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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 26.09.2002
Aktenzeichen: 3 U 69/02
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 3 a
UWG § 1
Das für nicht zugelassene Arzneimittel nach § 3 a HWG bestehende Werbeverbot betrifft grundsätzlich auch das Werben für ein zugelassenes Arzneimittel (hier: CSE-Hemmer) mit einer nicht zugelassenen Indikation (hier: KHK, Diabetes), davon sind aber Werbehinweise nur auf Wirkungen des Arzneimittels zu unterscheiden. Von einer bloßen Wirkangabe ist im Einzelfall auszugehen, wenn nur auf das gleich hohe Mortalitätsrisiko der Cholesterin-Patienten bei KHK und Diabetes hingewiesen wird.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 69/02

Verkündet am: 26. September 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 5. September 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 21. Dezember 2001 abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 29. November 2001 wird aufgehoben, soweit durch diese der Antragsgegnerin die werbliche Verwendung der Folder: "Wenn's drauf ankommt!" und "Was wiegt schwerer bei Cholesterin-Patienten?" (Anlagen ASt 1 und 3) verboten worden ist. Der insoweit auf ihren Erlass gerichtete Verfügungsantrag in der in der Berufungsverhandlung gestellten Fassung wird zurückgewiesen.

Die Kosten erster Instanz (Erlass- und Widerspruchsverfahren) werden gegeneinander aufgehoben.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 255.646 € (= 500.000.- DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt der verschreibungspflichtigen sog. CSE-Hemmer (Statine) zur Senkung des LDL-Cholesteringehalts. Die Antragsgegnerin bringt u. a. das lipidsenkende Arzneimittel S....... mit dem Wirkstoff Atorvastatin in den Verkehr.

Die Antragsgegnerin hat für ihr Arzneimittel S....... mit vier Faltblättern (jeweils vier Seiten im DIN-A-5-Format) geworben, die jeweils auf der Vorderseite (Seite 1) folgen dermaßen überschrieben sind: "Wenn's drauf ankommt!", "Vertrau der Kraft!", "Was wiegt schwerer bei Cholesterin-Patienten?" und "Die 40 für besondere Typen" (vgl. Anlagen ASt 1-4; diese DIN-A-4-Fotokopien bestehen jeweils aus zwei Blatt, das erste Blatt zeigt jeweils die Vorder- und Rückseite, das zweite Blatt jeweils die Innenseiten 3 und 4 der Folder).

Das Landgericht hatte durch einstweilige Beschlussverfügung vom 29. November 2001 der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten, für das cholesterin- und triglyceridsenkende Arzneimittel "S......." mit Bezug auf die Wirksamkeit von "S......." bei KHK und Diabetes-Patienten zu werben, wie geschehen in den vier dem Beschluss beigefügten Foldern (jeweils 2 Seiten; es folgen die Kopien Werbeblätter gemäß Anlagen ASt 1-4).

Mit dem angefochtenen Urteil vom 21. Dezember 2001 hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung bestätigt.

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Bestätigung der einstweiligen Verfügung, soweit sich das Verbot auf die Verwendung der Folder gemäß Anlage ASt 1 (= Anlage AG BK 2) und Anlage ASt 3 (= Anlage AG BK 1) bezieht.

Die Antragstellerin verteidigt insoweit das angefochtene Urteil, wobei sie bezüglich des Folders "Wenn's drauf ankommt!" statt der Fotokopie gemäß Anlage ASt 1 die voll ständige Ablichtung gemäß Anlage ASt BB 2 zum Gegenstand des Verfügungsantrages gemacht hat.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Demgemäß ist das landgerichtliche Urteil im Umfang der Berufung abzuändern.

Gegenstand der Berufung ist - wie ausgeführt - das Urteil des Landgerichts, soweit es seine Beschlussverfügung bezüglich des Verbots der werblichen Verwendung der Werbefolder "Wenn's drauf ankommt!" (vgl. Anlage ASt 1; jetzt statt dessen die vervollständigte Fotokopie gemäß Anlage ASt BB 2) und "Was wiegt schwerer bei Cholesterin-Patienten?" (Anlage ASt 3) bestätigt hat.

