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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 26.07.2001
Aktenzeichen: 3 U 21/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
Ein Gewinnspiel, bei dem Motive auf Flaschen-Etiketten zu sammeln sind, ist wettbewerbswidrig, obwohl auch die Möglichkeit besteht, telefonisch an dem Gewinnspiel teilzunehmen.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 21/01 315 O 787/00

Verkündet am: 26. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Spannuth, Rieger, Albrecht-Schäfer nach der am 21. Juni 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 6. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 120.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das Urteil beschwert die Beklagte um 100.000 DM.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 100.000 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien sind Brauereien.

Die Beklagte führte im Jahre 2000 ein Gewinnspiel "Veltins Grand Prix" durch. Zu gewinnen sind drei BMW's der 3er-Reihe und "im großen Finale" 100.000 DM. Die Gewinner wurden in vier Formel 1 - Sendungen im DSF ermittelt; je vier Kandidaten spielten in einem Formel 1 - Quiz um den "Veltins Grand Prix". Die Kandidaten wurden aus allen richtigen Einsendungen bzw. Anmeldungen ausgelost.

Der Teilnehmer sollten vier farbige Motive sammeln. Diese befanden sich auf der Rückseite der Etiketten des Flaschenbiers. Auf der Vorderseite befand sich in der rechten oberen Ecke - auf einem schwarz-weiß karierten Feld - die Aufforderung "Hier abziehen!" ( Anlage K 2 ).

Außerdem gab es folgende Möglichkeiten zur Teilnahme:

Über die Internet-Homepage sowie über eine Telefon-Hotline der Antragsgegnerin konnten Interessenten nach Beantwortung einer leichten Einstiegsfrage über eine Zufallsgenerator-Mechanik am Gewinnspiel teilnehmen und Name und Anschrift hinterlassen.

Schließlich bestand die Möglichkeit, bei dem Besuch einer Gaststätte Bierdeckel der Antragsgegnerin "freizurubbeln". Soweit auf einem Bierdeckel die vier Motive farbig abgebildet sind, konnte der Interessent diesen einsenden.

Die Beklagte warb umfangreich für das Gewinnspiel ( vgl. Anlagen K 3, 9, B 1 - 6 ), beim Einzelhandel mit Informationskarten, Plakaten und Hängeschildern, ferner mit Anzeigen sowie in Fernseh- und Rundfunkspots, außerdem mit einer Händlerinformation gemäß Anlage K 1. In zahlreichen Verkaufsstätten waren die Informationen nicht erhältlich.

Die Klägerin beanstandet das Gewinnspiel als unlauter. Nach vergeblicher Abmahnung ( Anlagen K 4, 5 ) erwirkte sie am 9. Mai 2000 im Beschwerdewege eine einstweilige Verfügung des Senats ( Az. 315 O = 3 W 48/00 - Anlage K 6 - ), die das Landgericht durch Urteil vom 6. Dezember 2000 bestätigt hat. Die Klägerin verfolgt ihr Unterlassungsbegehren im Umfange der einstweiligen Verfügung im Hauptsacheverfahren weiter. Sie hat vorgetragen:

Die Beklagte habe das Gewinnspiel in unlauterer Weise mit dem Warenabsatz gekoppelt. Die anderen Teilnahme-Möglichkeiten seien nicht gleichwertig.

In einer Reihe von Geschäften sei das Bier der Beklagten angeboten worden, ohne daß nähere Informationen über das Gewinnspiel vorhanden gewesen seien ( Beweis: Zeugnis H ).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken ein Gewinnspiel nach Maßgabe der als Anlage beigefügten Händlerinformation anzukündigen, zu bewerben und/oder zu veranstalten, bei dem zur Teilnahme unter anderem verschiedene auf den Flaschen-Etiketten angebrachte Motive gesammelt und an die Antragsgegnerin geschickt werden können,

soweit das Ankündigen, Bewerben und Veranstalten das Sammeln und Einsenden der Motive betrifft, die auf Flaschen-Etiketten angebracht sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Ihr Gewinnspiel sei nicht wettbewerbswidrig; denn es hätten gleichwertige Möglichkeiten zur Teilnahme zur Verfügung gestanden. Darauf sei in der Verkehr deutlich hingewiesen worden. Ihre Auswertungen zeigten, daß der Verkehr von einer Gleichwertigkeit ausgegangen seien ( vgl. dazu Anlage B 7; Beweis: Zeugnis S, W ).

Durch Urteil vom 6. Dezember 2000 hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Auf das Urteil wird - auch zur Ergänzung des Tatbestandes - Bezug genommen.

Durch Urteil vom selben Tage hat das Landgericht die einstweilige Verfügung des Senats bestätigt. Über die dagegen eingelegte Berufung ( Az. 3 U 20/01 ) entscheidet der Senat am selben Tage wie in der Hauptsache.

Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie vertieft ihr Vorbringen erster Instanz und trägt ergänzend zur Umsatzentwicklung vor ( Beweis: Zeugnis W ).

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Zur Ergänzung des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien und auf die überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG zu. Das von der Beklagten veranstaltete Gewinnspiel ist unlauter, soweit es um das Sammeln und Einsenden der Motive geht, die sich auf den Flaschen-Etiketten befinden.

