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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: 3 U 182/07
Rechtsgebiete: RL 2001/83/EG, HWG, UWG


Vorschriften:

RL 2001/83/EG Art. 90 Buchstabe k
HWG § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a
HWG § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b
HWG § 11 Abs. 2
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 12 Abs. 2
1. Wird ein Unterlassungsanspruch in erster Instanz nur auf einen Verstoß gegen § 11 Abs. 2 HWG und erst in zweiter Instanz auch auf § 3 HWG (Irreführung), so ist insoweit die Dringlichkeitsvermutung (§ 12 Abs. 2 UWG) wegen der unnötig verstrichenen Zeit widerlegt.

2. Die Werbeangabe "Nichts hilft schneller" für eine Lippenherpes-Creme verstößt als Spitzengruppenwerbung nicht gegen § 11 Abs. 2 HWG, es wird nicht nahegelegt, dass das so beworbene Arzneimittel einem anderen entspricht oder überlegen ist. Das "andere Mittel" wird nicht genannt und ist auch nicht indirekt individualisierbar.

3. (a) Wird in der Publikumswerbung für eine Lippenherpes-Creme diese Erkrankung am Mund nur dezent abgebildet, so ist eine solche Werbung nicht unlauter im Sinne des § 3, § 4 Nr. 11 UWG, obwohl sie (formal) gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG und damit gegen § 4 Nr. 11 UWG verstößt. Der Vorwurf der Unlauterkeit (§ 3 UWG) kann nicht bestehen, weil die Werbung die Grenzen des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG beachtet und diese Richtlinie seit vielen Jahren in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Gemäß Art. 90 Buchstabe k (1. Alternative) RL 2001/83/EG sind in der Arzneimittel-Publikumswerbung nur missbräuchliche, abstoßende oder irreführende Bilddarstellungen von Krankheiten untersagt.

(b) Entsprechendes gilt für die Arzneimittel-Publikumswerbung mit der bildlichen Darstellung der Erkrankung vor und nach der Anwendung des Mittels (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG), soweit in der Werbung Art. 90 Buchstabe k (2. Alternative) RL 2001/83/EG beachtet wird, weil diese nicht missbräuchlich, abstoßend oder irreführend ist.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 182/07

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 10. April 2008

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 6. März 2008 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 24. Juli 2007 abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 19. Januar 2007 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 400.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien sind Pharmaunternehmen und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin produziert und vertreibt das Arzneimittel "Vooo Lippenherpescreme" und "Vooo Cremespender" (vgl. die Fachinformationen: Anlagenkonvolut AS 1). Hierfür hat sie in der Publikumswerbung mit einem TV-Spot geworben (vgl. die Anlage CD-ROM mit dem TV-Spot als MPEG-Datei; vgl. das Storyboard Anlage AS 3).

Die Antragstellerin beanstandet die Werbung als mehrfach gegen HWG-Vorschriften verstoßend und damit als unlauter. Sie nimmt die Antragsgegnerin im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

In dem TV-Spot der Antragsgegnerin zu Vooo Lippenherpescreme und Vooo Cremespender (CD-ROM: Anlage zur Antragsschrift Seite 4; vgl. Anlage AS 3) ist folgendes zu sehen und zu hören:

Eine Frau, die auf einem roten Sofa in Form eines Mundes sitzt, spricht zum Zuschauer: "Lippenherpes?! Ich hasse wie er sich anfühlt! Und wie er aussieht". Danach, bei den Worten "Ich will ihn weghaben. Und das schnell", wird die Frau in Nahaufnahme zunächst mit und dann ohne Lippenherpes dargestellt: Sie hält sich ein Polaroidfoto vor den Mund, auf dem ihr Mund mit Lippenherpes zu sehen ist. Sie zieht dann das Foto von ihrem Mund weg, der Mund ist herpesfrei, auf dem Foto in ihrer Hand sieht man den Mund noch mit Lippenherpes.

Nach der Einblendung der Packung und der Tube "Vooo Lippenherpescreme" und dem gesprochenen Slogan "Nichts hilft schneller" sieht man in Nahaufnahme nochmals einen Mundbereich mit Lippenherpes, darüber sind eine stilisierte Stoppuhr mit einer Vooo-Tube als Zeiger sowie die Worte "Wirkt sofort." eingeblendet. Der Sprecher aus dem Off sagt: "Es wirkt sofort". Der Stoppuhr-Zeiger dreht sich und erreicht die "6"; dabei verschwinden die eingeblendeten Worte "Wirkt sofort." allmählich, der Mund lächelt und nunmehr wird der Text: "Kann die Heilungszeit halbieren" eingeblendet. Dazu der Sprecher: "Und kann die Heilungszeit bis zur Hälfte reduzieren".

In der nachfolgenden Einstellung sieht man die Frau wieder auf dem Sofa sitzen, sie lächelt ohne Lippenherpes und sagt: "Damit ich mich wieder wohlfühle. Und zwar schnell."

Die nächste Einstellung zeigt die Packung und Tube "Vooo Lippenherpescreme" sowie einen "Vooo Cremespender", darunter den Claim: "Nichts hilft schneller" und dazu hört man: "Nichts hilft schneller. Vooo". Der Spot endet mit dem Pflichttext: "Zu Risiken und Nebenwirkungen ..."

Die Antragstellerin bringt das konkurrierende Medizinprodukt "C. Herpesbläschen-Patch" auf den Markt.

Das Landgericht hat antragsgemäß mit seiner Beschlussverfügung vom 19. Januar 2007 der Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Fertigarzneimittel Vooo Lippenherpescreme und/oder Vooo Cremespender außerhalb der Fachkreise nach § 2 HWG zu werben und/oder werben zu lassen mit

1. einem TV-Spot mit einem Storyboard gemäß Anlage AS 3;

und/oder

2. der Aussage "Nichts hilft schneller" wie im TV-Spot mit einem Storyboard gemäß Anlage AS 3;

und/oder

3. der bildlichen Darstellung einer Person mit Lippenherpes

insbesondere wie im TV-Spot mit einem Storyboard gemäß Anlage AS 3;

und/oder

4. der bildlichen Darstellung der Wirkung von Vooo Lippenherpescreme und/oder Vooo Cremespender durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes einer Person mit Lippenherpes vor und nach der Anwendung von Vooo Lippenherpescreme bzw. Vooo Cremespender,

insbesondere wie im TV-Spot mit einem Storyboard gemäß Anlage AS 3.

Durch Urteil vom 24. Juli 2007 hat das Landgericht die Beschlussverfügung bestätigt. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung vom 19. Januar 2007 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin bittet um die Zurückweisung der Berufung.

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Das landgerichtliche Urteil ist demgemäß mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Maßgabe abzuändern.

I.