I.

Der Unterlassungsantrag betreffend das Werben mit dem Folder: "Wenn's drauf ankommt!" (Anlage ASt BB 2) ist nach Auffassung des Senats aus den allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 1 UWG, § 3 a HWG nicht begründet. 1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages in der überarbeiteten Fassung ist das Werben für das cholesterin- und triglyceridsenkende Arzneimittel S....... in Bezug auf die Wirksamkeit des Mittels bei KHK- und Diabetes-Patienten, wie in dem Folder gemäß Anlage ASt BB 2 geschehen.

2.) Nach § 3 a HWG ist allerdings die Werbung für ein Arzneimittel, das der Pflicht zur Zulassung unterliegt und nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen ist, unzulässig; hierzu gehört auch die Werbung für ein zugelassenes Arzneimittel bezüglich weitergehender, vom arzneimittelrechtlichen Zulassungsstatus nicht abgedeckter Indikationen. Denn in diesem Bereich fehlt es - wie bei einem insgesamt nicht zugelassenen Arzneimittel - an der medizinisch-pharmakologischen Überprüfung durch die Zulassungsbehörde.

Der Wortlaut der in der Zulassung wiedergegebenen Anwendungsgebiete bestimmt insoweit den rechtlichen Rahmen der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels, für nicht zu gelassene Indikationen darf nicht geworben werden. Mit § 3 a HWG soll potentiellen Irreführungsgefahren auch hinsichtlich des Umfangs der medizinisch-pharmakologischen Überprüfung der Verkehrsfähigkeit und daraus resultierender Gesundheitsgefahren vorgebeugt werden (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 3 a HWG, Rz. 11 m. w. Nw.).

Voraussetzung für eine Werbung mit einer nicht zugelassenen Indikation ist aber, dass die beanstandete Angabe als Hinweis auf ein Anwendungsgebiet verstanden wird, für das das Arzneimittel nicht zugelassen ist. Wird demgegenüber in der Werbung nur auf (zusätzliche) Wirkungen des betreffenden Arzneimittels hingewiesen, so ist ein Verstoß gegen § 3 a HWG nicht gegeben (OLG Hamburg Magazin-Dienst 2001, 1117 m. w. Nw.), wenn der ursächliche Zusammenhang mit der zugelassenen Indikation und das Fehlen einer insoweit eigenständigen Indikation werblich verdeutlicht werden (Doepner, a. a. O., § 3 a HWG, Rz. 11 m. w. Nw.). 3.) Nach zutreffender allgemeiner Ansicht stellt § 3 a HWG eine adäquate Umsetzung der Richtlinie 92/28/EWG dar (Doepner, a. a. O., § 3 a HWG, Rz. 13 m. w. Nw.). Aus Art. 2 Abs. 1-2 der Richtlinie ergibt sich nichts anderes: Nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 92/28/EWG müssen alle Elemente der Arzneimittelwerbung mit den Angaben in der Zusammenfassung der Produkteigenschaften vereinbar sein. Gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 92/28/EWG gilt als "Zusammenfassung der Produkteigenschaften" diejenige Zusammenfassung, die von den zuständigen Behörden genehmigt wurde, die die Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Art. 4 b der Richtlinie 65/65/EWG erteilt haben. Bei S....... sind insoweit die zugelassenen "Anwendungsgebiete" - vgl. dazu Anlage ASt 6 und nachstehend unter Ziffer I. 4.-5. - maßgeblich.

Im übrigen untersagen nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/28/EWG die Mitgliedstaaten die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist. Dieser Bestimmung entspricht § 3 a HWG ebenfalls.

