Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 16.02.2006
Aktenzeichen: 3 U 130/05
Rechtsgebiete: AMG, HWG, UWG


Vorschriften:

AMG § 8
HWG § 3
UWG § 3
UWG § 5
UWG § 8
1. Die Aussage: "Alles bleibt bis auf Name und Preis" für eine Generikum wird vom Durchschnittsverbraucher aus den Fachkreisen dahin verstanden, es habe sich gegenüber dem Originalarzneimittel nichts (bis auf Name und Preis) geändert und damit auch nichts bei den Anwendungsgebieten. Die Werbung ist daher irreführend, wenn die Anwendungsgebiete des Originalarzneimittels beim Generikum nur teilweise gegeben und/oder die Inhalatoren zur Applikation nicht baugleich sind.

2. Der Hinweis: "Der bewährte Inhalator erfordert keine Umgewöhnung Ihrer Patienten" ist irreführend, wenn die Inhalatoren nicht baugleich sind und dadurch Unterschiede bei der Handhabung bestehen.

3. Die Werbeangabe "Zur Behandlung von COPD" für ein Generikum wird vom Durchschnittsverbraucher dahin verstanden, das Mittel sei hierfür, und zwar in dieser Allgemeinheit zugelassen. Die Angabe ist irreführend, wenn das Generikum nur für Teilbereiche der COPD zugelassen ist.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 130/05

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 16. Februar 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 2. Februar 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 16. März 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe:

A.

Die Parteien sind konkurrierende Pharmaunternehmen. Die Antragstellerin produziert und vertreibt das Arzneimittel "Foradil P" mit dem Wirkstoff Formoterol, die Antragsgegnerin vertreibt das neu auf den Markt gekommene Generikum "Formoterol-ratiopharm" (Anlage ASt 2).

Die Antragsgegnerin hat für ihr Arzneimittel "Formoterol-ratiopharm" u. a. mit einer Anzeige in der "Ärztezeitung" geworben (Anlage ASt 4), außerdem hat sie einen Folder in der Werbung verwendet (Anlage ASt 11).

Die Antragstellerin beanstandet mehrere Angaben aus der Anzeige und dem Folder als wettbewerbswidrig und nimmt deswegen die Antragsgegnerin vorliegend im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

Der von der Antragstellerin für ihr Mittel "Foradil P" eingesetzte Inhalator ist unstreitig nicht baugleich mit dem Inhalator der Antragsgegnerin für "Formoterol-ratiopharm" (vgl. für "Foradil P" der Antragstellerin: Anlage ASt 1 und für "Formoterol-ratiopharm der Antragsgegnerin: Anlage ASt 2). Außerdem stimmen die Gebrauchs- und Fachinformationen der beiden Arzneimittel jeweils in den Anwendungsgebieten nicht überein (Anlagen ASt 1-2).

In der Werbeanzeige der Antragsgegnerin aus der "Ärztezeitung" vom 6. Dezember 2004 (Anlage ASt 4) sind die beiden Inhalatoren der Parteien abgebildet, auf sie zeigt jeweils ein gezeichneter Pfeil, dem die Angaben "Formoterol-ratiopharm" bzw. "Foradil P" zugeordnet sind. Darunter lautet der Text u. a. wie folgt:

Foradil(r)P heißt jetzt Formoterol-ratiopharm(r)

Erstes generisches lang wirksames Beta-2-Mimetikum - einfach preiswert verordnen. Der bewährte Inhalator erfordert keine Umgewöhnung Ihrer Patienten.

In dem Werbefolder der Antragsgegnerin (Anlage ASt 11) steht es unter der Abbildung der beiden Inhalatoren der Parteien die Angabe:

"Alles bleibt bis auf Name und Preis"

und weiter heißt es in einer Aufstellung (unter der Überschrift "Formoterol-ratiopharm" und oberhalb der Blickfangangabe: "Bis zu 31 % geringere TTK** gegenüber Foradil(r)P") u. a.:

- ...

- Gleicher Inhalator wie das Original Foradil(r)P

- ....

- Zur Behandlung von Asthma bronchiale und COPD.

Das Landgericht hat mit seiner Beschlussverfügung vom 10. Januar 2005 der Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten, in der Werbung für das Produkt "Formoterol-ratiopharm" zu behaupten:

1.) "Alles bleibt bis auf Name und Preis";

und/oder

2.) "Der bewährte Inhalator erfordert keine Umgewöhnung Ihrer Patienten";

und/oder

3.) "Gleicher Inhalator wie das Original Foradil P";

und/oder

4.) "Zur Behandlung von ... COPD".