Der Verfügungsantrag gemäß Ziffer 2.) der Beschlussverfügung ist nach Auffassung des Senats aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 11 Abs. 2 HWG nicht begründet (vgl. nachstehend unter Ziffern I. 1. - 5.). Die Bestätigung der Beschlussverfügung kann insoweit auch nicht aus § 3 HWG bestehen bleiben (I. 6.).

Die Antragstellerin kann nach diesen Vorschriften von der Antragsgegnerin nicht verlangen, dass sie es unterlässt,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Fertigarzneimittel Vooo Lippenherpescreme und/oder Vooo Cremespender außerhalb der Fachkreise nach § 2 HWG zu werben und/oder werben zu lassen mit

(2.) der Aussage "Nichts hilft schneller" wie im TV-Spot mit einem Storyboard gemäß Anlage AS 3.

1.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages betrifft das Werben außerhalb der Fachkreise für die genannten Arzneimittel mit der Angabe "Nichts hilft schneller", und zwar wie in dem TV-Spot der Antragsgegnerin geschehen, der auf der CD-ROM als MPEG-Datei (Vooo TV-Spot.mpg) gespeichert ist (Anlage zur Antragsschrift, Seite 4). Das Storyboard (Anlage AS 3) dient insoweit - ebenso bei der Bezugnahme in den anderen Ziffern des Verbots - nur zur auszugsweisen Orientierung. Die Antragstellerin hat das in der Berufungsverhandlung klarstellen lassen.

Zum Streitgegenstand gehört außerdem der Umstand, dass das Verbot auf einen Verstoß gegen § 11 Abs. 2 HWG gestützt ist (wegen § 3 HWG siehe unter Ziffer I. 6.). Ferner ist zu beachten, dass es bei dem beantragten Verbot nur um die angegriffene, im Verbotsausspruch zitierte Äußerung aus dem TV-Spot geht und nicht etwa auch um die weiteren Umstände aus dem Werbefilm, die ihrerseits zum Gegenstand der Verfügungsanträge zu 3.) und 4.) gemacht worden sind.

2.) Gemäß § 11 Abs. 2 HWG darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel zur Anwendung bei Menschen nicht mit Angaben geworben werden, die nahe legen, dass die Wirkung des Arzneimittels einem anderen Arzneimittel oder einer anderen Behandlung entspricht oder überlegen ist.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 HWG ist in Umsetzung des Art. 5 Buchstabe b der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 113 S. 13 vom 30. April 1992) eingefügt worden, und nicht - wie das Landgericht ausgeführt hat - in Umsetzung des (allerdings fast wortgleichen) Art. 90 Buchstabe b RL 2001/83/EG.

Gemäß Art. 5 Buchstabe b RL 92/28/EWG darf die Werbung für ein Arzneimittel in der Öffentlichkeit keine Elemente enthalten, die nahelegen, dass die Wirkung des Arzneimittels ohne Nebenwirkung garantiert wird oder einer anderen Behandlung oder einem anderen Arzneimittel entspricht oder überlegen ist.

3.) Die vorangestellte Überlegung des Landgerichts, inwieweit der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 HWG durch die Vorschrift des § 6 UWG zur vergleichenden Werbung mitbestimmt wird, ist nach Auffassung des Senat nicht erforderlich und dürfte eher ein gedanklicher Umweg sein. Denn § 11 Abs. 2 HWG stellt nicht auf ein "unmittelbares oder mittelbares Erkennbarmachen eines Mitbewerbers oder Mitbewerber-Produkts" in der Werbung ab. Eine solche Legaldefinition der vergleichenden Werbung (§ 6 Abs. 1 UWG) ist in § 11 Abs. 2 HWG eben nicht als Merkmal aufgenommen worden.

Vielmehr setzt § 11 Abs. 2 HWG solche Werbeangaben (in der Publikumswerbung für Arzneimittel) voraus, die nahe legen, dass die Wirkung des Arzneimittels einem anderen Arzneimittel oder einer anderen Behandlung entspricht oder überlegen ist. Allein auf diese Tatbestandsmerkmale ist für § 11 Abs. 2 HWG abzustellen.

Der Wortlaut des § 11 Abs. 2 HWG entspricht auch dem Gesetzeszweck, wie er sich aus der Gesetzesbegründung ergibt. In ihr wird ausgeführt, gemäß Art. 5 Buchstabe b RL 92/28/EWG sei die vergleichende Werbung für Humanarzneimittel eingeschränkt; da dies dem in § 2 UWG a. F. (vgl. jetzt § 6 UWG) nunmehr enthaltenen Grundsatz der Zulässigkeit vergleichender Werbung entgegenstehe, sei eine Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung (Art. 5 Buchstabe b RL 92/28/EWG) erforderlich, auf die bislang wegen des grundsätzlichen Verbots vergleichender Werbung in Deutschland verzichtet worden sei (BT-Drucksache 14/2959 vom 20. März 2000, Seite 9). Damit wird deutlich, dass § 11 Abs. 2 HWG eine eigenständige Regelung enthält und mit § 2 UWG a. F. (jetzt § 6 UWG) unbeschadet von Überschneidungen nicht etwa deckungsgleich ist.

4.) Der TV-Spot der Antragsgegnerin (Anlage CD-ROM, Anlage AS 3) verstößt im Hinblick auf die Werbeangabe "Nichts hilft schneller" - entsprechend den obigen Grundsätzen - nicht gegen § 11 Abs. 2 HWG.

Mit der Werbeaussage "Nichts hilft schneller" in dem TV-Spot für das Arzneimittel "Vooo Lippenherpescreme" nebst "Vooo Cremespender" wird nicht nahegelegt, dass die Wirkung "einem anderen Arzneimittel entspricht oder überlegen ist".

(a) In die Werbung der Antragsgegnerin wird kein anderes Arzneimittel konkret einbezogen. Es wird weder ein konkurrierendes Arzneimittel ausdrücklich mit seiner Bezeichnung genannt, noch indirekt individualisierbar, so z. B. etwa durch Anspielen auf ein bestimmtes Unternehmens- oder Produktkennzeichen oder auf ein bekanntes Werbemittel eines Mitbewerbers angesprochen.

(b) Eine solche ausdrückliche oder zumindest individualisierbare Bezugnahme auf ein anderes Arzneimittel aber setzt die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 2 HWG voraus, denn andernfalls kann mit einer Angabe nicht nahe gelegt werden, die Wirkung des beworbenen Arzneimittels entspreche "dem anderen" oder sei ihm überlegen.

Der vom Landgericht erörterte Sprachgebrauch der Vorschrift mit der Wendung "einem anderen Arzneimittel" führt zu keinem anderen Ergebnis. § 11 Abs. 2 HWG ist selbstverständlich auch dann anwendbar, wenn eine Publikums-Arzneimittelwerbung nahelegt, das beworbene Arzneimittel entspreche mehreren, aber einzeln bezeichneten Arzneimitteln in der Wirkung oder sei ihnen darin überlegen. Denn in so einem Fall wird auch bezogen auf jedes einzelne andere Arzneimittel eine überlegene oder entsprechende Wirkung nahegelegt. Eine konkrete Bezugnahme wird aber deswegen nicht etwa entbehrlich.