4.) Das beworbene Arzneimittel S....... ist für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:

"Zur Senkung erhöhter Gesamtcholesterin-, LDL-Cholesterin-, Apolipoprotein-B- und Triglyceridspiegel bei Pat. mit Primärer Hypercholesterinämie, Familiärer Hypercholesterinämie oder Gemischter (Kombinierter) Hyperlipidämie (entspr. Typ II a und II b nach Fredrickson), wenn Diät und andere nichtpharmakologische Maßnahmen keine ausreichende Wirkung erbringen. Senkung von Gesamt- und LDL-Cholesterin bei Homozygoter Familiärer Hy percholesterinämie." (Anlage ASt 6).

Demgemäß ist S....... nicht speziell bei Diabetes und/oder für KHK-Patienten zugelassen.

5.) Nach Auffassung des Senats ist unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze, von denen auch das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend ausgegangen ist, die Werbung mit dem Folder (Anlage ASt BB 2) gemäß § 3 a HWG nicht zu beanstanden.

Dem angegriffenen Werbeblatt für S....... wird kein Hinweis auf ein nicht zugelassenes Anwendungsgebiet entnommen. Hierbei kommt es auf eine Gesamtwürdigung aller Einzelumstände an.

(a) Abzustellen ist auf das Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsadressaten der Werbung. Da es sich bei S....... um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel handelt, für das eine Publikumswerbung nach § 10 Abs. 1 HWG ohnehin nicht in Betracht kommt, ist das Verständnis der Ärzte und Apotheker maßgeblich.

Der erkennende Senat kann auf Grund eigener Sachkunde entscheiden, weil bei dem in Rede stehenden Folder schon der allgemeine Sprachgebrauch hinreichende Klarheit bringt. Umstände, die wegen fachspezifischer Besonderheiten ein davon etwa abweichendes Verständnis in Fachkreisen erwarten lassen, sind nicht vorgetragen worden und sind auch sonst nicht ersichtlich.

(b) Der Folder (Anlage ASt BB 2) ist auf der Vorderseite (Seite 1) mit der Angabe "Wenn's darauf ankommt!" überschrieben.

Auf Seite 2 heißt es in der Überschrift unter dem Hinweis auf S.......: "Cholesterin-Patienten mit Diabetes oder KHK haben ein gleich hohes Mortalitätsrisiko." Diese Aussage wird durch die bildliche Darstellung darunter veranschaulicht: Man sieht bei aufgeklapptem Folder nebeneinander zwei nur in ihren Umrissen skizziert dargestellte Personen mit jeweils einem Grabkreuz auf der Brust abgebildet, auf der einen steht: "KHK-Patient ... 15,9 %", auf der anderen: "Diabetiker ... 15,4 %". Die Abbildung des "KHK-Patienten" lässt sich umklappen, so dass durch diesen der "Diabeter" verdeckt ist. Unterhalb der Personenabbildung sieht man einen roten Kreis, in dem nach Art eines Verkehrsschildes zur Geschwindigkeitsbegrenzung auf weißem Grund u. a. steht: "100 mg/dl".

Die Seite 3 zeigt unter der Überschrift "CURVES-Studie Starke LDL-C-Senkung mit S......." ein Schaubild aus jener Studie mit der Gegenüberstellung mehrerer CSE-Hemmer einschließlich S........ Die Rückseite (Seite 4) des Folders ist mit dem Hinweis "Therapie, die LDL-C und Triglyzeride senkt." überschrieben.

(c) Der für die Beurteilung der Werbung im Hinblick auf § 3 a HWG wesentliche Satz: "Cholesterin-Patienten mit Diabetes oder KHK haben ein gleich hohes Mortalitätsrisiko" auf Seite 2 des Folders ist aus sich heraus, in seiner unmittelbar wörtlichen Bedeutung verständlich. Es geht offenbar um Patienten mit behandlungsbedürftigen Cholesterinwerten, die zusätzlich Diabetiker oder KHK-Patienten (d. h. solche mit koronarer Herzkrankheit) sind, und die nach der Werbeaussage ein gleich hohes Sterblichkeitsrisiko haben, das auf den abgebildeten Personen in genaueren Prozentzahlen (Diabetiker: 15,4 % und KHK-Patient: 15,9 %) angegeben ist.

