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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 18.03.2004
Aktenzeichen: 3 U 364/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
Wird für ein Wörterbuch (hier: russisch-deutsch-russisch) ohne nähere Erläuterung mit einer Wortanzahl geworben (hier: "enthält 1,5 Mio. Wörter"), so versteht der Durchschnittsverbraucher diese Angabe als Hinweis darauf, wie viele Wörter (nebst Abwandlungen und/oder Redewendungen) übersetzt sind, und zwar in beiden Sprachen zusammen; übersetzte mehrfach angeführte Wörter (z. B. in übersetzten Redewendungen) sind dabei nur einfach zu zählen.

Dagegen sind die Wörter aus den Übersetzungen (z. B. im russisch-deutschen Teil die deutschen Wörter) nicht mitzuzählen; das gilt zur Vermeidung von Mehrfachzählungen auch für ein elektronisches Wörterbuch, bei dem einzelne Wörter aus den Übersetzungen ihrerseits direkt über Hyperlinks (zurück) zu übersetzen sind.

Kann nach einer überschlägigen Stichprobe die in der Werbung verwendete Wortanzahl nicht zutreffend sein, so obliegt es dem Werbenden, die Richtigkeit seiner Werbung darzutun.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 364/01

Verkündet am: 18. März 2004

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter

Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler

nach der am 26. Februar 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 25. September 2001 abgeändert.

Der Klageantrag zu a) in der Fassung des landgerichtlichen Urteilsausspruchs wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Von den Kosten erster Instanz tragen die Klägerin 15 % und der Beklagte 85 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 1/5 und der Beklagte 4/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600.- € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 43.000.- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 38.346,89 € (= 75.000 DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin und der unter der Firma "L.-xxxxxxxxxxxx" handelnde Beklagte sind Wettbewerber, sie vertreiben Multi-Media-Sprachkurse und CD-ROM-Wörterbücher.

Die Klägerin beanstandet u. a. mehrere Werbeäußerungen des Beklagten als wettbewerbswidrig und nimmt den Beklagten mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung in Anspruch.

Im vorliegenden Berufungsverfahren geht es nur noch um die Klageanträge zu a) - c), und zwar jeweils in der Fassung des landgerichtlichen Urteilsausspruchs.

In dem russisch-sprachigen "Software-Katalog" des Beklagten - vgl. dazu den Klageantrag zu a) - heißt es auf Seite 1 unter Ziffer 6.1:

"RE.-xxxxx Englisch - Windows 95-98 Russisch - Ein Lehrmittel zum Erlernen der englischen Sprache ..." (Software-Katalog mit Übersetzung: Anlagen K 6-7).

Der Beklagte ließ - das betrifft den Klagenantrag zu b) - in der russisch-sprachigen Zeitung OST-EXPRESS Nr. 33/1999 eine Anzeige in russischer Sprache veröffentlichen, die den folgenden Hinweis enthält:

"Deutsche und Russische Programme - Wörterbuch Mu.-xxx 3.0 auf CD 250tsd.Wörter 39 DM - Wörterbuch Mu.-xxx 2.0 auf CD 1,5 Mio. Wörter 109 DM" (Anzeige mit Übersetzung: Anlagen K 1-2; vgl. außerdem im Software-Katalog unter Ziffern 1.1 und 1.2: Anlagen K 6-7).

In dem "Software-Katalog" des Beklagten - vgl. dazu den Klageantrag zu c) - heißt es auf Seite 1 unter Ziffer 1.3:

"Mu.-xxx Version 2.0 für Windows. Eine Sammlung englischer Wörterbücher. Das große englisch-russische Wörterbuch und fünf Fachwörterbücher, enthält ca. 4,5 Mio. Wörter. Alles Fachbegriffe." (Software-Katalog mit Übersetzung: Anlagen K 6-7).

In dem vorangegangenen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums (Landgericht Hamburg 312 O 684/99) sind dem Beklagten mit Beschlussverfügung vom 21. Dezember 1999 die im dortigen Verbotsausspruch zu a) - e) aufgeführten Handlungen untersagt worden. Das Verbot stimmt mit den vorliegend in erster Instanz zunächst gestellten Klageanträgen zu a) bis e) überein; allerdings fehlen bei dem Verbot zu a) der Beschlussverfügung die Worte: "und zwar sowohl in der Demo-Version, als auch in der Vollversion". Auf den Widerspruch des Beklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 25. Januar 2000 seine Beschlussverfügung hinsichtlich des Punktes zu b) in Bezug auf die "Mu.-xxx"-Version 3.0 und in den Punkten zu d) und e) vollen Umfangs bestätigt, im Übrigen hat es die Beschlussverfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen.

In diesem Verfügungsverfahren hat der Senat auf die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 14. Dezember 2000 (OLG Hamburg 3 U 56/00) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beschlussverfügung des Landgerichts nur im Umfang des Punktes zu d) - in der Fassung des vorliegend erstinstanzlich gestellten Klageantrages zu d) - bestätigt. Wegen der in der dortigen Berufungsverhandlung abgegebenen strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten haben die Parteien das Verfügungsverfahren zu Punkt e) der Beschlussverfügung für erledigt erklärt, im Übrigen ist das landgerichtliche Urteil nicht abgeändert worden. Auf die Beiakte OLG Hamburg 3 U 56/00 (im Folgenden kurz: Beiakte 56/00) wird insgesamt Bezug genommen.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Der Beklagte sei nicht berechtigt, das in ihrem Software-Katalog beworbene Multimedia-Erzeugnis (Anlagen K 6-7, dort Ziffer 6.1) der Firma RE.-xxxxx Multimedia aus Moskau (im Folgenden kurz: Firma RE.-xxxxx) in Deutschland zu vertreiben; dieses Vertriebsrecht stehe ihr - der Klägerin - exklusiv zu (vgl. Anlagen K 9-10). Der Beklagte habe zwar wegen dieses Sprachkurses früher mit der Firma RE.-xxxxx in Vertragsverhandlungen gestanden und eine entsprechende Absichtsvereinbarung erzielt, diese habe aber nicht den Beklagten persönlich betroffen, sondern seine damals angeblich existierende Firma (den f.-xx-Verlag). Zu einer abschließenden Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Firma RE.-xxxxx sei es nicht gekommen.

Auf der Berlin-Messe IFA '99 habe der Beklagte gegenüber dem Inhaber der Firma RE.-xxxxx eingeräumt, dass er bisher nur eine Demo-Version des Sprachkurses gefertigt und für die Herstellung der Voll-Version kein Geld mehr habe und dass der f.-xx-Verlag ebenfalls aus Geldmangel nicht mehr existiere. Der Beklagte selbst habe das Ende der Zusammenarbeit vorgeschlagen, die Firma RE.-xxxxx habe dann in seinem Einverständnis die sofortige Kündigung am 27. August 1999 erklärt (Beweisantritt Bl. 8, Anlage K 11). Es habe nur die Demo-Version gegeben (Anlage K 8), die Voll-Version sei bis zur Kündigung nicht hergestellt worden (Beweisantritt Bl. 9).

Wenn der Beklagte Interessenten auf seinen Katalog hin die Demo-Version zusende, behaupte er damit aus der Sicht des Verkehrs, dass er die Voll-Version des Sprachkurses anbieten wolle und könne und dass er dazu berechtigt sei. Bis zur Kündigung durch die Firma RE.-xxxxx habe der Beklagte keine Voll-Version zur Verfügung gehabt, wenn er jetzt welche anbiete, müsse er sie auf Schleichwegen bezogen oder unautorisiert selbst erstellt haben, die Firma RE.-xxxxx habe ihm derartiges Material nicht zur Verfügung gestellt (Beweisantritt Bl. 9).

Der Beklagte habe entgegen seiner Darstellung den vollständigen Software-Katalog (Anlage K 6) ihr - der Klägerin - am 18. November 1999 zugesandt und eben diese Preisliste auch dem Zeugen K. zugeschickt, und zwar schon am 13. November 1999 (Bl. 43-50, 66, 71-72, 81-82 mit Beweisantritt). Der im Klageantrag zu a) genannte englische Sprachkursus "What to say ..." sei die Voll-Version des Kurses "RE.-xxxxx Englisch", den der Beklagte im Software-Katalog unter Ziffer 6.1 aufgeführt habe (Anlagen K 6-7; Bl. 6, 66). Diesen Sprachkursus habe der Beklagte auch weiterhin im Internet jedenfalls bis zum 17. März 2000 angeboten (Anlage K 23, Bl. 66).

