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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 04.11.2002
Aktenzeichen: 3 Vollz (Ws) 100/02
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 109
"Auch im Verfahren nach § 109 StVollzG ist eine Untätigkeitsbeschwerde ausnahmsweise zulässig, nämlich dann, wenn ein (weiteres) Hinausschieben der Entscheidung das Begehren des Gefangenen praktisch leerlaufen ließe oder faktisch eine Rechtsverweigerung darstellte. Gleichwohl unzulässig ist ein solches Rechtsmittel, wenn "auf den ersten Blick" erkennbar ist, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ohne Erfolg sein wird. Das Beschwerdegericht ist nur berufen, die Rechtswidrigkeit einer Untätigkeit festzustellen."
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT 3. Strafsenat Beschluss

3 Vollz (Ws) 100/02

In der Strafvollzugssache des J. G.

hat der 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg am 4.11.02 durch die Richter Mentz, Dr. Mohr und v. Selle

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Gefangenen betreffend die angebliche Untätigkeit der Großen Strafkammer ... des Landgerichtes Hamburg in Bezug auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 18.6.02 wird als unzulässig verworfen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Gefangene.

Gründe:

Sowohl dem Strafverfahren (dessen gesetzliche Regelungen gemäß § 120 Abs. 1 StVollzG entsprechend anzuwenden sind), als auch dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (dessen Struktur Grundlage des Verfahrens nach den §§ 109 ff StVollzG ist) ist eine "Untätigkeitsbeschwerde" fremd. Ausnahmsweise wird ein solches Rechtsmittel aber für zulässig gehalten, wenn ein (weiteres) Hinausschieben der Entscheidung zwangsläufig einen endgültigen Verfahrensabschluss nach sich zöge (vgl. BGH NJW 93, 1279) oder praktisch eine Rechtsverweigerung darstellte (vgl. Kopp, 12. Aufl., Rn 5 zu § 102 VwGO).

Dementsprechend hat der Senat in diesem Jahr in einem Fall, nämlich in dem Verfahren 3 Vollz (Ws) 46/02, eine Untätigkeit der Strafvollstreckungskammer für rechtswidrig erklärt, weil das dortige Begehren des Gefangenen aufgrund der Untätigkeit praktisch leerlief und unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Untätigkeit auch der Gerichtsverwaltung dem Gefangenen gerichtlicher Rechtsschutz faktisch verweigert wurde.

Die Stellungnahme des zu der ausstehenden Entscheidung berufenen Richters zu der "Untätigkeitsbeschwerde" des Gefangenen gibt zwar zu der Besorgnis Anlass, dass es in Folge einer Untätigkeit zunächst des Richters und dann der Verwaltung des Landgerichtes wiederum zu einer faktischen Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes bereits gekommen ist oder aber kommen kann, hier ergibt sich die Unzulässigkeit des Rechtsmittels aber aus einem anderen Grund. Der vorliegende Fall gibt dem Senat Anlass, seine (noch nicht gefestigte) Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer Untätigkeitsbeschwerde in Verfahren nach §§ 109 ff StVollzG zu ergänzen. Dieses außerordentliche Rechtsmittel dient der Durchsetzung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG als "Krönung des Rechtsstaats" (vgl. Hendrichs in von Münch, Rn 40 zu Art. 19 GG). Die Rechtsstaatlichkeit ist aber dann nicht ernsthaft gefährdet, wenn "auf den ersten Blick" erkennbar ist, dass der Rechtsuchende mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ohne Erfolg sein wird.

So liegt es hier:

Der Gefangene wendet sich gegen die Fortdauer einer am 1.2.02 gemäß § 17 Abs. 3 StVollzG angeordneten Verlegung auf eine andere Station der JVA. Diese Anordnung war Gegenstand des Verfahrens 605 Vollz 45/02 und endete mit einem rechtskräftig gewordenen, den Antrag des Gefangenen auf Rückverlegung ablehnenden Beschluss des Landgerichtes vom 7.6.02. Nachdem der Gefangene in vorliegendem Verfahren ohne neue Gründe vorgetragen zu haben am 18.6.02 einen weiteren Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hatte, erließ die JVA am 24.6.02 einen Widerspruchsbescheid, welcher keine Sachargumentation enthält, sondern mitteilt, der Gefangene habe keinen Anspruch auf einen "Zweitbescheid". Mit Schreiben vom 8.8.02 teilte der Gefangene dem Landgericht mit, dass ein staatsanwaltschaftliches Verfahren, welches wegen derjenigen Verhaltensweisen des Gefangenen eingeleitet worden war, welche Anlass für die streitgegenständliche Verlegung gewesen waren, gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, und forderte eine Entscheidung in seinem Sinne. Dass eine Entscheidung nicht in seinem Sinne ausfallen kann ergibt sich daraus, dass über die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Verlegung am 7.6.02 rechtskräftig entscheiden wurde und sich die Sachlage bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 24.6.02 in keiner Weise geändert hatte. Da sich die Überprüfungskompetenz des Landgerichtes auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnung der JVA im Gewande des Widerspruchsbescheides vom 24.6.02 beschränkt, kann in vorliegendem Verfahren der erst danach eingetretene Umstand der Verfahrenseinstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO nicht berücksichtigt werden.

Ende der Entscheidung

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