(c) Bei dem angegriffenen TV-Spot wird auch durch die Werbeaussage: "Nichts hilft schneller" ein solcher Bezug auf ein anderes Arzneimittel nicht hergestellt.

Das Landgericht hat das allerdings im Hinblick auf den engen Markt von Produkten gegen Lippenherpes unter dem Gesichtspunkt der "Erkennbarkeit" bejaht. Der Senat hält das nicht für richtig.

Zum einen stellt § 11 Abs. 2 HWG, wie ausgeführt, nicht auf ein unmittelbares oder mittelbares Erkennbarmachen eines Mitbewerbers oder Konkurrenzprodukts ab, sondern auf das Nahelegen einer entsprechenden oder überlegenen Wirkung gegenüber einem anderen Arzneimittel.

Zum anderen übersieht die Argumentation des Landgerichts, dass die Werbeaussage in dem TV-Spot ganz allgemein und unspezifisch und damit auch im Hinblick etwa auf Hausmittel, Arzneimittel allgemein, Medizinprodukte und sonstige Mittel bzw. Verfahren und nicht nur gegenüber Lippenherpes-Arzneimittel (etwa solchen wie das beworbene Arzneimittel) behauptet: "Nichts hilft schneller". Speziell auf die vier Mitbewerber bzw. deren Präparate, die unmittelbar mit "Vooo" konkurrieren (Marktanteil zusammen ca. 86 %), kommt es insoweit nicht an, denn eine Bezugnahme auf ein solches (welches?) Arzneimittel drängt sich dem Durchschnittsverbraucher gerade nicht auf.

(d) Die Angabe "Nichts hilft schneller" wird als Behauptung verstanden, das so beworbene Mittel gehöre zur Spitzengruppe der "schnell helfenden" Mittel.

Der Hinweis bedeutet vom Wortsinn, dass es kein anderes Produkt bzw. Verfahren gibt, das "schneller" hilft, und so versteht es der Referenzverbraucher auch.

Es wird dabei nur das eigene Angebot angepriesen. Gerade bei der Werbung mit dem sog. negativen Komparativ - wie im vorliegenden Fall - fehlt die Aussage, dass die beworbene Qualität (hier: des "Schnell-Helfens") nur mit dem beworbenen Produkt und nicht auch mit anderen Erzeugnissen oder Verfahren ebenso zu erzielen sei (vgl. BGH GRUR 1997, 227 - Aussehen mit Brille). In solchen Fällen drängt sich die Bezugnahme auf Mitbewerber(produkte) nicht auf, sondern ergibt sich nur indirekt daraus, dass der Durchschnittverbraucher aus seiner allgemeinen Lebenserfahrung annehmen wird, nicht alle Konkurrenten böten dieselben Vorzüge wie das beworbene Produkt (BGH GRUR 2002, 75 - "SOOOO...BILLIG"?).

Dieser nur indirekte Verweis auf ein Quorum (bestehend - wie ausgeführt - aus Hausmitteln, Arzneimitteln allgemein, Lippen-Herpesmitteln speziell, Medizinprodukten und sonstigen Mitteln bzw. Verfahren) kann für den in Rede stehenden konkreten Bezug auf "ein anderes Arzneimittel" im Sinne des § 11 Abs. 2 HWG nicht ausreichend sein. Denn die Angabe "Nichts hilft schneller" lässt offen, gegenüber welchem Mittel aus dem Quorum eine Entsprechung oder Überlegenheit im Schnell-Helfen bestehen soll.

(e) Etwas anderes ergäbe sich im Übrigen - entgegen dem Landgericht - auch nicht aus den Grundsätzen zur vergleichenden Werbung (§ 6 UWG).

Kommt bei einem Werbevergleich (§ 6 UWG) eine Mehrheit angesprochener Konkurrenten in Betracht, so müssen sie und/oder deren Waren so gezielt und deutlich angegriffen sein, dass sie der Verkehr als vom Vergleich betroffen ansieht; eine Bezugnahme auf sie muss sich für die angesprochenen Verkehrskreise förmlich aufdrängen (BGH 2001, 752 - Eröffnungswerbung). Die vergleichende Werbung setzt ein "individualisierendes" Erkennbarmachen voraus (Harte/Henning/Sack, UWG, § 6 UWG Rz. 58). Davon kann bei dem TV-Spot mit der Angabe "Nichts hilft schneller" entsprechend den obigen Ausführungen nicht ausgegangen werden.

Allerdings hat der Senat eine bestimmte Alleinstellungsberühmung wegen des konkreten, im dortigen Sachverhalt gegebenen Konkurrentenbezugs zutreffend als vergleichende Werbung angesehen (OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 84: "Entfernt signifikant mehr Plaque als jede andere führende Handzahnbürste"). Jene Entscheidung steht der aufgezeigten Beurteilung der Werbeangabe mit "Nichts hilft schneller" nicht entgegen. Anders als die ausdrücklich werblich einbezogenen "führenden Handzahnbürsten" bleibt vorliegend gerade offen, welches Produkt die Qualität des "Schnell-Helfens" ebenso gut wie das beworbene Produkt der Antragsgegnerin erreicht und welches nicht.

(f) In dem TV-Spot wird - unabhängig von dem fehlenden konkreten Bezug auf ein anderes Arzneimittel - durch die Angabe: "Nichts hilft schneller" nicht nahegelegt, das so beworbene Produkt der Antragsgegnerin "entspreche" in seiner Wirkung einem anderen Arzneimittel (vgl. § 11 Abs. 2 HWG, dort 1. Alternative).

Die Werbeaussage lässt nicht nur offen, welches zu dem möglichen Quorum gehörende Produkt/Verfahren gleich schnell helfen soll wie das beworbene Arzneimittel der Antragsgegnerin, sondern durchaus auch die Möglichkeit bestehen, dass kein alternatives Arzneimittel dem Präparat der Antragsgegnerin gleichkommt. Dem Durchschnittsverbraucher wird nur gesagt, dass es "nichts" gibt, das schneller hilft. Dass "Vooo" einem anderen Arzneimittel in seiner Wirkung "entspreche", wird nicht nahegelegt.

(g) Eine Überlegenheit gegenüber der Wirkung eines anderen Arzneimittels im Sinne des § 11 Abs. 2 HWG (2. Alternative) wird mit der angegriffenen Werbung ebenfalls nicht nahegelegt. Denn wenn, wie ausgeführt, nur angegeben wird, nichts aus dem möglichen Quorum helfe schneller, wird dem Durchschnittsverbraucher nicht gesagt, welchem anderen Arzneimittel das beworbene Präparat überlegen sein soll, es kann ebenso eine Gleichrangigkeit in der Wirkung vorliegen.

