Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 26.09.2002
Aktenzeichen: 3 U 9/01
Rechtsgebiete: UWG, ApothekenG


Vorschriften:

UWG § 1
ApothekenG § 14
Wer Arzneimittel von einem Großhändler erwirbt und weiter vertreibt, die der Hersteller als Klinikpackungen für den Verkauf an Apotheken zur Belieferung von Krankenhäusern bestimmt hat, handelt nicht allein schon deshalb unlauter, weil er weiß, daß die Packungen ohne sein Zutun von einem Apotheker rechtswidrig in den allgemeinen Verkehr gebracht worden sind.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 9/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 26. September

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 5. September 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 6. Dezember 2000 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung von 10.000 € abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für die Rechtsmittelinstanz auf 52.770 € (103.209 DM) festgesetzt.

Tatbestand: Die Klägerin ist Inhaberin der Marke "Antra" und vertreibt das Arzneimittel "Antra" auf dem deutschen Markt in Klinikpackungen mit dem Hinweis auf jeder der fünf verbundenen Schachteln, daß der Einzelverkauf unzulässig sei. Sie sind nur zum Verkauf über Apotheken bestimmt, die mit ihnen Krankenhäuser beliefern, und deshalb deutlich billiger.

Die Beklagte zu 1), deren alleinige Geschäftsführerin die Beklagte zu 2) ist, hat solche Klinikpackungen von einem deutschen Großhändler bezogen und nach England exportiert. Sie hat am 22.10.1998 der englischen Firma M. eine Rechnung über die Lieferung von 169 Packungen "Antra 14 Kapseln" (Anlage K 2) erteilt.

Auf eine Abmahnung der Klägerin verpflichteten sich die Beklagten am 30.06.2000 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber verbindlich und strafbewehrt, es zu unterlassen, von der Klägerin "hergestellte Klinikpackungen an Dritte zu vertreiben, insbesondere diese Packungen zu exportieren" (Anlage B 1). Weitere Ansprüche der Klägerin, auch auf Ersatz der Abmahnkosten (Anlage K 1), wiesen sie zurück. Die Klägerin hat behauptet, von einer im Vereinigten Königreich ansässigen Parallelimporteurin die Auskunft erlangt zu haben, die Beklagte zu 1) habe sie in der Zeit vom 28.05.1996 bis 23.10.1998 in großem Umfang mit "ausgeeinzelten" Antra-Klinikpackungen beliefert. Sie selbst liefere Klinikpackungen ausschließlich an Apotheken, die Krankenhäuser versorgten (Beweis: Dr. W.). Die Beklagten schuldeten Ersatz des ihr entstandenen Schadens und der Abmahnkosten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser entstanden ist und/oder noch entstehen wird, daß die Beklagten in Deutschland von der Klägerin hergestellte Arzneimittel in Klinikpackungen entweder unmittelbar von Kranken hausapotheken und/oder krankenhausversorgenden Apotheken oder mittelbar von Händlern, die ihrerseits diese Klinikpackungen von Krankenhaus apotheken und/oder krankenhausversorgenden Apotheken erhalten haben, erworben, vertrieben, insbesondere exportiert haben,

2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den Umfang der im Antrag zu 1. gekennzeichneten Handlungen zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich folgendes ergibt:

· Name und Anschrift der Lieferanten und Abnehmer

· die Menge der jeweils bezogenen und gelieferten Packungen aufgeschlüsselt nach Lieferanten, Abnehmern und Lieferzeit

· die bezahlten Einkaufspreise, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Lieferanten

· die erzielten Verkaufspreise, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Abnehmern

· und zwar unter Beifügung von Ablichtungen der entsprechenden Belege

3. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.208,80 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen,

und vorgetragen, die Beklagte zu 1) habe nur vollständige Klinikpackungen exportiert (Beweis: Y.). Die Lieferung, auf die sich die Anlage K 2 beziehe, sei niemandem in Erinnerung, es seien aber niemals vereinzelte Antra Schachteln aus Klinikpackungen verkauft worden (Beweis: Y., T.); die Zahl 169 müsse sich aus einer Besonderheit erklären, so könne die Folie einer Packung gerissen sein. Herr R. von der zuständigen Arzneimittelüberwachung, der seit Beginn der 90er Jahre im Abstand von zwei Jahren ihren Betrieb inspiziere, habe zur Kenntnis genommen, daß sie Klinikpackungen - wenn auch eines anderen Herstellers exportiere, ohne dies zu beanstanden (Beweis: R., T.).