Soweit es um die Grundlagen der rechtlichen Beurteilung von Gewinnspielen nach § 1 UWG geht, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen. Das gilt auch für die Ausführungen, mit denen das Landgericht gleichwertige Alternativen verneint hat. Das Vorbringen der Beklagten gibt dem Senat lediglich Veranlassung zu den folgenden Ausführungen:

Das Gewinnspiel der Beklagten ist unmittelbar mit dem Warenabsatz verknüpft, was grundsätzlich die Unlauterkeit begründet ( vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rdnr. 155f. zu § 1 UWG ). Die vier verschiedenen, farbigen Motive, die der Teilnehmer benötigt, um an dem Gewinnspiel teilnehmen zu können, befinden sich auf den Flaschenetiketten. Sie werden gesammelt und dann eingesandt. Diese Möglichkeit steht nach der Konzeption des Gewinnspiels im Vordergrund.

Demnach wäre das Gewinnspiel nur dann nicht unlauter, wenn alle Interessenten - abgesehen von einem unbeachtlichen Rest - wenigstens eine gleichwertige Alternative zur Teilnahme haben. Das trifft jedoch nicht zu.

Die Unlauterkeit wird noch nicht dadurch ausgeräumt, daß es die anderen Möglichkeiten zur Teilnahme gibt und die Verbraucher sie kennen. Erforderlich ist, daß diese Möglichkeiten auch realisiert zu werden pflegen. Das ist in vielen Kaufsituationen nicht der Fall, so daß die unmittelbare Kopplung mit dem Warenabsatz die Unlauterkeit begründet.

1) Die Möglichkeiten, über das Internet und über das Sammeln von Bierdeckeln ( in Gaststätten ) an dem Gewinnspiel teilzunehmen, scheiden von vornherein als gleichwertig aus. Dazu hat bereits das Landgericht alles Notwendige gesagt. Darauf wird Bezug genommen.

2) Der Senat vermag aber auch nicht die Möglichkeit, sich über das Telefon am Gewinnspiel zu beteiligen, als gleichwertig anzusehen.

Wer aus der Rundfunk- oder Fernsehwerbung von den verschiedenen Teilnahme- Möglichkeiten, insbesondere der telefonischen Meldung erfahren hat, wird sich in vielen Fällen nicht die Telefonnummer aufgeschrieben oder sich gemerkt haben, obwohl sie verhältnismäßig einfach zusammengesetzt ist. Wenn er sich dann im Geschäft befindet, um Bier einzukaufen, und vor den "Veltins"-Flaschen steht, wird er sich nur noch daran erinnern, daß es ein "Veltins"-Gewinnspiel gibt, und im Falle eines Teilnahme-Interesses einfach "Veltins"-Bier kaufen, um die vier Motive zu sammeln.

Ein solcher Kauf liegt für ihn nahe, falls er, wie häufig, ohnehin Bier benötigt. Statt einer anderer Marke wird er vielfach ohne weiteres "Veltins"-Bier erwerben, das von bekannt guter Qualität ist, und zumindest solange dabei bleiben, bis er die vier farbigen Motive gesammelt hat.

Viele Verbraucher werden sich auch dann so verhalten, wenn sie im Laden durch die Werbemaßnahmen der Beklagten im Einzelhandel über die Telefonnummer informiert werden, statt anderswo zu telefonieren. Im übrigen ist nicht gewährleistet, daß sich in allen Verkaufsstätten derartige Hinweise befinden. Bei dem durchgeführten Gewinnspiel traf das in zahlreichen Geschäften nicht zu, wie zwischen den Parteien unstreitig ist.

Ebenso ist es bei vielen Verbrauchern, die bisher nichts von dem Gewinnspiel der Beklagten wußten und erstmals in der Verkaufsstätte durch Werbemaßnahmen der Beklagten auf ihr Gewinnspiel hingewiesen worden sind.

Unerheblich ist, ob die Beklagte während des beendeten Gewinnspiels tatsächlich ihren Umsatz gesteigert hat. Aus dem Gesamtumsatz läßt sich schon nicht herleiten, wie sich die einzelnen Verbraucher auf Grund des Gewinnspiels verhalten haben. Es mag auch sein, daß viele Biertrinker markenbewußt einkaufen und nicht leicht zu einem Wechsel zu bewegen sind. Das schließt aber einen - insbesondere vorübergehenden - Wechsel vor allem auf Grund eines Gewinnspiels nicht aus. Das Gewinnspiel der Beklagten zielte darauf ab, Umsatzsteigerungen herbeizuführen. Das wird etwa aus der Händlerinformation deutlich. Wenn das Vorhaben der Beklagten nicht den gewünschten Gesamterfolg gehabt haben sollte, ändert das nichts an der Unlauterkeit des Gewinnspiels. Außerdem verbleibt die Möglichkeit, daß der Umsatz ohne das Gewinnspiel weiter gesunken wäre.

Soweit demnach eine Verknüpfung mit dem Warenabsatz vorliegt, ist das Gewinnspiel der Beklagten unlauter.

Aus der dargelegten Unlauterkeit folgt jedoch nicht, daß das gesamte Gewinnspiel unlauter ist. Vielmehr ist im vorliegenden, besonders gelagerten Falle eine Trennung nach den Teilnahme-Alternativen möglich. Dem trägt der Klagantrag auch Rechnung.

Die Berufung der Beklagten ist demnach zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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