Durch Urteil vom 16. März 2005 hat das Landgericht seine Beschlussverfügung zu den Ziffern 1.), 2.) und 4.) bestätigt. Nur insoweit hatte die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung zu den Ziffern 1.), 2.) und 4.) aufzuheben und insoweit den auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin bittet um Zurückweisung der Berufung.

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist demgemäß zurückzuweisen.

I.

Der Gegenstand des Berufungsverfahrens sind - wie schon im Widerspruchsverfahren erster Instanz - die Verfügungsanträge zu 1.), 2.) und zu 4.) gemäß der Beschlussverfügung.

II.

Der Verfügungsantrag zu 1.) ist auch nach Auffassung des Senats begründet (§§ 8, 3, 5 UWG).

1.) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch betrifft das Verwenden der Werbebehauptung: "Alles bleibt bis auf Name und Preis" für das Produkt "Formoterol-ratiopharm".

2.) Die beanstandete Angabe wird der angesprochene Durchschnittsverbraucher dahingehend verstehen, es gäbe bei dem Generikum der Antragsgegnerin sonst - bis auf die ausdrücklich genannten Unterschiede im Namen und Preis - keine Abweichungen vom Originalpräparat der Antragstellerin. Der Wortsinn der Angabe ist eindeutig und das Verständnis in diesem Sinne ganz nahe liegend. Werbeadressaten sind zwar die Fachkreise, also Ärzte und Apotheker, aber insoweit bestehen keine Besonderheiten zum Verkehrsverständnis.

Das ergibt sich zum einen aus der Wendung "alles", die das Vorliegen sonstiger Veränderungen damit gerade ausdrücklich verneint, und zum anderen aus dem Begriff "bleibt"; diesen Begriff bezieht der Referenzverbraucher zwanglos auf das bisher auf dem Markt befindliche Originalarzneimittel der Antragstellerin und dessen Eigenschaften, so dass sich der Eindruck aufdrängen muss, diese Eigenschaften seien bei dem beworbenen, neu auf den Markt gekommenen Generikum der Antragsgegnerin eben unverändert ("bis auf Name und Preis") übernommen worden.

3.) Dass dieser Eindruck beim Durchschnittsverbraucher (auch) in Beziehung auf die Anwendungsgebiete der beiden Arzneimittel entsteht, liegt auf der Hand.

(a) Wegen des klaren und eindeutigen Wortsinns der Werbeangabe wird der Verkehr selbstverständlich annehmen, das Arzneimittel der Antragsgegnerin habe dieselben Anwendungsgebiete wie das Präparat "Ferodil P". Die Wendung "alles bleibt" schließt die Vorstellung aus, bei "Formoterol-ratiopharm" seien die Anwendungsgebiete von "Ferodil P" etwa nicht oder nur teilweise gegeben. Ob der Verkehr auch annimmt, das Generikum "Formoterol-ratiopharm" sei für zusätzliche, d. h. gegenüber "Ferodil P" weiter gehende Anwendungsgebiete nicht zugelassen, kann offen bleiben, denn hierauf ist der Unterlassungsanspruch vorliegend nicht gestützt.

(b) In dem aufgezeigten Verkehrsverständnis ist die angegriffene Angabe unrichtig, denn die beiden Arzneimittel sind in den Anwendungsgebieten unterschiedlich zugelassen, so dass "Formoterol-ratiopharm" einen bestimmten Bereich der Anwendungsgebiete von "Ferodil P" nicht abdeckt.

(aa) Das Arzneimittel "Ferodil P" ist für folgende Anwendungsgebiete zugelassen (vgl. in der Gebrauchsinformation - Anlage ASt 1):

"Zur Langzeitbehandlung des mittelschweren bis schweren Asthma bronchiale bei Patienten, die eine regelmäßige bronchialerweiternde Therapie benötigen in Verbindung mit einer entzündungshemmenden (inhalative und/oder orale Kortikoide) Dauertherapie. Die Behandlung mit Kortikoiden ist regelmäßig weiterzuführen.

Vorbeugung und Behandlung der Bronchienverengung bei Patienten mit vorübergehender oder dauerhafter chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) einschließlich chronischer Bronchitis und Lungenüberblähung (Emphysem)".

