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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 21.02.2002
Aktenzeichen: 3 U 351/01
Rechtsgebiete: UWG, HWG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3
HWG § 3
1. Für ein homöopathisches Arzneimittel darf - auch in sinngemäßer Umschreibung - mit dem Anwendungsgebiet geworben werden, für das es in Übereinstimmung mit der geltenden Arzneimittelmonographie zugelassen ist.

2. Die Werbung für ein homöopathisches Arzneimittel läßt sich nicht allein unter dem Gesichtspunkt als irreführend angreifen, daß seine Wirkstoffe unterdosiert und deshalb in jedem Falle wirkungslos seien, weil dem die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers für homöopathische Arzneimittel entgegensteht.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 351/01

Verkündet am: 21. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

"Fettverbrennen 3 mal täglich"

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 7. Februar 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 24. August 2001 abgeändert. Unter Zurückweisung des darüber hinausgehenden Antrages wird das Verbot der einstweiligen Verfügung in der Fassung aufrechterhalten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Mittel "G Tropfen" zu werben

1. "Fett verbrennen 3 x täglich"

2. "Nur wenn der Körper mehr Kalorien als Fett verbrennt als er zu sich nimmt und wenn gleichzeitig Hunger und Heißhunger gebremst werden, freut sich die Waage und die Pfunde purzeln. Das ist die Doppelstrategie der Schlankheitstropfen G."

3. "Aber noch viel wichtiger: Der Stoffwechsel für die Fettverbrennung wird auf biologische Weise Tropfen für Tropfen angekurbelt. Ohne Sport, ohne Fitneßcenter. Und vor allem 3 x täglich."

4. a. "Die Abnehmstrategie 2001"

b. "Schlankheitstropfen..."

c. "...wenn Sie vor den Mahlzeiten 15 Tröpfchen G mit Wasser zu sich nehmen, dann freut sich Ihr Körper. Ein Erlebnis für Ihre Figur, eine Wohltat für Ihre gute Laune..."

wenn dies in Form der beigefügten Anzeige geschieht.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Antragsteller 1/5 und die Antragsgegnerin 4/5.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für die Berufung auf 17.895 € (35.000 DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Der Antragsteller beansprucht, ein Verein im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu sein.

Die Antragsgegnerin, ein pharmazeutisches Unternehmen, vertreibt das nach Art. 3 § 7 AMNG/§ 105 AMG fiktiv zugelassene homöopathische Fertigarzneimittel "G" mit dem Anwendungsgebiet ernährungsbedingte (alimentäre) Fettleibigkeit. Es enthält u.a. Zubereitungen von "Fucus vesiculosus" (Blasentang) und "Ephedrin". Die Antragsgegnerin hat in der Bild-Zeitung... für das Mittel mit einer Anzeige (Anlage AG 2) geworben, in der sich die im Antrag wiedergegebenen Aussagen finden.

Das Landgericht hat der Antragsgegnerin antragsgemäß verboten,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "G Tropfen" zu werben

a) "Die Abnehmstrategie 2001"

b) "Fett verbrennen 3 x täglich"

c) "Nur wenn der Körper mehr Kalorien als Fett verbrennt als er zu sich nimmt und wenn gleichzeitig Hunger und Heißhunger gebremst werden, freut sich die Waage und die Pfunde purzeln. Das ist die Doppelstrategie der Schlankheitstropfen G."

d) "Schlankheitstropfen..."

e) "5 sanfte Tröpfchen direkt auf die Zunge geben und der Heißhunger läßt nach ... Und kurz danach merkt man's im Magen. Das Knurren verschwindet. Hunger und Appetit sind gebremst."

f) "Aber noch viel wichtiger: Der Stoffwechsel für die Fettverbrennung wird auf biologische Weise Tropfen für Tropfen angekurbelt. Ohne Sport, ohne Fitneßcenter. Und vor allem 3 x täglich."

g) "...wenn Sie vor den Mahlzeiten 15 Tröpfchen G mit Wasser zu sich nehmen, dann freut sich Ihr Körper. Ein Erlebnis für Ihre Figur, eine Wohltat für Ihre gute Laune..."

