortrag der Antragsgegner im Laufe des Beschwerdeverfahrens (Schriftsatz v.01.11.2000, Bl 268 ff. d.A.). Hätte der Antragsteller seinen Anfechtungsantrag in einen Verpflichtungsantrag umgeändert, hätte er keine Aufklärung über die angesprochenen vermeintlichen Widersprüche im Abrechnungspunkt "außerordentliche Aufwendungen" erhalten. So beanstandet er unter anderem, dass die Buchungsliste zu diesem Punkt ungedeckte Aufwendungen von per saldo 10.448,02 DM enthält und die Geldzu- und -abflüsse sich nicht decken mit den Erläuterungen auf S. 3 des Schriftsatzes vom 1. November 2000, wonach eine Versicherungsleistung von 4.000,00 DM als Einnahme zur Verminderung des Aufwandes für einen Schadens- und Versicherungsfall in Höhe von 8.950,51 DM verbucht ist, während die Buchungsliste diese Einnahme nicht ausweist. Er moniert weiter, dass die Sollzinsen aus 1993 in den jeweiligen Aufschlüsselungen von unterschiedlicher Höhe sind und in der Buchungsliste "Abrechnungsdifferenzen" aus vorangegangenen Jahren auftauchen, die weder im Schriftsatz vom 1. November 2000 als außerordentlicher Aufwand auftauchen noch in der vor der Beschlussfassung vom Verwalter mündlich erteilten Erläuterung über die Zusammensetzung des Postens "außerordentliche Aufwendungen", wonach der Aufwand von 10.448,02 DM Schadensfälle betrifft und der Aufwand durch Versicherungsleistungen reduziert werde. Wegen dieser und weiterer aus den Buchungslisten und dem Vortrag der Antragsgegner hervorgehenden Unstimmigkeiten hätte dem Antragsteller die Abrechnung der Versicherungsleistungen aus dem Zeitraum 1992 bis 1995 nichts genützt, so dass ein unterlassener Hinweis auf eine notwendige Änderung des Anfechtungsantrags in einen Verpflichtungsantrag dem Rechtsschutzziel des Antragstellers nicht entsprochen hätte.

Soweit der Antragsteller aus anderen Gründen - etwa wegen seiner Meinungsbildung über die Qualität der Verwaltung - an einer Abrechnung der Versicherungsleistungen durch den Verwalter interessiert ist, hat sich ein richterlicher Hinweis erübrigt, wonach das Recht auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 5. Aufl. § 28 Rn 65 m.w.N.) oder die Niederschriften der Beschlüsse der Wohnungseigentümer (§ 24 Abs. 6 S. 3 WEG) im Wege eines gegen den Verwalter gerichteten Verpflichtungsantrags geltend zu machen ist. Das in Rede stehende Verfahren ist nicht gegen den Verwalter gerichtet, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Eine Ausweitung der Zahl der Beteiligten nebst Erweiterung des Verfahrensgegenstandes in zweiter Instanz wäre nicht sachdienlich gewesen.

2) Auch den Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 2. Dezember 1999 über den Zusatztagesordnungspunkt 1, betreffend die Bestätigung der Verwaltereigenschaft der Firma ab 1. Januar 1999, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei dahin beurteilt, dass dem Beschluss keine rechtsgestaltende Wirkung beigelegt werden kann, da die genannte Verwaltungsfirma im Zeitpunkt des Beschlusses bereits durch Gerichtsbeschluss vom 5. Februar 1999 zum Notverwalter bestellt worden war und diese Bestellung mit ungewissem Ende fortdauerte.

Die Auslegung des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung durch die Zivilkammer dahin, dass der Beschluss keine Bindungswirkung entfaltet, weil eine etwa von der Mehrheit der Wohnungseigentümer verfolgte Absicht, den Notverwalter für die Zeit nach Beendigung der Notverwaltung wiederum - wie schon zuvor bis zum 31. Dezember 1998 - zum Verwalter zu bestellen, im Beschluss keinen Niederschlag gefunden habe, hält der rechtlichen Überprüfung stand. Die Auslegung des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung obliegt ausschließlich der Tatsacheninstanz (vgl. § 27 FGG i.V.m. § 559 ZPO; Keidel/Kuntze/Meyer-Holz a.a.O. § 29 Rn 49 m.w.N.) und das Gericht der weiteren Beschwerde ist an diese Feststellung gebunden, wenn sie nicht unter Verletzung des Rechts zustandegekommen ist. Die Auslegung ist nur nach dem eingangs dieser Entscheidung genannten Auslegungsmaßstab nachprüfbar. Nach diesen Kriterien hält die Auslegung des Beschlusses durch das Landgericht stand, denn der Beschluss setzt sich mit der Tatsache, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung ein Notverwalter auf unabsehbare Zeit bestellt war, nämlich bis zum Abschluss eines laufenden Gerichtsverfahrens (Az. AG Hamburg-Harburg 610 a II 35/98), nicht auseinander und es ist nach dem Wortlaut des Beschlusses nicht eindeutig, dass die Wohnungseigentümer mehrheitlich für die Zeit nach Ablauf der gerichtlich festgelegten Amtszeit einen neuen Verwalter in Gestalt des früheren Verwalters und damaligen Notverwalters bestellen wollten (was grundsätzlich zulässig ist, vgl. Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 26 Rn 251 m.w.N.). Die im Wohnungseigentümerbeschluss enthaltene Bezugnahme auf den bei Beschlussfassung in der Vergangenheit liegenden Beginn der Verwaltung am 1. Januar 1999 deutet eher darauf hin, dass der frühere Verwalter und im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 2. Dezember 1999 amtierende Notverwalter gegen Vorwürfe von Wohnungseigentümern bezüglich seiner Amtsführung in Schutz genommen und ihm damit das Vertrauen auch für die Zeit ab 1. Januar 1999 ausgesprochen werden sollte. Eine die Wohnungseigentümergemeinschaft bindende Verwalterbestellung liegt darin nicht, so dass der Antragsteller durch den angefochtenen ihm mißliebigen Beschluss auch nicht beschwert ist; seine Anfechtung geht ebenso "ins Leere" wie der Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung über die Bestellung eines neuen, des früheren Verwalters für die Zeit ab 1. Januar 1999 bzw. ab Beendigung der Notverwaltung. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Bestellung der Firma Joachim Hügel zum Notverwalter inzwischen beendet ist, denn maßgeblich für die Beurteilung des Beschlussinhalts sind die Umstände zur Zeit der Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümerversammlung.