An Stelle des obigen zweiten Absatzes heißt es in der Fachinformation von "Ferodil P" zu den Anwendungsgebieten (Anlage ASt 14):

"Prophylaxe und Behandlung der Bronchial-Obstruktion bei Patienten mit reversibler oder irreversibler chronisch obstruktiver Langzeiterkrankung (COPD) einschließlich chronischer Bronchitis und Emphysem".

(bb) Demgegenüber ist "Formoterol-ratiopharm" für folgende Anwendungsgebiete zugelassen (vgl. die Gebrauchsinformation - Anlage ASt 2):

"Symptomatische Langzeitbehandlung von bestehenden mäßigen bis schweren Asthma bronchiale in Kombination mit einer entzündungshemmenden Langzeitbehandlung (z. B. Kortikosteroiden).

Behandlung von rückbildungsfähigen, einengenden (reservibel-obstruktiven) Symptomen anderer Atemwegserkrankungen wie chronischer Bronchitis mit oder ohne Emphysem.

Vorbeugung eines Bronchialspasmus infolge von Anstrengung oder Allergenkontakt."

Statt der obigen beiden letzten Absätze heißt es in der Fachinformation von "Formoterol-ratiopharm" zu den Anwendungsgebieten (Anlage ASt 15):

Behandlung von reversibler Obstruktion bei anderen Atemwegserkrankungen wie chronische Bronchitis mit oder ohne Emphysem. Prophylaxe von Anstrengungsasthma oder Allergon-induzierten Bronchospasmen".

(cc) Im Bereich der Prophylaxe hat damit das Arzneimittel der Antragsgegnerin als zugelassene Indikation nur die Prophylaxe von Anstrengungsasthma oder Allergon-induzierten Bronchospasmen, während "Ferodil P" für die Prophylaxe (und Behandlung) der Bronchial-Obstruktion bei Patienten mit reversibler oder irreversibler chronisch obstruktiver Langzeiterkrankung (COPD) einschließlich chronischer Bronchitis und Emphysem" zugelassen ist.

(c) Auch die übrigen Voraussetzungen der §§ 3, 5 UWG sind insoweit gegeben.

Die beanstandete Angabe ist irreführend (§ 5 UWG). Die unrichtige Verkehrsvorstellung ist relevant, denn sie ist geeignet, auf die Entschließungen der potentiellen Interessenten Einfluss zu nehmen. Das Zurückbleiben der Anwendungsgebiete von "Formoterol-ratiopharm" hinter denen des Originalarzneimittels "Ferodil P" ist ein gewichtiger Umstand.

Aus eben diesen Gründen handelt es sich nicht um einen Bagatellfall (§ 3 UWG).

4.) Außerdem wird der Durchschnittsverbraucher die beanstandete Angabe im oben unter Ziffer 2.) dargestellten Sinne (auch) bezüglich des bei "Formoterol-ratiopharm" eingesetzten Inhalators verstehen, das liegt ebenfalls nahe.

(a) Das Originalarzneimittel der Antragstellerin wird mit einem bestimmten Inhalator vertrieben. Die beanstandete Angabe ("Alles bleibt ...") bezieht der Verkehr selbstverständlich auch auf das Handhabungsgerät, mit dem der Patient das Mittel appliziert. Deswegen muss der Durchschnittsverbraucher annehmen, der bisher bei der Antragstellerin eingesetzte Inhalator werde bei dem Generikum der Antragsgegnerin nun ebenfalls verwendet.

(b) In diesem Verkehrsverständnis ist die Angabe unrichtig, denn die beiden Inhalatoren sind unstreitig nicht baugleich (vgl. dazu die Anlagen ASt 1 und 2).

(aa) Die Dorne im Inhalator, die beim Zerdrücken der Hartkapsel in deren Seiten gedrückt werden, sind bei "Ferodil P" tefloniert und demgemäß - wie die Antragsgegnerin verständigerweise nicht in Abrede nimmt - stabiler als die des Inhalators der Antragsgegnerin; diese sind nicht mit Teflon überzogen.

(bb) Es ist außerdem davon auszugehen, dass das Zerdrücken der Hartkapsel und damit die eigentliche Handhabung des Inhalators bei "Ferodil P" leichter zu bewerkstelligen ist als bei dem Inhalator der Antragsgegnerin.

Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Druckwirkung des Stempels, den man zum Zerdrücken der Hartkapsel mit dem Druckknopf betätigt, bei dem Gerät der Antragstellerin leichtgängiger. Das bestreitet die Antragsgegnerin im Ausgangspunkt auch nicht. Der Einwand der Antragsgegnerin in der Berufungsinstanz, das Landgericht habe bei dem Betätigungsversuch keine Hartkapsel zerdrückt, greift demgegenüber nicht durch. Denn wenn die Druckwirkung des Stempels schon ohne Kapsel beim Inhalator der Antragstellerin leichtgängiger ist als bei "Formoterol-ratiopharm", so spricht die Lebenserfahrung nur dafür, dass die Druckwirkung auch beim Zerdrücken der Hartkapsel entsprechend unterschiedlich ist; Gegenteiliges von Gewicht trägt die Antragsgegnerin insoweit nicht vor.

(cc) Schließlich ist der Stempel am Ende des Druckknopfs der Inhalatoren unterschiedlich ausgebildet (vgl. dazu noch die Anzeige: Anlage ASt 4). So hat der Druckknopf beim Gerät der Antragstellerin am Ende einen Flansch, der bei dem Inhalator der Antragsgegnerin fehlt. Sollte es beim Zerdrücken der Hartkapsel zu einem Verklemmen der Dorne bzw. des Stempelschaftes kommen, so kann man diesen am T-förmigen Griff bei "Ferodil P" leichter zurückziehen, der Flansch ermöglicht ein bequemeres Hintergreifen.

Selbst wenn (so der Einwand der Antragsgegnerin) ein Verklemmen der Dorne bzw. des Stempels beim Zerdrücken der Hartkapsel eher selten vorkommen wird, ist das gleichwohl kein unwesentlicher Vorteil beim Inhalator der Antragstellerin.

(c) Wegen dieser Unterschiede der Inhalatoren ist die Werbeaussage im oben dargestellten Verständnis unrichtig. Es kommt nicht darauf an, ob - wie die Antragsgegnerin einwendet - der Patient mit ihrem Inhalator "ebenso gut zu recht kommt". Das Verständnis der Werbeangabe geht nicht in diese Richtung, sondern - wie ausgeführt - dahin, es sei alles ("bis auf Name und Preis") so geblieben. Wenn man überhaupt Abweichungen beim Inhalator der Antragsgegnerin erwartet, dann nur in solchen Nebensächlichkeiten, auf die es schlechterdings nicht ankommen kann. Darum geht es aber vorliegend nicht.

(d) Die übrigen Voraussetzungen der §§ 3, 5 UWG sind gegeben. Die unrichtige Verkehrsvorstellung ist relevant, bei der Irreführung handelt es sich nicht um einen Bagatellfall.

5.) Der Antrag erfasst die konkrete Verletzungsform, die Antragsgegnerin hat in dem Folder mit eben dieser Angabe ("Alles bleibt bis auf Name und Preis") so geworben (Anlage ASt 11).

III.

Zu Recht hat das Landgericht den Verfügungsantrag zu 2.) als begründet angesehen (§§ 8, 3, 5 UWG).

1.) Der Unterlassungsantrag hat das Werben für "Formoterol-ratiopharm" mit dem Hinweis: "Der bewährte Inhalator erfordert keine Umgewöhnung Ihrer Patienten" zum Gegenstand.

2.) Der Referenzverbraucher muss aus der Angabe "Der bewährte Inhalator" den Eindruck gewinnen, die Antragsgegnerin verwende denselben Inhalator wie die Antragstellerin. Denn es geht ersichtlich um die Werbung der Antragsgegnerin für ein erst neuerdings auf dem Markt befindliches Generikum, die Werbeaussage nimmt insoweit - hier bezüglich des Inhalators - auf die Vorzüge des Originalarzneimittels der Antragstellerin Bezug. Allenfalls ganz nebensächliche Abweichungen wird der Verkehr beim Inhalator von "Formoterol-ratiopharm" noch in Rechnung stellen.

3.) Der Hinweis auf die nicht erforderliche Umgewöhnung der Patienten verstärkt eben dieses Verständnis der Aussage insgesamt in derselben Richtung. Denn wenn es sich um den "bewährten" Inhalator und damit vermeintlich um eben den des Vorbildes handelt, so "erfordert" das folgerichtig "keine Umgewöhnung" der Patienten, die bisher "Ferodil P" genommen haben.