5.) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Senatsentscheidung vom 22. März 2007 (3 U 202/06, MagazinDienst 2008, 63) betreffend die Werbung "Nichts hilft schneller" für das Lippenherpesmittel FENISTIL. Der Senat hat den Unterlassungsanspruch aus § 3 HWG (mit §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG) und aus §§ 8, 3, 4 Nr. 9 UWG als nicht begründet angesehen. Ausführungen zu § 11 Abs. 2 HWG finden sich dort nicht.

6.) Das landgerichtliche Urteil kann hinsichtlich des Verbots zu Ziffer 2.) der Beschlussverfügung auch nicht aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 3 HWG wegen Irreführung durch die Werbeangabe "Nichts hilft schneller" in dem TV-Spot bestehen bleiben.

Zum einen handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand, wenn die Antragstellerin ihren Unterlassungsanspruch nicht nur auf § 11 Abs. 2 HWG, sondern erst nachträglich auch auf § 3 HWG stützt. Insoweit ist die Dringlichkeit entfallen, weil dieser Gesichtspunkt erst in zweiter Instanz geltend gemacht worden ist.

Zum anderen hat die Antragstellerin zwar behauptet, die Werbeaussage "Nichts hilft schneller" in dem TV-Spot sei irreführend, weil ihr (der Antragstellerin) Herpesbläschenpflaster tatsächlich schneller helfe (Bl. 129), die Antragsgegnerin hat das aber unter Hinweis auf vorgelegte Studienunterlagen (Anlagen AG ASt 10-17, Bl. 135) bestritten. Die Antragstellerin hat ihr (gegenteiliges) Vorbringen nicht glaubhaft gemacht.

II.

Der Verfügungsantrag gemäß Ziffer 3.) der Beschlussverfügung - und zwar im "insbesondere"-Antragsteil - ist nach Auffassung des Senats aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG nicht begründet.

Die Antragstellerin kann nach diesen Vorschriften von der Antragsgegnerin nicht verlangen, dass sie es unterlässt,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Fertigarzneimittel Vooo Lippenherpescreme und/oder Vooo Cremespender außerhalb der Fachkreise nach § 2 HWG zu werben und/oder werben zu lassen mit

(3.) der bildlichen Darstellung einer Person mit Lippenherpes, und zwar wie im TV-Spot mit einem Storyboard gemäß Anlage AS 3.

1.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages betrifft das Werben außerhalb der Fachkreise für die genannten Arzneimittel mit der bildlichen Darstellung einer Frau mit Lippenherpes, und zwar wie in dem TV-Spot der Antragsgegnerin geschehen (CD-ROM: Anlage zur Antragsschrift, Seite 4). Auch bei diesem Verbotsteil geht es nur um diesen angegriffenen Gesichtspunkt aus dem TV-Spot und nicht etwa auch um die weiteren Umstände aus dem Werbefilm, die ihrerseits zum Gegenstand der anderen Verfügungsanträge gemacht worden sind.

2.) Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel mit der bildlichen Darstellung von Veränderungen des menschlichen Körpers oder seiner Teile durch Krankheiten, Leiden oder Körperschäden nicht geworben werden.

Mit der bildlichen Darstellung sind sämtliche Arten von Darstellungen gemeint, die visuell wahrgenommen werden können, wie Filme und Fotos; ausgenommen sind Schriftzeichen und spezielle Formen von Schemazeichnungen (Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, 3. Auflage, § 11 Abs. 1 Nr. 5 a HWG Rz. 3; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 11 Nr. 5 a HWG Rz. 6, § 11 Nr. 4 HWG Rz. 3). Die bildliche Darstellung von Veränderungen des menschlichen Körpers oder seiner Teile durch Krankheiten schließt die von krankheitsbedingten äußerlichen Veränderungen der Haut ein (Bülow/Ring, a. a. O. Rz. 3; Gröning, Heilmittelwerberecht, Kommentar, § 11 Nr. 5 lit. a HWG Rz. 4, jeweils m. w. Nw.).

Das Gesetz geht davon aus, dass bildliche Darstellungen zur suggestiven Beeinflussung besonders geeignet sind und in der Heilmittelwerbung deshalb verboten werden müssen. Es gilt zu verhindern, dass die Betrachter in Folge der suggestiven Beeinflussung durch die bildlichen Darstellungen falsche Selbstdiagnosen erstellen, indem sie die eigenen Beschwerden "im Lichte" solcher Darstellungen interpretieren (Bülow/Ring, a. a. O., Rz. 1; Gröning, a. a. O., Rz. 1, jeweils m. w. Nw.).

3.) Der TV-Spot der Antragsgegnerin verstieße bei wortlautgemäßer Anwendung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG gegen diese Vorschrift.

Der beanstandete TV-Spot der Antragsgegnerin zeigt, wie ausgeführt, eine Frau mit Lippenherpes, sie hat am Mund vereinzelte, kleine, leicht gerötete, bläschenartige Hautunregelmäßigkeiten, die wie Lippenherpes aussehen. Dass das eine bildliche Darstellung dieser Erkrankung ist, kann nicht zweifelhaft sein.

(a) Es kommt nicht darauf an, ob die abgebildete Frau tatsächlich an Lippenherpes erkrankt gewesen ist, als sie für den TV-Spot gefilmt wurde. Maßgeblich ist vielmehr, dass sie so aussieht, als wäre sie erkrankt, sei es auch nur vorgetäuscht durch entsprechende Schminke. Der gesprochene Text in dem Werbefilm ("Lippenherpes") ergänzt das Verständnis der bildlichen Darstellung.

(b) Der Umstand, dass die Herpeserkrankung bei der Frau - auch auf dem "Ausschnitt" des Polaroidfotos - nur sehr zurückhaltend abgebildet wird, führt aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG nicht heraus. Denn die Vorschrift ist als abstraktes Gefährdungsdelikt aufgebaut und beschränkt sich, soweit Veränderungen des menschlichen Körpers oder seiner Teile durch Krankheiten bildlich dargestellt werden, nicht nur auf besondere Formen oder Qualitäten der bildlichen Darstellung, insbesondere ist die wortlautgemäße Anwendung der Vorschrift mangels Einschränkungen nicht etwa nur auf (besonders) suggestiv wirkende Bilddarstellungen beschränkt.

4.) Die Verwendung des TV-Spots der Antragsgegnerin wäre demgegenüber nicht zu beanstanden, wenn für dessen heilmittelwerberechtliche Beurteilung statt auf § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG unmittelbar auf Art. 90 Buchstabe k der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 311 S. 67 vom 28. November 2001) abzustellen wäre.

(a) Gemäß Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG (dort die 1. Alternative) darf die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel keine Elemente enthalten, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise bildliche Darstellungen der Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen verwenden.