Die Wortzahlangaben in der Werbung des Beklagten - vgl. dazu die Anträge zu b) - c) - seien irreführend, sie beruhten auf einer unzutreffenden Zählweise. Der Adressat der Werbung nehme an, die Wörterbücher des Beklagten enthielten 1.500.000 bzw. 250.000 oder 4.500.000 Fachtermini, Fachwörter, Stichwörter und/oder Bedeutungsabwandlungen. Tatsächlich sei das aber nicht der Fall, denn der Beklagte zähle nicht nur die übersetzten Stich- oder Fachwörter oder -termini und/oder die teilweise angegebenen Bedeutungsabwandlungen zusammen, sondern jeweils einzeln alle auf der CD-ROM zusammengefassten Wörter und Übersetzungs- und Erklärungswörter zusammen. Dass die Wortzahlangaben falsch seien, hätten die Stichproben aus den gedruckten Wörterbüchern ergeben, die als Vorlage für die CD-ROM-Wörterbücher gedient hätten (Bl. 9-14, 51-53, 61-62, 67-70, 82-83, 118, 134-139, 155-164, 174-178, 195-200, 211-214; Anlagen K 32-49).

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von bestimmten Ordnungsmitteln zu unterlassen,

a) den englischen Sprachkurs "What to say ...", Multimedia der Firma Re.xxxx in den Staatsgebieten Deutschland, Österreich und Schweiz, und zwar sowohl in der Demo-Version, als auch in der Vollversion herzustellen, herstellen zu lassen, anzubieten, zu bewerben und/oder zu vertreiben;

b) die russisch-deutsch-russischen CD-Rom-Wörterbücher "Mu.-xxx", Version 2.0 mit den irreführenden Wortzahlangaben "über 1,5 Mio. Wörter" und in der Version 3.0 mit den irreführenden Wortzahlangaben "ca. 250.000 Wörter" anzubieten, zu bewerben und zu vertreiben;

c) das russisch-englisch-russische Wörterbuch "Mu.-xxx", Version 2.0, als Sammlung englischer Wörterbücher mit der Bezeichnung "Das neue große englisch-russische Wörterbuch und 5-fach-Wörterbücher" mit dem irreführenden Zusatz "enthält ca. 4,5 Mio. Wörter. Alles Fachbegriffe" anzubieten, zu bewerben und zu vertreiben;

d) den Englisch-Kurs "Professor H.xxxx" und den Russisch-Kurs "Professor H.xxxx" jeweils mit der irreführenden Anpreisung "Preisträger der Berlin-Messe IFA '99" anzubieten, zu bewerben und zu vertreiben;

e) den Russisch-Kurs "Russisch von Anfang an" der Firma "d.-xxxxxxx Publishing" in den Staatsgebieten der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz anzubieten, zu bewerben und zu vertreiben.

Den Klageantrag zu e) haben die Parteien im Hinblick auf die im Verfügungsverfahren (Beiakte 56/00) abgegebene Unterlassungserklärung - entsprechend dem Punkt e) der Beschlussverfügung - übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 118), insoweit haben sie wechselseitige Kostenanträge gestellt. Die übrigen Klageanträge hat die Klägerin aufrechterhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen sowie im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 181 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Der Beklagte hat vorgetragen:

Er habe den Geschäftsführer der Klägerin auf der Berlin-Messe IFA '99 kennen gelernt, dieser habe Ware bestellt (Anlage B 1) und telefonisch eine Zusammenarbeit vorgeschlagen (Bl. 25). Bei einem weiteren Telefonat am 18. November 1999 habe der Geschäftsführer der Klägerin seinen - des Beklagten - Katalog haben wollen. Als er ihn darauf hingewiesen habe, dass bisher nur ein Entwurf vorliege, habe der Geschäftsführer gleichwohl um Zusendung gebeten. Er - der Beklagte - habe den Katalog zugefaxt, aber sonst nicht im geschäftlichen Verkehr verwendet oder vertrieben, auch nicht - entgegen der Behauptung der Klägerin - an den Zeugen K.. Die dazu von der Klägerin vorgelegten Anlage K 23 (Beiakte 56/00) sei eine Kopie, das Original habe er dem Geschäftsführer der Klägerin übersandt (Anlage K 6, Beiakte 56/00), die Faxkennung sei allerdings gelöscht worden (Bl. 26, 27,38-39, 55-58, 74-77, jeweils mit Beweisantritt).

Hinsichtlich des im Klageantrag zu a) aufgeführten Sprachkurses "What to say ..." sei ihm - dem Beklagten - durch Vertrag vom 29. April 1999 von der Firma RE.-xxxxx das europaweite Alleinvertriebsrecht eingeräumt worden, deswegen sei er berechtigt gewesen, die Demo-Version zu erstellen (Bl. 27-30 mit Beweisantritt). Bei deren Übersendung habe er stets darauf hingewiesen, dass die Voll-Version noch nicht produziert worden sei (Bl. 210).

Die von der Gegenseite behauptete Vertragskündigung auf der Berlin-Messe IFA '99 habe es nicht gegeben (Bl. 29 mit Beweisantritt). Nachdem er im vorangegangenen Verfügungsverfahren (Beiakte 56/00) von der Kündigung des Vertrages durch die Firma RE.-xxxxx erfahren habe, habe er das akzeptiert (Bl. 31) und keine Demo-Version mehr versandt. Dem Geschäftsführer der Klägerin habe er nur auf dessen dringende Bitte eine Demo-Version überlassen, weil er auf Geschäftskontakte gehofft habe, er habe ihm auch gesagt, dass eine Voll-Version nicht existiere (Bl. 30). Für den im Software-Katalog (Anlagen K 6-7, dort Ziffer 6.1) genannten Kursus "RE.-xxxxx Englisch" habe er - der Beklagte - eine eigene Lizenz (Bl. 27), jener Kursus habe aber mit dem im Klageantrag zu a) genannten Sprachkursus nichts zu tun.

Er - der Beklagte - behalte sich allerdings vor, die Demo-Version des im Klageantrag zu a) genannten Sprachkurses auch weiterhin im geschäftlichen Verkehr zu verwenden, ein entgeltlicher Vertrieb werde aber nicht möglich sein; er behalte sich auch vor, aus der Demo-Version eine Voll-Version unter diesem Titel zu entwickeln und anzubieten. Nach dem Gerichtsurteil im Verfügungsverfahren sei die Voll-Version nicht beworben worden, sie sei noch nicht produziert worden.

Die mit den Anträgen zu b) - c) angegriffenen Wortzahlangaben seien nicht irreführend. Soweit die Klägerin sich für ihren gegenteiligen Standpunkt auf die Wortzahlen der den elektronischen Wörterbüchern zugrunde liegenden Print-Wörterbücher beziehe, verkenne sie den grundsätzlichen Unterschied zwischen jenen. Bei der Wortzahlangabe der elektronischen Wörterbücher sei es üblich, nicht nur die Stichwörter, sondern auch alle Bedeutungsabwandlungen mitzuzählen. Nach dieser Zählweise sei die Werbung, die sich im Übrigen auf die Herstellerangaben bezöge, nicht irreführend. Die Zählweise der Klägerin sei zudem fehlerhaft, wie mehrere Beispiele ergäben; in den elektronischen Wörterbüchern fänden sich dort mehr Wörter als in der Druckversion (Bl. 31-37, 58-59, 78-80, 165-168, 190-194, 205-208, Anlagen B 29, 30, 41, 42). Die Richtigkeit der Werbeangaben werde u. a. aus den Gutachten Dr. Wy. und Pe. (Anlagen B 24 a, 24 b, 36 a, 36 b) belegt, sie sei durch die Mitteilung von Dr. Al.. des Verlages "Russische Wörterbücher" bestätigt worden (Anlage B 31).

Im Übrigen seien die Wortzahlangaben in der Werbung für die elektronischen Wörterbücher der Klägerin ebenfalls entsprechend ermittelt worden (Bl. 39, 108, 166, 194, Anlagen B 5, 23, 27, 28), was die Klägerin bestreitet (Bl. 46 ff., 112 ff., 200).

Durch Urteil vom 25. September 2001 hat das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben, und zwar beim Verbot zu a) mit der Maßgabe, dass es nach dem Wort "Schweiz" heißt: "in der Voll-Version anzubieten oder zu bewerben", beim Verbot zu b), zu c) und zu d) jeweils unter Streichen des Wortes "irreführenden" in allen Fällen und beim Verbot zu d) noch mit der Maßgabe, dass es statt "Russisch-Kurs" heißt: "Kurs". Im Übrigen hat das Landgericht die Klage, soweit der Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt worden ist, abgewiesen. Der Widerklage hat das Landgericht stattgegeben. Auf das Urteil wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, soweit er gemäß den Anträgen zu a) - c) - in der Fassung des Urteilsausspruchs des Landgerichts - verurteilt worden ist. Er hat seine Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er noch vor:

Für den Kursus "RE.-xxxxx Englisch" habe er eine eigene Lizenz, dieser Kursus sei mit dem im Klageantrag zu a) genannten Kursus ("What to say ...") nicht identisch, das habe er schon im Verfügungsverfahren ausführlich vorgetragen (Bl. 271). Das gegenteilige Vorbringen habe er schon in erster Instanz bestritten (Bl. 303-304). Die Klägerin habe nicht den Kursus "RE.-xxxxx Englisch" angefordert (Bl. 296, Anlage B 1).