Auch insoweit ist das Argument der Antragsgegnerin, mit dem von ihr verwendeten Inhalator kämen die Patienten "eben so gut zurecht", nicht stichhaltig. Die "nicht erforderliche Umgewöhnung" relativiert nicht etwa den Hinweis auf den "bewährten" und damit vermeintlich (fast) baugleichen Inhalator, sondern verstärkt den Eindruck in der oben aufgezeigten Weise.

4.) In diesem Verständnis ist die Werbeangabe der Antragsgegnerin unrichtig und wegen der gegebenen Relevanz irreführend (§ 5 UWG). Es handelt sich nicht um einen Bagatellfall (§ 3 UWG). Auf die obigen Ausführungen unter II. 4. wird entsprechend Bezug genommen.

5.) Der Unterlassungsantrag erfasst die konkrete Verletzungsform, die Antragsgegnerin hat in der Anzeige die angegriffene Angabe so verwendet (Anlage ASt 4).

Bei genauem Hinsehen erkennt man zwar aus den Abbildungen der Inhalatoren in der Anzeige, dass deren Griffe bzw. Druckknöpfe jeweils anders aussehen. Die Verkehrsvorstellung von der nahezu gegebenen Baugleichheit der Inhalatoren im oben dargestellten Sinne ändert sich aber dadurch nicht. Der Verkehr hat, wenn er die Unterschiede bemerkt, keine Veranlassung, etwa wegen dieser Abweichungen die Aussage auch sonst noch irgendwie zu relativieren. Die Verallgemeinerung des Verbots, die nicht auf eine bestimmte Werbeanzeige mit einer genauer beschriebenen Äußerungssituation Bezug nimmt, ist insoweit nicht zu beanstanden.

IV.

Der Verfügungsantrag zu 4.) ist auch nach Auffassung des Senats begründet (§§ 8, 3, 5 UWG).

1.) Der Unterlassungsanspruch betrifft die Werbebehauptung: "Zur Behandlung von ... COPD" für das Arzneimittel "Formoterol-ratiopharm".

2.) Die beanstandete Angabe werden die Reverenzverbraucher jedenfalls auch dahingehend verstehen, das so beworbene Arzneimittel sei für die Behandlung von COPD zugelassen. Das ist nicht nur nahe liegend, sondern sogar selbstverständlich. Es kommt zwar vor, dass ein Arzneimittel außerhalb seiner Zulassung beworben wird, gleichwohl hat der Durchschnittsverbraucher bei einer konkreten Werbung keinen Anhalt dafür, dass ein solcher Fall vorliegt. Vielmehr muss und wird er darauf vertrauen, dass es sich um eine auch insoweit zulässige Werbung handelt. Nicht anders ist es im vorliegenden Fall.

3.) In diesem Verständnis ist die Werbeangabe unrichtig.

Das Arzneimittel "Formoterol-ratiopharm" ist, wie oben ausgeführt, soweit es um die Behandlung und nicht auch um die Prophylaxe geht, für folgende Anwendungsgebiete zugelassen (vgl. die Gebrauchsinformation - Anlage ASt 2):

"Symptomatische Langzeitbehandlung von bestehenden mäßigen bis schweren Asthma bronchiale in Kombination mit einer entzündungshemmenden Langzeitbehandlung (z. B. Kortikosteroiden).

Behandlung von rückbildungsfähigen, einengenden (reservibel-obstruktiven) Symptomen anderer Atemwegserkrankungen wie chronischer Bronchitis mit oder ohne Emphysem ..."

und statt des obigen zweiten Absatzes heißt es in der Fachinformation von "Formoterol-ratiopharm" zu den Anwendungsgebieten betreffend die Behandlung (Anlage ASt 15), wie oben ausgeführt:

"Behandlung von reversibler Obstruktion bei anderen Atemwegserkrankungen wie chronische Bronchitis mit oder ohne Emphysem."

Damit ergibt sich eindeutig, dass das Arzneimittel der Antragsgegnerin nicht, jedenfalls nicht generell zur Behandlung von COPD zugelassen ist.

(a) Der Begriff "COPD" steht für "chronic obstructive pulmonary disease" und umfasst eine Symptomatik und funktionelle Beeinträchtigung der Lunge die durch eine Kombination aus chronischem Husten, gesteigerter Sputumproduktion, Atemnot, Atemwegobstruktion und eingeschränktem Gasaustausch charakterisiert ist (Anlage ASt 3). "COPD" ist in den zugelassenen Anwendungsgebieten von "Formoterol-ratiopharm" nicht aufgeführt.

