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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 14.02.2002
Aktenzeichen: 3 U 265/01
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14
MarkenG § 15
Die Bezeichnungen "VOBIS" für Personalcomputer und Zubehör sowie "FORIS finanziert Prozesse" für die Dienstleistung "Datenverarbeitung" sind trotz Branchen- bzw. Waren-/Dienstleistungsnähe nicht verwechselbar.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 265/01

Verkündet am: 14. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 10. Januar 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 26. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 10.000 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin bietet Personal-Computer und Zubehör an. Auf diesem Gebiete ist sie das umsatzstärkste Unternehmen in Deutschland. Sie ist Inhaberin der am 21. Februar 1991 eingetragenen Wortmarke "VOBIS" ( vgl. im einzelnen Anlage K 1 ).

Die Beklagte befaßt sich insbesondere mit der Finanzierung von Prozessen ( vgl. zu ihrem Tätigkeitsbereich insgesamt Anlage B 2 ). Sie ist Inhaberin der am 25. Oktober 1997 angemeldeten Wortmarke "FORIS" ( Anlage K 2 ), bei der sie auf die Dienstleistung "Datenverarbeitung" verzichtet hat. Außerdem meldete sie die Europamarke "FORIS" an ( Anlage K 3 ), unter anderem für "Computersoftware und Computerhardware ... Datenverarbeitung". Insoweit gab sie eine Unterwerfungserklärung ab ( Anlage K 5 ).

Ferner ist die Beklagte Inhaberin der am 7. August 2000 angemeldeten Wort-/Bildmarke " FORIS finanziert Prozesse", eingetragen unter anderem für "Dienstleistungen, nämlich ... Datenverarbeitung ..." ( vgl. Anlagen K 6, B 1 und die Anlage zum Tatbestand ). Sie verwendete die Marke in ihrer Werbebroschüre ( Anlage B 2 ). Um diese Marke geht es im vorliegenden Rechtsstreit.

Die Klägerin macht - nach vergeblicher Abmahnung - geltend, zwischen den beiderseitigen Bezeichnungen bestehe Verwechslungsgefahr, soweit es um "Datenverarbeitung" gehe.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr die Dienstleistung "Datenverarbeitung" unter der Marke

" FORIS finanziert Prozesse"

anzubieten oder anbieten zu lassen bzw. zu erbringen oder erbringen zu lassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Die beiderseitigen Bezeichnungen seien auch im Hinblick auf die Dienstleistung "Datenverarbeitung" nicht verwechselbar. Der Bestandteil "FORIS" allein präge ihre Marke nicht. Er weise einen eigenen Sinngehalt auf, der sich durch die Kombination der Zeichenelemente ergebe. Der Bestandteil "finanziert Prozesse" habe daher eine gleichgewichtige Bedeutung. Zu beachten sei auch die auffällige graphische Gestaltung der Marke.

Durch Urteil vom 26. Juni 2001 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie vertieft ihr Vorbringen erster Instanz:

Der allein kennzeichnende Bestandteil der beanstandeten Marke sei "FORIS"; der Verkehr werde die Marke auf "FORIS" verkürzen. "VOBIS" und "FORIS" seien verwechselbar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr die Dienstleistung "Datenverarbeitung" unter der Marke

" FORIS finanziert Prozesse

(in farblicher Gestaltung wie aus der Anlage ersichtlich)

anzubieten oder anbieten zu lassen bzw. zu erbringen oder erbringen zu lassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres Vorbringens erster Instanz und trägt ergänzend vor:

Zwischen der für sie eingetragenen Dienstleistung "Datenverarbeitung", bei der es nicht um die Erstellung von Software, sondern nur um die Verwaltung von Daten und deren rechnergestützte Verarbeitung unter Nutzung bereits vorhandener Software ( Unternehmensberatung - Unterstützung bei der Rechtsverfolgung ) gehe, und der Dienstleistung "Erstellen von Software" bei der Klägerin bestehe keine hinreichende Ähnlichkeit.