In diese Vorschrift ist der frühere Art. 5 Buchstabe k der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 113 S. 13 vom 30. April 1992) aufgegangen: Nach dieser Vorschrift (dort die 1. Alternative) darf die Werbung für ein Arzneimittel in der Öffentlichkeit keine Elemente enthalten, die in missbräuchlicher, besorgniserregender oder irreführender Weise bildliche Darstellungen der Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen verwenden.

(b) Die bildliche Lippenherpes-Darstellung im TV-Spot ist nicht missbräuchlich oder abstoßend im Sinne des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG.

Es geht um eine Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel, und zwar mit der bildlichen Darstellung einer Hautveränderung aufgrund von Lippenherpes. Der TV-Spot der Antragsgegnerin zeichnet von der an Lippenherpes erkrankten, abgebildeten Frau kein abstoßendes Bild. Das Lippenbläschen wirkt, wie ausgeführt, nur klein und leicht gerötet. Von einer Dramatisierung oder Übertreibung in der bildlichen Darstellung, auch in Korrespondenz zu dem gesprochenen Text, kann keine Rede sein, sie ist auch sonst nicht missbräuchlich.

(c) Das Urteil des Landgerichts könnte hinsichtlich des "insbesondere"-Verbots zu Ziffer 3.) der Beschlussverfügung auch nicht wegen Irreführung bei der bildlichen Lippenherpes-Darstellung (Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG) bestehen bleiben.

Die Antragstellerin beanstandet den TV-Spot auch insoweit; die Darstellungsweise mit dem Polaroidfoto, das das Lippenherpesbläschen gleichsam im Wegziehen einfange, und mit der Stoppuhr, als deren Zeiger eine Vooo-Tube eingesetzt sei, suggeriere eine Beseitigung der sichtbaren Symptome des Lippenherpes innerhalb kürzester Zeit, gleichsam innerhalb von Sekunden.

(aa) Das Argument greift nicht durch. Der Durchschnittsverbraucher sieht in dem Wegziehen des Polaroidfotos und in der Stoppuhr bloße Stilmittel, um die Werbeangabe "Nichts hilft schneller" zu unterstreichen, ihnen kommt sonst kein konkreter Aussageinhalt zu.

(bb) Im Übrigen handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand, soweit die Antragstellerin ihren Unterlassungsanspruch zu Ziffer 3.) der Beschlussverfügung nicht wie im Erlassverfahren nur auf § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG, sondern erst nachträglich auch auf den Gesichtspunkt einer Irreführung unter Hinweis auf Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG stützt (Bl. 30).

Insoweit ist die Dringlichkeit entfallen, weil das Argument streitgegenständlich erst im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 5. Juli 2007 geltend gemacht worden ist, während die Beschlussverfügung bereits vom 19. Januar 2007 datiert.

5.) Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG nach Maßgabe des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG (1. Alternative) wäre die nationale Vorschrift durch die Verwendung des beanstandeten TV-Spots der Antragsgegnerin nicht verletzt.

Die bildliche Darstellung von Lippenherpes erfolgt darin - wie ausgeführt - nicht missbräuchlich, abstoßend oder irreführend. Und es sprechen - anders als es das Landgericht gesehen hat - allerdings beachtliche Umstände wohl eher dafür, eine richtlinienkonforme Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG in diesem Sinne vorzunehmen, d. h. die Anwendung der HWG-Vorschrift auf die Fälle des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG zu beschränken.

(a) Durch die Richtlinie RL 2001/83/EG ist eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung erfolgt (RL 2001/83/EG, a. a. O., Erwägungsgründe 4, 5, 43; EuGH GRUR 2008, 267, Rz. 39 - Rs. C-374/05 - Gintec = Anlage AG 5; vgl. dazu Gröning, jurisPR-WettbR 2/2008 Anm. 1); das gilt für Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG uneingeschränkt. Demgemäß sieht die RL 2001/83/EG für den Regelungsbereich des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG keine Befugnisse der Mitgliedstaaten vor, andere Bestimmungen zu treffen.

Wie der EuGH zutreffend ausgeführt hat, dürfen die Mitgliedstaaten die Arzneimittelwerbung - soweit ihnen nicht ausdrücklich die Befugnis eingeräumt wird, andere Regelungen zu treffen - nur den Anforderungen der RL 2001/83/EG unterwerfen (EuGH, a. a. O., Rz. 25 - Gintec). In eben diesen Sinne hat auch der BGH zu Recht angenommen, eine Gemeinschafts-Richtlinie setze immer einen Höchststandard, sofern nicht ausdrücklich gesagt werde, dass nur ein Mindeststandard geregelt werde und dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten bleibe, strengere Vorschriften gelten zu lassen (BGH GRUR 2005, 1067 - Konsumentenbefragung).

Die gegenüber Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG erheblich strengere nationale Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG ist gemeinschaftswidrig nicht umgesetzt worden, obwohl die endgültige Umsetzungsfrist seit langem abgelaufen ist. Der RL 2001/83/EG ist, wie ausgeführt, die RL 92/28/EWG vorausgegangen. Gemäß Art. 128 Abs. 1 RL 2001/83/EG gilt die Umsetzungsfrist für die Richtlinie 92/28/EWG weiter, d. h. diese Vorschrift war in innerstaatliches Recht bis zum 1. Januar 1993 umzusetzen gewesen (Anhang II Teil B der RL 2001/83/EG).

(b) Der Umstand, dass die nationale Vorschrift bislang nicht - wie geboten - dem Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG angepasst worden ist, enthebt den Senat grundsätzlich nicht der Verpflichtung, § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG richtlinienkonform auszulegen.

Wie der EuGH (EuGH, a. a. O., Rz. 38 - Gintec) zutreffend ausgeführt hat, ist es Sache des nationalen Gerichts, bei Anwendung des innerstaatlichen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der fraglichen Richtlinie auszulegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen. Eine vollständige Harmonisierung der Vorschriften über die Werbung trägt nach Art. 95 EG zur Beseitigung von Hemmnissen für den Handel mit Arzneimitteln zwischen den Mitgliedstaaten bei (EuGH, a. a. O., Rz. 25 - Gintec). Dass die strengere nationale Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG ein Handelshemmnis ist, liegt auf der Hand.

Das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung gilt auch dann, wenn - wie vorliegend bei § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG der Fall - eine Umsetzung einer inhaltlich eindeutigen Richtlinie in innerstaatliches Recht nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht erfolgt ist (EuGH NJW 2006, 2465, Rz. 115 - Rs. C-212/04 - Adelener; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG, 26. Auflage 2008, UWG Einl Rz. 3.13 m. w. Nw.).

