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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 23.08.2001
Aktenzeichen: 3 U 97/01
Rechtsgebiete: LMBG, UWG, EU-Richtlinien


Vorschriften:

LMBG § 18 Abs. 1 Nr. 4
UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
EU-Richtlinien 79/112/EWG
EU-Richtlinien 89/398/EWG
1. Die Werbung (hier: durch Wiedergabe von Äußerungen Dritter) für ein Streichfett mit cholesterinsenkender Wirkung ist unzulässig, wenn sie sich auf die durch des Lebensmittel erfolgende Beseitigung oder Linderung von Krankheiten bezieht. Bei einem Werbehinweis auf die erzielte "deutliche" Senkung des Cholesteringehalts ist der Krankheitsbezug gegeben (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG).

Weder die Etikettierungs-Richtlinie 79/112/EWG noch die Diät-Rahmenrichtlinie 89/398/EWG stehen dem Verbot entgegen. Der Umstand, dass der Hersteller des Streichfetts wegen einer Entscheidung der EU-Kommission gehalten ist, auf die cholesterinsenkende Bestimmung des Lebensmittels auch in der Werbung hinzuweisen, rechtfertigt die beanstandete Angabe zur "deutlichen" Senkung nicht.

2. Es besteht aber insoweit kein generelles Werbeverbot. Nicht jede werbliche Wiedergabe von Äußerungen Dritter, die das beworbene Streichfett anwenden, ist eine nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 (oder Nr. 1) LMBG unzulässige Lebensmittelwerbung mit Krankheitsbezug.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 97/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 23. August 2001

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 26. Juli 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 2. Februar 2001 abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 500.000 DM, Ordnungshaft insgesamt höchsten zwei Jahre) verboten,

im geschäftlichen Verkehr für das Produkt "becel pro-aktiv" zu werben mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen, und zwar mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage:

"Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen".

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Antragsteller 1/5 und die Antragsgegnerin 4/5.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 30.000.- DM festgesetzt.

Tatbestand:

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Einhaltung des lauteren Wettbewerbs gehört (Bl. 2; Anlage ASt A 1).

Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie, sie vertreibt die Diät-Halbfettmargarine "becel pro-aktiv", ein Produkt mit Pflanzensterinen (Phytosterinen; vgl. Schutzschrift Anlage AG S 1). Hierfür warb sie in der Illustrierten BUNTE vom 19. Oktober 2000 (Heft Nr. 43, Seite 91) mit einer Anzeige. Diese enthält die Abbildung eines Mannes mit zwei Kindern, eingeblendet ist dort der Text:

" 'Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen.' Rxxxxx Axxxxxx, 38, Vater von vier Kindern".

Unter der Abbildung heißt es: "becel pro-aktiv. Für alle, die ihren Cholesterinspiegel erheblich senken wollen" (Anlage ASt A 2).

Der Antragsteller beanstandet die Werbung als wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG und nimmt die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 2. Februar 2001 den Antrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt "becel pro-aktiv" zu werben mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen, insbesondere mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage:

"Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen";

zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Antragstellers, der seinen erstinstanzlichen Verfügungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Antragstellers ist teilweise begründet, insoweit ist die einstweilige Verfügung - unter Abänderung des landgerichtichen Urteils - zu erlassen (II.) Im übrigen ist die Berufung zurückzuweisen (III.).

I.

Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Werben für "becel pro-aktiv", und zwar im "insbesondere"-Teil mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage: "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen" (siehe unter II.) und im verallgemeinerten Teil (vor dem "insbesondere") mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen (vgl. hierzu unter III.).

Gegenstand des Antrages ist nicht die Verwendung der Anzeige der Antragsgegnerin, die den Antragsteller zur Einleitung des Verfügungsverfahrens veranlasst hat (Anlage ASt A 2). Deswegen kann zur Begründung des Unterlassungsanspruchs nicht die zusätzliche Angabe aus der Werbeanzeige ("Für alle, die ihren Cholesterinspiegel erheblich senken wollen") herangezogen werden.

II.

Der Unterlassungsantrag im Umfang des "insbesondere"-Teils ist nach Auffassung des Senats aus § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG, §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG begründet.