Das Landgericht hat das Verbot bestätigt, weil ein Wirksamkeitsnachweis für die in Anspruch genommenen Indikationen fehle.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

I. Die Antragsgegnerin bezweifelt, daß die für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit gegeben ist. Sie wird indessen nach § 25 UWG vermutet (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 25 UWG, Rdnr. 9). Diese Vermutung kann widerlegt werden, doch bestehen dafür hier keine Anhaltspunkte. Die angegriffenen Aussagen sind dem Antragsteller zwar seit spätestens dem 09.03.2000 jedenfalls zum Teil bekannt, wie sich aus seinem an das Landgericht Halle unter diesem Datum gerichteten Verbotsantrag ergibt, doch war dieser Antrag ebenso wie der etwa sechs Wochen später beim Amtsgericht Zeitz eingereichte Antrag gegen die "G Gesellschaft für biologische Schlankheitsmittel mbH" gerichtet. Daraus ergibt sich nicht der geringste Hinweis, daß dem Antragsteller auch ein Anspruch wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gegen die Antragsgegnerin zustand.

Diese Kenntnis erhielt der Antragsteller erst durch die Anzeige in der Bild-Zeitung vom 19.06.2001 (etwas anderes trägt auch die Antragsgegnerin nicht vor), und er hat sein Begehren mit dem am 04.07.2001 eingereichten Antrag umgehend verfolgt.

II. Die Prozeßführungsbefugnis und damit auch die Aktivlegitimation (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG) des Antragstellers im Pharmabereich wird von den Hamburger Gerichten in ständiger Rechtsprechung auch des Senats seit Jahren bejaht. Auch der Bundesgerichtshof, der dies unter dem Gesichtspunkt der von Amts wegen zu berücksichtigenden Prozeßführungsbefugnis zu prüfen hatte, hat das getan (GRUR 2000, 438 - L-Carnitin; GRUR 2001, 176 - Myalgien). Die Antragsgegnerin trägt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß sich an den tatsächlichen Grundlagen für diese Bewertung etwas geändert hätte. Es ist demgegenüber kein erheblicher Gesichtspunkt, daß sie selbst im Gegensatz zur Rechtsprechung die vom Antragsteller zu tragenden Risiken nicht für ausreichend abgesichert ansieht.

Ebensowenig ist die Passivlegitimation der Antragsgegnerin zweifelhaft. Die Firma "G Gesellschaft für biologische Schlankheitsmittel mbH" mag pharmazeutischer Unternehmer sein. Das ändert aber nichts daran, daß die Antragsgegnerin davon unabhängig als Vertreiberin des Mittels selbst als Störerin handelt, wie es für diese Frage auch unerheblich ist, ob der Antragsteller bei seinen Anträgen gegen die G GmbH Erfolg gehabt hat. Ob es rechtsmißbräuchlich ist, wegen einer etwaigen Erfolglosigkeit gegen die Antragsgegnerin vorzugehen, ist keine Frage der Passivlegitimation. Im übrigen nennt die Antragsgegnerin keine tragfähigen Anhaltspunkte für einen Rechtsmißbrauch des Antragstellers.

III. Der Antragsteller stützt seine Ansprüche auf das UWG, die Antragsgegnerin schuldet ein Unterlassen also nur, wenn sie zu Zwecken des Wettbewerbs handelt. Das war im Ausspruch zu berücksichtigen.

Das Landgericht hat den Anträgen nach §§ 3 UWG, 3 HWG stattgegeben, ohne darauf einzugehen, daß sie Verallgemeinerungen enthalten, denn die jeweilige Aussage wird von dem konkreten Kontext gelöst. Das bedeutet, daß die jeweils angegriffene Aussage in jedem Zusammenhang wettbewerbswidrig sein muß, weil sonst das Charakteristische der konkreten Verletzungsform nicht getroffen ist. Wenn das nicht zutrifft und die Verallgemeinerung zu weit geht, muß die Anzeige zur Begrenzung in das Verbot genommen werden, denn die konkrete Verletzungsform ist als minus in jeder Verallgemeinerung enthalten. Das gilt für die Anträge zu a), d) und g).

1. Das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "G Tropfen" zu werben "Die Abnehmstrategie 2001",

ist zu weit gefaßt und kann deshalb nicht uneingeschränkt bestehen bleiben.

