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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 09.02.2006
Aktenzeichen: 3 U 203/05
Rechtsgebiete: DiätV, LFGB, Nährwert-KennzeichnungsV (NKV), UWG, Richtlinie 2000/13/EG, EG


Vorschriften:

DiätV § 1 Abs. 4 a
DiätV § 3
DiätV § 14 a
DiätV § 14 b
DiätV § 21
LFGB § 11
LFGB § 12
Nährwert-KennzeichnungsV (NKV) § 6 Abs. 1
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 8
Richtlinie 2000/13/EG Art. 18
EG Art. 28
EG Art. 30
1. Die Werbeangaben: "Trägt effektiv zur Gewichtsreduktion bei" und "führt zur gesunden, stetigen Gewichtsabnahme" für eine "Vitalkost" deuten auf die schlankmachende Eigenschaft des Lebensmittels hin. Das verstößt gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 NKV, soweit § 14 a DiätV nicht eingreift. Für "bilanzierte Diäten" (§ 14 b DiätV) gilt die Ausnahme des § 6 Abs. 1 Satz 2 NKV nicht.

2. Diese Angaben (siehe im Leitsatz 1) erwecken zusammen mit dem Hinweis: "bilanzierte Diät" den für das Irreführungsverbot (§ 11 LFGB) maßgeblichen Eindruck, das so beworbene Erzeugnis entspreche der gesetzlichen Begriffsbestimmung hierfür (§ 1 Abs. 4 a DiätV).

3. Der Werbehinweis: "zur diätetischen Behandlung von Störungen des Kohlehydrat- und Fettstoffwechsels, beruhend auf krankhaftem Übergewicht" verstößt gegen § 12 Abs. 1 LFGB, soweit die Ausnahmen vom Werbeverbot (§ 3 DiätV) nicht vorliegen.

4. Verstöße gegen § 6 NKV und §§ 11 und 12 LFGB begründen den Unterlassungsanspruch nur bezüglich des Anbietens und Vertreibens des Produkts mit diesen Angaben, nicht aber hinsichtlich des Herstellens. § 3 UWG (mit § 4 Nr. 11 UWG) betrifft nur Wettbewerbshandlungen, zu diesen gehört das bloße Herstellen nicht.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 203/05

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 9. Februar 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Reimers-Zocher nach der am 26. Januar 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 9. August 2005 abgeändert.

Die Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 20. Juni 2005 wird mit der Maßgabe bestätigt, dass im Verbotsausspruch zu lit. a) das Wort: "herzustellen" gestrichen wird. Insoweit wird der auf ihren Erlass gerichtete Verfügungsantrag zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Antragstellerin 1/10 und die Antragsgegnerin 9/10.

Gründe:

A.

Die Parteien vertreiben Lebensmittel und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin vertreibt bundesweit ihr Produkt "DESA Vitalkost" in einer neuen Aufmachung (vgl. die Kopie des Dosen-Etiketts: Anlage ASt 1) und wirbt für das Produkt u. a. mit einem Werbeschreiben (Anlage ASt 2).

Die Antragstellerin beanstandet das als wettbewerbswidrig und nimmt die Antragsgegnerin vorliegend im Wege des Verfügungsverfahrens auf Unterlassung in Anspruch.

Auf dem Dosen-Etikett des Produkts "DESA Vitalkost" (Anlage ASt 1) heißt es neben den Angaben "DESA VITALKOST - Diät für mehr Energie":

"Diätisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zur diätischen Behandlung vor Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels, die auf krankhaftem Übergewicht beruhen.

Trägt effektiv zur Gewichtsreduktion bei."

Weiter heißt es auf der Rückseite der Dose auf dem Etikett unter der Überschrift: "Weitere Eigenschaften und Verzehrempfehlungen:

"DESA(r)-Vitalkost ist durch seine besondere Nährstoffkombination speziell auf die besonderen Ernährungserfordernisse von Patienten mit krankhaftem Übergewicht und daraus resultierenden Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels zugeschnitten. Durch wissenschaftliche Studien konnte belegt werden, dass DESA in der Lage ist, die Stoffwechselsituation dieser Person zu verbessern.