Das Landgericht, auf dessen Entscheidung zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben, im Hinblick auf die Verjährungseinrede aber nur für Handlungen nach dem 05.07.1997. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet haben.

Sie machen Rechtsausführungen und beantragen,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

1. Das Landgericht hat sich auf die Entscheidung "Klinikpackung" des Bundesgerichtshofs (GRUR 1990, 1010) gestützt. Dort hatte ein Großhändler, der von Krankenhausapotheken bezogene Klinikpackungen als Einzelpackungen an normale Apotheken in Deutschland verkaufte, auf Unterlassen der Kennzeichnung "Einzelverkauf unzulässig" geklagt, weil ihn das unlauter behindere. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, der Verkauf durch Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken außerhalb der Krankenhäuser verstoße gegen § 14 Abs. 4 und 5 ApothekenG. Diese Vorschriften seien Teil des vom Gesetzgeber gewollten "Krankenhausprivilegs", das eine Versorgung der Krankenhäuser mit billigeren Medikamenten ermögliche. Der Hinweis "Einzelverkauf unzulässig" entspreche der Rechtslage und sei deshalb nicht unlauter.

Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich davon in wesentlichen Punkten: So ist streitig, ob die von den Beklagten verkauften Arzneimittel überhaupt aus einer Krankenhausapotheke stammen. Unstreitig ist nur, daß die Beklagten das Arzneimittel von einem deutschen Großhändler bezogen haben, nicht aber, daß dieser das Mittel von einem Apotheker erhalten hat. So stellt es zwar die Klägerin dar, weil sie behauptet, sie beliefere nur Krankenhausapotheken, dem sind die Beklagten aber mit der Behauptung entgegengetreten, die Klägerin beliefere auch Großhändler und von einem solchen hätten sie bezogen.

Das Landgericht hat diesem Unterschied keine Bedeutung beigemessen und ausgeführt: "Dabei ist es unerheblich, ob die Klägerin die Klinikpackungen ausschließlich direkt an Krankenhausapotheken und/oder krankenhausversorgende Apotheken liefert oder sie diese Belieferung auch über Großhändler organisiert, die dann ihrerseits die Klinikpackungen nur an Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken abgeben (dürfen)." Das mag richtig sein, soweit es um zwischen Hersteller und Krankenhausapotheke geschaltete Großhändler geht.

Mit dem eingeklammerten "dürfen" sollte offenbar darüber hinaus die Möglichkeit erörtert werden, daß ein solcher Großhändler die Ware an andere Abnehmer liefert als Krankenhausapotheken, das aber nicht darf. Eine solche Annahme entspricht nicht dem Vorbringen der Klägerin, wonach sie nur unmittelbar an Krankenhausapotheken liefere. Außerdem kann man Ansprüche der Klägerin nicht auf die Verletzung von § 14 Abs. 4 und 5 ApothekenG stützen, wonach Krankenhausapotheker nicht an Abnehmer außerhalb der Krankenhäuser liefern dürfen, wenn nicht sicher ist, daß die Ware überhaupt jemals in die Hände eines Krankenhausapothekers gelangt ist. Schließlich erfaßt die Begründung des Landgerichts nicht den Fall, der nach dem Vorbringen der Parteien ebenfalls denkbar ist, daß nämlich der die Beklagten beliefernde Großhändler in einer Kette nach einem Apotheker steht, wie aus der bestrittenen Behauptung der Klägerin folgt, sie beliefere nur Apotheker.

2. Das eigene Vorbringen der Beklagten reicht nicht aus, um Ansprüche der Klägerin zu bejahen. Danach haben sie von einem von der Klägerin belieferten Großhändler Klinikpackungen mit dem Hinweis erworben, der Einzelverkauf sei nicht erlaubt. Daraus folgt nicht, daß der Großhändler sie ihnen nicht verkaufen durfte, beispielsweise für den Export, zumal dann, wenn die Packungen nicht einmal - wie die Beklagten behaupten - vereinzelt worden sind.