Zur Ergänzung des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien und auf die überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht gemäß §§ 14, 15 MarkenG zu.

1) Die Voraussetzungen der §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 2 MarkenG sind nicht gegeben. Es besteht nicht die Gefahr, daß zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die beiderseitigen Bezeichnungen verwechselt.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von dem Grundsatz auszugehen, daß zwischen dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsgebiete der Parteien, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Klägerin und dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen eine Wechselwirkung besteht, die eine Berücksichtigung aller insoweit maßgebenden Umstände erfordert ( ständige Rspr.; BGH GRUR 2001, 1161, 1162 "CompuNet/ComNet" ).

a) Der Gesamteindruck der Firma der Klägerin wird geprägt durch den allein kennzeichnungskräftigen Bestandteil "VOBIS"; der weitere Bestandteil "Microcomputer" hat demgegenüber weniger Gewicht. Denn er ist rein beschreibend; er gibt lediglich an, womit sich die Klägerin befaßt. Der Verkehr wird die Klägerin demgemäß kurz als Firma "VOBIS" bezeichnen. - Die Klagemarke besteht allein aus dem Bestandteil "VOBIS".

Die Bezeichnung "VOBIS" hat von Natur aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Sie weist Originalität auf, so daß der Verkehr sie ohne weiteres als Herkunftshinweis empfindet.

Die durchschnittliche Kennzeichnungskraft von "VOBIS" ist dadurch erheblich gesteigert worden, daß sich die Bezeichnung im Verkehr durchgesetzt hat. Das folgt daraus, daß sie in ihrer Branche das umsatzstärkste Unternehmen ist.

b) Die beanstandete Marke der Beklagten wird zunächst durch den originellen und daher kennzeichnungskräftigen Bestandteil "FORIS" geprägt. Für den Gesamteindruck ist aber auch der zusätzliche Bestandteil "finanziert Prozesse" von Bedeutung.

Der weitere Bestandteil "finanziert Prozesse" ist an sich rein beschreibend ist und weist den Verkehr lediglich darauf hin, daß die Beklagte derartige Leistungen erbringt, nämlich Prozesse finanziert. Hierbei handelt es sich um einen Tätigkeitsbereich, der mit dem der Klägerin keinerlei Berührungen hat. Das allein führt aber noch nicht aus der Verwechslungsgefahr heraus, was deutlich wird, wenn man an die Möglichkeit einer Marke "VOBIS finanziert Prozesse" denken würde.

Die Finanzierung von Prozessen hat jedoch nichts mit der Dienstleistung Datenverarbeitung zu tun, um die allein es hier geht. Die Finanzierung von Prozessen erfolgt nicht im Wege oder in Verbindung mit der Datenverarbeitung als Dienstleistung für Dritte; jedenfalls hat die Klägerin das nicht dargelegt. Die etwaige dabei anfallende, rein interne Verwaltung von Daten bei der Beklagten ist keine derartige Dienstleistung Datenverarbeitung. Im vorliegenden Zusammenhang - Dienstleistung Datenverarbeitung - hat der zusätzliche Bestandteil demnach keinen Inhalt, der diese Leistung beschreibt oder darauf wenigstens einen Hinweis gibt. Vielmehr hat er hier überhaupt keinen erkennbaren Sinn. Aus diesem Grunde fällt er hier aus dem Rahmen und dem Verkehr besonders auf. Er wird die Gesamtbezeichnung, wenn sie für die Dienstleistung Datenverarbeitung verwendet wird, daher nicht, nämlich ohne stutzig geworden zu sein, auf "FORIS" verkürzen, sondern die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit aufnehmen.

Der Zusatz wird auch nicht übersehen, obwohl er in kleiner Schriftgröße erscheint. Klanglich kommt es auf diesen Umstand ohnehin nicht an.