In der Literatur ist die richtlinienkonforme Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG schon nach Maßgabe des früheren Art. 5 lit. k RL 92/28/EWG befürwortet worden (Doepner, a. a. O., § 11 Nr. 5 a HWG Rz. 11; Gröning, a. a. O., § 11 Nr. 5 lit. a HWG Rz. 2), obwohl die RL 92/28/EWG damals noch nicht allgemein im Sinne einer Vollharmonisierung, sondern als Regelung eines sog. Mindeststandard verstanden wurde und unter dieser Annahme die strengere nationale Regelung mit der Richtlinie als noch vereinbar angesehen werden konnte. Die Rechtsauffassung der Literatur zur richtlinienkonformen Auslegung kann sich mit der vollharmonisierten Bestimmung des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG nur umso mehr bestätigt sehen.

Demgemäß ließe es sich - anders als es das Landgericht gemeint hat - durchaus vertreten, die Begriffsbestimmung der "bildlichen Darstellung" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG in richtlinienkonformer Auslegung nach Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG auf solche zu beschränken, die missbräuchlich, abstoßend oder irreführend sind (vgl. ebenso im Ergebnis: Doepner, a. a. O., § 11 Nr. 5 a HWG Rz. 11; Gröning, a. a. O., § 11 Nr. 5 lit. a HWG Rz. 2). Die Anwendung der HWG-Bestimmung bliebe damit immerhin ganz überwiegend und für den wesentlichen Bereich uneingeschränkt bestehen.

(c) Ob der vorstehend aufgezeigte Weg kraft richtlinienkonformer Auslegung gangbar oder als glatt gesetzeswidrig versperrt wäre, kann der Senat im Hinblick auf das Regelbeispiel der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG - wie noch unter Ziffer II. 7.) ausgeführt wird - im Ergebnis offen lassen.

Immerhin hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG, wie ausgeführt, als abstraktes Gefährdungsdelikt gestaltet und bei dem Merkmal der bildlichen Darstellung keine nähere Bestimmung vorgenommen, obwohl man schon im damaligen Gesetzgebungsverfahren die Möglichkeit gesehen hat, dass Bilddarstellungen nicht immer unangemessen suggestiv sein müssen, sondern sogar nützliche Aufklärung leisten können und dass es Grenzfälle zulässiger Bildwerbung geben mag (Gröning, a. a. O., § 11 Nr. 5 lit. a HWG Rz. 1 m. w. Nw.). Demgemäß könnte die Gesetzesanwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG nur in Fällen einer missbräuchlichen, abstoßenden oder irreführenden Bilddarstellung eben zugleich eine gesetzeswidrige Nichtanwendung der Norm auf die übrigen Fallgestaltungen sein; die schon vom Landgericht aufgezeigten dogmatischen Bedenken hierzu ließen sich nur schwer ausräumen.

Eine solche richterliche Vorgehensweise würde sich allerdings verbieten, dieser Weg ließe sich auch unter der Überschrift "Richtlinienkonforme Auslegung" nicht beschreiten. So hat der EuGH zutreffend ausgeführt, die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie herzuziehen, werde durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere durch den Grundsatz der Rechtssicherheit und des Rückwirkungsverbots begrenzt; auch dürfe sie nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (EuGH NJW 2006, 2465, Rz. 110 - Rs. C-212/04 - Adelener).

6.) Auch bei einer unmittelbaren Anwendung des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG (1. Alternative) wäre der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG, §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG nicht begründet.

(a) Nach der gefestigten EuGH-Rechtsprechung kann sich der einzelne Gemeinschaftsbürger nach Ablauf des Umsetzungszeitraums bereits dann gegenüber dem Staat zu seinen Gunsten die Regelung einer Richtlinie unmittelbar berufen, wenn diese inhaltlich so unbedingt und hinreichend bestimmt ist, dass sie ohne Konkretisierung durch eine Umsetzungsmaßnahme angewendet werden kann (EuGH NJW 1986, 2178, Rz. 46 - Rs. 152/84 - Marshall).

Diese Rechtsprechung lässt nicht etwa die Systematik des EG-Vertrages unberücksichtigt, nach der eine Richtlinie der Gemeinschaft - anders als die EG-Verordnung - gerade keine allgemeine Geltung im Sinne einer Verbindlichkeit und unmittelbaren Geltung in jedem Mitgliedstaat hat (Art. 249 Abs. 1 EG), sondern die einzelstaatliche Umsetzung voraussetzt: Gemäß Art. 249 Abs. 2 EG ist die Richtlinie in jedem Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.

Die fehlende sog. horizontale Direktwirkung einer nicht umgesetzten Richtlinienbestimmung lässt den Grundsatz unberührt, dass sich der Mitgliedstaat seinerseits widersprüchlich und insoweit rechtsmissbräuchlich verhielte, wenn er selbst sich auf die Nichterfüllung seiner Verpflichtung, die in Rede stehende Richtlinie umzusetzen, berufen könnte (EuGH Slg. 1979, 1629, Rz. 22-24 - Rs. 148/78 - Ratti). Mit dieser zutreffend vom BVerfG gebilligten Rechtsprechung (BVerfGE 75, 240) soll verhindert werden, dass der Staat "aus seiner Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Nutzen ziehen kann" (EuGH NJW 1994, 2473, Rz. 22 - Rs. C-91/92 - Paola Faccini Dori).

(b) Demgemäß könnten die Verwaltungs- und Strafbehörden der Bundesrepublik Deutschland die Verwendung des beanstandeten TV-Spots nicht als Ordnungswidrigkeit unter Hinweis auf § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG verfolgen (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 8 HWG). Die Berufung des Staates auf jene gemeinschaftswidrig nicht umgesetzte HWG-Bestimmung wäre bei der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit unzulässig und nach Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG läge insoweit keine Rechtsverletzung vor, wie oben unter Ziffer II. 4. ausgeführt.

(c) Inwieweit dieses Zwischenergebnis auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch der Antragstellerin durchgreifend anzuwenden wäre, kann der Senat ebenfalls offen lassen.

Immerhin spräche für die Anwendbarkeit auch im wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsrechtsstreit, dass die Anspruchsgrundlage der §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG eben an eine an sich "vertikale" HWG-Verbotsvorschrift geknüpft ist, deren objektiv-rechtliche Legitimität des staatlichen Verhaltensbefehls durch Ablauf der Umsetzungsfrist erodiert ist (vgl. Doepner/Reese, GRUR 1998, 761 ff m. w. Nw.).

7.) Jedenfalls kann der Umstand, dass mit dem TV-Spot der Antragsgegnerin ein Verhalten in Rede steht, das im Hinblick auf Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG (1. Alternative) zulässig ist und nur deswegen gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG verstößt, weil diese Vorschrift, wie ausgeführt, gemeinschaftswidrig immer noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist, nach Auffassung des Senats jedenfalls nicht den Vorwurf der Unlauterkeit eines Gesetzesverstoßes im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG begründen.