Allerdings ist der Begriff trotz der Jahreszahl nicht überholt, denn die Antragsgegnerin kann ohne weiteres darauf hinweisen, daß dies schon im vergangenen Jahre 2001 so gewesen ist. Außerdem ist das Jahr als solches für den Kern der Verletzungsform unerheblich, so daß auch die Verwendung des Begriffs mit anderen Jahreszahlen unter das Verbot fallen würden.

a. Es ist durchaus denkbar, daß der Begriff "Abnehmstrategie" auch bei einer Werbung für das Mittel "G Tropfen" in einer Form verwendet wird, die nicht zu beanstanden ist, etwa wenn vorgeschlagen würde, weniger zu essen und diese Bemühungen mit der Einnahme des Mittels zu unterstützen.

Ein solcher Vorschlag würde sich zwanglos als "Strategie" bezeichnen lassen, denn das Wort würde von jedem durchschnittlich verständigen, aufmerksamen und informierten Verbraucher im Sinne einer Empfehlung verstanden werden, wie er seinem Übergewicht zu Leibe gehen soll. Damit verbindet er nicht notwendig eine bestimmte Wirkung oder gar einen Erfolg, denn mit "Strategie" wird lediglich umschrieben, welche Schritte unternommen werden, um einen angestrebten Erfolg zu erreichen. Das heißt nicht, daß das auch gelingen muß.

Ein generelles Verbot wäre also nur dann gerechtfertigt, wenn die Antragsgegnerin überhaupt nicht darauf hinweisen dürfte, daß man das Mittel verwenden solle, um abzunehmen. Eine solche Annahme käme einem Werbeverbot gleich, was sich angesichts der Tatsache, daß das Mittel als homöopathisches Arzneimittel gegen ernährungsbedingte (alimentäre) Fettleibigkeit zugelassen ist, nicht begründen läßt, denn es würde der Wertung des Gesetzgebers zuwiderlaufen.

Es gibt auch keine besseren Erkenntnisse aus jüngerer Zeit, die ein solches Verbot deshalb rechtfertigen könnten, weil es sich um ein fiktiv zugelassenes Mittel handelt, das kein echtes Zulassungsverfahren durchlaufen hat. Es ist schon zweifelhaft, ob eine solche Argumentation überhaupt statthaft ist. Doch mag das offenbleiben, denn die Antragsgegnerin hat mit der Anlage AG 9 glaubhaft gemacht, daß Zubereitungen aus "Fucus vesiculosus e thallo" als Arzneimittel in den Jahren 1996 und 1999 neu zugelassen worden sind. Für beide Mittel gilt: "Die Anwendungsgebiete entsprechen dem homöopathischen Arzneimittelbild. Dazu gehören: Übergewicht ..." So wird denn auch in der jüngsten am 16.03.1990 bekanntgemachten und am 01.06.1990 veröffentlichten Monographie zu "Fucus" festgestellt, daß Zubereitungen aus Tang unter anderem bei Fettsucht und Übergewicht angewendet werden.

Wird G "zum Abnehmen" empfohlen, so ist das nur eine andere Ausdrucksweise, um das Anwendungsgebiet wiederzugeben, denn wenn eine Mittel gegen "Übergewicht" oder "Fettleibigkeit" eingesetzt werden soll, dann ist sein Zweck, eben dem entgegenzuwirken und den Menschen "abnehmen" zu lassen. Es wird der anerkannte und vom Gesetzgeber gebilligte Verwendungszweck des Mittel umschrieben.

b. In der konkreten Verwendung innerhalb der Anzeige ist der Begriff "die Abnehmstrategie 2001" allerdings irreführend. Er verstößt gegen §§ 3 HWG, 3 UWG und gibt dem Antragstellerin in Verbindung mit §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG einen Unterlassungsanspruch. Eine Verletzung von HWG-Vorschriften stellt eine unlautere Handlung dar und verpflichtet grundsätzlich nach § 1 UWG zum Unterlassen (Doepner, a.a.O., Einl., Rdnr. 41). Besondere Umstände, die ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis führen (BGH WRP 1999, 643 - Hormonpräparate), werden nicht vorgetragen.