Schließlich heißt es auf dem Etikett auf der Dosenrückseite noch unter der Überschrift: "Die DESA-Diät gliedert sich in drei Phasen - die Startphase (Phase 1) ... die Reduktionsphase (Phase 2)":

"Sie führt zu einer gesunden, stetigen Gewichtsabnahme. In dieser Zeit nehmen Sie zusätzlich zu einer weiteren Mahlzeit zweimal tätig DESA(r)-Vitalkost. Diese Phase sollte nicht länger als sechs Wochen dauern."

In dem Werbeschreiben für "DESA Vitalkost" (Anlage ASt 2) heißt es:

"Es handelt sich hier um ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zur diätetischen Behandlung von Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels, die auf krankhaftem Übergewicht beruhen.

Durch DESA

- können die Blutfettwerte signifikant verbessert werden,

- kann der Insulinspiegel nachweislich reguliert werden, was wichtig für einen gesunden Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel ist,

- kann sich der Leptinspiegel anpassen, was wichtig für eine normale Sättigungsregulation ist.

Während der DESA-Diät bleibt die Muskelmasse praktisch erhalten (der Verlust an Muskelmasse führt zu dem gefürchteten Yo-Yo-Effekt).

DESA hat einen geringen glykämischen Index und eine DESA-Mahlzeit eine niedrige glykämische Ladung. Die enthaltenen Aminosäuren, das probiotische Joghurtpulver und der Honig unterstützen das körpereigene Abwehrsystem (Immunsystem). DESA aktiviert den Stoffwechsel und enthält Stoffe, die wichtig für den Muskelaufbau sind.

Eine ernährungswissenschaftliche Studie der Universität Freiburg, bei der Personen mit krankhaftem Übergewicht und damit einhergehende Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels untersucht wurden, konnte die günstige diätetische Wirkung von DESA bestätigen ..."

Das Landgericht hat mit seiner Beschlussverfügung vom 20. Juni 2005 der Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten,

a) das Produkt DESA Vitalkost, wie aus den nachfolgenden Abbildungen ersichtlich herzustellen, anzubieten und in den Verkehr zu bringen: (es folgen 4 Schwarz-Weiß-Abbildungen einer "DESA Vitalkost"-Dose in überlappender Rund-Umsicht von vorn, von hinten und von beiden Seiten, vgl. dazu die Kopie des gesamten Dosenetiketts gemäß Anlage ASt 1);

b) das Produkt DESA Vitalkost in nachfolgender Weise zu bewerben: (es folgt die Schwarz-Weiß-Kopie des Werbeschreibens gemäß Anlage ASt 2).

Durch Urteil vom 9. August 2005 hat das Landgericht die Beschlussverfügung bestätigt. Auf das Urteil wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung vom 20. Juni 2005 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin bittet um Zurückweisung der Berufung.

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat nur teilweise Erfolg. Insoweit ist das landgerichtliche Urteil in dem aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Umfang abzuändern. Im Übrigen ist die Berufung der Antragsgegnerin unbegründet.

I.

Der mit dem Verfügungsantrag zu lit. a) gemäß der Beschlussverfügung geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist im Umfang der Handlungsformen des Anbietens und Inverkehrbringens auch nach Auffassung des Senats begründet (wegen des "Herstellens" siehe unter Ziffer III.).

1.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages zu lit. a) gemäß der Beschlussverfügung - die Antragstellerin verteidigt das landgerichtliche Urteil mit der bestätigten Beschlussverfügung - ist das Herstellen, Anbieten und Inverkehrbringen des Produkts "DESA Vitalkost" in der Aufmachung des Dosenetiketts gemäß den dort beigefügten 4 Schwarz-Weiß-Abbildungen. Diese Aufmachung entspricht dem Dosen-Etikett gemäß Anlage ASt 1.