Es ist anerkannt, dass im Rahmen der Generalklausel des § 3 UWG der Inhalt einer EG-Richtlinie sogar dann im Wege der richtlinienkonformen Auslegung berücksichtigt werden kann, wenn die Umsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, dem nationalen Gesetzgeber wegen des konkreten Richtlinienbestimmung aber insoweit kein legislativer Spielraum verbleibt (vgl. für § 1 UWG a. F.: BGH GRUR 1998, 824 - Testpreis-Angebot). Ein Verhalten, das der europäische Gesetzgeber als grundsätzlich zulässig bezeichnet hat, kann (unabhängig vom Lauf einer Umsetzungsfrist) grundsätzlich nicht als unlauter im Sinne des § 3 UWG angesehen werden (vgl. für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 1 UWG a. F.: BGH, a. a. O. - Testpreisangebot).

Der Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG bildet über die §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG die Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Insoweit hat der nationale Gesetzgeber mit § 3 UWG, auf den § 4 Nr. 11 UWG zurückbezogen ist und dessen Voraussetzungen vorliegen müssen, auch die Möglichkeit einer Öffnung für Wertungen geschaffen, die ihren Ausdruck in der europäischen Rechtsordnung finden (BGH, a. a. O. - Testpreisangebot). Das muss nach Auffassung des Senats - wenn man entsprechend den obigen Ausführungen die Möglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG unter Beschränkung auf den Anwendungsbereich des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG verneinen sollte - jedenfalls dazu führen, dass das Verhalten der Antragsgegnerin nicht als unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG bewertet werden kann, weil es nach der in Rede stehenden und seit vielen Jahren umzusetzenden Richtlinienbestimmung zulässig ist.

Die BGH-Entscheidung "Kleidersack" (BGH GRUR 2003, 624) steht dem aufgezeigten Ergebnis nicht entgegen. In dem dortigen Rechtsstreit war eine HWG-Sondervorschrift aus Rechtsgründen nicht anwendbar, gleichwohl hat der BGH zutreffend die Generalklausel des § 1 UWG (a. F.) auf ein sonstiges Wettbewerbshandeln mit derselben unlauteren Zielsetzung wie die HWG-Bestimmung in Umsetzung einer Richtlinienbestimmung herangezogen. Demgegenüber ist vorliegend Fall das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerin gerade in Ansehung der Richtlinienbestimmung (Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG) nicht als unlauterer Verstoß (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG) gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG anzusehen.

8.) Die BGH-Rechtsprechung, nach der bei verfassungskonformer Auslegung der HWG-Bestimmungen ein Verstoß gegen diese nur vorliegt, wenn die betreffende Werbung zumindest zu einer mittelbaren Gesundheitsgefährdung führt (vgl. zu § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG: BGH GRUR 2007, 809 - Krankenhauswerbung; vgl. zu § 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG: BGH GRUR 2004, 799 - Lebertrankapseln), steht dem obigen Ergebnis ebenfalls nicht entgegen. Denn soweit man nach dieser Rechtsprechung auch für § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG dieses zusätzliche Tatbestandsmerkmal anwendete, wäre der TV-Spot insoweit ebenfalls nicht zu beanstanden; auf die obigen Ausführungen wird entsprechend Bezug genommen.

III.

Der Verfügungsantrag gemäß Ziffer 3.) der Beschlussverfügung - und zwar im verallgemeinerten Antragsteil (vor dem "insbesondere") - ist nach Auffassung des Senats aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a HWG nicht begründet.

Die Antragstellerin kann nach diesen Vorschriften von der Antragsgegnerin nicht verlangen, dass sie es unterlässt,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Fertigarzneimittel Vooo Lippenherpescreme und/oder Vooo Cremespender außerhalb der Fachkreise nach § 2 HWG zu werben und/oder werben zu lassen mit

(3.) der bildlichen Darstellung einer Person mit Lippenherpes. Der Gegenstand des Unterlassungsantrages betrifft allgemein das Werben außerhalb der Fachkreise für die genannten Arzneimittel mit der bildlichen Darstellung einer Frau mit Lippenherpes.

Auch bei diesem Verbotsteil geht es nur um diesen dort ausdrücklich angegriffenen Gesichtspunkt und nicht etwa auch um die weiteren Umstände, die ihrerseits zum Gegenstand der anderen Verfügungsanträge gemacht worden sind.

Der Unterlassungsanspruch ist schon deswegen unbegründet, weil der auf den konkreten Verletzungsfall, den TV-Spot der Antragsgegnerin (CD-ROM: Anlage zur Antragsschrift, Seite 4) bezogene Unterlassungsantrag aus diesen Vorschriften nicht gegeben ist. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. wird entsprechend Bezug genommen.

IV.

Der Verfügungsantrag gemäß Ziffer 4.) der Beschlussverfügung ist nach Auffassung des Senats aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG nicht begründet.

Die Antragstellerin kann nach diesen Vorschriften von der Antragsgegnerin nicht verlangen, dass sie es unterlässt,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Fertigarzneimittel Vooo Lippenherpescreme und/oder Vooo Cremespender außerhalb der Fachkreise nach § 2 HWG zu werben und/oder werben zu lassen mit

(4.) der bildlichen Darstellung der Wirkung von Vooo Lippenherpescreme und/oder Vooo Cremespender durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes einer Person mit Lippenherpes vor und nach der Anwendung von Vooo Lippenherpescreme bzw. Vooo Cremespender, insbesondere wie im TV-Spot mit einem Storyboard gemäß Anlage AS 3.

1.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages betrifft das Werben außerhalb der Fachkreise für die genannten Arzneimittel mit der bildlichen Darstellung der Wirkung des beworbenen Arzneimittels durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes einer Person mit Lippenherpes vor und nach der Anwendung des Mittels (verallgemeinerter Antrags-Teil), insbesondere wie in dem TV-Spot der Antragsgegnerin geschehen (CD-ROM: Anlage zur Antragsschrift, Seite 4).

Auch bei dem Unterlassungsantrag zu 4.) geht es nur um den dort ausdrücklich angegriffenen Gesichtspunkt und nicht etwa auch um die weiteren Umstände aus dem Werbefilm, die ihrerseits zum Gegenstand der anderen Verfügungsanträge gemacht worden sind.

2.) Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel mit der bildlichen Darstellung der Wirkung eines Arzneimittels durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach der Anwendung nicht geworben werden. Gegen diese Vorschrift verstieße bei deren wortlautgemäßer Anwendung der TV-Spot der Antragsgegnerin.

Während des TV-Spots verschwinden an dem Mund der Frau die oben beschriebenen Hautunregelmäßigkeiten, die nach dem gesprochenen Text Lippenherpesbläschen darstellen sollen. Das Polaroidfoto zeigt, wie ausgeführt, beim Wegziehen kein Lippenherpes mehr und zum Schluss des Films sitzt die Frau ohne Lippenherpes auf dem Sofa.