Ein Verstoß gegen das die Allgemeinheit schützende HWG ist schon wegen der Nachahmungsgefahr wesentlich im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Die Wiederholungsgefahr folgt aus dem Verstoß.

In der Anzeige wird die "Abnehmstrategie" näher geschildert. Es wird im einzelnen erklärt, warum sich das Mittel für eine Abnehmstrategie eignet; der Leser erfährt, daß das Mittel den Körper Fett verbrennen läßt und den Fettstoffwechsel auf biologische Weise "ankurbelt". Es wird nach Art einer naturgesetzlichen Zwangsläufigkeit eine Kausalität dargestellt und gesagt, wie und auf welche Weise der Zweck, dem das Einnehmen des Mittels dient, erreicht wird. Damit geht die Antragsgegnerin darüber hinaus, Anwendungsgebiet und anerkannten Verwendungszweck des Mittels zu nennen: Der Zweck selbst sagt nichts darüber aus, wie er erreicht wird oder erreicht werden soll. Die Antragsgegnerin verwendet in ihrer Werbung Aussagen, die sich weder aus der Zulassung noch aus der Arzneimittelmonographie ergeben, denn dort wird nicht gesagt, wie das Mittel "G" oder wie generell Zubereitungen von "Fucus vesiculosus" wirken.

Deshalb ist es irreführend, für das Mittel "G" mit dem Begriff "Abnehmstrategie" zu werben, wenn diese dahin erläutert wird, daß das Mittel "Fett verbrennt" und den "Stoffwechsel ankurbelt", denn eine so konkret beschriebene Wirkungsweise ist nicht belegt. Zwar ist es grundsätzlich Aufgabe des Unterlassungsgläubigers, den irreführenden Inhalt einer Werbung darzulegen und zu beweisen. Ist eine in der Gesundheitswerbung verwendete Aussage aber wissenschaftlich umstritten, dann hat derjenige, der sie sich zu eigen macht, jedenfalls dann den Nachweis zu führen, daß sie stimmt, wenn er darauf verzichtet, auf die Umstrittenheit hinzuweisen. Damit ist es Aufgabe der Antragsgegnerin zu belegen, daß ihr Mittel in der behaupteten Weise wirkt, selbst wenn man der Auffassung ist, daß sich die Beweislast nicht umkehrt (vgl. Doepner, HWG, 2. Auflage, 2000, § 3 HWG, Rdnr. 34).

Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, daß die Wirkungsweise von "Fucus vesiculosus" umstritten ist, denn in der als Anlage A 5 vorgelegten Arzneimittelmonographie wird ausdrücklich festgehalten: "Die Wirksamkeit bei den beanspruchten Anwendungsgebieten ist nicht belegt." Daraus ergibt sich selbstverständlich, daß auch eine bestimmte Wirkungsweise nicht belegt ist.

Die Behauptung der Antragsgegnerin, für ihr Mittel gelte eine andere Monographie, und zwar eine ältere aus dem Jahre 1985, die sie als Anlage AG 8 vorgelegt hat, kann nicht überzeugen. Beide Monographien stammen aus demselben Sammelwerk "ZRvA", sie sind lediglich als unterschiedliche Ergänzungslieferungen gekennzeichnet. Die ältere setzt "Fucus" und "Fucus vesiculosus" in der Überschrift gleich, nennt als Bestandteile "Entsprechende Zubereitung aus Fucus vesiculosus", als Datum der Bekanntmachung den 12.12.1985 und als letzten Korrekturtermin im Bundesanzeiger den 8.3.1990. Die jüngere Monographie gibt als Tag der Bekanntmachung den 16.03.1990 und als Veröffentlichungsdatum im Bundesanzeiger den 01.06.1990 an. Damit ist glaubhaft, daß diese Monographie die ältere ersetzt hat. Diese jüngere Monographie beschränkt sich bei Angabe der Bestandteile allerdings nicht auf den Thallus von Fucus vesiculosus, sondern nennt auch Ascophyllum nodosum. Die Angaben gelten für beide Arten und für ihre Kombination, sie sind also umfassender. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß die ältere Monographie durch die jüngere überholt ist.

