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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 10.10.2001
Aktenzeichen: 2 Wx 63/00
Rechtsgebiete: ZPO, WEG


Vorschriften:

ZPO § 444
WEG § 47
WEG § 48 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

2 Wx 63/00

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 10. Oktober 2001 durch die Richter Dr. Lassen, Stöger, Albrecht

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 29. Juni 2000 - Az.: 318 T 164/97 (120) - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und hat den Antragsgegnern und den Streithelfern die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten.

3. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt DM 38.560,16.

Gründe:

I. Die Beteiligten sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Antragsteller ist Eigentümer der dort im Erdgeschoß rechts belegenen Wohneinheit, die Antragsgegner Erwerber der im Souterrain darunter belegenen Gewerberäume, in denen sie in den Jahren 1990 und 1991 umfangreiche Umbau- und Sanierungsarbeiten ausführen ließen. Die Planung und Überwachung dieser Arbeiten oblag den Streithelfern.

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch und macht dazu geltend, die in seiner Wohnung seit dem Jahre 1991 aufgetretenen Risse in Wänden und Decken seien ursächlich auf die mit schwerem Gerät und unter Eingriff in das Gemeinschaftseigentum (Statik, tragende Wände, Fundamente) vorgenommenen Bauarbeiten zurückzuführen.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben über die Frage, ob in der Wohnung des Antragstellers Bauschäden vorhanden seien und ob für diese die von den Antragsgegnern ausgeführten Baumaßnahmen ursächlich seien.

Der gerichtliche Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seien im gesamten Gebäude bereits vor den Baumaßnahmen Risse in den tragenden und nichttragenden Wänden vorhanden gewesen. Ebenfalls sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass durch die Baumaßnahmen weitere Risse im Bauwerk entstanden seien. Nun zu differenzieren, welche Risse vor der Sanierung im Souterrain bereits vorhanden waren und welche Risse nach der Sanierung aufgetreten sind, sei im Nachherein nicht mehr möglich. Ferner hat der Sachverständige verschiedene Faktoren aufgezählt, die mitursächlich sein könnten (S. 16 des Gutachtens vom 14.7.95).

In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht hat er ergänzend ausgeführt: Er könne keine rational begründbare Aussage zum konkreten Anteil der durch die beanstandeten Baumaßnahmen verursachten Schäden in der Wohnung des Antragstellers treffen - auch nicht im Wege der Schätzung. Das wäre anders gewesen, wenn vor oder unmittelbar nach Beginn der Bauarbeiten eine Beweissicherung durchgeführt worden wäre. Baumaßnahmen auf der Straße und in einer Wohnung im zweiten Obergeschoß schließe er als weitere Verursachungsbeiträge nicht aus. Das Gleiche gelte für die Schwammsanierung, auch für die Bereiche, in denen während der Sanierung nicht gearbeitet worden sei. Weder ein im Sinne des Antragstellers unterstellter anderer Zeitablauf noch die möglicherweise abweichende Charakterisierung von Wänden als tragend statt nichttragend würde an dem Ergebnis für die Wohnung des Antragstellers etwas ändern.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15. September 1997 den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, die materielle Beweislast für den Kausalzusammenhang liege sowohl für vertragliche als auch für deliktische Ansprüche beim Antragsteller und eine Beweislastumkehr oder die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises kämen nicht in Betracht. Die Beweisaufnahme aber habe die Ursächlichkeit der Baumaßnahmen für die festgestellten Schäden nicht erwiesen, denn der Sachverständige habe verschiedene konkurrierende Schadensursachen bejaht, sodass nicht mehr aufklärbar sei, welche Risse vor der Sanierung (u.U. oberflächlich verdeckt) bereits vorhanden gewesen seien, welche später aufgetreten seien. Der Gutachter habe sein Ergebnis auch unter Zugrundelegung der vom Antragsteller erhobenen Einwände bestätigt. Deshalb seien keine Anhaltspunkte gegeben, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen können auf unzutreffender Tatsachengrundlage beruhen oder wissenschaftlich nicht hinreichend fundiert sein, zumal der Antragsteller selbst ein exaktes zeitliches Zusammentreffen von einer Baumaßnahme mit bestimmten Rissen nicht behauptet habe.