Entgegen dem Landgericht beruhten die in den Klageanträgen zu b) - c) aufgeführten Wortzahlangaben nicht etwa auf der Zählweise "Wort für Wort", bei Anwendung dieser Zählmethode ergäben sich wesentlich höhere Zahlen (Bl. 273-275 mit Beweisantritt, Anlagen BB 1), die Klägerin habe die Fehlerhaftigkeit der beanstandeten Wortzahlangaben nicht schlüssig dargelegt (Bl. 275-276, Bl. 296-297). Die elektronischen Wörterbücher enthielten zudem erheblich mehr zu zählende Wörter als die Druckversionen, so dass die auf den Druckversionen beruhenden Berechnungen der Klägerin nicht passten. Das elektronische Wörterbuch sei als Hypertext organisiert, deshalb stelle - anders als beim gedruckten Wörterbuch - jede "lexikalische Einheit" ein Suchwort (sog. "Eingang") dar, und zwar unabhängig von ihrer Position im Wortartikel (Bl. 276-279 mit Beweisantritt).

Die Zählungen der Klägerin seien beliebig und nicht objektiv, die Klägerin habe die von ihr gezählten Wörter nicht einmal gekennzeichnet (Bl. 276). Zudem seien die jeweils als Vorlage dienenden Print-Wörterbücher nicht bloß eingescannt worden, sondern hätten die Grundlage für die Erweiterung zu einem neu gestalteten elektronischen Wörterbuch gedient (Bl. 304).

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage im Umfang der Klageanträge zu a) - c) in der Fassung des Urteilsausspruchs des Landgerichts abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Ergänzend trägt sie noch vor:

Der Sprachkursus "RE.-xxxxx Englisch" sei die Voll-Version des im Klageantrag zu a) genannten Kurses. Auf die telefonische Anforderung des Kurses "RE.-xxxxx Englisch" habe sie - die Klägerin - jenen Kursus zugeschickt bekommen (Bl. 292-293, 298-300).

Zu Recht habe das Landgericht die Wortzahlangaben in der Werbung des Beklagten als irreführend angesehen, die Kritik des Beklagten sei unberechtigt (Bl. 293-295). Allerdings gehe sie - die Klägerin - davon aus, dass die gedruckten Wörterbücher, die im CD-Handbuch und auf der CD-Verpackung ausdrücklich genannt seien, die Grundlage der elektronischen Wörterbücher gewesen seien (Bl. 301-302, Anlagen K 55-56).

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen sowie wegen der Hinweise des Landgerichts an die Parteien wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Beiakte OLG Hamburg 3 U 56/00 (= Landgericht Hamburg 312 O 684/99) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur teilweise Erfolg. Im Übrigen hat das Landgericht der Klage in dem von der Berufung angegriffenen Umfang zu Recht stattgegeben.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die Klageanträge zu a) - c) in der von der Klägerin so verteidigten Fassung des Urteilsausspruchs des Landgerichts.

Hinsichtlich der weitergehenden Verurteilung des Beklagten gemäß dem Klageantrag zu d) sowie bezüglich der Klageabweisung im Übrigen und hinsichtlich der Verurteilung der Klägerin gemäß der Widerklage haben die Parteien keine Rechtsmittel eingelegt.

Die Berufung der Beklagten hat hinsichtlich des Klageantrages zu a) Erfolg (I.), im Übrigen ist sie unbegründet (II. und III.).

I.

Der Klageantrag zu a) in der vom Landgericht zuerkannten Fassung ist nach Auffassung des Senats nicht begründet (§ 3 UWG).

1.) Gegenstand dieses Unterlassungsantrages ist das Anbieten oder Bewerben der Voll-Version des englischen Sprachkurses "What to say ...", Multimedia der Firma RE.-xxxxx in den Staatsgebieten Deutschland, Österreich und Schweiz, und zwar wegen der fehlenden Lieferbarkeit des Kurses durch den Beklagten.

Die Klägerin verteidigt in zweiter Instanz den Klageantrag zu a) nur in diesem Umfang der landgerichtlichen Verurteilung. Demgemäß geht es um das Anbieten usw. der Demo-Version als solcher - auch ohne Hinweis auf eine fehlende Lieferbarkeit der Voll-Version - in zweiter Instanz nicht mehr.

2.) Entgegen dem Landgericht kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte den streitgegenständlichen Sprachkursus angeboten oder beworben hat. Insoweit fehlt es an einem Verletzungsfall und für den Unterlassungsanspruch insoweit an der Wiederholungsgefahr.

Es ist nicht davon auszugehen, dass der in dem Software-Katalog des Beklagten (Anlagen K 6-7) unter Ziffer 6.1 angebotene Sprachkursus "RE.-xxxxx Englisch" (vgl. ebenso das Angebot im Internet: Anlage K 23) mit dem im Klageantrag aufgeführten Sprachkursus identisch ist. Deswegen kommt dieses Angebot als streitgegenständliche Verletzungshandlung nicht in Betracht.

(a) Die Klägerin hat allerdings behauptet, der Kursus "RE.-xxxxx Englisch" sei im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Beklagten und der Firma RE.-xxxxx als Voll-Version des Sprachkurses "What to say ..." vorgesehen gewesen. Der Beklagte hat das bestritten und ausgeführt, es sei damit ein anderer Sprachkursus gewesen, für den er eine Lizenz besitze. Die Klägerin ist insoweit beweisfällig geblieben.

Gegen die von der Klägerin behauptete Identität sprechen bereits die unterschiedlichen Bezeichnungen (Titel) der beiden Sprachkurse. Dass beide von derselben Herstellerfirma RE.-xxxxx stammen, besagt nichts. Die Beschreibung auf der Preisliste (Anlage K 28), die auf der Demo-CD-ROM von "What to say ..." vorhanden ist, führt unter Ziffer 6 einen Sprachkurs "Englisch-Kurs" auf. Der dort genannte Einzelpreis (89 DM) weicht von dem für den Kursus "RE.-xxxxx Englisch" verlangten Preis (35 DM: Anlage K 7) ab.

(b) Auch das Argument der Klägerin, die Sprachkurse seien identisch, denn sie habe vom Beklagten die Demo-Version "What to say ..." zugesandt bekommen, nachdem sie ihr Interesse an dem Sprachkursus "RE.-xxxxx Englisch" gemäß dem Software-Katalog des Beklagten diesem gegenüber ausdrücklich geäußert habe, greift nicht durch. Denn dieses Vorbringen hat der Beklagte bestritten und insoweit ist die Klägerin ebenfalls beweisfällig geblieben.

Die Klägerin hat, wie ausgeführt, dazu vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe im Telefonat mit dem Beklagten (November 1999) Interesse an dem Spruchkursus "RE.-xxxxx Englisch" geäußert und um die Zusendung des im Software-Katalog unter Ziffer 6.1. so aufgeführten Kursus gebeten. Der Beklagte habe ihm bestätigt, dass er den Kursus liefern könne und hierzu eine Demo-Version vorliegen habe. Im Anschluss an das Telefonat habe sie (die Klägerin) die Demo-CD-ROM von "What to say ..." (Anlage K 8) erhalten.

Demgegenüber hat der Beklagte diese Darstellung der Klägerin bestritten und vorgetragen, er habe mit dem Geschäftsführer der Klägerin allein über die Demo-Version von "What to say ..." gesprochen und sie auf dessen Bitte nur deshalb zugeschickt, weil er auf eine Geschäftsbeziehung mit der Klägerin gehofft habe; er habe aber zugleich darauf hingewiesen, dass eine Voll-Version des Kurses noch nicht existiere.

Aus der Rechnung des Beklagten vom 13. November 1999 (Anlage K 20, Anlage B 1) ergibt sich im Übrigen ebenfalls nicht, dass die Klägerin den Sprachkursus "RE.-xxxxx Englisch" bzw. eine Demo-Version dieses Kurses bestellt hätte. Dass der Beklagte auch andere Bestellungen dieser Art mit entsprechenden Zusendungen beantwortet hätte, kann mangels hinreichend konkreter Darlegung der betreffenden Vorfälle nicht angenommen werden.