(b) Das Argument der Antragsgegnerin, ihr Arzneimittel sei jedenfalls für Teilbereiche der COPD zugelassen, greift nicht durch. Die Werbeaussage wird nicht dahingehend verstanden, denn sie verhält sich nicht nur zu bestimmten Teilbereichen der COPD, sondern bezieht sich auf die Behandlung von COPD.

(c) Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang noch damit argumentiert, COPD sei eine andere Atemwegserkrankung als Asthma bronchiale und in den (oben aufgeführten) zugelassenen Anwendungsgebieten von "Formoterol-ratiopharm" gehe es im zweiten Absatz nicht wie im ersten Absatz um "Asthma bronchiale", sondern um die Behandlung von reversibler Obstruktion bei "anderen Atemwegserkrankungen", so belegt das keineswegs, dass damit - wie bei "Foradil P" auch bei ihrem (der Antragsgegnerin) Arzneimittel die Erkrankung COPD gemeint gewesen wäre. Selbstverständlich sind "andere Atemwegserkrankungen wie ..." nicht zwingend gleichbedeutend mit allen anderen Atemwegserkrankungen bzw. speziell mit COPD. Das ergibt sich schon aus dem anderen Wortlaut der Zulassung von "Ferodil P" mit der ausdrücklichen Nennung von COPD.

(d) Im Übrigen hat die Antragstellerin zutreffend darauf verwiesen, dass bei dem Wirkstoff Formoterol die Verschreibungspflicht für die Behandlung von Asthmatikern nach § 48 AMG, für die Behandlung von COPD-Patienten aber gemäß § 49 AMG besteht und dass in der maßgeblichen Verordnung vom 23. Juni 2003 (BGBl. 2003, S. 932 - Anlage ASt 18) für den Anwendungsbereich:

"Formoterol zur Prophylaxe und Behandlung der Bronchiokonstriktion bei Patienten mit reversibler oder irreversibler COPD einschließlich Bronchitis und Emphysem" eine (erneuerte) Verschreibungspflicht gemäß § 49 AMG festgelegt worden ist. Eben diese Indikation hat das Arzneimittel der Antragsgegnerin nicht; in der Fachinformation von "Formoterol-ratiopharm" findet sich kein Hinweis auf § 49 AMG bzw. auf noch vorzulegende Erfahrungsberichte.

4.) Die übrigen Voraussetzungen der §§ 3, 5 UWG sind gegeben. Die unrichtige Verkehrsvorstellung ist relevant, bei der Irreführung handelt es sich nicht um einen Bagatellfall.

5.) Der Antrag erfasst die konkrete Verletzungsform.

Die Antragsgegnerin hat in ihrem Folder mit der Angabe geworben: "Zur Behandlung von Asthma bronchiale und COPD" (Anlage ASt 11).

Die Antragsfassung ist so gestaltet, dass in den Auslassungspunkten beliebige andere Worte stehen können. Gemeint ist damit, dass andere Anwendungsgebiete eingefügt sein können. Das macht den Antrag weder zu unbestimmt noch zu weitgehend. Vielmehr kommt es nur auf das beanstandete Anwendungsgebiet "COPD" an. Insoweit erfasst der Antrag das Charakteristische der Verletzungsform.

V.

Aus der Verknüpfung der Anträge zu Ziffern 1.) bis 4.) jeweils mit "und/oder" ergeben sich vorliegend keine Besonderheiten.

1.) Aus den obigen Ausführungen zu den Unterlassungsansprüchen zu 1.), 2.) und 4.) ergibt sich, dass sie jeweils unabhängig voneinander und damit auch in der Verknüpfung mit "oder" begründet sind. Ihre Begründetheit hängt auch nicht etwa von der gleichzeitigen Verwendung der in Ziffer 3.) der Beschlussverfügung untersagten Angabe ("Gleicher Inhalator wie das Original Foradil P") ab.

Auch in der "und"-Verknüpfung - sie ist im Sinne einer beliebigen Kombination der Angaben zu Ziffern 1.) bis 4.) der Beschlussverfügung zu verstehen - ergeben sich keine Besonderheiten; es ist nicht erkennbar, dass eine der Kombinationen etwa dazu führen könnte, dass die jeweils bestehende, oben aufgezeigte Irreführung beseitigt wäre.

VI.

Die Berufung der Antragsgegnerin war nach alledem unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück