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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 28.11.2002
Aktenzeichen: 3 U 206/00
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3
Ein Arzt, der seine Praxis in Hamburg als "Praxisklinik" bezeichnet, muß - wenn er auf Unterlassen in Anspruch genommen wird - nicht darlegen, daß die Voraussetzungen, die die Berufsordnung der Hamburgischen Ärzte und Ärztinnen für eine solche Bezeichnung aufstellt, erfüllt sind.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 206/00

Verkündet am: 28. November 2002

In dem Rechtsstreit

Berufsordnung der Hamburgischen Ärzte und Ärztinnen - "Praxisklinik"

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franque, Spannuth nach der am 7. November 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 14. Juli 2000 abgeändert und die Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 85 % und der Kläger 15 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung von 8.000 €, die Beklagte durch eine solche von 1.000 € abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für die Rechtsmittelinstanz auf 76.694 € (150.000 DM) festgesetzt, wobei 2/3 auf die Klage und 1/3 auf die Widerklage entfallen. Mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung verringert er sich auf den Streitwert der Widerklage.

Tatbestand:

Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit Sitz in Kiel und dem Unternehmensgegenstand "Betrieb von Kliniken für plastisch-ästhetische und rekonstruktive Medizin und alle damit verbundenen dem Gesellschaftszweck dienenden unmittelbaren und mittelbaren Leistungen". Sie betrieb im Bürohaus Colonnaden 5 in Hamburg auf einer Etage in angemieteten Räumen eine Einrichtung, die nicht zur stationären Aufnahme von Patienten vorgesehen war. Dort ist sie mittlerweile ausgezogen.

Im Hause Colonnaden 9 ist der Kläger als Arzt für Schönheitschirurgie tätig, worauf ein Schild am Hauseingang unter anderem mit der Angabe "Praxisklinik für Plastische Chirurgie" hinweist. Vergleichbare Schilder gibt es im Innern des Hauses. Der Kläger hatte bei der Ärztekammer beantragt, ihm die Bezeichnung "Praxisklinik" zu gestatten. Vorschriften zur Regelung einer solchen Bezeichnung waren in Vorbereitung. Die Ärztekammer teilte mit Schreiben vom 15.05.2000 (Anlage B 9) mit, es sei nicht abzusehen, wann die Berufsordnung entsprechend novelliert sei, doch leite sie in Vorgriff auf die bevorstehende Änderung der Berufsordnung keine berufsrechtlichen Schritte gegen ein Kammermitglied ein, das diese Bezeichnung verwende.

Die Beklagte besitzt nach § 30 GewO Gewerbeerlaubnisse der Stadt Hannover zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt mit 16 Betten in Hannover (Anlage B 10), des Landes Schleswig-Holstein zum Betrieb der Collegium Klinik mit vier Betten in Preetz (Anlage B 11) und des Landkreises Aurich zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt mit 10 Betten in Norderney (Anlage B 12). Die Beklagte will auch eine Gewerbeerlaubnis für Kiel besitzen und beruft sich dafür auf die Anlage B 11. Der Kläger trägt vor, daß dort nur die Verwaltung der Beklagten sitze. Die Beklagte ist in Hamburger Telephonbüchern als "Collegium Klinik für Plastisch-, Ästhetische & Rekonstruktive Medizin Colonnaden 5" eingetragen (Anlage K 2), in den "Gelben Seiten" des Hamburger Branchenbuchs unter der Rubrik "Krankenhäuser und Kliniken" mit dem Zusatz "20354 Hmb" (Anlage K 3). Sie warb unter ihrer Firma auch für die Einrichtung Colonnaden 5 mit der Abbildung des Portals dieses Gebäudes (Anlagen K 4, BK 1).

Der Kläger, der der Einrichtung im Hause Colonnaden 5 die Voraussetzungen einer Klinik abspricht, hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen, oder einer primär festzusetzenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Einrichtung Colonnaden 5, 20354 Hamburg, mit Anzeigen in Branchenbüchern in der Rubrik "Krankenhäuser und Kliniken" zu inserieren;

2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in den "Gelben Seiten" (Branchenbuch für Hamburg ab Ausgabe 2000/2001), in den Weißen Seiten" (Fernsprechbuch Hamburg der Deutschen Telekom AG ab Ausgabe 20000/2001) oder in anderen Werbeträgern für die Einrichtung Colonnaden 5, 20354 Hamburg, den Begriff "Klinik" zu gebrauchen, solange

a) eine Konzessionierung als Privatklinik durch die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales nach § 30 GewO nicht erteilt ist oder

b) die Ärztekammer Hamburg in Ansehung der Hamburger Berufsordnung für Ärzte es nicht gestattet, daß der Verpflichteten nach außenhin als "Praxis-Klinik" ohne Konzessionierung nach § 30 GewO auftritt.

Die Beklagte hat Klageabweisung und widerklagend beantragt,

den Kläger zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Bezeichnung "Praxisklinik" zu verwenden,

weil der Kläger eine normale Arztpraxis unterhalte und für die Bezeichnung "Praxis-Klinik" auch keine Genehmigung der Ärztekammer habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Wort "Klinik" sei, bis er eine Genehmigung der Ärztekammer erhalten werde, auf seinem Praxisschild durch Klebeband abgedeckt, das allerdings mehrfach von Unbekannten abgezogen worden sei. Einer Genehmigung nach § 30 GewO bedürfe er ohnehin nicht. Er unterhalte in seiner Praxis vier Nachsorgebetten und erfülle die Voraussetzungen für eine Praxisklinik.

Das Landgericht, auf dessen Entscheidung zur Vervollständigung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat Klage und Widerklage nur in folgender Form stattgegeben:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Einrichtung Colonnaden 5, 20354 Hamburg, mit Anzeigen in Branchenbüchern in der Rubrik "Krankenhäuser und Kliniken" zu inserieren;

Der Kläger wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Bezeichnung "Praxisklinik" zu verwenden, solange die Ärztekammer Hamburg in Ansehung der Hamburger Berufsordnung für Ärzte es ihm nicht gestattet, die Bezeichnung zu führen.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit dem Rechtsmittel der Berufung, das sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet haben. Sie greifen das Urteil mit Rechtsgründen an und beziehen sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte sieht sich durch das landgerichtliche Urteil in ihren Grundrechten aus Art. 12 GG verletzt, der Kläger macht geltend, die Beklagte benutze entgegen der Annahme des Landgerichts in den Telephonbüchern nicht ihre Firma und werbe durchaus auch andernorts irreführend, wie die Anlagen K 4, K 5, BK 1 und BK 2 zeigten. Seiner Verurteilung sei jedenfalls durch die im August 2000 in Kraft getretene Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen vom 27.03.2000 die Grundlage entzogen worden.

Die Berufsordnung bestimmt unter D. l. Nr. 2 Praxisschilder:

(6) Ein Arzt darf mit der Bezeichnung "Praxisklinik" eine besondere Versorgungsweise und besondere Praxisausstattung auf seinem Praxisschild ankündigen, wenn er

a. im Rahmen der Versorgung ambulanter Patienten bei Bedarf eine ärztliche und pflegerische Betreuung auch über Nacht gewährleistet,

b. neben den für die ärztlichen Maßnahmen notwendigen Voraussetzungen auch noch die den anerkannten Qualitätssicherungsregeln erforderlichen apparativen, personellen und organisatorischen Vorkehrungen für eine Notfallintervention beim entlassenen Patienten erfüllt.

(7) Die Ärzte, die die Angaben zu Absätzen 4 bis 6 führen, haben der Ärztekammer auf deren Verlangen die für eine Prüfung der notwendigen Voraussetzungen der Ankündigung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Die Ärztekammer ist befugt, ergänzende Auskünfte zu verlangen.

Der Kläger hat zunächst den Antrag gestellt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagte ferner zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in den "Gelben Seiten" (Branchenbuch für Hamburg ab Ausgabe 2000/2001), in den Weißen Seiten" (Fernsprechbuch Hamburg der Deutschen Telekom AG ab Ausgabe 20000/2001) oder in anderen Werbeträgern für die Einrichtung Colonnaden 5, 20354 Hamburg, den Begriff "Klinik" zu gebrauchen, solange eine Konzessionierung als Privatklinik durch die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales nach § 30 GewO nicht erteilt ist.

Nachdem die Beklagte den Betrieb ihrer Einrichtung in den Colonnaden 5 eingestellt hatte und dort ausgezogen war, haben die Parteien die Klage in der Hauptsache für erledigt erklärt und stellen wechselseitig Kostenanträge.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des angefochtenen Urteils die Widerklage abzuweisen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien mit Anlagen und Beweisangeboten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Das von der Beklagten verteidigte Verbot, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Bezeichnung "Praxisklinik" zu verwenden, solange die Ärztekammer Hamburg in Ansehung der Hamburger Berufsordnung für Ärzte es ihm nicht gestattet, die Bezeichnung zu führen, läßt sich nicht begründen. Es ist nicht zu erkennen, daß der Kläger gegen berufsrechtliche oder wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstößt, wenn er für seine Praxis die Bezeichnung Praxisklinik verwendet.

Das Landgericht ist offenbar als selbstverständlich davon ausgegangen, daß es dazu einer Genehmigung bedarf, weil dies so von der Ärztekammer vorgesehen sei. Ob dem für die Vergangenheit zuzustimmen ist und der Kläger wegen Verletzung dieser Regelung gegen § 1 UWG verstoßen hat, bedarf keiner Klärung, denn nunmehr ist nach der inzwischen wirksam gewordenen Änderung der Berufsordnung unter D. l. Nr. 2 (6) und (7) eine Genehmigung nicht erforderlich, wenn ein Arzt die Bezeichnung "Praxisklinik" verwendet.

Auch eine Irreführung des Verkehrs nach § 3 UWG kommt nicht in Betracht. Der Ausdruck "Praxisklinik" ist im allgemeinen Sprachgebrauch nicht so fest verankert, daß sich mit ihm sofort feste Vorstellungen verbinden. Ein durchschnittlich verständiger, aufmerksamer und informierter Verbraucher würde also Aufklärung suchen, was genau damit gemeint ist und alsbald feststellen, daß die Berufsordnung für die Verwendung bestimmte Voraussetzungen aufstellt. Er würde sich nur irregeführt fühlen, wenn diese Voraussetzungen in der Einrichtung des Klägers nicht erfüllt wären.

Eben dies behauptet die Beklagte und macht damit zugleich geltend, daß der darin liegende Verstoß gegen die Berufsordnung auch unlauter nach § 1 UWG sei. In der jetzigen Fassung wäre das Verbot allerdings nur sinnvoll, wenn die Ärztekammer auf der Grundlage ihrer Prüfungskompetenz nach D. l. Nr. 2 (7) Berufsordnung die Bezeichnung "Praxisklinik" untersagt hätte, was die Beklagte nicht behauptet. Es besteht aber kein Anlaß, nach § 139 ZPO darauf hinzuwirken, daß die Beklagte den Antrag ihrem neuen Vorbringen anpaßt und den "solange"-Satz streicht, denn sie kann in keinem Fall Erfolg haben.

Die Beklagte muß vortragen und beweisen, daß die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs deshalb gegeben sind, weil der Kläger gegen die Berufsordnung verstößt. Es genügt nicht, das Vorbringen des Klägers zu bestreiten, daß er alle Anforderungen, die die Berufsordnung unter D. I. Nr. 2 (6) aufstellt, erfüllt. Der neue Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 19.06.2002 enthält keinen substantiierten Tatsachenvortrag, der sich durch Erheben der angebotenen Beweise bestätigen ließe. Auch wird nicht erklärt, warum die Justiziarin der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Frau Dr. H, überhaupt zur Praxis des Klägers, der seinen Sitz in Hamburg hat, irgend etwas sagen könnte, und warum dort eine Genehmigungsakte geführt wird. Offenbar hat das auch die Beklagte erkannt, denn in der mündlichen Verhandlung hat sie sich zum Beweis auf die Einnahme eines Augenscheins berufen. Sie führt aber mit keinem Wort aus, was das Gericht an berufsordnungswidrigen Zuständen beim Kläger antreffen würde. Danach kann sich erst aus Feststellungen bei einer Beweisaufnahme ergeben, ob solche Zustände überhaupt bestehen. Das Beweisangebot dient mithin der reinen Ausforschung, die die ZPO nicht erlaubt (Zöller/Greger, ZPO, 23. Auflage, Rdnr. 5 vor § 284).

II. Die Kosten der erfolglosen Widerklage hat die Beklagte nach § 91 ZPO zu tragen.

Nachdem die Parteien die Klage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entspricht es billigem Ermessen (§ 91 a ZPO), die durch ihre Erhebung verursachten Kosten zu verteilen.

In der Erledigungserklärung des Klägers ist keine verkappte Rücknahme zu sehen, auch soweit sie sich nicht auf die in der Vergangenheit erschienenen Telephonbücher (Ausgaben 2000/01, 2001/02 und 2002/03) bezieht, denn nachdem die Beklagte aus dem Hause Colonnaden 5 ausgezogen ist, war nicht mehr ernsthaft zu besorgen, daß das mit der Klage angegriffene Verhalten fortgesetzt werde. Anders hat es auch die Beklagte nicht gesehen, denn sie hat sich der Erledigungserklärung uneingeschränkt angeschlossen.

1. Das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Einrichtung Colonnaden 5, 20354 Hamburg, mit Anzeigen in Branchenbüchern in der Rubrik "Krankenhäuser und Kliniken" zu inserieren, ist zu Recht ergangen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Beklagte eine Hamburger Genehmigung nach § 30 GewO besitzt oder ob die ihr in anderen Bundesländern erteilten Genehmigungen ausreichend sind, wenn sie in Hamburg eine "Niederlassung" betreibt. Von einer in der Rubrik "Krankenhäuser und Kliniken" geführten Einrichtung erwartet der Verkehr, daß dort stationär behandelt wird. Da dies für die Einrichtung der Beklagten unstreitig nicht zutrifft, ist ihre Werbung irreführend (§ 3 UWG), ohne daß es darauf ankommt, ob der Beklagten eine Genehmigung fehlt.

Mit dem von der Beklagten allein ins Spiel gebrachten Erwägung, ihr Recht aus Art. 12 GG erlaube eine Werbung (BVfG NJW 2000,2734 ff.), hat das nichts zu tun, denn eine solche bleibt ihr unbenommen, sie muß nur der Wahrheit entsprechen.

2. Die Klage war aber auch überwiegend begründet, soweit es um den Antrag zu 2) geht, wobei es sachgerecht war, die in lit. b) formulierte Voraussetzung im Antrag zweiter Instanz fallenzulassen, nachdem sie durch die Änderung der Berufsordnung gegenstandslos geworden war.

Soweit der Kläger seinen Antrag im Hinblick auf die fehlende Konzessionierung nach §30 GewO eingeschränkt hat, ist ihm das unbenommen. Der Kern des Rechtsstreits wird von § 30 GewO aber nur indirekt berührt. Eine Genehmigung wäre nach dieser Vorschrift nur erforderlich, wenn die Beklagte stationäre Krankenbehandlung mit Unterbringungs- und Verpflegungsleistungen anbieten würde, denn für die Anwendung von § 30 GewO sind nicht die Risiken ärztlicher Tätigkeit, sondern die Eingliederung des Patienten in eine betriebliche Organisationsgefüge ausschlaggebend. Einrichtungen für ambulante Operationen fallen nicht darunter (Landmann/Rohmer/Marcks, GewO, § 30, Rdnr. 8). Der Kläger macht es der Beklagten aber gerade zum Vorwurf, daß sie unter der Anschrift Colonnaden 5 keine Klinik betreibe, obwohl der Verkehr dies wegen der geführten Bezeichnung irrigerweise annimmt. In der Sache geht es demnach auch hier um eine Irreführung des Verkehrs (§ 3 UWG), die in der Tat zu bejahen ist, denn bei den bisherigen Gegebenheiten nahm der Verkehr zu Unrecht an, im Hause Colonnaden 5 werde stationär behandelt. Richtig ist der Gedanke des Klägers insoweit, als eine Genehmigung nach § 30 GewO einen Klinikbetrieb voraussetzen würde, womit zugleich die angegriffene Irreführung entfiele.

Das Landgerichts hat die Abweisung damit begründet, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihre Firma, die das Wort "Klinik" enthält, im offiziellen Telephonbuch und im Branchenbuch zu führen. Für "andere Werbeträger" fehle die Begehungsgefahr. Das erschöpft die Probleme nicht. Warum die Verpflichtung besteht, wird nicht begründet. Der Senat kann sich dieser Auffassung auch nicht anschließen. Niemand ist verpflichtet, eine frei gewählte Firma zu führen, wenn sie einen irreführenden Inhalt hat (§3UWG, §37 Abs. 2 HGB).

Es kommt entscheidend darauf an, ob die Firma der Beklagten irreführend ist. Ein abstraktes Verbot des Begriffs "Klinik", wie es der Kläger in seinem Antrag im Hinblick auf beliebige Werbeträger fordert, kommt deshalb nicht in Betracht, weil es stets auf das Verständnis des Eintrages in seiner Gesamtheit ankommt (Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage, § 3, Rdnr. 121). Es sind im Umfeld der Werbung Umstände denkbar, die eine Irreführung des Verkehrs ausschließen. Deshalb muß der Kläger im Hinblick auf diese Verallgemeinerung, die auch Fälle rechtmäßigen Verhaltens erfaßt, billigerweise einen Teil der Kosten tragen. Ein Verbot war nur gerechtfertigt, soweit es die konkreten Verletzungsformen umfaßte.

Die Einträge in den Telephonbüchern waren irreführend. Wer dort "Collegium Klinik für Plastisch-, Ästhetische & Rekonstruktive Medizin" liest, kann nicht daran zweifeln, unter der angegebenen Anschrift eine Klinik anzutreffen, wo stationär behandelt wird, und das traf nicht zu.

Gewiß liegt eine besondere Problematik darin, daß die Beklagte an mehreren Orten Kliniken unterhält und ihre Firmierung dort nicht irreführend ist. Das kann sie nur an Orten wie Hamburg sein, wo sie niemanden stationär behandelt. Möglicherweise muß unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung diese Irreführung hingenommen werden (Köhler/Piper, a.a.O., § 3, Rdnr. 210 f.). Dazu braucht der Senat nicht Stellung zu nehmen. Sollte das zu bejahen sein, müßte die Beklagte von sich aus alles tun, um die Gefahr einer Irreführung möglichst klein zu halten. Eben das hat sie nicht getan. Sie hat nicht ihre vollständige Firma genannt, denn der Bestandteil "GmbH" fehlt. Damit hat das Wort "Klinik" ein ganz anderes Gewicht erhalten, denn wenn man bei einer "Collegium Klinik GmbH" immerhin erwägen kann, ob sich unter der Anschrift nicht nur die Gesellschaft verbirgt, deren Klinik vielleicht an anderen Orten betrieben wird, hat man für solch eine Möglichkeit keinen Anhalt, wenn nicht gesagt wird, daß man es mit einer Gesellschaft zu tun hat.

Eine Irreführung durch "andere Werbeträger" ist jedenfalls durch die Anlage BK 1 belegt, auf deren Rückseite es heißt: "Collegium-Niederlassung in: Colonnaden Nr. 5, 20354 Hamburg ... Genießen Sie die Exklusivität in einer abgeschiedenen zur Klinik umgebauten Gründerzeitvilla in Hamburg." Niemand kann daran zweifeln, daß unter der genannten Anschrift eine Klinik betrieben wird, selbst wenn an anderen Stellen des Prospektes der Hinweis auf die Gesellschaftsform der Beklagten nicht fehlt.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 a. F. und § 543 Abs. 2 n. F. ZPO. Die dort genannten Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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