Die Antragsgegnerin sagt selbst, daß es Aufgabe der Monographien ist, "das vorhandene wissenschaftliche Material hinsichtlich der fiktiv zugelassenen sogenannten Altarzneimittel aufzubereiten, also die Wirksamkeit und Wirkung der arzneilichen Wirkstoffe zu bewerten". Eben diese Bewertung ist zu Lasten der Antragsgegnerin ausgegangen.

2. Vollen Umfangs ist das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "G Tropfen" zu werben "Fett verbrennen 3 x täglich",

begründet, wie sich aus dem Gesagten ergibt, denn die Behauptung, daß sich mit Hilfe von "G" Fett verbrennen lasse, ist umstritten und nicht belegt und damit irreführend, und zwar in jedem Zusammenhang, so daß die Verallgemeinerung das Charakteristische der Verletzungsform beschreibt.

Klarzustellen ist lediglich folgendes: Für sich genommen, ist die Aussage unklar. Ihre Bedeutung ergibt sich erst daraus, daß sie in einen Zusammenhang mit dem Mittel "G" gebracht wird und damit den Sinn gewinnt, dieses Mittel solle eingenommen werden, um Fett zu verbrennen, und das soll dreimal täglich geschehen. Besteht in der Werbung kein solcher Zweckzusammenhang, etwa wenn empfohlen würde, sich dreimal täglich zu bewegen, dadurch zusätzlich Fett zu verbrennen und dies durch die Tropfen zu unterstützen, wären die Worte nicht vom Verbot erfaßt.

3. Auch das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "G Tropfen" zu werben "Nur wenn der Körper mehr Kalorien als Fett verbrennt als er zu sich nimmt und wenn gleichzeitig Hunger und Heißhunger gebremst werden, freut sich die Waage und die Pfunde purzeln. Das ist die Doppelstrategie der Schlankheitstropfen G",

stellt eine zulässige Verallgemeinerung dar, denn nach dem oben Gesagten ist die hier geltend gemachte Ursächlichkeit von G bei der Fettverbrennung nicht belegt.

4. Für das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "G Tropfen" zu werben "Schlankheitstropfen...",

gilt das nicht in gleicher Weise. Hier liegen die Dinge vielmehr so wie bei dem Begriff "Abnehmstrategie", denn ein Mittel, das dazu gedacht ist, gegen Übergewicht und Fettsucht eingesetzt zu werden, kann als Mittel beschrieben werden, mit dem Schlankheit erreicht werden soll. Der Begriff geht damit nicht über das anerkannte Anwendungsgebiet hinaus. Ein generelles Verbot scheidet damit aus.

Im Zusammenhang mit der konkreten Anzeige gewinnt der Begriff aber eine Bedeutung, die irreführend ist, denn danach muß der Betrachter zu dem Ergebnis kommen, das Mittel werde deshalb als "Schlankheitstropfen" bezeichnet, weil es Fett verbrennt und den Fettstoffwechsel ankurbelt.

5. Für das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "G Tropfen" zu werben "5 sanfte Tröpfchen direkt auf die Zunge geben und der Heißhunger läßt nach ... Und kurz danach merkt man's im Magen. Das Knurren verschwindet. Hunger und Appetit sind gebremst",

können die bisherigen Erwägungen nicht gelten, weil in dieser Aussage die "Fettverbrennung" keine Rolle spielt, sondern allein auf die für "Ephedrin" in Anspruch genommene Wirkung angespielt wird, auch wenn Antragsteller und Landgericht damit argumentieren, daß es keine Nachweise für den Einfluß von Ephedrin auf die Fettverbrennung gebe.

Auf die Zulassung kann sich die Antragsgegnerin allerdings insoweit nicht berufen, als Anwendungsgebiet und Zweckbestimmung "gegen ernährungsbedingte (alimentäre) Fettleibigkeit" keinen Hinweis enthalten, daß das Mittel dazu gedacht ist, den Appetit zu zügeln. Damit geht die angegriffene Aussage über die von der Zulassung gedeckte und anerkannte Feststellung hinaus. Es wird nicht nur gesagt, welchem Zweck das Mittel dient, sondern ausgeführt, auf welche Weise - neben der "Fettverbrennung" und ihr vergleichbar - dieser Zweck erreicht wird. Deshalb kann die Zulassung allein die Werbung für "G" als "Appetitbremse" nicht rechtfertigen.

Wenn die Aussage, "G" besänftige das Hungergefühl und zügle den Appetit, als irreführend verboten werden soll, muß der Antragsteller als Unterlassungsgläubiger darlegen und glaubhaft machen, daß dies für Ephedrin, auf das die Antragsgegnerin diese Wirkung zurückführt, nicht gilt oder mindestens umstritten ist. Das ist ihm nicht gelungen.

Umstritten oder gar unbelegt ist eine solche Wirkung jedenfalls nicht. Nach dem Römpp-Lexikon Chemie (Anlage AG 10), s.v. "Ephedrin", wirkt der Bestandteil "Ephedrin" appetithemmend und wird als Bestandteil von Appetitzüglern verwendet. Das gleiche sagt Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 8. Auflage (Anlage A 20), s.v. "?-Sympathomimetika" - am Ende des Artikels. Bei Mutschler, Arzneimittelwirkungen, Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie, 7. Auflage (Anlage AG 13, BB 3), wird ausgeführt, daß es bei Übergewicht allein darauf ankommt, die Kalorienzufuhr zu drosseln, aber viele Patienten nicht bereit seien, Diätvorschriften einzuhalten. "Diese Tatsache führte - ausgehend von Amphetamin bzw. Ephedrin - zur Entwicklung der Appetitzügler, die durch Verringerung des Hungergefühls und damit des Appetits die Nahrungsaufnahme herabsetzen sollen." Anschließend werden die Gefahren solcher Appetitzügler dargestellt und vor ihnen gewarnt.

Wenn der Antragsteller in der Berufungserwiderung glaubt, dem nichts hinzufügen zu müssen, dann übersieht er, daß sein Antrag nichts mit der Gefährlichkeit von Ephedrin zu tun hat, sondern mit der von ihm bezweifelten Wirksamkeit in dem Mittel "G". Die Wirksamkeit von Ephedrin ist jedenfalls nicht umstritten. Die Antragsgegnerin beruft sich demnach nicht auf ungesicherte oder fachlich umstrittene Aussagen, deren Richtigkeit sie nach der Rechtsprechung nachzuweisen hätte, wenn sie sie sich zu eigen macht, sondern auf eine wissenschaftliche Erkenntnis, die mindestens als glaubhaft gemacht anzusehen ist. Demgegenüber genügt es nicht, wenn der Antragsteller schlicht die Wirksamkeit bestreitet. In der Antragsschrift behauptet er, "in den zahlreichen Auseinandersetzungen, die der Antragsteller bislang gegen andere Anbieter des Mittels führen mußte, konnte bislang diese Wirkung nicht belegt werden." Damit macht er sich die Sache zu leicht, denn die zahlreichen Auseinandersetzungen sind dem Senat nicht bekannt. Er kann aus ihnen keine Schlüsse ziehen.

Die Berechnungen des Antragstellers zu einer Unterdosierung von Ephedrin sind nicht ausreichend, um eine Unwirksamkeit der Komponente Ephedrin in dem Mittel "G" glaubhaft zu machen. Dabei soll ganz davon abgesehen werden, daß die von ihm wiedergegebenen Zahlen für "Ephedrinhydrochlorid" gelten, ohne daß dargelegt wird, daß sie sich ohne weiteres auf "Ephedrin" übertragen lassen. Entscheidend ist vielmehr, daß das Argument "Unterdosierung" gegenüber homöopathischen Arzneimitteln nicht greift, weil eine Unterdosierung nach herkömmlichen Maßstäben zu deren Wesen gehört, denn "die Arzneistoffe, die durch Verreibung od. Verschüttelung eine energetische Umwandlung erfahren sollen (sog. Potenzieren), werden meist extrem niedrig dosiert, wobei der Ausgangsstoff meist in Dezimalpotenzen verdünnt wird u. der Dezimalexponent die Verdünnungstufe charakterisiert..." (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, s.v. Homöopathie).