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Argumentation des Amtsgerichts Bezug genommen und ausgeführt, der Antragsteller habe den ihm obliegenden Beweis für eine Ursächlichkeit zwischen den Sanierungsarbeiten im Souterrain und den eingetretenen Bauschäden im Erdgeschoß des Gebäudes nicht führen können. Weder für die Rissbildung insgesamt, noch für einen bestimmten oder bestimmbaren Anteil der entstandenen Risse stehe nach dem erhobenen Sachverständigenbeweis (allein oder im Zusammenhang mit den übrigen vorliegenden Sachverständigenäußerungen im Rahmen von Parteigutachten oder anderen Verfahren) fest, dass sie Folge gerade der Umbauarbeiten der Antragsgegner seien. Bei keinem der überprüfbaren Risse könne auf Grund gesicherter Grundlagen gesagt werden, er sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Bauarbeiten im Souterrain zurückzuführen, d.h. andere Ursachen seien mit eben dieser Sicherheit auszuschließen.

Zugunsten des Antragstellers greife auch keine Beweislastverschiebung ein, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass letztlich offengeblieben sei, welchen Umfang und welche Intensität die Bauarbeiten im Hinblick auf Eingriffe in das Tragwerk und die Statik des Gebäudes gehabt hätten. Schon der zeitliche Zusammenhang zwischen einzelnen Arbeiten und einzelnen Rissbildungen sei nicht hinreichend erwiesen, sodass nicht nach der Lebenserfahrung von einer Ursächlichkeit der Bauarbeiten für die Rissbildung ausgegangen werden dürfe.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner weiteren sofortigen Beschwerde.

Er rügt, das Landgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend erfasst und außer Acht gelassen, dass Risse (etwa unter Fliesenschildern etc.) nicht sofort erkennbar seien. Es habe verkannt, dass die Entstehung von Rissen noch nach mehreren Jahren durchaus kausal sein könne.

Das Landgericht habe ferner zu Unrecht darauf abgestellt, Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum seien nicht nachgewiesen. Denn der Gutachter Thews habe 1998 Eingriffe in tragende Teile bestätigt. Auch die Kellersohle sei unstreitig jedenfalls tiefergelegt worden, u.a. wegen der Abwasserhebeanlage.

Insgesamt habe das Landgericht den Sachverhalt damit falsch und unzureichend gewürdigt.

Schließlich habe das Landgericht die Regeln zur Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die besonderen Umstände dieses Falles rechtfertigten eine Umkehr der Beweislast: Nämlich der zeitliche Zusammenhang, die Schwere des Eingriffs in das Gemeinschaftseigentum, die fehlende Beweissicherung durch die Antragsgegner, die fehlenden Vorkehrungen der Antragsgegner zur Stabilisierung während der Baumaßnahmen sowie schließlich eine Tätigkeit ohne Genehmigung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es seien analog die für die Arzthaftung bzw. vorvertragliche Beratungs- und Aufklärungspflichten entwickelte Rechtsprechung sowie § 444 ZPO anwendbar. Jedenfalls hätte das Landgericht dem Antragsteller die Erleichterungen des Anscheinsbeweis zubilligen müssen, da die übrigen Schadensursachen tatsächlich unwahrscheinlich seien. Insbesondere habe er ermittelt, dass zwischen 1985 und 1991 keine Baumaßnahmen auf der Straße stattgefunden hätten.

II. Die zulässige sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers (§§ 45 Abs. 1, 43 WEG, 27, 29 Abs. 2, Abs. 4, 22 Abs. 1, 20 FGG) bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Rechtsfehler (§ 27 FGG, § 550 ZPO).

1. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist mit der Rechtsbeschwerde nicht erfolgreich angreifbar.

Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur überprüfen, ob der Tatrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG) und bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (§ 25 FGG), ob seine Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ferner ob die Beweisanforderungen vernachlässigt oder überspannt worden sind. Die Beweiswürdigung muss nur möglich sein. Zwingend oder auch nur naheliegend braucht sie dagegen nicht zu sein (statt aller Bärmann-Pick-Merle, 8. Aufl. 2000, § 45 Rdz. 85; Keidel-Kahll § 27 FGG Rdz. 42).

Bei Sachverständigengutachten ist die Würdigung durch den Tatrichter nur daraufhin überprüfbar, ob er bei seiner Überzeugungsbildung die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisquellen ausgeschöpft und sich ggf. mit beachtlichen wissenschaftlichen Meinungen auseinandergesetzt hat. Dem Rechtsbeschwerdegericht ist aber eine Nachprüfung entzogen, ob das Gutachten zutrifft (vgl. Keidel-Kahll a.a.O. m.w.N.).

Rechtsfehler sind dem Landgericht aber nicht unterlaufen.

Insbesondere rügt der Antragsteller vergeblich, das Landgericht habe sich mit der Eingriffsintensität in die Statik des Gebäudes nicht ausreichend auseinandergesetzt. Das Beschwerdegericht hat nämlich im einzelnen ausgeführt, dass die Gutachter selbst bei Unterstellung der behaupteten Eingriffe in Wände und Kellersohle deren Ursächlichkeit für die Rissbildung nicht festgestellt hätten (S. 10, 11 des Beschlusses). Dies stimmt überein mit der ausdrücklichen schriftlichen und ergänzenden mündlichen Äußerung des gerichtlichen Sachverständigen, auf den das Landgericht durch Verweisung auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug nimmt (S. 7, 8 des Beschlusses). Selbst bei einer Charakterisierung der Wände als tragend statt nichttragend blieb der Sachverständige bei seiner Einschätzung, die Ursächlichkeit sei nicht zugunsten des Antragstellers aufklärbar. Bezüglich der Veränderungen an der Kellersohle, die der Antragsteller stets als belastende Eingriffe in die Fundamente und damit die Statik angesehen hat, sind der Sachverständige und der Sachverständige ausdrücklich übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, die Eingriffe hätten letztlich positive Wirkungen für die Statik des Gebäudes gehabt (Sachverständiger im Gutachten vom 14.7.95 auf S. 16; Sachverständiger im Parallelverfahren im Gutachten vom 30.12.98 auf S. 44). Angesichts dieser dezidierten Äußerungen und der Tatsache, dass ein Eingriff als solcher vom Sachverständigen bereits gemäß Gutachten vom 14. Oktober 1991 (K 5) bestätigt war, bestand für das Landgericht keine Veranlassung, den zwischen den Parteien streitigen Umfang der Arbeiten weiter aufzuklären.

Im übrigen ist die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung nicht nur möglich, sondern sogar mehr als naheliegend. Denn der Sachverständige hatte bereits vor dem Amtsgericht unzweifelhaft ausgeführt, er könne keine rationalbegründbare Aussage zum konkreten Anteil der durch die beanstandeten Baumaßnahmen verursachten Schäden in der Wohnung des Antragstellers treffen, nicht einmal im Wege einer Schätzung.

2. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht es abgelehnt, eine Beweislastumkehr zugunsten des Antragstellers anzunehmen.

Vergeblich versucht der Antragsteller insofern, die Rechtsprechung zu anderen Bereichen auf das Verhältnis zwischen zwei Wohnungseigentümern auszudehnen. Daran würde selbst eine vom Antragsteller behauptete besondere Schwere des Eingriffs in das Gemeinschaftseigentum nichts ändern, sodass es auch unter diesem Aspekt keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung bedurfte.

Grundsätzlich trägt der Geschädigte die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Ausnahmen hat die Rechtsprechung angenommen in Fällen grober Verletzung von Berufspflichten, sofern sie dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen, insbesondere also bei ärztlichen Behandlungsfehlern, die generell geeignet waren, einen Schaden wie den eingetretenen herbeizuführen. Diese Rechtsprechung beruht - ebenso wie gelegentliche, allerdings streitige, Erweiterungen auf Rechtsanwälte und Freiberufler mit Vertrauensstellung - auf der prinzipiellen Unterlegenheit des Geschädigten auf Grund einer typischerweise bestehenden Konstellation, in der der Patient/Ratsuchende sich in gewisser Weise "ausliefert", ohne eigene Wahrnehmungs- und Kontrollmöglichkeiten zu haben und im Gegenteil sogar mit besonderen Schwierigkeiten der Beweisbeschaffung konfrontiert ist. Damit ist das Verhältnis zwischen mehreren Wohnungseigentümern nicht vergleichbar. Der Wohnungseigentümer kann nur Ersatz für Schäden an seinem Sondereigentum allein geltend machen und befindet sich gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer prinzipiell in einem Gleichordnungsverhältnis. Daran ändert ein mit dem Handeln des Schädigers verbundener besonders schwerwiegender Eingriff in Gemeinschaftseigentum nichts. Ein Grund, den geschädigten Wohnungseigentümer besser zu stellen, als andere Geschädigte, ist nicht ersichtlich, selbst wenn die übrigen vom Antragsteller ins Feld geführten Verstöße zusätzlich unterstellt werden. Ob die Baumaßnahmen im Einklang oder im Widerspruch mit Wohnungseigentümerbeschlüssen stehen, kann ebenso wenig eine Rolle spielen wie die Frage, ob der Schädiger oder eher der Geschädigte Anlass zu vorsorglicher Beweissicherung gehabt hätte. Von einer Beweisvereitelung kann nicht gesprochen werden. Bereits das Amtsgericht hatte zutreffend darauf hingewiesen, dass das Recht eine besondere Dokumentationspflicht eines potentiellen Schädigers nur in Ausnahmefällen kennt. Im übrigen hätte ein Beweissicherungsverfahren nur den Ist-Zustand zu Beginn der Bauarbeiten feststellen, lange zurückliegende Schädigungsereignisse als Ursache aber nicht ausschließen können. Entsprechendes gilt für vorsorgliche Sicherungsmaßnahmen oder den behaupteten zeitlichen Zusammenhang zwischen Bauarbeiten und Rissbildung.