Selbst wenn sie aus dem Hinweis hätten schließen müssen, es müsse sich um für Krankenhausapotheken bestimmte Packungen handeln, die der Großhändler nicht an sie hätte verkaufen dürfen, so bedeutet das nicht, daß bereits irgendein Apotheker gegen das Verbot des § 14 ApothekenG verstoßen hätte. Allenfalls hätten sie sich sagen müssen, daß sich der Großhändler vertragswidrig verhält. Im Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs allein liegt noch kein unlauteres Verhalten, wie der Bundesgerichtshof neuerdings selbst bei einem selektiven Vertriebssystem (GRUR 2000, 724, 726 Außenseiteranspruch II) bestätigt hat. Besondere Umstände, wie etwa Verleiten zum Vertragsbruch oder ein Schleichbezug, die das Verhalten des Großhändlers unlauter machen würden (was im übrigen für die Beklagten selbst noch nicht notwendig etwas besagen müßte), sind nicht vorgetragen.

3. Dann können sich Ansprüche nur aus dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerin ergeben, daß die den Beklagten von einem Großhändler gelieferten Packungen aus einer Apotheke stammen.

Das Landgericht beginnt seine Entscheidungsgründe mit dem Satz: "Der Handel mit, einschließlich der Export, von entweder unmittelbar von Krankenhausapotheken und/oder krankenhausversorgenden Apotheken oder mittelbar von Händlern, die ihrerseits diese Klinikpackungen von Krankenhausapotheken und/oder krankenhausversorgenden Apotheken erhalten haben, erworbenen Arzneimitteln in Klinikpackungen verstößt gegen § 14 Abs. 4 und 5 Apothekengesetz und begründet aus § 1 UWG i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 2 und 5 Apothekengesetz unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit wegen Rechtsbruchs einen entsprechenden Unterlassungs-, Auskunfts- ... und Schadensersatzfeststellungsanspruch...". Dann wird erklärt, der BGH-Entscheidung lasse sich nicht entnehmen, daß es auf die Vereinzelung der enthaltenen Schachteln ankomme.

Anschließend wird aus dem BGH-Urteil hergeleitet, daß ein Apotheker, der Klinikpackungen frei verkauft, gegen § 14 ApothekenG verstößt.

Der Bundesgerichtshof hat sich weder in der Entscheidung "Klinikpackung" (GRUR 1990, 1010 ff.) noch in einer weiteren Entscheidung vom gleichen Tage (PharmaR 1990, 50 ff. ["N-Spray"]) mit der Frage befaßt, welche Bedeutung das Verhalten des Apothekers unter Lauterkeitsgesichtspunkten hat, denn Streitgegenstand war die Frage, ob die Kennzeichnung von Klinikpackungen unlauter sei, was verneint, bzw. ob es das Überkleben des Hinweises sei, was bejaht wurde. Aus den Urteilen läßt sich allerdings ohne weiteres herleiten, daß der verkaufende Apotheker gegen § 1 UWG in Verbindung mit § 14 ApothekenG verstößt. Die Beklagten sind aber nicht Normadressaten von § 14 ApothekenG, sie können nicht gegen ihn verstoßen, während sich der Bundesgerichtshof nicht generell zum "Handel mit Klinikpackungen" durch andere Gewerbetreibende als Apotheker zu äußern brauchte und es auch nicht getan hat.

4. Eine Unlauterkeit, die die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche rechtfertigt, kann nur in einem eigenen Verhalten der Beklagten liegen.

Straftaten, wie die Klägerin ohne jeden weiteren Sachvortrag geltend macht, sind nicht erkennbar. Welche für einen Betrug (§ 263 StGB) auf Seiten der Beklagten erforderlichen Täuschungshandlungen, welche Vermögensverfügungen und Vermögensschäden die Klägerin meint, sagt sie nicht. Es ist lediglich bekannt, daß die Beklagten nicht für den Einzelverkauf bestimmte Klinikpackungen, die die Klägerin nach ihrem Vortrag an Apotheker verkauft hat, von einem Großhändler erworben und exportiert haben.

Damit läßt sich auch nicht der Vorwurf der Hehlerei (§ 259 StGB) begründen. Nach den Vorstellungen der Klägerin schaffen die Beklagten "gleichsam einen Absatzmarkt für die 'Hehlerware', die ihren Weg aus den Krankenhausapotheken in den für sie nicht vorgesehenen Arzneimittelmarkt findet." Unterstellt, der Apotheker habe die Klägerin betrogen und sie zu einer sie schädigenden Vermögensverfügung bestimmt, indem sie ihm in der Annahme, er werde nur an Krankenhäuser und Kliniken liefern, freiwillig Besitz und Eigentum an der Ware überlassen hat, so hat dieser nach bürgerlichem Recht wirksame Rechtsübergang im Hinblick auf die Ware keine rechtswidrige Vermögenslage geschaffen. Aber nur dann, wenn eine solche durch den Täter aufrechterhalten und vertieft wird, kann § 259 StGB verletzt sein. "... da die Hehlerei sich nicht mehr schlechthin auf Vermögenswerte, sondern ausschließlich auf Sachen erstrecken kann, (kommt) nur der unrechtmäßige Sachbesitz in Betracht" (Schönke/Schröder/Stree, StGB, 26. Auflage, 2001, § 259, Rdnr. 1).