Der Antragsteller kann nach diesen Vorschriften von der Antragsgegnerin verlangen, dass diese es künftig unterlässt, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt "becel pro-aktiv" mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen zu werben, wenn das mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage: "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen" geschieht.

1.) Nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall Äußerungen Dritter, insbesondere Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben zu verwenden, soweit sie sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten beziehen, sowie Hinweise auf solche Äußerungen. Für diätetische Lebensmittel gibt es insoweit keine Ausnahmevorschrift (vgl. § 18 Abs. 2 LMBG).

Die beanstandete Werbung der Antragsgegnerin enthält eine der abgebildeten Person in den Mund gelegte Drittäußerung mit Krankheitsbezug im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG. Dieser Bezug ergibt sich aus der Wendung "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen.", und zwar im Hinblick auf die damit angesprochene deutliche Einwirkung auf den Cholesteringehalt durch den Verzehr von "becel pro-aktiv".

Der in der Werbung aufgenommenen Drittäußerung entnimmt der durchschnittlich aufmerksame und verständige Verbraucher naheliegend, dass die Diät-Margarine der Antragsgegnerin den Cholesteringehalt deutlich senkt. Damit werden aber jedenfalls auch und vordringlich Interessenten angesprochen, bei denen der Cholesteringehalt - entsprechend - deutlich erhöht ist. Das liegt auf der Hand, denn für Menschen mit normalen Cholesterinwerten kann es nicht von Interesse sein, ihren Cholesterinspiegel deutlich zu senken. Damit steht nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu § 18 LMBG jedenfalls ein Krankheitsbezug in Rede.

(a) § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG ist nicht nur anzuwenden, wenn in der werblich benutzten Drittäußerung eine bestimmte Krankheit konkret benannt wird; auch die Angabe bloßer Symptome kann ausreichen, wenn diese entweder für sich betrachtet einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen oder wenn sie so deutlich sind, dass zumindest ein erheblicher Teil der Verbraucher sie ohne weiteres mit einer bestimmten Erkrankung verbindet (vgl. zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG: BGH WRP 1998, 505 - Gelenk-Nahrung; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 12 HWG Rz. 7 m. w. Nw.). Diesen Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung folgt der Senat.

(b) Der Begriff der Krankheit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG ist in Übereinstimmung mit der Terminologie des HWG-, AMG- und LM-Rechts als juristische Zweckschöpfung weit auszulegen und bedeutet demgemäß jede - also auch nur eine unerhebliche oder nur vorübergehende - Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Funktion des Körpers. Das Verbot krankheitsbezogener Werbung soll zum einen verhindern, dass Lebensmittel werbungsmäßig zu Zwecken eingesetzt werden, denen sie ihrer Bestimmung nach regelmäßig nicht dienen können, nämlich als Quasi-Arzneimittel. Zum anderen soll der Verbraucher vor dem Irrtum geschützt werden, mit einem auf solche Weise angepriesenen Lebensmittel sei eine wirksame und ausreichende Selbstbehandlung möglich (Doepner, a. a. O.; BGH a. a. O. - Gelenk-Nahrung).

(c) Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und - in Übereinstimmung damit - auch des erkennenden Senats zu § 12 HWG ist ein erhöhter Cholesterinspiegel jenseits der üblichen Schwankungen eine Stoffwechselkrankheit, und zwar unabhängig davon, ob für die Normabweichung endogene oder exogene Ursachen maßgeblich sind. Cholesterin ist ein Produkt des menschlichen Stoffwechsels und nimmt an diesem teil. Auch ein ernährungsbedingter erhöhter Blutfettwert wird von der Anlage Nr. 3 zu § 12 HWG erfasst (Doepner, a. a. O., § 12 HWG Rz. 55 m. w. Nw.; vgl. BGH GRUR 1998, 962 - Lebertran I für die Werbeaussage: "Ernährungsbedingt erhöhte Blutfettwerte können gesenkt werden"; vgl. auch OLG Hamburg WRP 1990, 768). Wegen der - wie ausgeführt - einheitlichen Bestimmung des Krankheitsbegriffs gilt im Rahmen des § 18 Abs. 1 LMBG nichts anderes.