Dass der Verfügungsantrag ursprünglich eine farbliche Wiedergabe der Dose betraf, hat das Landgericht übergangen, das hat sich anschließend die Antragstellerin zu Eigen gemacht. Für die Reichweite des Verbots soll es demgemäß nicht auf die jeweils verwendeten Druckfarben ankommen.

2.) Auch nach Auffassung des Senats ist der Unterlassungsanspruch, soweit er die Handlungsformen des Anbietens und Inverkehrbringens betrifft, aus § 6 Abs. 1 NährwertkennzeichnungsV (NKV), §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 UWG begründet

(a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NKV ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen zu verwenden, die darauf hindeuten, dass ein Lebensmittel schlankmachende, schlankheitsfördernde oder gewichtsverringernde Eigenschaften besitzt.

Die Antragsgegnerin verstößt gegen dieses Verbot, denn auf dem Dosenetikett ihres Produkts (Anlage ASt 1) stehen - wie oben ausgeführt - z. B. die Angaben: "Trägt effektiv zur Gewichtsreduktion bei" und "Sie führt zu einer gesunden, stetigen Gewichtsabnahme".

(b) Die Ausnahme des § 6 Abs. 1 Satz 2 NKV ist vorliegend nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift gilt Satz 1 nicht für Lebensmittel im Sinne des § 14 a der Diätverordnung, die zur Verwendung als Tagesration bestimmt sind.

§ 14 a DiätV betrifft Tagesrationen und Mahlzeiten für Übergewichtige und setzt eine bestimmte stoffliche Zusammensetzung voraus. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann nicht angenommen werden.

Es ist vor allem nicht erkennbar, dass das Präparat "DESA Vitalkost" zur Verwendung als Tagesration bestimmt ist. Denn nach der "DESA-Diät" sollen nur in den ersten zwei Tagen ausschließlich das Produkt und "viel Flüssigkeit" zu sich genommen werden (Startphase bzw. Phase 1), in den Phasen 2 und 3 (Reduktions- und Stabilitätsphase) sollen zwei bzw. nur eine Mahlzeit durch die "DESA Vitalkost" ersetzt werden.

Überdies steht auf dem Etikett sogar der Hinweis: "DESA ist eine ergänzende bilanzierte Diät und nicht zur ausschließlichen Ernährung bestimmt".

(c) Allerdings gilt das Verbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKV mangels einer ausdrücklichen Beschränkung an sich unabhängig davon, ob die Angabe irreführend ist oder nicht, die Vorschrift erfasst insoweit auch wahrheitsgemäße Angaben. Damit wäre die Norm - soweit sie auf einen Fall ohne Krankheitsbezug angewendet wird - mit der EuGH-Entscheidung EuZW 2004, 667 = ZL2004, 600 nicht vereinbar.

Es verstößt, wie der EuGH entschieden hat, eine nationale Regelung, die Bezugnahmen auf das Schlankerwerden absolut - also auch ohne Irreführung - verbietet, gegen die Art. 28, 30 EG und Art. 18 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/13/EG (dazu Zipfel, Lebensmittelrecht, C 102 § 11 LFGB Rz. 214).

Im vorliegenden Fall geht es aber jedenfalls auch um einen Krankheitsbezug, denn es ist ausdrücklich auf dem Etikett von "Störungen des Kohlehydrat- und Fettstoffwechsels, die auf krankhaftem Übergewicht beruhen" die Rede (Anlage ASt 1). Die Anwendung von § 6 Abs. 1 NKV auf so einen Fall ist daher nicht etwa gemeinschaftswidrig, ebenso nicht in Fällen der Irreführung.

(d) Das Argument der Antragsgegnerin, bei ihrem Produkt handele es sich um eine sog. "bilanzierte Diät", greift nicht durch.

Solche Diäten sind in § 14 b DiätV geregelt, für diese gilt nicht die Ausnahme in § 6 Abs. 1 Satz 2 NKV. Deswegen kommt es für § 6 Abs. 1 Satz 1 NKV nicht an, ob es sich bei dem Produkt der Antragsgegnerin tatsächlich eine solche bilanzierte Diät im Sinne des § 14 b DiätV handelt.