Eine Mitwirkung der Beklagten an der Straftat des Apothekers, von dem sie nicht einmal selbst bezogen haben, kann mangels jeglichen Sachvortrages der Klägerin auch nicht angenommen werden. Der Hinweis, daß der Apotheker nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 ApothekenG eine Ordnungswidrigkeit begeht und § 14 OWiG eine begriffliche Qualifizierung des an der Ordnungswidrigkeit Beteiligten überflüssig macht, ersetzt nicht den Sachvortrag, aus dem sich die Beteiligung der Beklagten ergibt. § 14 OWiG will nicht die Ahndungsmöglichkeiten gegenüber dem Strafrecht ausweiten, sondern Abgrenzungserörterungen überflüssig machen (Göhler, OWiG, 13. Auflage, 2002, § 14, Rdnr. 2). Daß der Großhändler, an den der Apotheker die Krankenhauspackung ordnungswidrig "abgibt", diese "angenommen" hat, macht ihn nicht zum Beteiligten im Sinne des § 14 OWiG (Göhler, a.a.O., Rdnr. 8), von den Beklagten, die ihrerseits vom Großhändler bezogen haben, ganz zu schweigen.

Aus dem gleichen Grunde scheitert eine Haftung als Mitstörer. Die Beklagten müßten an dem Rechtsverstoß des Apothekers willentlich und adäquat kausal mitgewirkt und die rechtliche Möglichkeit besessen haben, ihn zu verhindern (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, Einl. UWG, Rdnr. 327). Dazu fehlt es an ausreichendem Vortrag der Klägerin. Es ist unstreitig, daß die Beklagten von einem deutschen Großhändler bezogen haben, streitig ist, wer diesen beliefert hat: die Klägerin (so die Beklagten) oder eine Krankenhausapotheke (so die Klägerin). Nach dem Vorbringen der Beklagten liegt nicht einmal ein Verstoß gegen § 14 ApothekenG vor, während die Klägerin nichts dafür vorbringt, auf welche Weise die Beklagten an dem Verstoß des Apothekers mitgewirkt haben, zumal sie von einem Großhändler beliefert worden sind.

5. Es braucht nicht vertieft zu werden, ob der Sachvortrag der Klägerin ausreicht, einen entsprechenden Kenntnisstand der Beklagten zu bejahen (denn nichts schließt die Annahme aus, daß den Beklagten unbekannt war, daß sie mit Ware handelten, die durch die Hand eines Apotheker gegangen war; daß sie es spätestens seit diesem Rechtsstreit wissen oder für möglich halten müssen, ist für die geltend gemachten Ersatz-Ansprüche ohne Bedeutung): Schlimmstenfalls haben die Beklagten gewußt oder sich der Erkenntnis verschlossen, daß die Ware unter Verletzung der Vorschrift des § 14 ApothekenG in den Handel gelangt ist, und sind damit Nutznießer eines fremden Rechtsbruchs.

Dieses Wissen macht das Verhalten der Beklagten nicht unlauter (§ 1 UWG). Wie der Bundesgerichtshof kürzlich in der oben genannten Entscheidung (Außenseiteranspruch II) ausgeführt hat, genügt dafür das Ausnutzen eines fremden Rechtsbruchs für sich allein ohne das Hinzutreten besonderer Umstände nicht.

Daß es hier um einen Gesetzesbruch und nicht um einen Vertragsbruch gehen würde, macht in den Augen des Senats keinen Unterschied. In beiden Fällen werden von einem anderen als dem Nutznießer Verpflichtungen verletzt, die nicht schlechthin für alle Rechtsgenossen gelten, sondern nur für diejenigen, die in einer besonderen Pflicht stehen, sei es, weil sie sich dem Vertragspartner gegenüber verpflichtet haben, sei es, weil sie als Apotheker besonderen Pflichten unterliegen, die andere Menschen nicht treffen. Aus der Sicht des Wettbewerbers liegt der Fall völlig gleich, und daß nicht gegen einen freiwilligen Vertrag, sondern gegen ein Gesetz verstoßen worden wäre, begründet kein Unlauterkeitsmoment, denn es ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechtes, Gesetzesverstöße zu ahnden (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG, Rdnr. 663).