(d) Einem "deutlich erhöhten" Cholesterinspiegel, auf den in der Drittäußerung unter Hinweis auf eine deutliche Senkung des Cholesterins werblich Bezug genommen wird, kommt nach den obigen Ausführungen die Bedeutung eines krankhaften und behandlungsbedüftigen Zustandes zu.

Das Argument des Landgerichts, dass ein erhöhter Cholesterinspiegel nicht stets nachteilige Wirkungen auf den Körper haben muss, ist demgegenüber nicht durchgreifend. Eine solche Betrachtungsweise würde dem Schutzzweck der Vorschriften betreffend Werbung mit Krankheitsbezug nicht gerecht werden. Denn selbstverständlich läßt sich nicht ausschließen, dass es Menschen mit (nur) erhöhtem Cholesteringehalt gibt, die sonst "gesund" sind.

Maßgeblich ist vielmehr, dass erhöhte LDL-Cholesterinwerte ein bedeutsamer Risikofaktor vor allem für Koronarerkrankungen sind und ein deutlich erhöhter Cholesterinspiegel insoweit auch einen eigenständigen Krankheitswert hat (Doepner, a. a. O., § 1 HWG Rz. 56, § 12 HWG Rz. 55 m. w. Nw.). Dies ist dem Verbraucher - wie die Antragsgegnerin nicht bestreitet - aus der vielfachen Erörterung des Themas Risikofaktoren für Koronarerkrankungen in den Medien bekannt.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ergibt sich aus den von ihr überreichten Belegstellen (vgl. hierzu insbesondere Anlagen AG 1-3) keine Veranlassung zu der Annahme, die Symptomatik von deutlich erhöhten Cholesterinspiegeln würde nicht mehr generell dem Krankheitsbegriff unterfallen. Vielmehr wird auch dort z. B. ausgeführt, dass sogar schon Cholesterinkonzentrationen "im oberen Bereich des Normalen" mit einem höheren Koronarrisiko einhergingen als bei Werten im unteren Bereich (vgl. Anlage AG 3). Es werden von der Werbung gerade auch Personen angesprochen, bei denen die Cholesterinwerte so (deutlich) erhöht sind, dass sie medizinisch behandlungsbedürftig sind, um das Risiko einer Koronarerkrankung zu vermindern.

(e) Etwas anderes ergibt sich nicht etwa aus dem Umstand, dass es sich bei "becel pro-aktiv" nicht um ein Arzneimittel, sondern um ein Lebensmittel handelt. Es liegt bei der Werbung für ein pharmazeutisches Produkt regelmäßig näher, wegen des medizinisch geprägten Umfelds einen Krankheitsbezug herzustellen. Bei einem Lebensmittel kann das - wie vorliegend - ebenfalls gegeben sein, zumal das Produkt der Antragsgegnerin, obwohl es ein Streichfett ist, unstreitig eine cholesterinsenkende Wirkung hat und insoweit gerade wie ein Arzneimittel wirkt.

(f) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin steht die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG mit den Richtlinien der Europäischen Union im Einklang.

(aa) Allerdings sind die Bestimmungen des LMBG nach Maßgabe der Etikettierungs-Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 in der Fassung der Richtlinie 2000/13/EG auszulegen. Diese Richtlinie gilt auch für Inlandssachverhalte und nicht nur für grenzüberschreitende Fälle (BVerwG WRP 1993, 16 - becel).

Nach Art. 2 lit. b) der Richtlinie 79/112/EWG darf die Etikettierung einem Lebensmittel nicht die Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen. Ein von § 18 Abs. 1 LMBG abweichender Krankheitsbegriff steht nicht in Rede. Da die Richtlinie maßgeblich den Verbraucherschutz betrifft (Erwägungsgrund 6), ist wie bei § 18 Abs. 1 LMBG auf den durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbraucher abzustellen.

(bb) Wie sich außerdem aus Art. 6 Abs. 1 der EG-Richtlinie für diätetische Lebensmittel (Diät-Rahmenrichtlinie 89/398/EWG) ergibt, dürfen solchen Erzeugnissen keine Eigenschaften zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit durch die Kennzeichnung oder Werbung zugeschrieben werden. Auch insoweit bestehen im Verhältnis zu § 18 Abs. 1 LMBG keine Besonderheiten.

