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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 04.07.2002
Aktenzeichen: 3 U 365/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 256
Ob das Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO entfällt, wenn der Prozeßgegner die Berühmung eines (vermeintlichen) Unterlassungsanspruchs gegen den Kläger aufgibt, ist Tatfrage. Ein bloßer Verzicht auf die Berühmung, welcher jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann, reicht nicht aus. Es genügt jedoch die verbindliche Erklärung des Beklagten einer negativen Feststellungsklage, daß er den Kläger diesbezüglich nicht mehr in Anspruch nehmen werde. Zur wirksamen Aufgabe der Berühmung ist es hingegen nicht erforderlich, daß der Beklagte eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

3 U 365/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 4. Juli 2002

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, Spannuth, Terschlüssen auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2002 beschlossen:

Tenor:

Es verbleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz. Außerdem fallen dem Beklagten die Kosten der Berufung zur Last.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf zunächst € 25.564,00 (= DM 50.000,00) festgesetzt. Ab Erledigungserklärung ist der Streitwert gleich der Summe der Kosten beider Instanzen, die durch die Widerklage entstanden sind.

Gründe:

Nachdem beide Parteien die Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war insoweit gemäß § 91 a ZPO nur noch über die Kosten beider Instanzen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Danach waren dem Beklagten die Kosten der Widerklage aufzuerlegen, weil dieser bei Fortsetzung des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes aller Voraussicht nach unterlegen wäre.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, war die im Wege der Widerklage geltend gemachte negative Feststellungsklage unzulässig. Bei Erhebung der Widerklage, d.h. bei deren Zustellung in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 200 bestand kein Feststellungsinteresse (mehr).

Zwar weist der Beklagte zutreffend darauf hin, daß der Kläger mit seinem Abmahnschreiben vom 18. September 2000, die Verwendung seines Nachnamens als Meta-Tag in den Internet-Seiten des Beklagten zunächst ohne Einschränkung, d.h. vollen Umfangs beanstandet hatte (Anlage JS 12). Insoweit lag zunächst eine Berühmung hinsichtlich eines umfassenden Verbietungsrechts, und damit auch ein Feststellungsinteresse des Beklagten vor.

Ob das Feststellungsinteresse entfällt, wenn der Prozeßgegner die Berühmung eines (vermeintlichen) Unterlassungsanspruchs gegen den Kläger aufgibt, ist Tatfrage. Ein bloßer Verzicht auf die Berühmung, welcher jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann, reicht allerdings nicht aus (Großkommentar/Jacobs, UWG, Vor § 13 Rn. 408; Zöller-Greger, ZPO, 23. Auflage, 2002, § 256 Rn. 14 a).

Die Umstände des vorliegenden Einzelfalles führen zu dem Schluß, daß der Kläger bei Erhebung der negativen Feststellungsklage die gerichtliche Geltendmachung des überschießenden Unterlassungsbegehrens bereits ernstlich und endgültig auf gegeben hatte. So ließ der Umstand, daß der Kläger die Sache nach erfolgter Abmahnung vom 18. September 2000 rund vier Monate lang nicht aufgriff, die ernstliche Gefahr einer gerichtlichen Inanspruchnahme des Beklagten, bereits deutlich vermindert erscheinen. Auch der Aspekt, daß der Kläger bei Klageeinreichung am 24. Januar 2001 den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nur noch hinsichtlich der Verwendungen seines Namens als MetaTag für Internet-Seiten des Beklagten, welche keinen Bezug zu seiner Person hatten, geltend machte, ließ im vorliegenden Fall den Schluß zu, daß der Kläger trotz fehlenden ausdrücklichen Verzichts seine ursprünglich umfassend formulierte Berühmung hinsichtlich des überschießenden Teils des Unterlassungsbegehrens aufgegeben wollte und bereits aufgegeben hatte. Wenn insoweit noch letzte Zweifel darüber bestanden haben sollten, ob der Kläger seine Berühmung hinsichtlich des überschießenden Teils endgültig aufgegeben hatte, wurden diese jedenfalls spätestens mit dem Schriftsatz des Klägers vom 13. März 2000, welcher im Termin vom 14. März 2000 vor der förmlichen Zustellung der Widerklage übergeben worden ist, ausgeräumt.

Darin hieß es, daß "die Ansprüche, die der Kläger allein geltend zu machen beabsichtigt, in den Klaganträgen vom 21. Januar 2001 abschließend aufgeführt" seien. Zwar läßt der Begriff "beabsichtigt" im reinen Wortsinne verschiedene Deutungen zu. Doch ist der Text dieses Schriftsatzes bei Berücksichtigung der sonstigen o.g. Umstände des Rechtsstreits nur so zu verstehen, daß damit nicht nur ein bloßer Verzicht auf die Berühmung, der jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann, ausgesprochen werden sollte. Vielmehr liegt darin eine verbindliche Erklärung des Klägers, wonach er den Beklagten hinsichtlich der Verwendung seines Namens als Metatag für Internetseiten des Beklagten, welche einen inhaltlichen Bezug zu seiner Person aufweisen, nicht mehr in Anspruch nehmen werde.

Entgegen der Ansicht des Beklagten war es zur wirksamen Aufgabe dieses Teils der Berühmung auch nicht erforderlich, daß der Kläger eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Insoweit bezieht sich der Beklagte auf die Rechtsprechung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr, welche bezogen auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs ergangen ist.

Diese Rechtsprechung ist hier jedoch nicht einschlägig, weil es nicht um die Beseitigung einer Wiederholungsgefahr, sondern um die davon zu unterscheidende prozessuale Frage des Bestehens des Feststellungsinteresses im Hinblick auf die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage nach § 256 ZPO geht.

Einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Klägers bedurfte es nicht, um das Feststellungsinteresse des Beklagten zu beseitigen. Dazu genügte die verbindliche Erklärung des Klägers, wonach er den Beklagten hinsichtlich des überschießenden Teils der Berühmung, nicht mehr in Anspruch nehmen werde.

Auf die näheren Umstände der Übergabe der Schriftsätze der Parteien im Verlauf des Termins vom 14. März 2001 kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Falles nicht an. Maßgeblich ist allein, daß spätestens zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage, d.h. bei Zustellung der Widerklage im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2001, das Feststellungsinteresse entfallen war. Die formlose Übersendung der Widerklage, welche am 13. März 2001 per Telefax erfolgt ist, ersetzt die förmliche Zustellung nicht. Daher hat das Landgericht die Widerklage zu Recht mangels Feststellungsinteresse als unzulässig abgewiesen.

Der Beklagte wäre mithin nach dem Sach- und Streitstand bei Fortsetzung des Rechtsstreits voraussichtlich unterlegen. Somit fallen ihm die Kosten der Widerklage zur Last.

Es ergeben sich auch keine sonstigen Gesichtspunkte, nach denen es billig wäre, ausnahmsweise dem Kläger die Kosten der Widerklage aufzuerlegen.

Demnach verbleibt es bei der Kostenentscheidung erster Instanz. Der Beklagte trägt ferner die Kosten des Berufungsverfahrens.

Ende der Entscheidung

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