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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 03.05.2001
Aktenzeichen: 3 U 170/00
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 15 Abs. 2
MarkenG § 15 Abs. 4
Zwischen "MEDIMEX" und "Meditex" besteht - bei Branchennähe - Verwechslungsgefahr.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

3 U 170/00

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 03. Mai 2001 durch die Richter Brüning, von Franqué, Spannuth

beschlossen:

Tenor:

Die Antragsgegnerin trägt die gesamten Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Vergleichs.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 250.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist seit dem 4. März 1988 im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragen ( Anlage AS 1 ). Sie befaßt sich mit dem Import und dem Vertrieb medizinisch-technischer Artikel, und zwar in den Fachgebieten Chirurgie- und OP-Bedarf, Krankenpflege, Anästhesie, Intensivmedizin und Atemtherapie, und vertreibt ihre Produkte über den medizinisch-technischen Fachhandel sowie direkt an Krankenhäuser und Ärzte. Den Bestandteil "M.....MEX" ihrer Firma verwendet sie auch als Firmenschlagwort in Alleinstellung.

Auf der Homepage mit dem Domain-Namen "E......tex.de" wurden unter "E...... EZ Z.........", Spinnerei, Weberei, Textilprodukte, fünf Produktgruppen genannt: "TechTex", "M....Tex", "CuraTex", "LenoTex" und "PlanTex" ( Anlage AS 4 ). Darunter ist die "E...... & Z......... GmbH & Co." aufgeführt. Zu "M....Tex" heißt es: "Textilien und Produkte für medizinische Anwendungen". Die Angabe erscheint dann mehrfach auf der Homepage, ebenso in der Preisliste Anlage AG 9.

Die Antragstellerin hält die beiderseitigen Bezeichnungen "M.....MEX", die den Fachkreisen bekannt sei ( Anlage AS 3 ), und "M....Tex" angesichts der Branchen-/Waren-Übereinstimmung für verwechselbar. Sie hat am 14. März 2000 eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die der Antragsgegnerin verboten worden ist,

Textilien und Produkte für medizinische Anwendungen unter der Bezeichnung "M....Tex" anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen.

Dagegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt und dazu vorgetragen:

Die Sache sei nicht eilbedürftig.

Die Passivlegitimation der Antragsgegnerin sei nicht gegeben. Ihr Unternehmensgegenstand sei lediglich die Verwaltung der Gewerbe-Immobilien im Verbund der E...... & Z.........-Gruppe. Mit Textilien sei allein ihre Schwesterunternehmen E...... & Z......... GmbH & Co. befaßt. Von dieser stamme die Internetpräsentation.

Im übrigen seien die Voraussetzungen des § 15 MarkenG nicht gegeben. Die Bezeichnung "M....Tex" werde nicht kennzeichnend, sondern rein beschreibend als naheliegende, branchenübliche Abkürzung für medizinische Textilien benutzt. Da es auf Seiten von E...... & Z......... um Halbfertigprodukte gehe, die an weiterverarbeitende Unternehmen geliefert würden, und sich die beiderseitigen Bezeichnungen unterschieden, bestehe jedenfalls ein genügender Abstand.

Durch Urteil vom 6. Juni 2000 hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung bestätigt. Dagegen hat sich die Antragsgegnerin mit der Berufung gewendet.

Die Parteien haben einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen, in dem es heißt, daß über die Kosten das Gericht gemäß § 91 a ZPO entscheiden solle.

II.

Nachdem die Parteien sich in der Sache verglichen und dem Senat die Entscheidung über die Kosten gemäß § 91 a ZPO überlassen haben, ist nur noch darüber zu entscheiden. Nach dem Sach- und Streitstand entspricht es billigem Ermessen, der Antragsgegnerin die Kosten einschließlich der Kosten des Vergleichs aufzuerlegen.

Das Landgericht hat zu Recht seine einstweilige Verfügung vom 14. März 2000 bestätigt. Der Verfügungsantrag der Antragstellerin war zulässig und begründet.

Gegenstand des Verbots war die Benutzung der Bezeichnung "M....Tex". Auf deren Schreibweise kam es nicht an.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, daß die Vermutung der Dringlichkeit nicht widerlegt ist.

Der Antragstellerin stand der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu gemäß § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG.

1) Die Internetpräsentation stammt zwar von dem Schwesterunternehmen der Antragsgegnerin. Diese hatte jedoch Erstbegehungsgefahr begründet. Das ergibt sich aus dem vorprozessualen Schriftwechsel, nämlich dem Anwaltsschreiben der Antragsgegnerin vom 26. Januar 2000 ( Anlage AS 6 ), in dem sie sich gemeldet und sachliche Ausführungen gemacht hatte. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu wird Bezug genommen. Demnach war zu befürchten, daß auch die Antragsgegnerin die beanstandete Bezeichnung so verwendet, wie es das Verbot beschreibt, d.h. in gleicher Weise, wie es ihr Schwesterunternehmen getan hat. Dem Schreiben ließ sich aus der Sicht der Antragstellerin nicht entnehmen, daß es sich um ein Versehen handelte.

Die Erstbegehungsgefahr war noch nicht dadurch entfallen, daß die Antragsgegnerin im Widerspruchsverfahren erklärt hat, es habe sich um ein Versehen gehandelt. An die Ausräumung der Erstbegehungsgefahr sind zwar geringere Anforderungen zu stellen als an die Beseitigung einer Wiederholungsgefahr. Insbesondere kann die Rücknahme einer Berühmung genügen. Im vorliegenden Falle traf das jedoch nicht zu. Auf Seiten des Schwesterunternehmens der Antragsgegnerin bestand trotz Änderung der Homepage ( vgl. Anlage BB 1 ) Wiederholungsgefahr. Auf Grund der Berühmung der Antragsgegnerin war zu befürchten, daß sie an dem Vertrieb medizinischer Textilien wenigstens in irgendeiner Weise mitwirkt. Das war bis zum Vergleich nach wie vor möglich.

2) Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 MarkenG waren gegeben.

a) Die Bezeichnung "M....Tex" ist nicht rein beschreibend, sondern kennzeichenmäßig benutzt worden, nämlich als Herkunftshinweis für eine bestimmte Produktgruppe aus dem Hause des Unternehmens. Das hat bereits das Landgericht zu Recht angenommen.

Die Bezeichnung "M....Tex" ist zwar eine erkennbare Abkürzung von "medizinische Textilien". Daraus folgt aber nicht, daß sie rein beschreibend ist. Vielmehr hat sie wie die Bezeichnung "M.....MEX" soviel Eigenart, daß sie im Verkehr als - "sprechender" ( auf die Art der Produkte hinweisender ) - Herkunftshinweis empfunden wird. Als solcher wird "M....Tex" auf der beanstandeten Homepage ( Anlage AS 4 ) und in der Preisliste ( Anlage AG 9 ) verwendet. Dort erscheint die Bezeichnung dem Verkehr mehrfach als Herkunftshinweis und nicht nur als -hervorgehobene- rein beschreibende Angabe. Dem steht nicht entgegen, daß in der Homepage fünf Produktgruppen dargestellt werden, die Kurzbezeichnungen mit der Endsilbe "Tex" tragen, und zugleich erläutert wird, was sich hinter den Bezeichnungen verbirgt. Diese Erläuterung nimmt der Abkürzung nicht den Charakter eines Herkunftshinweises. Im übrigen gilt für die anderen Bezeichnungen dasselbe wie für "M....Tex": Sie weisen auf die betriebliche Herkunft hin.

b) Die Gefahr von Verwechslungen war zu bejahen.

aa) Auf Seiten der Antragstellerin kam es allein auf den Bestandteil "M.....MEX" an. Diese Bezeichnung weist zumindest normale Kennzeichnungskraft auf. Sie stellt eine unübliche Abkürzung der kombinierten Begriffe MEDIZIN, IMPORT und EXPORT und demgemäß eine eigentümliche Wortschöpfung dar. Diese Entstehung erschließt sich dem Verkehr nicht ohne weiteres. Selbst wer das erkennt, sieht die Gesamtbezeichnung als -"sprechenden"- Herkunftshinweis an. Zu berücksichtigen ist weiter, daß die Bezeichnung angesichts ihrer vieljährigen Benutzung und des Umsatzes der Antragstellerin in Fachkreisen bekannt ist, wie diese glaubhaft gemacht hat ( Anlage AS 3 ), und demgemäß eher eine gesteigerte Kennzeichnungskaft vorliegt.