(e) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben.

Die streitgegenständlichen Handlungsformen des Anbietens und Inverkehrbringens fallen unter die in § 6 Abs. 1 NKV genannten Handlungen der Verwendung von Angaben im Verkehr mit Lebensmitteln bzw. bei der Werbung mit Lebensmitteln.

Die demgemäß vorliegende Zuwiderhandlung gegen das Verbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKV ist ohne weiteres ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG und kein Bagatellfall im Sinne des § 3 UWG.

Der Unterlassungsantrag (§ 8 UWG) erfasst die konkrete Verletzungsform, denn er bezieht sich auf die Aufmachung der Dose "DESA Vitalkost", und zwar wegen der Wiedergabe in Schwarz-Weiß in zulässiger Verallgemeinerung.

3.) Der Unterlassungsanspruch ist außerdem, soweit er die Handlungsformen des Anbietens und Inverkehrbringens betrifft, aus § 11 LFGB, §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 UWG begründet.

(a) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt insbesondere u. a. dann vor, wenn irreführende Angaben im Hinblick auf die Eigenschaften des Lebensmittels gemacht werden (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB).

Eine solche irreführende Angabe besteht in dem Hinweis "bilanzierte Diät" auf dem Etikett des Produkts der Antragsgegnerin (Anlage ASt 1). Denn es handelt sich entgegen der dadurch gegebenen Verkehrserwartung nicht um ein solches Erzeugnis entsprechend den gesetzlichen Begriffsbestimmungen. Hiervon ist jedenfalls im Verfügungsverfahren mit der hierfür hinreichenden Wahrscheinlichkeit auszugehen.

(b) Nach § 1 Abs. 4 a DiätV sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) im Sinne der DiätV Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechselung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen.

Dass es sich bei dem Produkt der Antragsgegnerin um eine solche bilanzierte Diät handelte, kann nicht angenommen werden.

(aa) Die Antragstellerin hat dargelegt und glaubhaft gemacht (Anlage ASt 3), dass die erste Alternative bei "DESA Vitalkost" nicht vorliegt, wonach das Erzeugnis "der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechselung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten" dienen müsste.

Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Etikett des Produkts (Anlage ASt 1) noch aus dem Werbeschreiben (Anlage ASt 2), hierzu hat auch die Antragsgegnerin nichts Durchgreifendes vorgetragen.

(bb) Die Antragstellerin hat insbesondere unter Hinweis auf die Aufmachung des Produkts vorgetragen, auch die zweite Alternative liege bei "DESA Vitalkost" nicht vor, wonach das Erzeugnis der "Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen" dienen müsste.

Dass auch diese Alternative nicht vorliegt, hat die Antragstellerin hinreichend glaubhaft gemacht (Anlage ASt 3). Die Antragsgegnerin hat zwar auf dem Etikett des Produkts (Anlage ASt 1) und in dem Werbeschreiben (Anlage ASt 2) jeweils "bilanzierte Diät" angegeben. Näheres steht dazu dort aber nicht. Auch das Vorbringen der Antragsgegnerin verhält sich dazu nicht. Verständigerweise geht es dabei nicht um die Frage, ob das Produkt tatsächlich schlank macht oder ob es tatsächlich zu einer vernünftigeren Ernährung führt als andere Lebensmittel (in diese Richtung gehen die von der Antragsgegnerin vorgelegten Stellungnahmen: Anlagen AG 1-3, AG B 1-3), sondern es müsste sich um ein Erzeugnis im Sinne der oben genannten gesetzlichen Definition handeln; hierzu gehört ein medizinisch bedingter Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen.

(cc) Inwieweit die Voraussetzungen des § 14 b Abs. 1 Satz 2 DiätV nicht - so die Antragstellerin - vorliegen, kann offen bleiben; denn das Produkt der Antragsgegnerin genügt schon der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 4 a DiätV nicht.

(c) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben.

Die streitgegenständlichen Handlungsformen des Anbietens und Inverkehrbringens fallen unter die in § 11 LFBG genannten Handlungen der Verwendung von Angaben im Verkehr mit Lebensmitteln bzw. bei der Werbung mit Lebensmitteln.

Die demgemäß vorliegende Zuwiderhandlung gegen das Verbot des § 11 LFBG ist ohne weiteres ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG und kein Bagatellfall im Sinne des § 3 UWG.

Der Unterlassungsantrag (§ 8 UWG) erfasst die konkrete Verletzungsform, wie oben ausgeführt.

4.) Der Unterlassungsanspruch ist außerdem, soweit er die Handlungsformen des Anbietens und Inverkehrbringens betrifft, aus § 12 LFGB, §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 UWG begründet.

(a) Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall Aussagen zu verwenden, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 LFGB gelten die Verbote des Absatzes 1 Nr. 1 nicht für diätetische Lebensmittel, soweit nicht das Bundesministerium durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmt.

Solche krankheitsbezogenen Angaben stellen der Hinweis auf dem Dosenetikett "zur diätischen Behandlung vor" (gemeint ist damit offenbar: zur diätetischen Behandlung von) "Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels, die auf krankhaftem Übergewicht beruhen" sowie der Hinweis: "auf ... Patienten mit krankhaftem Übergewicht und daraus resultierenden Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels zugeschnitten" dar. Sie verstoßen gegen § 12 LFGB.

(b) Eine Ausnahme für das Verbot krankheitsbezogener Werbung enthält § 3 DiätV. Gemäß § 3 Abs. 1 DiätV gilt das Werbeverbot (des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG, die Vorschrift ist durch § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB ersetzt) abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 2 LMBG (dem entspricht jetzt: § 12 Abs. 2 Satz 2 LFGB) auch für diätetische Lebensmittel, soweit nicht nach § 3 Abs. 2 zulässige Aussagen verwendet werden.

(c) Dass eine solche Ausnahme bei "DESA Vitalkost" vorläge, ist nach den Angaben auf dem Etikett (Anlage ASt 1) und im Werbeschreiben (Anlage ASt 2) nicht anzunehmen. § 3 Abs. 3 DiätV ist demnach nicht einschlägig; hiervon ist mangels gegenteiligen Vorbringens der Antragsgegnerin auszugehen:

Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 DiätV sind bei Lebensmitteln, die zur Behandlung von Störungen der Darmmotilität und der Darmflora sowie deren Folgeerscheinungen bei Säuglingen geeignet sind, die dort aufgeführten Angaben zulässig. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 DiätV sind bei (lit. a) Lebensmitteln zur Behandlung von Leberzell- oder Niereninsuffizienz, die im Einweiß-, Aminosäure- und Elektrolytgehalt entsprechend angepasst sind und bei (lit. b) Lebensmitteln, die zur Behandlung von angeborenen Stoffwechselstörungen geeignet sind, die dort aufgeführten Angaben zulässig. Die Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 4 lit. a bis lit. f betrifft die dort aufgeführten zulässigen Angaben bei Lebensmitteln, die zur besonderen Ernährung bei Maldigestion oder Malabsorption, Störungen der Nahrungsaufnahme, Diabetes mellitus, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder prä- oder postoperativer Behandlung bei Operationen des Darmes oder Gicht geeignet sind.

(d) Nicht durchgreifend ist das Argument der Antragsgegnerin, es handele sich bei ihrem Produkt um eine "bilanzierte Diät" und deswegen könne bzw. müsse sie gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 DiätV die Packungsbezeichnung ("für Personen mit Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels infolge krankhaftem Übergewicht") verwenden. Es kann, wie oben ausgeführt, nicht angenommen werden, dass es sich bei dem Produkt der Antragsgegnerin um eine bilanzierte Diät im Sinne der gesetzlichen Definition handelt.