(cc) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ergibt sich aus dem besonderen Gegenstand der gesetzlichen Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG insoweit nichts anderes. Bei der von der Vorschrift erfassten Werbung mit Äußerungen Dritter handelt es sich um eine spezielle Ausformung des Werbens mit Krankheitsbezug (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG), denn bei solchen Werbemaßnahmen macht sich der Werbende die Drittäußerungen typischerweise zu eigen. Damit ist die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG aber nicht etwa gemeinschaftswidrig, weil - so die Antragsgegnerin - sie in dieser speziellen Form in den EG-Richtlinien nicht genannt wird.

2.) Nach Auffassung des Senats steht der Begründetheit des Unterlassungsantrags die Entscheidung der EU-Kommission vom 24. Juli 2000 (ABl. L 200/59 vom 8. August 2000: Anlage ASt A 5; im folgenden: EU-Entscheidung) nicht entgegen.

Die Muttergesellschaft der Antragsgegnerin, die Uxxxxx U. K. xxxxxxxxxxxxxxx, Großbritannien (im folgenden: die Uxxxxxxx UK), hatte die an sie gerichtete EU-Entscheidung erwirkt, und zwar über die Genehmigung des Inverkehrbringens von "gelben Streichfetten Phytosterinesterzusatz" als neuartige Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutaten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates (vgl. wegen der EG-Verordnung: ABl. L 43/1 vom 14. Februar 1997; Schutzschrift Anlage AG S 2).

Nach Art. 2 c) der EU-Entscheidung muss darauf hingewiesen werden, dass das Erzeugnis für Personen bestimmt ist, die ihren Cholesterinspiegel im Blut senken möchten; im Einleitungssatz zu Art. 2 der EU-Entscheidung wird diese Bestimmung als gemeinschaftsrechtliche "zusätzliche Etikettierungsanforderung" bezeichnet. Hieraus ist allerdings abzuleiten, dass der Uxxxxxxx UK und demgemäß auch der Antragsgegnerin nicht der Vorwurf unlauteren Verhalten gemacht werden könnten, wenn und soweit sie - der Vorgabe der EU-Entscheidung folgend - in der Werbung nur auf die cholesterinsenkende Bestimmung von "becel pro-aktiv" hinweisen.

Selbstverständlich ist von der EU-Entscheidung aber nicht jede Werbeform zu diesem Thema gedeckt. Die "zusätzliche Etikettierungsanforderung" gilt nach Art. 2 der EU-Entscheidung ausdrücklich unbeschadet der sonstigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Etikettierung von Lebensmitteln. Die Anwendung von § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG für die angegriffene Werbemaßnahme bleibt davon unberührt. Denn die werblich eingesetzte Wiedergabe der Drittäußerung betreffend die deutliche Senkung des Cholesterins geht inhaltlich nicht unerheblich über den bloßen Hinweis auf die cholesterinsenkende Wirkung von "becel pro-aktiv" hinaus.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Erwägungsgrund in Ziffer 3 der EU-Entscheidung, wonach bei der Vermarktung des Erzeugnisses insbesondere Personen angesprochen werden sollen, die ihren Cholesterinspiegel im Blut senken möchten. Demgemäß ist es der Antragsgegnerin nicht verwehrt, auf die Senkung des Cholesterins durch ihr Produkt hinzuweisen. Die Wendung "deutlich runtergangen" geht aber - wie ausgeführt - über den bloßen Hinweis auf die Senkung hinaus.

3.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsantrages sind gegeben.

Der Antrag erfasst das Charakteristische der Verletzungsform. Mit der angegriffenen Werbeaussage in Form der genannten Drittäußerung steht nach den obigen Ausführungen ein Krankheitsbezug in Rede. Die beworbene Margarine hat unstreitig - und insoweit wie ein Arzneimittel - eine cholesterinsenkende Wirkung. Deswegen könnten weitere Hinweise etwa auf eine gesundheitsbewusste Ernährung der angegriffenen Angabe die Zielrichtung zur Behandlung deutlich erhöhter Cholesterinwerte nicht nehmen.