Die Angabe bekommt auch innerhalb des Werbeblatts insgesamt nicht etwa einen anderen Sinn. In dem Folder stehen die hervorgehobenen, bestimmten Angaben über das Arzneimittel S....... zur "LDL-C-Senkung" und zur Senkung der "Triglyzeride" im Vordergrund; es geht ganz offensichtlich um "Cholesterin-Patienten", wobei auf Seite 2 des Folders - wie ausgeführt - die zwei zusätzlichen Risiken (Diabetes und KHK) ins Spiel gebracht werden.

Die beanstandete Angabe (auf Seite 2 des Folders) geht durch die bloße Nennung der beiden Risikogruppen nicht über den Hinweis auf die cholesterinsenkende Wirkung von S....... hinaus, sie enthält keine Werbung mit nicht zugelassenen Anwendungsgebieten, denn der Eindruck, dass das Arzneimittel bei Diabetes und für KHK-Patienten speziell zugelassen sei, entsteht nicht. Dem steht nicht entgegen, dass der Verkehr dem genannten "gleich hohen" Mortalitätsrisiko entnimmt, dass die beworbene cholesterinsenkende Wirkung bei den Risikogruppen der Diabetikern und KHK-Patienten bedeutsam ist, wozu im übrigen auch die Überschrift "Wenn's drauf ankommt!" auf der Vorderseite des Folders passt.

(d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Antragstellerin herangezogenen Entscheidung des Senats vom 16. Dezember 1999 (3 U 116/99, OLG Hamburg, Magazin-Dienst 2000, 626; vgl. Anlage ASt 5).

Im dortigen Sachverhalt ging es um eine Werbung für S....... mit der Besonderheit, dass die "KHK"-Thematik mehrfach und gerade als "Behandlungsziel" herausgestellt worden war, so dass deswegen in der Werbung der Eindruck einer Zulassung speziell die KHK-Indikation betreffend entstand. In jener Entscheidung hat der Senat bereits ausgeführt, dass das (dort streitgegenständliche) Verbot aber die Antragsgegnerin nicht etwa hindere, in der Werbung für die LDL-Cholesterinsenkende Wirkung von S....... auch das gegebenenfalls dadurch verminderte Risiko für KHK-Patienten zu erwähnen. Es kam auch in der Vorentscheidung auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an, auf Grund derer damals das Werben für eine nicht zugelassene Indikation bejaht worden ist.

Im vorliegenden Fall ist nur von dem gleich hohen Sterblichkeitsrisiko solcher "Cholesterin"-Patienten die Rede, die an Diabetes oder KHK leiden. Durch den eher formalen Umstand, dass diese Aussage in einer Seitenüberschrift herausgestellt erscheint, entsteht nicht der Eindruck einer speziellen Zulassung des Arzneimittels. (e) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin greift ihre anderweitige Argumentation auch nicht mit der Begründung durch, dem beanstandeten Werbefolder werde die Behauptung entnommen, S....... sei für Diabetes-Patienten bzw. für KHK-Patienten ein "besonders geeigneter Cholesterin-Senker" und sei folglich "behördlich geprüft" und mithin "speziell indiziert". Diese Schlussfolgerungen sind nicht zwingend, deswegen kann nicht angenommen werden, dass der Eindruck entstünde, das Arzneimittel sei bei Diabetes und für KHK-Patienten speziell zugelassen. Die Wichtigkeit der Cholesterinsenkung bei diesen Risikogruppen steht insoweit im Vordergrund.

(f) Nach alledem ist ein Verstoß gegen § 3 a HWG nicht gegeben.

Wie die obigen Ausführungen zeigen, kommt es für das Verständnis der Werbung nicht darauf an, dass die Anwendungsgebiete für S....... im Werbefolder auf Seite 4 als Pflichtangaben abgedruckt sind und das oben dargestellte Verständnis noch bestätigen würden.