3.) Aus dem Versenden der Demo-Version des Sprachkurses "What to say ..." ergibt sich auch keine Erstbegehungsgefahr für das streitgegenständliche Verhalten betreffend die Voll-Version.

Unstreitig hat der Beklagte mindestens 500Exemplare der CD-ROM mit der Demo-Version von "What to say ..." vorrätig. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass er die Voll-Version anbieten bzw. bewerben würde ohne entsprechenden Hinweis auf die fehlende Lieferbarkeit. Die Vervielfältigung der Demo-Version erfolgte nach der Rechnung der Firma S.-xxxxxxxx vom 12. August 1999 (Anlage B 2) noch vor der Kündigung des Vertrages (zwischen dem Beklagten und der Firma RE.-xxxxx), die nach der Darstellung der Klägerin am 27. August 1999 auf der Berlin-Messe IFA '99 ausgesprochen worden sein soll. Daraus ergibt sich aber mangels gegenteiligen Vorbringens zugleich, dass bei der Vervielfältigung der Demo-Version die Produktion der Voll-Version noch geplant gewesen ist.

Nach der Vertragsbeendigung ergab sich aber insoweit eine neue Sachlage. Der Beklagte hat sich nicht berühmt, die Voll-Version des Kurses anbieten oder bewerben zu wollen, wenn er nicht lieferbar ist bzw. ohne Hinweis auf die fehlende Lieferbarkeit. Dazu passt sein Vorbringen, beim Versand der Demo-Version habe er stets auf die (noch) fehlende Lieferbarkeit der Voll-Version hingewiesen.

II.

Der Klageantrag zu b) in der Fassung des Urteilsausspruchs des Landgerichts ist auch nach Auffassung des Senats begründet (§ 3 UWG).

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Anbieten, Bewerben und Vertreiben der russisch-deutsch-russischen CD-Rom-Wörterbücher "Mu.-xxx" mit den Wortzahlangaben "über 1,5 Mio. Wörter" (Version 2.0) und "ca. 250.000 Wörter" (Version 3.0).

Trotz der Anführungszeichen im Verbotsausspruch geht es bei den dort genannten Angaben nicht etwa nur um deren genau wörtliche Verwendung ("über 1,5 Mio. Wörter" und "ca. 250.000 Wörter"). Das Verbot erfasst vielmehr auch Hinweise auf die Zahlen z. B. in abgekürzter oder ausgeschriebener Form ("250 tsd. Wörter"), sowie auch ohne die Zusätze "über" und "ca.". Der Unterlassungsantrag bezieht sich entsprechend den Verletzungsfällen, in denen die russische Sprache benutzt worden ist (vgl. die Anlagen K 1, 6), auf die Verwendung dieser Wortzahlangaben in russischer Sprache, aber auch auf deren deutschsprachige Benutzung.

Gegenstand des Antrags ist die isolierte, nicht weiter erläuterte Verwendung der Angaben "über 1,5 Mio. Wörter" und "ca. 250.000 Wörter" mit den oben genannten Varianten.

2.) Der Senat hat bereits im Urteil vom 14. Dezember 2000 betreffend das vorangegangene Verfügungsverfahren (Beiakte 56/00) ausgeführt, in welcher Weise das angesprochene Publikum die von der Beklagten beworbenen Wortzahlangaben versteht. An diesen Feststellungen zum Verkehrsverständnis hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest; die nachstehenden Ausführungen dazu gelten für die Wortzahlangaben "über 1,5 Mio. Wörter" (russisch-deutsch-russisches CD-Rom-Wörterbuch "Mu.-xxx" Version 2.0) ebenso wie für die Wortzahlangaben "ca. 250.000 Wörter" (Version 3.0).

(a) Das angesprochene - breite - Publikum entsprechend dem Verbraucherleitbild des EuGH, d. h. der durchschnittlich informierte, aufmerksame, verständige und kritisch prüfende Verbraucher (EuGH WRP 1998, 848 - 6-Korn-Eier), erkennt ohne weiteres, dass die betreffende Zahlenangabe für das russisch-deutsch-russische "Mu.-xxx"-CD-ROM-Wörterbuch nur insgesamt gilt, d. h. für die beiden Teile des Wörterbuchs (russisch-deutsch und deutsch-russisch) zusammengerechnet.

Deswegen können die beanstandeten Wortzahlangaben ("über 1,5 Mio." bzw. "ca. 250.000") vorliegend nur irreführend sein, wenn die Anzahl der Wörter - und zwar derjenigen Wörter, die nach dem noch näher auszuführenden Verkehrsverständnis mitzuzählen sind - des jeweiligen Wörterbuchs (Version 2.0 bzw. Version 3.0) jeweils in beiden Teilen (d. h. jeweils russisch-deutsch und deutsch-russisch) in der Addition nicht der genannten Zahl entspricht.

Denkbar sind zwar auch bestimmte Werbeaussagen, in denen eine Wortzahlangabe so verwendet wird, dass das Publikum sie - entgegen den tatsächlichen Verhältnissen - nur auf einen Sprach-Teil des Wörterbuchs (z. B. nur auf den russisch-deutschen Teil) bezieht; solche Besonderheiten sind aber nicht Streitgegenstand.

(b) Auch nach Auffassung des Senats geht das maßgebliche Verkehrsverständnis bezüglich der in Rede stehenden Wortanzahlangaben ("über 1,5 Mio." bzw. "ca. 250.000") dahin, dass damit jeweils die Anzahl aller übersetzten Wörter gemeint ist, d. h. dass in dem so beworbenen Wörterbuch - wenn die Wortzahlangabe nicht näher bzw. anders erläutert wird - so viele jeweils übersetzte Wörter im Wörterbuch zu finden sind, und zwar einschließlich der ihrerseits übersetzen Redewendungen.

Ein Wörterbuch wird in erster Linie dazu verwendet, die Übersetzung von dem Benutzer unbekannten Wörtern und/oder Redewendungen nachzuschlagen. Es ist daher maßgebend wichtig, dass man für diese unbekannten und deswegen gesuchten Wörter nebst Redewendungen eine Übersetzung findet. Für die Qualität eines Wörterbuchs ist es mithin von wesentlicher Bedeutung, wie viele übersetzte Wörter und Redewendungen in ihm existieren. Dem Verkehr ist es geläufig, dass Kurzfassungen von Wörterbüchern (z. B. Schul- oder Reisewörterbücher) qualitativ anders als umfangreichere, einen größeren Wortschatz erfassende Wörterbücher sind, hierzu erwartet er demgemäß auch entsprechende Hinweise. Es liegt auf der Hand, dass die Güte eines Wörterbuchs maßgeblich von der Anzahl der jeweils übersetzten Wörter nebst Redewendungen bestimmt wird.

So ist es schon nach der Lebenserfahrung nahe liegend, dass das angesprochene Publikum die beanstandeten Angaben, in denen ohne weitere Erläuterung von "über 1,5 Mio." bzw. "ca. 250.000" Wörtern die Rede ist, als Hinweis auf die Anzahl der Wörter nebst Redewendungen versteht, für die im CD-ROM-Wörterbuch des Beklagten jeweils eine Übersetzung vorhanden ist.

(c) Für das Verkehrsverständnis der streitgegenständlichen Wortzahlangaben ist dagegen nicht etwa auf die Menge der Stichwörter abzustellen, soweit man darunter die Zusammenfassungen versteht, unter denen im Wörterbuch jeweils die Wortabwandlungen und -zusammensetzungen (etwa nach Wortfamilien) angeordnet sind. Diese Anzahl wäre notwendig kleiner als die der übersetzten Wörter und Redewendungen.

Eine solche Vorstellung ohne einen dahingehenden Anhalt in der Werbung wäre nicht nur fern liegend, sondern würde auch der Lebenserfahrung widersprechen und demgemäß unvernünftig sein, ein solches Verständnis kann bei dem durchschnittlich aufmerksamen und vernünftigen Durchschnittsverbraucher nicht angenommen werden.

Es sind in einem Wörterbuch zwar - bei unterstellt gleicher Gesamtzahl der übersetzten Wörter - verschiedene Ordnungsprinzipien (z. B. nach Wortfamilien) denkbar, unter denen die übersetzten Wörter gesammelt werden. So können z. B. die übersetzten Wörter bzw. Redewendungen "Ausdruck", "mit Ausdruck" und "sich im Ausdruck vergreifen" jeweils einzeln in alphabetischer Anordnung aufgeführt sein, oder aber unter dem Stichwort "Ausdruck" sogleich auch die Abwandlungen "mit Ausdruck" und "sich im Ausdruck vergreifen" angeordnet und dort übersetzt zu finden sein (vgl. letztere Variante z. B. im Wörterbuch ZWILLING - Anlage K 36 - unter dem Wort "Ausdruck").