3. Schließlich hat das Landgericht mit zutreffender Begründung abgelehnt, zugunsten des Antragstellers die Ursächlichkeit nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises als bewiesen anzusehen, also nicht etwa die Schwelle des Beweises zu hoch angesetzt.

Die Anwendung des Anscheinsbeweises ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz wie in der Revisionsinstanz allgemein praktisch voll nachprüfbar, weil die Verletzung von Erfahrungssätzen revisibel ist (vgl. BGHZ 100, 31, 33; MünchKom-Prütting § 286 ZPO, Rz. 65).

Welche Tatsachen im Einzelfall hinreichen, um den Schluss aus einem Erfahrungssatz zu erschüttern, stellt eine Frage der tatrichterlichen Würdigung dar (BGH a.a.O.; VersR 1991, 723, 724). Hat der Tatrichter den Anscheinsbeweis als entkräftet angesehen, kann dies vom Rechtsbeschwerdegericht nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter von richtigen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, d.h. nicht den Begriff den Ernsthaftigkeit eines anderen Geschehensablaufes verkannt hat (BGH NJW 1969, 277).

Vorliegend hat das Landgericht den Begriff des Anscheinsbeweises nicht verkannt und - wie schon das Amtsgericht - dem Antragsteller die Vergünstigungen des Anscheinsbeweises rechtsfehlerfrei versagt wegen der bewiesenen ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes.

Der Anscheinsbeweis gilt nur für typische Geschehensabläufe (BGHZ 100, 31, 33 m.w.N; VersR 1991, 461). Steht ein Sachverhalt fest, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Geschehensablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist, so ist diese Ursache oder dieser Ablauf als bewiesen anzusehen, wenn der Fall das Gepräge des Üblichen und Gewöhnlichen trägt (BGHZ 100, 214, 216; 100, 31, 33; 31, 351, 357).

Der streng nachgewiesene Teilsachverhalt zusammen mit allgemeinen und besonderen Erfahrungssätzen müssen zusammen die volle Überzeugung des Richters vom behaupteten Geschehensablauf begründen (vgl. BGH NJW 1998, 79, 81). Es kann dann von einem feststehenden Erfolg auf eine bestimmte Ursache geschlossen werden, wie auch umgekehrt von einer bestimmten Ursache auf einen bestimmten Erfolg. Der Anscheinsbeweis führt aber nicht zur Umkehr der Beweislast, sondern macht den Gegenbeweis nötig, wenn der Gegner einen atypischen Ablauf behauptet (BGHZ 100, 31, 34), mit anderen Worten obliegt dem Gegner die Entkräftung der auf die Erfahrung gestützten Vermutung (BGHZ 2, 1, 5).

Der Anscheinsbeweis ist erst entkräftet, wenn der Gegner Tatsachen behauptet und beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes ergibt. Dann verbleibt es bei der vollen Beweislast des Geschädigten (BGHZ 8, 239; VersR 1995, 723 m.w.N.). Kann der Schaden auf mehrere typische Geschehensabläufe zurückzuführen sein, von denen nur einer zur Haftung des Schädigers führt, muss der Geschädigte diesen beweisen, sofern auch die anderen ernsthaft in Betracht kommen (BGH NJW 1978, 2032, 2033).

All diese Grundlagen hat das Landgericht nicht verkannt. Der Antragsteller kann nicht durchdringen mit seiner Argumentation, ein Rechtsfehler des Landgerichts sei darin begründet, dass die übrigen denkbaren Schadensursachen unwahrscheinlich seien, weil Straßenbauarbeiten in den Jahren 1985 bis 1991 nicht stattgefunden hätten und der zeitliche Zusammenhang eine Schlussfolgerung von Bauarbeiten als Ursache für Rissbildung nahelegten.