Es wären allerdings, wie der Senat bereits entschieden hat, solche Pflichtangaben grundsätzlich ungeeignet, etwaige Fehlvorstellungen im Rahmen des § 3 a HWG zu korrigieren. Die Vorschrift des § 3 a HWG verlangt schon im Interesse ihrer hohen Schutzfunktion gerade in der Werbung klare Angaben. Es liegt auf der Hand, dass eine Werbeaussage für sich diesen Anforderungen genügen muss und dass eine ohnehin zwar denkbare, aber keinesfalls sicher eintretende - Berichtigung durch Schlussfolgerungen aus den Pflichtangaben nicht genügen würde (vgl. OLG Hamburg Pharma Recht 2000, 270).

II.

Auch der Unterlassungsantrag betreffend das Werben für S....... mit dem Folder: "Was wiegt schwerer bei Cholesterin-Patienten?" (Anlage ASt 3) ist nach Auffassung des Senats aus den allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 1 UWG, § 3 a HWG nicht begründet. Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Werben für das cholesterin- und triglyceridsenkende Arzneimittel S....... in Bezug auf die Wirksamkeit des Mittels bei KHK- und Diabetes-Patienten, wie in dem Folder gemäß Anlage ASt 3 geschehen.

Dem beanstandeten Werbeblatt für S....... wird entsprechend den oben unter Ziffer I. aufgeführten Grundsätzen unter Gesamtwürdigung aller Umstände ebenfalls kein Hinweis auf ein nicht zugelassenes Anwendungsgebiet entnommen.

1.) Der Folder (Anlage ASt 3) ist auf der Vorderseite (Seite 1) mit der Angabe "Was wiegt schwerer bei Cholesterin-Patienten?" überschrieben. Darüber sieht man einen muskulösen Mann der in seinen erhobenen Armen links und rechts zwei offenbar schwere Kugeln in der Waage hält, auf denen links "KHK" und rechts "Diabetes" steht.

Auf Seite 2 heißt es in der Überschrift unter dem Hinweis auf S.......: "Cholesterin-Patienten mit Diabetes oder KHK haben ein gleich hohes Mortalitätsrisiko." Diese Aussage wird durch die graphische Darstellung darunter veranschaulicht: Man sieht ein Balkendiagramm mit den Angaben: "Patienten mit früherem Myokardinfarkt 15,9 %" und daneben: "Diabetiker ohne früheren Mykardinfarkt 15,4 %". Die Seiten 3 und 4 des Folders stimmen mit denen des oben unter Ziffer I. abgehandelten Werbeblatts "Wenn's drauf ankommt!" (Anlage ASt BB 2) überein.

2.) Wie oben unter Ziffer I. zum Folder gemäß Anlage ASt BB 2 ausgeführt, ist der bei beiden Foldern gleichlautende Satz: "Cholesterin-Patienten mit Diabetes oder KHK haben ein gleich hohes Mortalitätsrisiko" aus sich heraus, in seiner unmittelbar wörtlichen Bedeutung verständlich. Es geht um Patienten mit behandlungsbedürftigen Cholesterinwerten, die zusätzlich Diabetiker oder KHK-Patienten sind und die ein gleich hohes Sterblichkeitsrisiko haben, das vorliegend im Balkendiagramm in genaueren Prozentzahlen angegeben und dargestellt wird.

Dieser Satz kommt auch innerhalb des vorliegend beanstandeten Folders insgesamt nicht etwa einen anderen Sinn. Auch hier stehen die hervorgehobenen Angaben zur "LDLC-Senkung" und zur Senkung der "Triglyzeride" durch S....... im Vordergrund; es geht ganz offensichtlich um "Cholesterin-Patienten" und auf Seite 2 des Werbeblatts werden die zwei zusätzlichen Risiken ins Spiel gebracht. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin wird auch mit diesem Werbeblatt nicht für nicht zugelassene Anwendungsgebiete geworben. Denn der Eindruck, dass das Arzneimittel S....... bei Diabetes und für KHK-Patienten speziell zugelassen sei, entsteht nicht. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer I. wird entsprechend Bezug genommen.

III.

Die Berufung der Antragsgegnerin ist demgemäß begründet, das Urteil des Landgerichts ist in ihrem Sinne abzuändern. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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