Die Klägerin versucht, aus den Besonderheiten der Entscheidung "Außenseiteranspruch II" Unterschiede herzuleiten, die nicht ausschlaggebend sind. So meint sie, der Bundesgerichtshof habe seine Auffassung nur im Hinblick auf Verletzungen von Vertriebsbindungssystemen geändert, während es hier um die Verletzung eines gesetzlichen Preisbindungssystems gehe, da Arzneimittel der Arzneimittelpreisverordnung (Kloesel/Cyran A. 2. 0. 13) unterlägen. Zum einen ist keineswegs sicher, daß die geänderte Auffassung des Bundesgerichtshofs ohne Einfluß auf die Rechtsprechung zur Verletzung von Preisbindungssystemen bleibt, denn er hat ausdrücklich erklärt, es sei nicht streitentscheidend, ob eine Preisunterbietung durch den Außenseiter ein ausreichender Umstand sei, um einen Wettbewerbsverstoß annehmen zu können (a.a.O., S. 726, l. Sp.). Zum anderen begründet die Arzneimittelpreisverordnung kein gesetzliches Preisbindungssystem, denn sie legt keine Preise fest, sondern begrenzt die Preisspannen, wozu die Klägerin überhaupt keine Tatsachen vorträgt. Im übrigen ist die Abgabe von Arzneimitteln an Krankenhausapotheken und ihnen gleichgestellte Einrichtungen von der Verordnung ausdrücklich ausgenommen (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AMPreisV). Sieht man von den Besonderheiten ab, die sich aus der Erörterung von selektiven Vertriebssystemen ergeben, so bleibt ein hiervon unabhängiger Gesichtspunkt, der auch im vorliegenden Fall dafür spricht, die Dinge gleich zu sehen. Würde man den Rechtsverstoß eines anderen durchschlagen lassen, "haftete der Ware trotz eines in sachenrechtlicher Hinsicht einwandfreien Erwerbs ein Makel an, der die Verkehrsfähigkeit beeinträchtigen würde" (a.a.O., S. 726, r. Sp.). Auch die Belange des Herstellers, dessen Gewinne durch Verletzung des Krankenhausprivilegs durch Apotheker geschmälert werden könnten, wenn der allgemeine Markt mit Klinikpackungen gesättigt wäre, sprechen nicht gegen dieses Ergebnis, denn auch er könnte, wie es bei einem vertraglich abgesicherten Vertriebsbindungssystem möglich ist (a.a.O., S. 727, l. Sp.), durch Kontrollnummern sicherstellen, daß Gesetzesverstöße aufgedeckt und geahndet werden.

6. Die Klägerin macht eine Markenverletzung geltend, weil die Beklagten die Klinikpackungen auseinandergenommen und als Einzelschachteln verkauft haben sollen. Inwieweit in einem solchen Verhalten ein Verstoß gegen § 14 MarkenG liegt, braucht nicht geprüft zu werden, denn die Beklagten haben es bestritten, ohne daß die Klägerin ihre Behauptung belegt hätte. Ihr einziges Beweismittel ist die Rechnung vom 22.10.1998 (Anlage K 2) über eine Menge von 169 Einzelpackungen. Daraus zieht die Klägerin den Schluß, da die Zahl 169 nicht glatt durch fünf teilbar sei, müßten Einzelschachteln verkauft worden sein. Dieser Schluß ist nicht zwingend, denn entscheidend ist nicht, was in Rechnung gestellt, sondern was geliefert worden ist. Es braucht bei der Lieferung nicht einmal eine einzelne Schachtel gefehlt zu haben, sie kann auch beim Transport unbrauchbar geworden und deshalb nicht in Rechnung gestellt worden sein.

7. Haben sich die Beklagten nicht rechtswidrig verhalten, können der Klägerin auch keine Ansprüche wegen eines etwaigen Schadens oder der Abmahnkosten zustehen. Auf die in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 23.09.2002 vorgetragenen Tatsachen kann es nicht ankommen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO alter Fassung. Die Revision war zuzulassen, weil es von grundsätzlicher Bedeutung ist, ob der Nutznießer eines fremden Gesetzesverstoßes dem Nutznießer eines fremden Vertragsverstoßes gleich steht (§ 543 Abs. 2 ZPO neuer Fassung).

Ende der Entscheidung

Zurück