(e) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben.

Die streitgegenständlichen Handlungsformen des Anbietens und Inverkehrbringens fallen unter die in § 12 LFBG genannten Handlungen der Verwendung von Angaben im Verkehr mit Lebensmitteln bzw. bei der Werbung mit Lebensmitteln.

Die demgemäß vorliegende Zuwiderhandlung gegen das Verbot des § 12 LFBG ist ohne weiteres ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG und kein Bagatellfall im Sinne des § 3 UWG. Der Unterlassungsantrag (§ 8 UWG) erfasst, wie oben ausgeführt, die konkrete Verletzungsform.

II.

Der mit dem Verfügungsantrag zu lit. b) gemäß der Beschlussverfügung geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nach Auffassung des Senats begründet.

1.) Der Gegenstand des Verfügungsantrages zu lit. b) gemäß der Beschlussverfügung ist das Bewerben des Produkts "DESA Vitalkost" mit dem Werbeschreiben in Schwarz-Weiß-Kopie gemäß Anlage ASt 2.

2.) Der Unterlassungsanspruch ist aus den unter I. genannten Vorschriften begründet.

Das Werben fällt unter die in § 6 Abs. 1 NKV und in den §§ 11, 12 LFGB aufgeführten Handlungen der Verwendung von Angaben im Verkehr mit Lebensmitteln bzw. bei der Werbung mit Lebensmitteln.

Das Werbeschreiben (Anlage ASt 2) enthält Formulierungen bezüglich des Schlankmachens und solche mit Krankheitsbezug. Denn es heißt dort:

"Es handelt sich hier um ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zur diätetischen Behandlung von Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels, die auf krankhaftem Übergewicht beruhen.

und:

Während der DESA-Diät bleibt die Muskelmasse praktisch erhalten (der Verlust an Muskelmasse führt zu dem gefürchteten Yo-Yo-Effekt)...

Eine ernährungswissenschaftliche Studie der Universität Freiburg, bei der Personen mit krankhaftem Übergewicht und damit einhergehende Störungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels untersucht wurden, konnte die günstige diätetische Wirkung von DESA bestätigen ..."

Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter I. entsprechend Bezug genommen.

III.

Der mit dem Verfügungsantrag zu lit. a) gemäß der Beschlussverfügung geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist hinsichtlich der Handlungsform des "Herstellens" nicht begründet.

Die Vorschriften des § 6 Abs. 1 NKV und der §§ 11, 12 LFGB verbieten nicht das Herstellen von Produkten und/oder von deren Aufmachung, sondern das Verwenden bestimmter Angaben im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung. Zudem geht es um einen Verstoß gegen diese Vorschriften, jeweils in Verbindung mit § 3 UWG, und zwar hier gemäß § 4 Nr. 11 UWG, das setzt das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes, d. h. eine unlautere Wettbewerbshandlung voraus. Daran fehlt es bei dem streitgegenständlichen Herstellen.

"Wettbewerbshandlung" bedeutet jede Handlung einer Person mit dem Ziel, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren zu fördern, entsprechendes gilt für Dienstleistungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Die Wettbewerbshandlung setzt also ein marktbezogenes Verhalten im geschäftlichen Verkehr voraus. Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung noch nicht das Herstellen eines Produkts mit einer Aufmachung, die ihrerseits unlautere Angaben enthält. Diese Vorbereitungshandlungen sind zwar geschäftliches Handeln, aber (noch) ohne jeden Marktbezug und insoweit (noch) betriebsinternes Tun und demgemäß über UWG-Vorschriften nicht verbietbar (BGH WRP 2000, 1116 - Abgasemissionen; vgl. zu dem nicht gegebenen Unterlassungsanspruch betreffend die Herstellung von Plagiaten, deren Vertrieb nach § 4 Nr. 9 UWG unlauter wäre: BGH GRUR 1999, 751 - Güllepumpen; Harte/Henning/Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9 Rz. 206).

IV.

Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin nur teilweise begründet. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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