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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 14.10.2002
Aktenzeichen: 2 Wx 69/02
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 3
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47
WEG § 48
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

2 Wx 69/02

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 14. Oktober 2002 durch die Richter Dr. Lassen, Puls, Albrecht

beschlossen:

Tenor:

1.) Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 10. Juli 2002 - Aktenzeichen 318 T 45/02 (42) - wird zurückgewiesen.

2.) Wegen des Hilfsantrags der Antragsgegner - gerichtet auf Bestellung eines Verwalters durch das Gericht - wird die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen.

3.) Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des weiteren Beschwerdeverfahrens. Ferner haben die Antragsgegner der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

4.) Der Geschäftswert des weiteren Beschwerdeverfahrens wird auf € 1.840,65 (entsprechend DM 3.600,--) festgesetzt.

I.

Antragstellerin und Antragsgegner sind Wohnungseigentümer der aus drei Reihenhäusern bestehenden Wohnungseigentumsanlage Dannmeyerstrasse 15-19.

Die Antragstellerin hatte beim Amtsgericht unter anderem die Ungültigkeitserklärung eines Wohnungseigentümerbeschlusses vom 11.05.01 erreicht, wonach unter TOP 2 der weitere Beteiligte Michael zum Verwalter bestellt wurde.

Das Amtsgericht hatte dies damit begründet, zwischen der Antragstellerin und dem bestellten Verwalter bestehe auf Grund von nachbarschaftlichen Streitigkeiten, insbesondere eines schon vor der Bestellung anhängigen Gerichtsverfahrens betreffend die Beseitigung einer Pergola durch die Antragstellerin, die auch Gegenstand eines Gegenantrags der Antragsgegner bildete, nicht das notwendige Vertrauensverhältnis.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Auch das Landgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, der bestellte Verwalter sei persönlich ungeeignet. Es fehle ihm auf Grund der persönlichen Streitereien mit der Antragstellerin das erforderliche Mindestmaß an Objektivität. Die Antragstellerin befürchte zu Recht Befangenheit des Verwalters ihr gegenüber, denn der Verwalter führe aus persönlichem Interesse mit ihr einen Streit, der auch innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft Streitgegenstand sei.

Den in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag auf Bestellung eines Verwalters durch das Gericht hat das Landgericht als vor Abschluss des Instanzenzuges unbegründet zurückgewiesen.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsgegner weiterhin ihr Ziel, den Antrag der Antragstellerin auf Ungültigkeitserklärung des Beschlusses zu TOP 2 zurückzuweisen. Auch erhalten sie den Hilfsantrag aufrecht.

Die Antragsgegner führen aus, für den Vorwurf der Parteilichkeit gebe es keinerlei objektive Anzeichen. Es müsse möglich sein, gegen den Willen der Antragstellerin einen Verwalter zu bestellen, wenn die übrigen ihn für geeignet hielten. Ein anderer Verwalter sei für die insgesamt zerstrittene Wohnungseigentumsgemeinschaft nur schwer zu finden.

Die Antragstellerin hat klargestellt, dass sie auch den von den Antragsgegnern hilfsweise vorgeschlagenen Herrn Michael Brenner als Verwalter nicht akzeptiert.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 27, 29 FGG zulässige weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einem Rechtsfehler (§ 27 FGG, § 546 ZPO).

Aus Rechtsgründen ist nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bestellung des Herrn Michael zum Verwalter gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoße, weil dieser ungeeignet sei.

Ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung ist zu bejahen, wenn in der Person des Bestellten ein wichtiger Grund gegen seine Bestellung vorliegt. Die mangelnde Eignung kann einen solchen wichtigen Grund darstellen.

Mit der Rechtsbeschwerde wird den Antragsgegner jedoch nicht eine weitere Tatsacheninstanz eröffnet zur Frage, ob Michael als Verwalter dieser Wohnungseigentumsanlage persönlich geeignet ist oder nicht.

Die Begriffe der ordnungsgemäßen Verwaltung, der Eignung und des wichtigen Grundes sind als generalklauselartige unbestimmte Rechtsbegriffe einzustufen, deren Anwendung mit der Rechtsbeschwerde nur eingeschränkt überprüfbar ist.

Die enge Verknüpfung mit tatsächlichen Fragen beschränkt das Rechtsbeschwerdegericht auf die Überprüfung, ob die Begriffe als solche verkannt sind, ob die Wertungsgrenzen erkannt, die tatsächliche Wertungsgrundlage ausgeschöpft, alle für die Beurteilung maßgeblichen Umstände festgestellt und berücksichtigt sowie die Denk- und Erfahrungssätze beachtet worden sind.