Der Umstand, dass die bildliche Vorher-Nachher-Darstellung der Wirkung des Arzneimittels im TV-Spot - wie die Herpeserkrankung bei der Frau - sehr zurückhaltend erfolgt, führt aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG nicht heraus. Die Vorschrift ist wie Buchstabe a dieser Vorschrift als abstraktes Gefährdungsdelikt aufgebaut. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. 3. wird entsprechend Bezug genommen.

3.) Die Verwendung des TV-Spots der Antragsgegnerin wäre demgegenüber nicht zu beanstanden, wenn für dessen heilmittelwerberechtliche Beurteilung statt auf § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG unmittelbar auf Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG abzustellen wäre.

(a) Gemäß Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG (dort die 2. Alternative) darf die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel keine Elemente enthalten, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise bildliche Darstellungen der Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwenden.

In diese Vorschrift ist - wie oben zur 1. Alternative von Art. 90 Buchstabe k der Richtlinie ausgeführt - der frühere Art. 5 Buchstabe k der RL 92/28/EWG aufgegangen: Nach dieser Vorschrift (dort die 2. Alternative) darf die Werbung für ein Arzneimittel in der Öffentlichkeit keine Elemente enthalten, die in missbräuchlicher, besorgniserregender oder irreführender Weise bildliche Darstellungen der Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwenden.

(b) Die bildliche Vorher-Nachher-Darstellung der Wirkung des Arzneimittels ist in dem TV-Spot der Antragsgegnerin nicht missbräuchlich oder abstoßend im Sinne des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG, denn die Darstellung der Hautveränderung aufgrund von Lippenherpes ist, wie ausgeführt, weder missbräuchlich noch abstoßend. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II.4. wird entsprechend Bezug genommen.

(c) Das Urteil des Landgerichts könnte hinsichtlich des "insbesondere"-Verbots zu Ziffer 4.) der Beschlussverfügung auch nicht wegen Irreführung bei der bildlichen Vorher-Nachher-Darstellung der Wirkung des Arzneimittels (Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG) bestehen bleiben.

(aa) Der Durchschnittsverbraucher sieht, wie ausgeführt, in dem Wegziehen des Polaroidfotos und in der Stoppuhr bloße Stilmittel, um die Werbeangabe "Nichts hilft schneller" zu unterstreichen, ihnen kommt sonst kein konkreter Aussageinhalt zu. Eine Irreführung ist insoweit nicht gegeben. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. 4. c) zum TV-Spot wird entsprechend Bezug genommen.

(bb) Im Übrigen handelt es sich auch insoweit um einen anderen Streitgegenstand, soweit die Antragstellerin ihren Unterlassungsanspruch zu Ziffer 4.) der Beschlussverfügung nicht wie im Erlassverfahren nur auf § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG, sondern erst nachträglich auch auf den Gesichtspunkt einer Irreführung unter Hinweis auf Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG stützt (Bl. 30).

Insoweit ist die Dringlichkeit entfallen, weil das Argument streitgegenständlich erst im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 5. Juli 2007 geltend gemacht worden ist, während die Beschlussverfügung bereits vom 19. Januar 2007 datiert.

4.) Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG nach Maßgabe des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG (dort die 2. Alternative) wäre die nationale Vorschrift durch die Verwendung des beanstandeten TV-Spots der Antragsgegnerin nicht verletzt. Die bildliche Darstellung von Lippenherpes erfolgt darin - wie ausgeführt - nicht missbräuchlich, abstoßend oder irreführend. Das gilt für die Vorher-Nachher-Darstellung der Wirkung des beworbenen Arzneimittels entsprechend. Die Richtlinienbestimmung ist gemeinschaftswidrig nach langjährigem Ablauf der Umsetzungsfrist nicht in die entsprechende nationale Vorschrift umgesetzt worden. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. 5. zur Verwendung des TV-Spots wird entsprechend Bezug genommen.

5.) Auch bei einer unmittelbaren Anwendung des Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG wäre der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG, §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG nicht begründet. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. 6. zum TV-Spot wird entsprechend Bezug genommen.

6.) Jedenfalls kann der Umstand, dass mit dem TV-Spot der Antragsgegnerin ein Verhalten in Rede steht, das im Hinblick auf Art. 90 Buchstabe k RL 2001/83/EG (2. Alternative) zulässig ist und nur deswegen gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG verstößt, weil diese Vorschrift, wie ausgeführt, gemeinschaftswidrig immer noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist, nach Auffassung des Senats jedenfalls nicht den Vorwurf der Unlauterkeit eines Gesetzesverstoßes im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG begründen. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. 7. zum TV-Spot wird entsprechend Bezug genommen.

7.) Die BGH-Rechtsprechung zur verfassungskonformen Auslegung der HWG-Bestimmungen steht dem Ergebnis nicht entgegen. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. 8. zum TV-Spot wird entsprechend Bezug genommen.

8.) Der Unterlassungsanspruch ist sowohl im "insbesondere"-Antragsteil, der sich auf den konkreten Verletzungsfall des TV-Spots der Antragsgegnerin (CD-ROM: Anlage zur Antragsschrift, Seite 4) bezieht, als auch im verallgemeinerten Antrag unbegründet.

V.

Der Verfügungsantrag gemäß Ziffer 1.) der Beschlussverfügung ist nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht begründet.

Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin nicht verlangen, dass sie es unterlässt,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Fertigarzneimittel Vooo Lippenherpescreme und/oder Vooo Cremespender außerhalb der Fachkreise nach § 2 HWG zu werben und/oder werben zu lassen mit

(1.) einem TV-Spot mit einem Storyboard gemäß Anlage AS 3.

Der Unterlassungsantrag bezieht sich streitgegenständlich nur auf die Verwendung des TV-Spots und damit nur auf den konkreten Verletzungsfall.

Da der TV-Spot, wie ausgeführt, auch bei den anderen Verbotsteilen der Beschlussverfügung mit angegriffen ist und die Antragstellerin für den Antrag zu 1.) keine spezielle (andere) Begründung herangezogen hat, kann zur Unbegründetheit auf die obigen Ausführungen unter Ziffern I.-IV. entsprechend Bezug genommen werden.

Inwieweit der Verfügungsantrag zu 1.) als bloße Wiederholung der anderen Anträge unzulässig wäre, kann offen bleiben. Denkbar ist, dass die Antragstellerin für das Verbot zu 1.) alle Beanstandungen gemäß den Verboten zu 2.) bis 4.) in beliebiger Kombination nach Wahl des Gerichts zur Begründung herangezogen wissen möchte. Das wäre nicht unzulässig, zumal aus der Sicht der Antragstellerin ungewiss war, inwieweit die Verbote zu 2.) bis 4.) Bestand haben würden (vgl. dazu Harte/Henning/Brüning, UWG, vor § 12 UWG Rz. 99-100).

VI.

Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin begründet und das landgerichtliche Urteil abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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