Demnach hat der Zusatz zwar nicht das gleiche Gewicht wie der Bestandteil "FORIS", kann aber auch nicht außer acht gelassen werden. Er prägt den Gesamteindruck mit.

c) "FORIS" und "VOBIS" sind sich allerdings schriftbildlich und vor allem klanglich ähnlich. Sie stimmen in der Silbenzahl, vor allem in der markanten Vokalfolge und im Endbuchstaben überein, klanglich auch hinsichtlich des Anfangsbuchstaben, soweit "VOBIS" wie "FOBIS" ausgesprochen wird, was bei vielen zutrifft, wenn auch andere das Wort wie "WOBIS" aussprechen werden. Die Bezeichnungen unterscheiden sich demgemäß nur durch den unterschiedlichen Mittelkonsonanten "B" bzw. "R". Dieser Unterschied ist geringfügig. Klanglich wirkt er sich praktisch überhaupt nicht aus. Im Schriftbild ist er leicht zu übersehen. Die Bezeichnungen "VOBIS" und "FORIS", für sich allein betrachtet, sind demnach verwechslungsfähig, wovon zu Recht auch das Landgericht ausgegangen ist.

Auf die besondere graphische Gestaltung der beanstandeten Marke kommt es nicht an. Klanglich gilt das von vornherein. Optisch erscheint die Gestaltung lediglich als graphische Variante.

d) Trotz der dargelegten weitgehenden Identität von "VOBIS" und "FORIS" sind jedoch keine - unmittelbaren oder mittelbaren - Verwechslungen oder Verwechslungen im weiteren Sinne zu befürchten.

Allerdings ist die erforderliche Branchennähe bzw. Waren-/Dienstleistungsnähe gegeben. Die Klägerin vertreibt Computer nebst Zubehör. Außerdem bietet sie auch die Dienstleistung Datenverarbeitung an, indem sie Software erstellt. Auf Seiten der Beklagten geht es um die Dienstleistung Datenverarbeitung. Für den Verkehr ist es ohne weiteres vorstellbar, daß ein Unternehmen wie die Klägerin auch die Dienstleistung Datenverarbeitung anbietet, und zwar auch so, wie es die Beklagte tut.

Verwechslungen sind jedoch trotz der an sich gegebenen Verwechslungsfähigkeit von "VOBIS" und "FORIS", trotz der Bekanntheit von "VOBIS" und trotz der Branchennähe bzw. Waren-/Dienstleistungsnähe wegen des zusätzlichen Bestandteils der beanstandeten Marke "finanziert Prozesse" ausgeschlossen. Wie bereits dargelegt, stutzt der Verkehr wegen dieses Zusatzes, wenn ihm bei der Dienstleistung Datenverarbeitung die Marke der Beklagten schriftbildlich oder mündlich begegnet. Dadurch in einem höheren Maße als sonst aufmerksam gemacht worden, wird er, da er nicht davon ausgeht, VOBIS habe etwas mit der Finanzierung von Prozessen zu tun, um so mehr auch auf den kennzeichnungskräftigen Bestandteil "FORIS" achten und demgemäß erkennen, daß es nicht um die ihm bekannte VOBIS, sondern um ein anderes Unternehmen geht, das mit VOBIS nichts zu tun hat.

Die Gefahr von Verwechslungen ist demnach ausgeschlossen.

2) Die Voraussetzungen der §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 MarkenG sind ebenfalls nicht gegeben.

"VOBIS" ist zwar als bekannte Marke bzw. Firma im Sinne dieser Vorschriften anzusehen. Die weiteren Voraussetzungen sind jedoch ersichtlich nicht erfüllt. Die Klägerin hat sich auch gar nicht darauf berufen. Da der Unterschied vom Verkehr erkannt wird, wird sie nicht beeinträchtigt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Senat läßt die Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n.F. zu. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht gegeben. Der Senat hat lediglich die allgemein anerkannten rechtlichen Grundsätze, die sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ergeben, auf den vorliegenden Fall angewendet, und dazu die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen.

Ende der Entscheidung

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