Dem Tatrichter verbleibt also ein mit der Rechtsbeschwerde nicht nachprüfbarer Bereich der Ausfüllung von unbestimmten Rechtsbegriffen. Ein der Rechtsbeschwerde zugänglicher Rechtsfehler kann allerdings im Subsumtionsvorgang liegen, wenn die Entscheidung des Tatrichters eine durch Tatsachen gestützte vollständige Abwägung der beteiligten Interessen vermissen lässt (vgl. z.B. Bay. ObLG FamRZ 1994, 323) oder der Tatrichter bei der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat, etwa im Sinne einer unvertretbaren Unter- oder Überbewertung (vgl. Bay. ObLG FamRZ 1996, 507 und 1105).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lassen die Ausführungen des Landgerichts Rechtsfehler nicht erkennen. Das Wohnungseigentumsgesetz trifft keine spezielle Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen eine Person als Verwalter geeignet ist. Zutreffend geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Maßstäbe im Rahmen einer Verwalterbestellung andere sind als im Rahmen seiner Abberufung. Denn während bei der Abberufung sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer gegen ihn entschieden hat, hat sie sich bei der Bestellung gerade für ihn entschieden. Die Gerichte werden nicht ohne zwingende Notwendigkeit in die Mehrheitsentscheidung der Eigentümer eingreifen (vgl. zu diesem Grundsatz Bay. ObLG WE 1990, 68; zustimmend Bärmann-Pick-Merle, 8. Aufl., § 26 Rz. 38 m.w.N., Niedenführ/Schulze, 5. Aufl., § 26 Rz. 12; Horst Müller, 3. Aufl., Rz. 427). Mithin ist für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund gegen die Bestellung des Verwalters spricht, ein schärferer Maßstab anzulegen als bei der Abberufung.

Gleichwohl greift die Argumentation der Antragsgegner zu kurz, wenn sie meinen, mit Ausnahme der Antragstellerin seien die übrigen Wohnungseigentümer von der persönlichen Eignung des Herrn überzeugt. Zwar ist Einstimmigkeit bei der Verwalterbestellung nicht erforderlich und es muss möglich sein, auch gegen den dezidierten Willen eines einzelnen Wohnungseigentümers die Person eines Verwalters auszuwählen. Die Auswahl entspricht jedoch nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn sie dem gemeinschaftlichen Interesse aller Wohnungseigentümer dient, gemessen am Standpunkt eines vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Beurteilers (vgl. zu diesem Maßstab statt aller BärmannPick-Merle, § 21, Rz. 59 ff.; Niedenführ/Schulze, § 21 Rz. 26 m.w.N.).

Unter objektiven Gesichtspunkten gehört - wie das Landgericht ohne Rechtsverstoß ausführt - ein Mindestmaß an Objektivität gegenüber allen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft schon ganz allgemein zu den essentialia der Eignung. Darüber hinaus muss stets die konkrete Situation der Wohnungseigentümergemeinschaft mitberücksichtigt werden (Bärmann-Pick-Merle, § 21 Rz. 60). Gerade bei kleinen Wohnungseigentumsanlagen wie der vorliegenden besteht die Gefahr persönlicher Streitereien und Fraktionsbildung. In diese ist - wie das Landgericht ebenso zutreffend erkannt hat - der gewählte Verwalter als Nachbar in besonderer Weise einbezogen. Er hat unstreitig einen Rechtsstreit gegen die Antragstellerin und ihren Ehemann wegen Beseitigung der Pergola geführt, die immer noch Streitpunkt innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Rechtsfehlerfrei kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters bestehe die Besorgnis einer Befangenheit des Verwalters gegenüber der Antragstellerin. Allgemein darf der Verwalter nicht die Interessen der Wohnungseigentümer eigenen Interessen unterordnen (Bärmann-Pick-Merle, § 26 Rz. 156). Noch weniger darf der Eindruck entstehen, der Verwalter könne seine Stellung und das Vertrauen der übrigen Wohnungseigentümer nutzen, seine Interessen gegenüber einem einzelnen Wohnungseigentümer durchzusetzen. Wenn gleich die von der Antragstellerin gegenüber dem Verwalter erhobenen Vorwürfe größtenteils von den Antragsgegnern bestritten sind, rechtfertigt doch der unstreitige Akteninhalt die Würdigung des Landgerichts in jeder Hinsicht: Insbesondere ist Herr Kohl als Mieter der Garagen der Eigentümerinnen Isernhagen faktisch an Streitigkeiten unter den Eigentümern beteiligt (Abstellen von Fahrzeugen, Aufenthalt auf dem Grundstück, Untervermietung), so dass aus Sicht der Antragstellerin nicht ausgeschlossen ist, er könne auf die Beschlussfassung der Eigentümer gegebenenfalls Einfluss nehmen.

Der Hinweis der Antragsgegner, die Antragstellerin könne jeden sie benachteiligenden Beschluss gerichtlich überprüfen lassen, verfängt demgegenüber nicht. Maßnahmen, die Rechtsstreitigkeiten unter den Wohnungseigentümern geradezu provozieren, sind unter objektiven Gesichtspunkten für eine Wohnungseigentumsgemeinschaft nicht nützlich und entsprechen demzufolge nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Schließlich hat das Landgericht auch rechtsfehlerfrei unbeachtet gelassen, dass nach dem Vorbringen der Antragsgegner kein gewerblicher Verwalter für diese Eigentumsanlage zu finden sei. Bereits das Amtsgericht hatte insofern auf die Möglichkeit hingewiesen, die Bestellung eines Verwalters durch das Gericht zu betreiben.

III.

Hinsichtlich des Hilfsantrags der Antragsgegner war die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist nicht zu einer Entscheidung gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 26 Abs. 3 bzw. zu einer solchen gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1, 21 Abs. 4 WEG berufen.

IV.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 47, 48 WEG.

Angesichts zweier zutreffend begründeter Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts entspricht es der Billigkeit, den Antragsgegnern als Betreibern des erfolglosen Rechtsbeschwerdeverfahrens die Erstattung außergerichtlicher Kosten aufzuerlegen.

Ende der Entscheidung

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