bb) Die beiderseitigen Bezeichnungen waren verwechslungsfähig. Sowohl klanglich als auch schriftbildlich sind sie nahezu identisch. Auch das hat das Landgericht zutreffend ausgeführt.

Maßgebend war der Gesamteindruck der Bezeichnungen, zu dem auch der erste Bestandteil "Medi" beiträgt, obwohl dieser ebenso wie "Med" häufig als Abkürzung von "Medizin" und "medizinisch" verwendet wird und ihm deshalb für sich nur geringe Unterscheidungskraft zukommt, so daß der Verkehr gezwungen ist, auf den weiteren Bestandteil zu achten ( vgl. dazu BGH GRUR 2000, 605, 606 "comtes/ComTel" ). Sie erhalten ihr Gepräge jeweils durch die Kombination gerade des Bestandteils "Medi" mit dem weiteren Bestandteil "mex" bzw. erst recht "tex", bei dem es sich um eine ebenso naheliegende Abkürzung von "Textilien" handelt. Durch die Kombination entsteht eine sprachliche Einheit, die dem Verkehr als Herkunftshinweis entgegentritt und so auch empfunden wird.

Die Bezeichnungen stimmen in der Silbenfolge, in der Vokalanordnung und im Sprachrhythmus vollständig überein. Der einzige Unterschied besteht in den wenig markanten Mittelkonsonanten "m" bzw. "t". Beim Sprechen und Lesen fällt dieser Unterschied kaum auf; er ist -klanglich- leicht zu überhören und -schriftbildlich- leicht zu überlesen. Der Sinngehalt von "M....Tex" ( = Abkürzung von "medizinische Textilien" ) steht dem nicht entgegen; er wirkt sich in vielen Fällen nicht aus, wenn der Verkehr sich verhört oder verliest, und verhindert dies nicht zuverlässig.

Aus den vorgetragenen Drittbenutzungen von "M....Tex" ( Anlagen AG 6 und 7 ) ergab sich nichts anderes. Das folgt schon daraus, daß die Antragsgegnerin nichts zum Umfang dieser Benutzungen vorgetragen hat.

cc) Die erforderliche Branchen- bzw. Warennähe war gegeben.

Allerdings ist zu berücksichtigen, daß unter "M....Tex" lediglich Halbfertigerzeugnisse angeboten und diese an weiterverarbeitende Unternehmen geliefert worden sind. Die beiderseitigen Kunden sind demnach nicht identisch. Gleichwohl geht es beiderseits um dieselbe Branche der medizinischen Textilien, nur in unterschiedlichen Bereichen. Es ist überwiegend wahrscheinlich, daß die beiderseitigen Kunden wenigstens zu erheblichen Teilen als Fachleute Kenntnisse über die Verhältnisse der gesamten Branche haben, insbesondere die Kunden, die die Halbfertigerzeugnisse erwerben und die Firma "M.....MEX" kennen, und es daher angesichts der Ähnlichkeit der Bezeichnungen zu Verwechslungen kommt, zumindest in der Weise, daß eine geschäftliche Verbindung vermutet wird.

3) Die Antragsgegnerin beruft sich ohne Erfolg auf § 23 Nr. 2 MarkenG.

Ein Freihaltebedürfnis an der Abkürzung "M....Tex" besteht nicht, obwohl die Langform "medizinische Textilien" eine rein beschreibende Angabe ist ( vgl. dazu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Rdnr. 40 zu § 23 ). Niemand ist - trotz der vorhandenen Neigung zu Abkürzungen - darauf angewiesen, "M....Tex" zu verwenden, um damit auszudrücken, daß es um medizinische Textilien geht.

Ende der Entscheidung

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