Auf die Mitursächlichkeit von Straßenbauarbeiten hat das Landgericht ausdrücklich nicht abgestellt (S. 14, 15 des Beschlusses). Mit der Rechtsbeschwerde nicht angreifbar ist die Würdigung der Sachverständigengutachten dahin, andere Ursachen für die Rissbildung wie der damals unstreitig vorliegenden Schwammbefall, Bauarbeiten in anderen Wohnungen des Hauses sowie die allgemeine Rissanfälligkeit aufgrund der spezifischen Bauweise, seien mindestens ebenso wahrscheinlich wie die Bauarbeiten der Antragsgegner im Souterrain. Das Landgericht stützt sich dabei auf den unstreitigen Sachverhalt, die unzweideutigen Äußerungen des gerichtlichen Sachverständigen sowie Erkenntnisse der verschiedenen Privatgutachten. Die Bauweise des Hauses war stets unstreitig. Es handelt sich um eine Holzständerkonstruktion (Holzstelen mit aufgemauerten Zwischenräumen) auf einem Fundament aus einer bloßen Rollschicht. Der Sachverständige hat sich dezidiert dahin geäußert, diese Bauweise sei stets besonders schwingungsanfällig und deshalb rissgefährdet (S. 58 des Gutachtens vom 16.7.91). Davon geht der Antragsteller auch selbst aus. Die Sachverständigen (S. 17 des Gutachtens vom 14.7.95) und Thews (S. 7 des Gutachtens vom 26.11.92) haben Schwingungen durch den Straßenverkehr (gerichtsbekannt eine vierspurige Straße mit Schwerlastverkehr) als mögliche Ursache bezeichnet. Darüber hinaus hat der Sachverständige ausdrücklich erklärt, der festgestellte Schwammbefall könne eine Destabilisierung zur Folge gehabt haben (S. 17 des Gutachtens vom 14.7.95). Das entsprach den Feststellungen des Sachverständigen Katenkamp, der Bruchgefahr eines Raumes in der Wohnung des Antragstellers befürchtete.

Die Würdigung des Landgerichts, diese Faktoren seien jeder für sich geeignet, die Kausalität auszuschließen bzw. entscheidungserheblichen Zweifeln auszusetzen, beruht somit auf dem gefundenen Beweisergebnis und begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Der vom Antragsteller immer wieder ins Feld geführte zeitliche Zusammenhang schließlich ist vom Landgericht rechtsfehlerfrei plausibel und im Detail als irrelevant gewürdigt worden, weil die aufgetretenen Risse nicht bestimmten Zeitabschnitten zugerechnet werden könnten. Diese tatrichterliche Würdigung ist von der Rechtsbeschwerde hinzunehmen. Der Antragsteller bestätigt sie im Grunde selbst, indem er ausführt, Risse könnten noch Jahre nach einem schädigenden Ereignis auftreten. So argumentiert der Antragsteller selbst damit, es seien noch in den Jahren 1996, 1997 Risse aufgetreten. Dann könnten sogar nach seinem eigenen Vortrag die 1991 aufgetretenen Risse schon auf Erschütterungen in den 80iger Jahren zurückzuführen seien, so dass das Landgericht zu Recht einen zeitlichen Zusammenhang als zwingende Grundlage für einen Erfahrungssatz abgelehnt hat. Möglicherweise gibt es eine Lebenserfahrung dahin, dass Erschütterungen Rissbildungen in Wänden und Decken hervorrufen können. Hingegen besteht keine Lebenserfahrung, nach welchem Zeitabstand infolge welcher konkreten Erschütterung welche konkreten Riss verursacht wird. Für den Schadensersatzanspruch kam es aber gerade auf den Nachweis an, dass alle oder bestimmte einzelne Risse den Arbeiten der Antragsgegner zuzuordnen waren. Der Anteil der von den Antragsgegnern möglicherweise verursachten Schäden durfte deshalb vom Landgericht nicht im Wege des Anscheinsbeweises als bewiesen angesehen werden.

Schließlich musste das Landgericht nicht etwa den sogenannten Anzeichenbeweis als geführt ansehen, denn die für den Antragsteller sprechenden Indizien sind durch die ebenso wahrscheinliche Möglichkeit anderer Schadensursachen widerlegt.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 47, 48 Abs. 3 WEG. Als unterlegene Partei muss der Antragsteller die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen. Angesichts zweier gleichlautender sorgfältig begründeter Entscheidungen der Vorinstanzen entspricht es der Billigkeit, dem Antragsteller auch die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Antragsgegner und der Streitverkündeten aufzuerlegen.

Ende der Entscheidung

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