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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 14.07.2003
Aktenzeichen: 2 Wx 134/00
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 28 Abs. 5
WEG § 43 Abs. 1 S. 1
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47
WEG § 48 Abs. 3
FGG § 27
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 134/00 2 Wx 135/00

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 14. Juli 2003 durch die Richter

Dr. Lassen, Puls, Meyn

beschlossen:

Tenor:

Die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 18. Oktober 2000 (Az. 318 T 45/00 und 318 T 46/00) werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Gerichtskosten der Rechtsbeschwerdeverfahren zu tragen und den Antragsgegnern die diesen in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Verfahren dritter Instanz wird festgesetzt auf 69.797,00 DM, entsprechend 35.686,64 €, für das Verfahren 2 Wx 134/00 und 6.978,00 DM, entsprechend 3.567,79 €, für das Verfahren 2 Wx 135/00.

Gründe:

Die gem. §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 S. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaften und prozeßordnungsgemäß eingelegten Rechtsmittel der Antragsteller können keinen Erfolg haben, denn es fehlt an einem schützenswerten Interesse der Antragsteller an der Aufrechterhaltung ihrer Rechtsschutzziele.

Mit Recht hat das Landgericht in der im Beschlusstenor näher bezeichneten Entscheidung die sofortigen Beschwerden der Antragsteller gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 16. Februar 2000 als unzulässig verworfen, weil das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller an der Erklärung von Beschlüssen zu TOP 4 und 7 der Wohnungseigentümerversammlung und des Beirats vom 24. Juni 1999 zur Gesamtabrechnung 1998 und zum Wirtschaftsplan 2000 sowie den sich daraus ergebenden Einzelwirtschaftsplänen für 2000 für nichtig bzw. ungültig bereits vor Abschluss des Verfahrens vor dem Amtsgericht entfallen war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den angefochtenen Beschluss der Zivilkammer 18 verwiesen. Die von den Antragstellern beanstandete Entscheidung des Landgerichts hat Bestand, denn sie beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, auf die allein hin das Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung vornehmen darf (§ 27 FGG).

Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller an der Entscheidung über ihre rechtzeitig erfolgte Anfechtung der Beschlüsse vom 24. Juni 1999 war bereits vor Beendigung des Verfahrens erster Instanz dadurch entfallen, dass Beirat und Eigentümer gemeinsam bzw. die Eigentümer allein in der Wohnungseigentümerversammlung vom 24. November 1999 unter TOP 3 zu den von den Antragstellern beanstandeten Beschlussgegenständen vom 24. Juni 1999 bestätigende wirksame Zweitbeschlüsse gefasst haben und diese von den Antragstellern nicht angefochten worden sind. Diese Zweitbeschlüsse sind vorrangig vor den Erstbeschlüssen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, wenn durch die Zweitbeschlüsse eine Erledigung der Erstbeschlüsse in der Hauptsache eingetreten ist, weil die Zweitbeschlüsse Bestandskraft erlangt haben, nicht nichtig sind, sowie nicht grundlos bereits angefochtene Eigentümerbeschlüsse wiederholen und dadurch in schützenswerte, durch die Erstbeschlüsse erworbene Positionen der Wohnungseigentümer eingreifen (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 5. Aufl. § 21 Rn 29 und Rn 48 vor §§ 43 ff. WEG - jeweils m.w.N. und die in der angefochtenen Entscheidung vom Landgericht auf S. 7 angeführten Zitate), denn grundsätzlich dürfen die Wohnungseigentümer über eine schon geregelte Angelegenheit erneut beschließen (BGHZ 113, 197 = NJW 1991, 979).

Die Beurteilung der in Rede stehenden bestandskräftigen Zweitbeschlüsse durch das Landgericht als die von den Antragstellern angefochtenen Beschlüsse erledigend ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Annahme des Landgerichts ist nicht deshalb fehlerhaft, wie die Antragsteller meinen, weil die Zweitbeschlüsse von der Wohnungseigentümerversammlung statt vom nach der Teilungserklärung für die Verabschiedung von Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan allein zuständigen Verwaltungsbeirat gefasst worden sind. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung in der Parallelsache 2 Wx 134/99 mit Beschluss vom 9. Juli 2003 ausgeführt, dass ein Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung, der gegen die Bestimmungen des § 14 Abs. 7 S. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 der Teilungserklärung verstößt, nicht nichtig ist und die Wohnungseigentümer bindet; auf jene Entscheidung wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Wohnungseigentümer am 24. November 1999 einen von ihnen früher in der Versammlung vom 30. August 1995 gefassten Beschluss bestätigt haben, wonach die Wohnungseigentümerversammlung als oberstes Beschlussorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft über Wirtschaftspläne und Abrechnungen zu beschließen soll und damit die nach der Teilungserklärung ausschließlich dem Verwaltungsbeirat zustehende Beschlusskompetenz nicht nur für den Einzelfall beseitigen wollten. Darin liegt zwar eine Überschreitung der in der Teilungserklärung festgelegten Befugnisse der Wohnungseigentümer, aber der "vereinbarungsersetzende" Beschluss der Wohnungseigentümer ist nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 20.09.2000, BGH ZMR 2000, 771 = FGPrax 2000, 222 = DNotZ 2000, 854) nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Der anstelle des Verwaltungsbeirats gefasste Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung greift nicht in Kernbereiche der Wohnungseigentümer bzw. der Antragsteller ein, denn § 28 Abs. 5 WEG sieht gerade das vor, was die Wohnungseigentümer in Abweichung von der für ihre Anlage maßgeblichen Teilungserklärung mehrheitlich beschlossen haben: Die Beschlusszuständigkeit der Wohnungseigentümerversammlung bei Jahresabrechnungen und Wirtschaftsplänen. Mit dem Zweitbeschluss vom 24. November 1999 ist nur der Erstbeschluss aus dem Jahre 1995 bestätigt und damit der Zustand hergestellt, der nach der Vorstellung des Gesetzgebers in Wohnungseigentümergemeinschaften gelten soll, wonach die Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung unterliegen. Diesem Beschluss der Wohnungseigentümer kann auch die Ordnungsgemäßheit im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht abgesprochen werden, denn er ist sachgerecht und trägt den Interessen der Wohnungseigentümer in größtmöglichem Maße Rechnung, dass nämlich sie selbst bestimmen und nicht stellvertretend für sie der Verwaltungsbeirat darüber verbindlich beschließt, ob die Abrechnungen akzeptabel und die Wirtschaftspläne vernünftig gestaltet sind, da die Beschlüsse die wirtschaftlichen Belange der Wohnungseigentümer unmittelbar berühren. Die Antragsteller berufen sich ohne Erfolg auf die Publizität der Grundbuchs, in das die vereinbarungsersetzenden Beschlüsse der Wohnungseigentümer nicht eingetragen sind. Die Antragsteller konnten von den in Rede stehenden Beschlüssen nicht überrascht werden, da die Beschlüsse zu einer Zeit gefasst worden sind, als die Antragsteller bereits im Grundbuch als Eigentümer eingetragen waren. Ob ein der Teilungserklärung widersprechender vereinbarungsersetzender Beschluss als Beschluss auch ohne Eintragung in das Grundbuch für und gegen Sondernachfolger der Antragsteller wirkt (vgl. zum Meinungsstand Staudinger-Kreuzer 12. Aufl. § 10 WEG Rn 59 m.w.N.) bedarf keiner Entscheidung, da nur die Antragsteller selbst betroffen sind.