Der Antragsteller ist klagebefugt. Er hat die Voraussetzungen zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG für den Verband vorgetragen, dem ist die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten. Zweifel an der Verbandsklagebefugnis des Antragstellers sind auch sonst nicht ersichtlich.

Bei § 18 Abs. 1 LMBG handelt es sich um eine wertbezogene Vorschrift zum Schutze der Volksgesundheit (vgl. hierzu allgemein: BGH WRP 1998, 181 - Warentest für Arzneimittel), der vorliegend zu bejahende Verstoß gegen diese Norm stellt ein unlauteres Verhalten im Sinne des § 1 UWG dar. Besonderheiten des Einzelfalles (vgl. hierzu: BGH GRUR 1999, 1128 - Hormonpräparate) führen hier zu keiner abweichenden Bewertung.

Der Unterlassungsantrag betrifft einen wesentlichen Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Es geht um krankheitsbezogene Werbung im Lebensmittelbereich, bei dem Allgemeininteressen ernsthaft betroffen sind. Es handelt sich nicht etwa um einen Bagatellfall.

III.

Der Unterlassungsantrag im Umfang des verallgemeinerten Teils (vor dem "insbesondere") ist unbegründet; insoweit hat die Berufung des Antragstellers keinen Erfolg.

1.) Gegenstand dieses Unterlassungsantrages ist - wie ausgeführt - das Werben für "becel pro-aktiv", und zwar verallgemeinert mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen.

Durch diese Antragsformulierung wird nicht auf bestimmte Werbeaussagen inhaltlich abgestellt, sondern auf jede beliebige Angabe, soweit sie in der Werbung als Äußerung eines Dritten erscheint, der "becel pro-aktiv" verwendet, oder auf solche Äußerungen Dritter Bezug nimmt.

2.) Der Unterlassungsantrag ist gemäß § 1 UWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG nicht begründet.

Wie oben ausgeführt, setzt die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG Äußerungen Dritter in der Lebensmittelwerbung voraus, die sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten beziehen. Auf Äußerungen Dritter ohne Krankheitsbezug ist die Vorschrift nicht anzuwenden.

Es liegt auf der Hand, dass nicht jede beliebige Drittäußerung über "becel pro-aktiv" einen solchen Krankheitsbezug haben muss, zumal der so weit gehende Antrag nicht einmal auf Werbeäußerungen zur cholesterinsenkenden Wirkung von "becel pro-aktiv" abstellt. Im übrigen wäre auch eine solche Einschränkung noch zu weitgehend, weil - wie oben ausgeführt - nicht jeder Hinweis auf die cholesterinsenkende Wirkung von "becel pro-aktiv" einen Krankheitsbezug bedeutet. Vielmehr kommt es maßgeblich auf die Formulierung einer Werbeaussage an, ob für diese § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG eingreift oder nicht.

Im Unterlassungsantrag werden die Konsumenten von "becel pro-aktiv" zwar als "Anwender des Mittels" umschrieben. Mit diesem Sprachgebrauch mag zwar unterschwellig ein gewisser Anklang an Arzneimittel erfolgen, weil man Nahrungsmittel normalerweise "verzehrt" und nicht "anwendet"; damit wird aber selbstverständlich keine Eingrenzung des Verbotsausspruchs nur auf Fälle eines Kranheitsbezuges der Äußerungen Dritter vorgenommen.

3.) Der Unterlassungsantrag ist auch nicht gemäß § 1 UWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG begründet.

Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall Ausagen zu verwenden, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen. Das streitgegenständliche Werben für "becel pro-aktiv" mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen stellt zwar eine Lebensmittelwerbung dar, so dass insoweit § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG eingreifen kann. Wie ausgeführt, muss aber nicht jede beliebige Drittäußerung über "becel pro-aktiv" einen Krankheitsbezug haben; auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Demgemäß kann dahingestellt bleiben, inwieweit § 18 Abs. 2 LMBG der Anwendung von § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG vorliegend entgegenstehen würde oder nicht.

4.) Erfaßt ein Unterlassungsantrag wie vorliegend auch zulässige Werbemaßnahmen, so ist er insgesamt unbegründet.

IV.

Nach alledem war die Berufung des Antragstellers teilweise begründet und im übrigen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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