3) Auch bezüglich der zu TOP 10 der Wohnungseigentümerversammlung vom 2. Dezember 1999 in Sachen des Miteigentümers wegen dessen Wohngeldrückständen gefassten ablehnenden Mehrheitsbeschlusses zu "sofortigem Zahlungsvollzug und Einrichtung einer Zwangssicherungshypothek" hat das Landgericht die Beschlussanfechtung des Antragstellers ohne Rechtsverstoß für unbegründet gehalten.

Die Ablehnung, gegen den säumigen Wohnungeigentümer aus einem Titel über rückständiges Wohngeld mit gerichtlichen Zwangsmaßnahmen vorzugehen, widerspricht nach der rechtfehlerfreien Entscheidung des Landgerichts deshalb nicht den Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung, weil diese Ablehnung nicht ohne den unmittelbar folgenden einstimmig gefassten Beschluss gewürdigt werden darf, dass eine Sachverhaltsprüfung vorzunehmen und eine Stellungnahme abzugeben ist und sodann auf einer außerordentlichen Eigentümerversammlung über diesen Tagesordnungspunkt entschieden werden soll. Der Verzicht auf sofortige Zwangsmaßnahmen und die Vertagung der Angelegenheit erfolgte nur auf absehbare Zeit nach Prüfung der genauen im Zeitpunkt der Beschlussfassung umstrittenen Höhe der titulierten Rückstände, auf die, was der Antragsteller bestreitet, gelegentlich Abträge geleistet worden sein sollen, widerspricht nicht ordnungsgemäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG). Dass die Angelegenheit wegen in der Vergangenheit mehrfach vergeblich unternommener Aufforderungen des Antragstellers, die Vollstreckung zügig zu betreiben, zumal nach der Titulierung der Rückstände weiteres Wohngeld nicht bezahlt worden sein soll, im Zeitpunkt der Beschlussfassung besonders dringlich war und keinen Aufschub duldete, hat der Antragsteller in der Beschwerdeinstanz nicht vorgetragen, so dass das Landgericht den der Wohnungseigentümergemeinschaft eingeräumten Ermessenspielraum bei zu treffenden Verwaltungsmaßnahmen rechtsfehlerfrei als nicht verletzt angesehen hat. Dies gilt umso mehr, als die aufgrund des angefochtenen Beschlusses vom 2. Dezember 1999 am 3. Januar 2000 erstellte Sachverhaltsschilderung (Anl. Antragsgegner 13) erkennen läßt, dass die Zwangsvollstreckung der Wohnungseigentümergemeinschaft in das Wohnungseigentum des im übrigen wohl vermögenslosen Miteigentümers wegen der hohen Belastung dieses Objekts durch eine vorrangige Hypothek in Höhe von 140.000,00 DM kaum aussichtsreich gewesen dürfte, die Wohngeldrückstände auf diese vom Antragsteller bevorzugte Weise schnell zurückzuführen. Immerhin hatten die Wohnungseigentümer auch die Kosten zu bedenken, die der Wohnungseigentümergemeinschaft durch eine erfolglose Zwangsvollstreckungsmaßnahme entstehen würden, so dass es im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht unklug war, sondern wirtschaftlich vernünftig, von sofortigen Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen und den Sachstandsbericht abzuwarten.

4) Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, dass der im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolglose Antragsteller mit den Gerichtskosten belastet wird. Indessen ist es nicht angemessen, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt, denn das Risiko ineffektiver und unübersichtlicher Verwaltung haben alle Wohnungseigentümer als Risikogemeinschaft zu tragen.

Die Geschäftswertbemessung folgt aus § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der Festsetzung durch das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung, soweit die Verfahrensgegenstände auch im Rechtsbeschwerdeverfahren anhängig waren (TOP 10 9.026,61 DM, TOP 3.136,75, ZusatzTOP 1 1.815,13 DM), denn die vom Landgericht angestellten Erwägungen gelten auch für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht.

Ende der Entscheidung

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