Auch aufgrund der übrigen Einwände der Antragsteller hat das Landgericht rechtsfehlerfrei nur die Anfechtbarkeit der in Rede stehenden Zweitbeschlüsse angenommen. Insbesondere ist mit dem Landgericht nicht erkennbar, dass die mehrheitliche erneute Beschlussfassung der Wohnungeigentümerversammlung vom 24. November 1999 über die Jahresabrechnung 1998, die erstmals in der Versammlung vom 24. Juni 1999 Gegenstand der Abstimmung der Wohnungseigentümer gewesen ist, wegen Unklarheit oder Widersprüchlichkeit nichtig sein könnte, wie die Antragsteller meinen. Die Bestätigung der früher gefassten Beschlüsse ist eindeutig und aus dem Protokoll über die Wohnungseigentümerversammlung vom 24. November 1999 zweifelsfrei zu entnehmen. Ebenso wenig führt die Einbeziehung des Vorjahressaldos 1997 in die von der Wohnungseigentümerversammlung am 24. November 1999 genehmigte Jahresabrechnung 1998 zur Nichtigkeit des bestandskräftig gewordenen Beschlusses, denn solche Fehler minderen Gewichts sind mit der - hier unterbliebenen - Beschlussanfechtung geltend zu machen (BayObLG NJW 1990, 1107; NJW-RR, 1992, 1169; OLG Düsseldorf WoM 1991, 625; Niedenführ/Schulze a.a.O. § 28 Rn 56). Das Gleiche gilt nach den rechtsfehlerfreien Ausführungen des Landgerichts zur Beschlussfassung über die Fortgeltung des Wirtschaftsplanes 1999 nebst Einzelwirtschaftsplänen für das Jahr 2000 (vgl. Bärmann-Pick-Merle WEG 8. Aufl. § 28 Rn 80). Dass der Zweitbeschluss durch den Verwaltungsbeirat und die Wohnungseigentümergemeinschaft gemeinschaftlich mit Mehrheit gefasst worden ist, ist unschädlich, denn der Beirat setzt sich aus Wohnungseigentümern der Wohnungseigentümergemeinschaft Mühlenkamp 10 ff. zusammen; eine Verzerrung des Abstimmungsergebnisses ist daher nicht zu befürchten. Auch greift der diesbezügliche Zweitbeschluss nicht erkennbar in durch den Erstbeschluss erworbene Rechte der Antragsteller ein, denn der Zweitbeschluss stellt nur eine Wiederholung des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 24. Juni 1999 dar; auch die Antragsteller tragen solche Rechtsverletzungen nicht vor. Der bestandskräftige Zweitbeschluss wäre auch dann nicht nichtig, wenn die darin enthaltenen Kostenverteilungskriterien der Teilungserklärung zuwiderlaufen sollten, denn solche der Teilungserklärung widersprechende Regelungen des Einzelfalls sind nach der neuen zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher der Senat folgt, nur anfechtbar (Rapp Anm. zur Entscheidung des BGH vom 20.09.2000 DNotZ 2000, 854 ff., 864 ff., 866 f.). Schließlich sind die Zweitbeschlüsse nicht willkürlich und deshalb auch nicht nichtig, denn sie nehmen die in der Vergangenheit von den Antragstellern gerügten Beanstandungen auf und wollen ihnen lediglich Rechnung tragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG und trägt aus Billigkeitsgründen dem Umstand Rechnung, dass die Antragsteller ihren rechtlich nicht haltbaren Standpunkt bezüglich der mangelnden Erledigung der Hauptsache infolge bestandskräftiger Zweitbeschlüsse auch in der dritten Instanz aufrechterhalten haben.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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