Es ist das gängige Argument gegenüber der Homöopathie, daß die Wirkstoffe in einer solchen Verdünnung keine Wirkung mehr haben könnten. Es bleibt dem einzelnen überlassen, ob er eine energetische Umwandlung für möglich oder für unmöglich hält. Diese Art von Umstrittenheit führt jedenfalls nicht zu einer Irreführung (vgl. Urteil des Senats vom 01.07.1999, Magazindienst 1999, 969; PharmaR 2000, 221 - Lagrida). In diesem Zusammenhang ist vor allem entscheidend, daß sich der Gesetzgeber jedenfalls gehindert gesehen hat, derart potenzierten Wirkstoffen jede Wirksamkeit abzusprechen. Er hat ihre Verwendung als Arzneimittel anerkannt und sie bei der Zulassung grundsätzlich anderen Kriterien unterworfen, als sie für allopathische Heilmittel gelten.

Mit der angesichts dieser Ausgangslage einem Glaubensbekenntnis gleichkommenden Erklärung, "G" könne die beworbene Wirkung als "Hungerbremse" nicht haben, weil das darin enthaltene Ephedrin zu niedrig dosiert sei, kommt der Antragsteller seiner Pflicht, den irreführenden Charakter der Werbung darzutun und zu belegen, nicht nach. Statt sich auf solche theoretischen Erwägungen zu stützen, hätte er glaubhaft machen müssen, daß in einer signifikant großen Anzahl von Fällen "G" ohne jeden Einfluß auf das Hungergefühl der Probanden gewesen sei, denn nur dann wäre die Werbebehauptung jedenfalls insoweit irreführend, als die behauptete Wirkung nicht bei jedem, der das Mittel zu sich nimmt, eintritt. Ein entsprechender Vortrag läßt sich nicht durch eine allgemeine Skepsis gegenüber homöopathischen Arzneimitteln ersetzen.

Die angegriffene Behauptung wird auch nicht irreführend, wenn sie im Kontext der Anzeige gesehen wird, denn es gibt dort keine zusätzlichen Angaben, die den angegriffenen Aussagen einen irreführenden Sinn verleihen.

6. Bei dem Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "G Tropfen" zu werben "Aber noch viel wichtiger: Der Stoffwechsel für die Fettverbrennung wird auf biologische Weise Tropfen für Tropfen angekurbelt. Ohne Sport, ohne Fitneßcenter. Und vor allem 3 x täglich.",

liegen die Dinge wie bei dem Antrag zu c). Die Aussage ist in jedem Zusammenhang irreführend.

7. Bei dem Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "G Tropfen" zu werben "...wenn Sie vor den Mahlzeiten 15 Tröpfchen G mit Wasser zu sich nehmen, dann freut sich Ihr Körper. Ein Erlebnis für Ihre Figur, eine Wohltat für Ihre gute Laune..."

ist eine Verallgemeinerung über die konkrete Anzeige hinaus nicht gerechtfertigt.

Die Werbeaussage enthält keine auf den Wirkmechanismus des beworbenen Mittels bezogene Angabe, so daß sie nicht in jedem Zusammenhang irreführend ist. Wer etwas gegen seine alimentäre Fettleibigkeit tut, kann durchaus glauben, seinem Körper eine Freude und sich selbst gute Laune zu machen. Beides ist subjektiv und kann als Wirkung des Mittels in einem entsprechenden Kontext hinreichend begründet werden. "Ein Erlebnis für die Figur" ist zu wenig aussagekräftig, um daran den Schluß zu knüpfen, der Begriff sei in jedem denkbaren Zusammenhang irreführend. Würde das Mittel in einer Anzeige beispielsweise als reiner Appetitzügler angeboten und damit klargemacht, daß die Tropfen nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar wirken sollen, kann auch der ohnehin recht unpräzise Ausdruck "ein Erlebnis für die Figur" zutreffend sein.

Daß mit diesen Worten in jedem Fall ein Arzneimittel beworben wird, "das dazu bestimmt ist, bei Menschen ... die Stimmungslage zu beeinflussen" (§ 10 Abs. 2 HWG), überzeugt nicht.

Im Kontext der Anzeige sind die angegriffenen Angaben allerdings unzulässig, weil dort der Einfluß auf die Figur irreführend auf die "Fettverbrennung" zurückgeführt wird.

Das Vorbringen des Antragstellers im Schriftsatz vom 14.02.2002 durfte nach Schluß der mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Ende der Entscheidung

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