Die Menge solcher - mehrere Wörter und Redewendungen zusammenfassenden - Stichwörter wäre für die Qualität eines Wörterbuchs erkennbar ohne besondere Aussagekraft. Davon ist schon nach der Lebenserfahrung auszugehen. Für den anderweitigen Standpunkt der Klägerin, wonach die Wortabwandlungen selbst ("Bedeutungsabwandlungen"; vgl. die Klägerin schon im Protokoll vom 25. Januar 2000, Seite 2, Beiakte 56/00) nicht mitzuzählen seien, findet sich in ihrem Vorbringen keine tragfähige Stütze, dafür ist auch sonst nicht ersichtlich.

Vielmehr ist es letztlich beliebig, wie weit man den Kreis von Wörtern und Redewendungen zieht, die unter einem Stichwort zusammengefasst werden. So wäre es in dem obigen Beispiel (aus dem Wörterbuch ZWILLING - Anlage K 36) ebenso möglich, unter dem Stichwort "Ausdruck" noch weitere übersetzte Wörter wie z. B. "Ausdruckstanz", "ausdrücken" und "ausdrucksvoll" zusammenzufassen. In diesem Fall wäre die Anzahl der - mehrere Wörter und Redewendungen zusammenfassenden - Stichwörter aber geringer als wenn mehr übersetzte Wörter einzeln aufgeführt würden, ohne dass damit aber in dem Wörterbuch insgesamt weniger Wörter und Redewendung übersetzt worden wären.

Deren Menge bestimmt in erster Linie die Qualität und Leistungsfähigkeit eines Wörterbuchs und sagt über seine Güte etwas Greifbares aus; so wäre ein Wörterbuch z. B. mit allen (oben aufgeführten) übersetzten Abwandlungen des Wortes "Ausdruck" wegen der demgemäß höheren Wortzahlangabe besser bzw. "größer", als wenn einzelne Abwandlungen nicht übersetzt wären.

(d) Für das Verkehrsverständnis der streitgegenständlichen Wortzahlangaben ist ebenfalls nicht etwa auf die Anzahl aller in dem Wörterbuch vorhandenen, "Wort für Wort" gezählten Wörter einschließlich derjenigen aus den Übersetzungen abzustellen. Diese Menge wäre um ein Vielfaches größer als die der übersetzten Wörter.

Die Anzahl sämtlicher Wörter (aller übersetzten Wörter nebst den für die Übersetzungen verwendeten Wörtern) wäre für die Güte eines Wörterbuchs ohne eine nähere Erläuterung nicht aussagekräftig, denn sie hinge nicht nur von der (maßgeblichen) Menge der übersetzten Wörter, sondern auch von der Menge der Wörter in den Übersetzungen ab und ließe im Unklaren, in welchem Verhältnis beide Bereiche zueinander stünden. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es für den Verkehr auch von Interesse sein kann, ein Wörterbuch mit besonders vielen Übersetzungsvarianten zur Verfügung zu haben, es wäre aber nicht plausibel, ein Mehr bei den Übersetzungen etwa mit einem Weniger bei den übersetzten Wörtern und Redewendungen unter Hinweis auf eine Wortzahlangabe zu "verrechnen".

Außerdem käme es bei der Zählweise "Wort für Wort" im Bereich der zusammengesetzten Wörter und Redewendungen zu inflationären Mehrfachzählungen, so wenn man z. B. im russisch-deutschen Teil des streitgegenständlichen Wörterbuchs bei der unter dem russischen Stichwort "golowa" ("Kopf") aufgeführte Übersetzung "Ich habe Kopfschmerzen" (d. i. die russische Redewendung "u menija bolit golowa") auch noch die deutschen Wörter "ich" und "habe" mitzählte, obwohl die betreffenden Wörter nur eine Hilfsfunktion erfüllen und sich bei vielen anderen Redewendungen wiederholen, aber über die Güte des Wörterbuchs nichts aussagen. Maßgeblich für die Zählweise ist im obigen Beispiel vielmehr nur, dass die russische Redewendung "u menija bolit golowa" übersetzt worden ist.

(e) Allerdings sind für die Zählweise der streitgegenständlichen Wortzahlangaben auch die durch die Such-Funktion der elektronischen Wörterbücher auffindbaren übersetzten Wörter mitzuberücksichtigen, die sich in den Druckversionen mit der alphabetischen Anordnung nicht finden. Eine Mehrfachzählung dieser Wörter kommt dabei nach den obigen Ausführungen allerdings nicht in Betracht.

So wird z. B. im russisch-deutschen Teil des CD-Rom-Wörterbuchs "Mu.-xxx" Version 3.0 das russische Wort "Schokolad" mit dem deutschen Wort "Schokolade" übersetzt (Anlage B 41, Seite 1/11 - vgl. Seite 804 des gedruckten Wörterbuchs). Dieser Teil des elektronischen Wörterbuchs entspricht dem russisch-deutschen Teil des gedruckten Wörterbuchs von Rimaschewskaja, dessen deutsch-russischer Teil aber keine Übersetzung für das deutsche Wort "Schokolade" ins Russische enthält (Anlage B 41, Seite 12 - vgl. Seite 313 des gedruckten Wörterbuchs). Demgegenüber kann der Benutzer des streitgegenständlichen CD-Rom-Wörterbuchs zum Zwecke der Übersetzung das Wort "Schokolade" mit der Suchfunktion eingeben und bekommt so die entsprechende russische Übersetzung. Für diese Fälle müssen sich die Wortzahlangaben bei den elektronischen Wörterbüchern gegenüber den Druckversionen erhöhen.

Entsprechendes gilt für Wörter als Bestandteile von Übersetzungen von Redewendungen, soweit diese ihrerseits über die Such-Funktion (zurück) übersetzt werden können. So ist es im obigen Beispielsfalle bei der Übersetzung "Ich habe Kopfschmerzen" (der russischen Redewendung "u menija bolit golowa") über die Such-Funktion möglich, direkt im übersetzten Teil das deutsche Wort "habe" aufzusuchen und es ins Russische übersetzen zu lassen. Wie oben ausgeführt, wäre das übersetzte Wort "habe" seinerseits nur einmal in dieser Übersetzungsrichtung zu zählen, aber dieses eine Mal auch dann, wenn es in der Druckversion nicht in der alphabetischen Anordnung als eigenständiges Wort aufgeführt sein sollte. Dieser Umstand wird vom verständigen Durchschnittsverbraucher mit in sein Verständnis von den in Rede stehenden Wortzahlangaben einbezogen.

Obwohl es wegen der Such-Funktion des elektronischen Wörterbuchs möglich ist, von der einen Übersetzungsrichtung zur anderen direkt über die Übersetzungswörter zu gehen, ist jedes Wort (jede Redewendung) jeweils in der einen Übersetzungsrichtung selbstverständlich nur einmal und nicht etwa doppelt zu zählen. So finden sich z. B. im deutsch-russischen Teil von "Mu.-xxx" Version 2.0 (basierend auf dem Wörterbuch LEIN, Anlage K 34) für das Wort "Auge" die russischen Übersetzungsvarianten "glas" und "oko"; diese russischen Wörter kann man über die Such-Funktion direkt aus der Übersetzung von "Auge" ansteuern und zurückübersetzen lassen, sie finden sich übersetzt aber auch im russisch-deutschen Teil des Wörterbuchs und sind demgemäß jeweils einmal und nicht doppelt zu zählen.

(f) Dass der Verkehr ein anderes Verständnis von den beanstandeten Angaben haben könnte, als sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist nicht dargetan und mangels durchgreifender anderweitiger Gesichtspunkte auch sonst nicht ersichtlich.

3.) Es ist davon auszugehen, dass die Wortzahlangabe "über 1,5 Mio. Wörter" in der Werbung für das russisch-deutsch-russische CD-Rom-Wörterbuch "Mu.-xxx" Version 2.0 im oben dargestellten Verkehrverständnis unrichtig ist und - wegen der damit zugleich gegebenen Relevanz der Unrichtigkeit - eine irreführende Angabe im Sinne des § 3 UWG darstellt (wegen der Wortzahlangabe "ca. 250.000 Wörter" für die Version 3.0 siehe unter 4.).

(a) Bei dem CD-ROM Wörterbuch "Mu.-xxx" Version 2.0 handelt es sich um die elektronische Version der gedruckten Wörterbücher von LEIN (deutsch-russisch) und ZWILLING (russisch-deutsch), die nach den Angaben des Verlages "etwa 95.000 Stichwörter" (so LEIN) bzw. "etwa 150.000 Wörter und Wortverbindungen" (so ZWILLING) enthalten. Nach den Verlagsangaben würde sich das auf etwa 245.000 Wörter für die beiden gedruckten Wörterbücher summieren.

Für die maßgebliche Wortzahl des elektronischen Wörterbuchs sind diese Verlagsangaben betreffend die Druckversionen entsprechend den obigen Ausführungen nicht aussagekräftig. Zum einen ist nicht erkennbar, was dort im Einzelfall unter "Stichwörtern" sowie "Wörtern und Wortverbindungen" gezählt worden ist und ob das der vorliegend zu Grund zu legenden Zählweise entspricht. Zum anderen können diese Zahlen unmittelbar nur für die gedruckten Versionen gelten.

(b) Die Klägerin hat an Hand von Stichproben (jeweils Seiten 100-109 und Seiten 200-209, Anlagen K 34-37) und entsprechenden Hochrechnungen auf die Gesamtzahl der in den gedruckten Wörterbüchern enthaltenen Seiten hinreichend substantiiert dargelegt, dass der erste Band (LEIN) rund 148.750 deutsche und der zweite Band (ZWILLING) rund 66.750 russische berücksichtigungsfähige Wörter - einschließlich der Abwandlungen und Redewendungen - enthalten. Daraus errechnet sie in sich plausibel eine Gesamtwortzahl von rund 215.000 Wörtern im gedruckten Wörterbuch, die ganz erheblich die in der Werbung des Beklagten angegebene Wortzahl von 1.500.000 Wörtern für das elektronische Wörterbuch unterschreitet. Damit hat sie - wie noch ausgeführt wird - im Ergebnis auch aufzeigt, dass die beanstandete Wortzahlangabe des Beklagten unrichtig ist.

Bei ihren Stichproben hat die Klägerin allerdings ausweislich der vorlegten Anlagen in den gedruckten Wörterbuchteilen (Deutsch-russisch und Russisch-deutsch) stets nur die übersetzten deutschen bzw. die übersetzten russischen Wörter, Abwandlungen und Redewendungen gezählt und am Blattrand entsprechend gekennzeichnet. Sie hat an der betreffenden Stelle dagegen nicht die Wörter in den jeweils anderssprachigen Übersetzungen berücksichtigt.

Entsprechend der oben dargestellten Verkehrsauffassung zu den Wortzahlangaben ist aber jedes übersetzte Wort bzw. jede übersetzte Abwandlung oder Redewendung zu zählen (wie ausgeführt allerdings nur einfach und nicht mehrfach), weil sie alle entweder direkt (im alphabetisch angeordneten Teil) oder - wie ausgeführt - über die Such-Funktion des elektronischen Wörterbuchs gefunden und übersetzt werden können.

(c) Die der Klägerin nach den Stichproben ermittelten unterschiedlichen Wortzahlen im deutsch-russischen und im russisch-deutschen Teil (nach ihrer Zählung sind es im deutsch-russischen Teil mehr als doppelt so viel) des gedruckten Wörterbuchs zeigen auf, dass es im deutsch-russischen Teil russische Wörter geben muss, die nicht noch einmal im russisch-deutschen Teil übersetzt werden.

Nach Auffassung des Senats bestehen aber keine durchgreifende Bedenken, gleichwohl die Stichproben der Klägerin für die Wortzahlangaben des elektronischen Wörterbuchs zu Grunde zu legen, obwohl die Klägerin nicht - über die vorliegenden Stichproben hinausgehend - dargelegt hat, in welchem Umfang die in den russischen Übersetzungen des deutsch-russischen Teils enthaltenen Wörter ebenfalls im russisch-deutschen Teil übersetzt werden und deshalb bei der Zählung der Wörter im deutsch-russischen Teil nicht zu berücksichtigen sind oder umgekehrt noch für die Wortzahlangaben des elektronischen Wörterbuchs hinzukommen, weil sie in den Übersetzungen vorhanden sind, nicht aber im anderen Teil der Druckversion aufgeführt sind.

Denn selbst wenn man - was ersichtlich nicht der Fall ist und schon der Lebenserfahrung widersprechen würde - unterstellte, dass es für jedes von der Klägerin in den Stichproben der Druckversionen gezählte Wort mindestens eine Übersetzung gäbe, die nicht im jeweils anderssprachigen Teil verzeichnet wäre und deshalb die Anzahl der von ihr gezählten Wörter verdoppelte, würde man beim elektronischen Wörterbuch nur eine Wortzahl von 431.000 erreichen, nicht aber die in der Werbung angegebenen 1.500.000 Wörter.

(d) Dem demgemäß substantiierten Vorbringen der Klägerin ist der Beklagte nicht ausreichend entgegen getreten.

Die Unrichtigkeit der Wortzahlangabe ist eine für § 3 UWG anspruchsbegründende Voraussetzung, für die zwar grundsätzlich die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet ist, diese hat aber, wie ausgeführt, umfassend an Hand der Stichproben ohne weiteres nachvollziehbar dargelegt, dass die beanstandete Wortzahlangabe nicht zutreffend sein kann.

Es hätte nunmehr dem Beklagten oblegen, den Vortrag der Klägerin zu entkräften. Die Zählweise und die daraus folgenden Ergebnisse der richtigen Wortzahlangabe liegen in der Sphäre des Beklagten, der mit seiner Werbung für die Richtigkeit seiner Angaben einstehen muss (§ 242 BGB). Dem ist der Beklagte nicht ausreichend nachgekommen.

(aa) Der Beklagte bestreitet die Richtigkeit der Zählweise der Klägerin. Seine Ausführungen begründen aber insoweit keine durchgreifenden Zweifel.

Anders als bei der Wörterbuchversion 3.0 (vgl. hierzu unter 4.) setzt sich der Beklagte mit dem Vorbringen der Klägerin nicht näher auseinander, sondern bestreitet nur pauschal die Richtigkeit der Zählweise (vgl. hierzu noch die Klägerin: Anlagen K 34-35). Schon das Landgericht hat zu Recht den Beklagten auf den fehlenden substantiierten Vortrag hingewiesen (vgl. den Beschluss vom 5. Juni 2001). Insoweit kann es nicht ausreichen, wenn sich der Beklagte sich stattdessen nur auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens bezieht.

(bb) Der Beklagte hat außerdem nicht substantiiert dargetan, dass er den Wortschatz der gedruckten Wörterbücher, die als Basis für die elektronischen Versionen dienten, so erheblich erweitert und weitere übersetzte Wörter eingefügt hätte, dass damit entsprechend der obigen Hochrechnung etwa die 431.000 Wörter oder gar die beworbenen 1.500.000 Wörter erreicht worden wären. Der Beklagte hat auch kein Stichprobenbeispiel vorgelegt, sondern nur unzureichend pauschal behauptet, der Wortschatz sei auf der Grundlage der Print-Wörterbücher erweitert worden.

4.) Es ist auch davon auszugehen, dass die Wortzahlangabe "ca. 250.000 Wörter" für die Version 3.0 des russisch-deutsch-russischen CD-Rom-Wörterbuchs "Mu.-xxx" unrichtig ist und somit eine irreführende Angabe im Sinne des § 3 UWG darstellt.

(a) Bei diesem CD-ROM-Wörterbuch handelt es sich um die elektronische Version des gedruckten Wörterbuchs RIMASCHEWSKAJA, das nach den Angaben des Verlages NIK "ca. 24.000 Wörter" im deutsch-russischen Teil und "über 20.000 Wörter" im russisch-deutschen Teil enthält (Anlage B 9).

Diese Zahlenangaben sind - entsprechend den obigen Ausführungen - nicht direkt übertragbar und nicht aussagekräftig. Auch hier ist nicht erkennbar, was dort unter "Wörtern" verstanden wird und ob das den Wortzahlangaben nach der vorliegend zu berücksichtigenden Zählweise entspricht.

(b) Die Klägerin hat an Hand einer Stichprobe (Seite 100-109, Anlagen K 32-33) und einer entsprechenden Hochrechnung auf die Gesamtzahl der Seiten dargelegt, dass beide Wörterbuchteile in der Druckversion insgesamt rund 61.000 berücksichtigungsfähige übersetzte Wörter enthalten. Die Klägerin ist nach derselben Methode wie oben unter 3. dargestellt vorgegangen und hat im deutsch-russischen Teil jeweils die deutschen Stichwörter, die darunter verzeichneten deutschen Wortabwandlungen sowie die aufgeführten deutschen Redewendungen mitgezählt (Anlage K 33).

(c) Auch insoweit hat die Klägerin zwar nicht näher dargelegt, dass die auf den von ihr untersuchten Seiten jeweils enthaltenen russischen Übersetzungen nicht mitzuzählen sind, weil sie ihrerseits im russisch-deutschen Teil des Wörterbuchs übersetzt sind und demgemäß dort schon mitgezählt sind bzw. dass noch welche und gegebenenfalls wie viele hinzuzurechnen sind, um die oben dargestellten Besonderheit des elektronischen Wörterbuchs mit seiner Suchfunktion einzubeziehen.

(d) Entsprechend den obigen Ausführungen sind die Stichproben aber ausreichend, wenn man sicherheitshalber - zu Gunsten des Beklagten - wiederum unterstellt, dass zumindest eine Übersetzung für jedes von der Klägerin gezählte Wort nicht im jeweils anderssprachigen Teil des Wörterbuchs enthalten ist. Diese, wie ausgeführt, zu Gunsten des Beklagten sehr weit gesteckte Sicherheitsannahme würde bei der demgemäß vorzunehmenden Verdopplung der gezählten Wörter hochgerechnet nur rund 123.000 übersetzte Wörter beim elektronischen Wörterbuch ergeben. Damit wären die von dem Beklagten ausgelobten "ca. 250.000 Wörtern" nicht einmal annähernd erreicht.

(e) Das vorstehende Ergebnis wird durch eine weitere Kontrollüberlegung bestätigt. Wenn man die im deutsch-russischen Teil des Wörterbuchs enthaltenen russischen Übersetzungen sowie die im russisch-deutschen Teil vorhandenen deutschen Übersetzungen auszählt, ergibt die exemplarische Zählung auf Seite 100 (im deutsch-russischen Teil, Anlage K 32, Seite 3) 121 russische Wörter und Redewendungen und auf der Seite 804 (im russisch-deutschen Teil, Anlage B 41, Seite 11) 126 deutsche Wörter und Redewendungen. Legt man den höheren Wert von 126 Übersetzungen pro Seite zu Grunde, so ergeben sich bei 816 Seiten des Wörterbuchs insgesamt 102.816 Übersetzungen. Zuzüglich der von der Klägerin ermittelten Wortzahl von 61.600 übersetzten Wörtern ergäbe sich eine Wortanzahl von 164.416 Wörtern.

Es widerspräche aber die Annahme, dass sich keines der in den Übersetzungen enthaltenen Wörter wiederholt oder im jeweils anderen Wörterbuchteil seinerseits übersetzt ist, der Lebenserfahrung. Selbst bei dieser an sich ganz unwahrscheinlichen Prämisse unter Einrechnung von zweifelsohne vielen Mehrfachzählungen läge der so ermittelte Wert der Wortzahlangabe noch immer weit unter den ausgelobten "ca. 250.000 Wörtern".

(f) Dem demgemäß substantiierten Vorbringen der Klägerin ist der Beklagte nicht ausreichend entgegen getreten.

(aa) Als Anlage B 29 legt der Beklagte eine Übersicht und Auszüge zum elektronischen Wörterbuch "Mu.-xxx" Version 3.0 vor und führt aus, dass allein in den 41 Stichwörtern ("Wörterbuchartikeln") des elektronischen Wörterbuchs, die denen auf Seite 108 des Print-Wörterbuchs RIMASCHEWSKAJA zwischen den Wörtern "Eidechse" und "eilig" entsprechen, 206 "übersetzte Abwandlungen und zusammengesetzte Wörter" enthalten seien. Nachvollziehbar ist das zwar nicht, weil der Beklagte die gezählten Wörter nicht weiter gekennzeichnet hat, es ergibt sich aber im Ergebnis jedenfalls keine Schlussfolgerung, die den obigen Ausführungen entgegensteht.

(bb) Entsprechendes gilt für die vom Beklagten vorgelegte Anlage B 30, die Auszüge aus dem russisch-deutschen Teil des Wörterbuchs enthält und zu denen der Beklagte ausführt, dass unter den 27 Stichwörtern auf Seite 520 des Wörterbuchs RIMASCHEWSKAJA "265 Abwandlungen und zusammengesetzte Wörter" verzeichnet sind. Auch hier erfolgt keine Kennzeichnung der gezählten Wörter. Darauf kommt es aber nicht an, weil keine Schlussfolgerung aufgezeigt wird, die die obigen Ausführungen widerlegt.

(cc) Während die Klägerin, wie ausgeführt, nachvollziehbar bei ihren Stichproben dargelegt und aufgezeigt hat, was und wie sie gezählt hat, fehlt es beim Beklagten an jeglicher Darlegung, welche Wörter nach seiner Auffassung hinzukommen müssten, d. h. in der Stichprobe der Klägerin etwa unberücksichtigt geblieben sein wären.

Der Beklagte hat insoweit nur zwei Beispiele genannt, und zwar zum einen das deutsche Wort "Schokolade", welches - wie oben schon näher erläutert - im deutsch-russischen Teil des gedruckten Wörterbuchs nicht übersetzt wird (Anlage B 41) und zum anderen verschiedene Ausdrücke im Zusammenhang mit dem Begriff "Verpflichtung" (Anlage B 42). Der Beklagte zeigt nicht auf, welche näheren Schlussfolgerungen sich daraus für die Wortzahlangabe ergeben sollen; bei der vom Senat vorgenommenen Verdopplung der hochgerechneten Wortzählung ist jedenfalls eine mehr als ausreichende Sicherheitsmarge berücksichtigt worden.

5.) Auch die vom Beklagten vorgenommene Bezugnahme auf Gutachten und Bestätigungen Dritter ist für sein Bestreiten der Unrichtigkeit der Wortzahlangaben betreffend beide Wörterbücher (Version 2.0 und 3.0) nicht durchgreifend.

(a) Die Bestätigung von Dr. Al.., der Verlagsdirektorin des Verlags "Russische Wörterbücher", nach der die beanstandeten Wortzahlangaben von 1,5 Millionen (Version 2.0) bzw. 250.000 (Version 3.0) zutreffend sein sollen (Anlagen B 22 b und B 31), ist unzureichend.

Die Bestätigung lässt nicht erkennen, wie diese dort aufgeführten Wortzahlen ermittelt worden sind. Nicht zielführend ist die Bezugnahme von Dr. Al.. auf die beim "Maschinenfond des Institut für russische Sprache der russischen Akademie der Wissenschaft ausgearbeiteten Technologien", nach denen sie die Stichwörteranzahl ausgezählt habe. Zum Inhalt dieser Technologien wird nichts gesagt, die Zählweise bleibt unerläutert.

(b) Das Gutachten "über die Gruppe der elektronischen Wörterbücher Mu.-xxx" der Dozentin (Universität Kasan) Dr. Wy. (Anlage B 32) ändert an dem obigen Ergebnis ebenfalls nichts.

Nach diesem Gutachten gibt es die Summe von ca. 1,6 Millionen (Version 2.0) bzw. 252.000 (Version 3.0) deutsche und russische "Innenartikeleingängen". An Hand der durchschnittlichen Zahl der "Lexeme" pro "Basiseingang" wird die Zahl der "potentiellen Innenartikeleingänge" ermittelt. Eine weitere Durchschnittszahl wird aus den "lexikalischsemantischen Varianten für die Basiseinheiten und die Lexeme, die den beständigen überbegrifflichen Einheiten von verschiedenem Charakter angehören" ermitteln. Daraus wird am Ende die Summe der jeweiligen "Innenartikeleingänge" ermittelt.

Es mag durchaus so sein, dass diese Berechnungen sprachwissenschaftlich anerkannten Methoden zur Ermittlung der Innenartikeleingänge eines elektronischen Wörterbuchs entsprechen. Auch wenn der Senat ist nicht ausreichend sachkundig ist, um die oben zitierten Ausführungen der Sachverständigen auszuloten, ist aber ohne weiteres erkennbar, dass das Gutachten nichts dazu sagt, welche Wörter im Einzelfall gezählt worden sind und dass Mehrfachzählungen etwa ausgeschlossen worden seien. Auch sonst trägt das Gutachten für den vorliegenden Rechtsstreit nichts bei, insbesondere auch nicht zu der Frage eines etwa vom obigen Ergebnis abweichenden Verkehrsverständnisses der beanstandeten Werbeangaben.

Denn es mag sein, dass mit der dargestellten Methode die Anzahl aller in einem Lexikon vorhandenen Wörter ermittelt werden, mit der Zahl der jeweils übersetzten Wörter ohne Mehrfachzählung hätte das aber nichts zu tun.

(c) Die Untersuchung der elektronischen Wörterbücher Mu.-xxx der Philologin und stellvertretenden Verlags-Hauptredakteurin Pe. des Verlags RUSSO Wörterbücher (Anlage B 36 a/b) ändert an dem obigen Ergebnis ebenfalls nichts.

Diese bestätigt zunächst, dass den elektronischen Wörterbüchern jeweils der Inhalt der Print-Wörterbücher zugrunde liegt, dass bei der Umarbeitung in das elektronische Wörterbuch eine spezielle Hypertext-Technologie (die oben dargestellte Such-Funktion) angewandt worden sei, die jede "lexikalische Einheit" des gedruckten Wörterbuchs in ein "Suchwort" oder "Eingang" umwandelt, und zwar unabhängig von ihrer Position im Titel oder im Wortartikel. Demgemäß würden dem Titelwort (Haupteingänge im elektronischen Wörterbuch) die sog. "Artikeleingänge" ("Innenartikeleingänge") hinzugefügt und auf diese Weise die Suchmöglichkeiten und die Informativität des Wörterbuchs wesentlich erhöht; die Artikeleingänge definiert Pe. näher als die "lexikalischen Einheiten in einem Wortartikel".

Die Sachverständige kommt bei der Version 2.0 zu einer Zahl von 845.000 russischen lexikalischen Einheiten und 755.000 deutschen lexikalischen Einheiten, eine Gesamtzahl von 1,6 Millionen. Bei der Version 3.0 gibt sie 130.000 russische und 125.000 deutsche lexikalische Einheiten an mit einer Gesamtzahl von 255.000.

Auch insoweit kann unterstellt werden, dass die Berechnungsweise der Artikeleingänge bzw. der "lexikalischen Einheiten in einem Wortartikel" anerkannten sprachwissenschaftlichen Methoden entspricht. Das Ergebnis sagt aber über Richtigkeit der beanstandeten Wortzahlangaben nichts aus, denn es ist nicht vorgetragen, wie gezählt worden ist und dass die oben dargestellten Mehrfachzählungen ausgeschlossen worden sind.

6.) Schließlich ist auch nicht das Argument des Beklagten durchgreifend, dass sich bei einer tatsächlichen Zählung "Wort für Wort" noch höhere Zahlen ergeben würden. Die Klägerin hat diese Zählweise unstreitig nicht angewendet. Auf diese kommt es nach allem ohnehin nicht an.

7.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben, insbesondere die Wiederholungsgefahr. Der Beklagte hat mit diesen Angaben geworben (Anlagen K 1-2). Seine Anzeige ist in russischer Sprache in einer in Deutschland erscheinenden Zeitung veröffentlicht worden, ebenso droht die Verwendung der Zahlenangaben in deutscher Sprache.

8.) Auf den schließlich noch erhobenen Einwand des Beklagten, die Klägerin werbe ihrerseits bei ihren Wörterbüchern mit unrichtigen Wortzahlangaben, kommt es nicht an.

III.

Der Klageantrag zu c) in der vom Landgericht zuerkannten Fassung ist auch nach Auffassung des Senats begründet (§ 3 UWG).

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Anbieten, Bewerben und Vertreiben des russisch-englisch-russischen Wörterbuchs "Mu.-xxx", Version 2.0, als Sammlung englischer Wörterbücher mit der Bezeichnung "Das neue große englisch-russische Wörterbuch und 5-fach-Wörterbücher" mit dem Zusatz "enthält ca. 4,5 Mio. Wörter. Alles Fachbegriffe".

Trotz der Anführungszeichen im Verbotsausspruch geht es nicht etwa nur wörtlich um die dort genannte Angabe ("enthält ca. 4,5 Mio. Wörter. Alles Fachbegriffe"), insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter II. 1. entsprechend Bezug genommen. Gegenstand des Antrags ist auch insoweit die isolierte, nicht weiter erläuterte Verwendung der Angabe in den streitgegenständlichen Varianten.

2.) Wegen des zugrunde zu legenden Verkehrsverständnisses der Wortzahlangabe und der notwendigen Zählweise für die Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit der Angabe wird auf die obigen Ausführungen unter II. 2.-4. entsprechend Bezug genommen.

3.) Es ist davon auszugehen, dass die Wortzahlangabe "enthält ca. 4,5 Mio. Wörter. Alles Fachbegriffe" in der Werbung für das russisch-englisch-russische Wörterbuch "Mu.-xxx", Version 2.0, als Sammlung englischer Wörterbücher mit der Bezeichnung "Das neue große englisch-russische Wörterbuch und 5-fach-Wörterbücher" im oben dargestellten Verkehrsverständnis unrichtig und irreführend im Sinne des § 3 UWG ist.

(a) Das Wörterbuch wurde auf der Basis der gedruckten Wörterbücher von MEDNIKOWA-APRESIAN (englisch-russisch, 250.000 Stichwörter, Anlage K 38), ANIKIN (englisch-russisch, 75.000 Wörter und Einträge, Anlage K 40), ADRIANOV-BERSON-NIKIFOROV (englisch-russisch, 50.000 Termini, Anlage K 42), KORCHEMKIN-KASHKIN-KURBATOV (englisch-russisch, 55.000 Termini, Anlage K 44), VINOGRADSKI (englisch-russisch, 30.000 Termini, Anlage K 46) und KUSNETSOV (russisch-englisch, 90.000 Einträge, Anlage K 48) erstellt.

Die genannten Zahlen bei den Druckversionen entsprechen den Angaben des jeweiligen Verlages und summieren sich auf etwa 550.000.

Diese Zahlenangaben sind - entsprechend den obigen Ausführungen - nicht direkt übertragbar und nicht aussagekräftig. Auch hier ist nicht erkennbar, was unter Wörtern bzw. Termini verstanden wird und ob das den Wortanzahlangaben nach der vorliegend zu berücksichtigenden Zählweise entspricht. Mehrfachzählungen sind andererseits bei der Summierung - durch die Zusammenführung von vielen Wörterbüchern - schon nach der Lebenserfahrung sicher vorhanden.

(b) Die zwei Stichproben der Klägerin (Seiten 100-109 und 200-209 gemäß Anlagen K 38-49) und die darauf beruhenden Hochrechnungen kommen zu dem ohne weiteres nachzuvollziehenden Ergebnis, dass die gedruckten Wörterbücher insgesamt 527.241 berücksichtigungsfähige englische Wörter einschließlich der Abwandlungen und Redewendungen enthalten. Diese Zahl liegt erheblich unter den beworbenen "ca. 4,5 Millionen Wörtern".

Zwar hat die Klägerin ausweisliche der vorgelegten Anlagen in den Wörterbüchern stets nur die übersetzten englischen Wörter, Abwandlungen und Redewendungen gezählt und am Blattrand entsprechend gekennzeichnet. Die Wörter in den russischen Übersetzungen sind unberücksichtigt geblieben.

Gleichwohl ist das Ergebnis der Stichproben der Klägerin hinreichend aussagekräftig. Selbst ein Verdreifachen oder Vervierfachen - ein Faktor, deren Berücksichtigung sich nach den obigen Wörterbüchern und dem dortigen Zahlenverhältnis der jeweiligen Sprachversionen schon nach aller Lebenserfahrung eigentlich verbietet, der aber zu Gunsten des Beklagten gleichwohl angenommen werden soll - würde immer noch weit unter der ausgelobten Wortzahlangabe bleiben.

(c) Dem demgemäß substantiierten Vorbringen der Klägerin ist der Beklagte nicht ausreichend entgegen getreten.

Während die Klägerin nachvollziehbar bei ihren Stichproben dargelegt und aufgezeigt hat, welche übersetzte Wörter sie gezählt hat, fehlt es beim Beklagten an jeglicher Darlegung, welche Wörter nach seiner Auffassung insoweit noch hinzukommen müssten. Auf die obigen Ausführungen unter II. 4. f) wird entsprechend Bezug genommen. Entsprechendes gilt für die Gutachten und Bestätigungen Dritter, sie sind für sein Bestreiten entsprechend den obigen Ausführungen unter II. 5. ebenfalls nicht durchgreifend. Hierauf wird ebenfalls Bezug genommen.

4.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben, insbesondere die Begehungsgefahr. Der Beklagte hat mit diesen Angaben in dem Software-Katalog geworben (Anlagen K 6-7). Ob der von ihm übersandte Katalog noch ein nicht fertiger Entwurf gewesen ist, spielt keine durchgreifende Rolle. Denn der Beklagte hat nicht etwa vorgetragen, dass eine Änderung an der vorliegend beanstandeten Wortzahlangabe beabsichtigt gewesen sei.

Hinzu kommt der Umstand, dass sich der Beklagte auch noch in zweiter Instanz des Rechts berühmt hat, in der angegriffenen Weise werben zu dürfen. Dass das nicht etwa nur zur Rechtsverteidigung dient, liegt auf der Hand.

IV.

Nach alledem war die Berufung des Beklagten nur teilweise begründet und im Übrigen zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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