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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 22.08.2007
Aktenzeichen: 3 W 152/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 890
Nur "kosmetische Veränderungen" einer durch Unterlassungstitel untersagten konkreten Wettbewerbshandlung werden vom Kernbereich des Verbots erfasst. Eine Abwandlung aber, die den Gesamteindruck der Verletzungsform bezogen auf den Kern des Verbots ändert, unterfällt nicht mehr dem Unterlassungstitel, auch wenn die geänderte Wettbewerbshandlung ihrerseits (auch aus demselben Gesichtspunkt) unlauter ist und zu verbieten wäre.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

Geschäftszeichen: 3 W 152/07

In dem Rechtsstreit

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 22. August 2007 durch die Richter Spannuth, Dr. Löffler, Rieger: Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 23. Juli 2006 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 3. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für die Beschwerdeinstanz auf 12.000 € festgesetzt.

Gründe:

1.) Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts ist der Gläubigerin am 9. Juli 2007 zugestellt worden (Bl. 15), die sofortige Beschwerde ist per Telefax am 23. Juli 2007 bei Gericht eingegangen (Bl. 16) und der entsprechende Schriftsatz dazu im Original vom 23. Juli 2007 am 24. August 2007 (Bl. 16 a).

Der angefochtene Beschluss sowie das Beschwerdeverfahren betreffen jeweils nur die Antragsgegnerin zu 1) des vorangegangenen Verfügungsverfahrens, nur sie ist vorliegend die Schuldnerin.

2.) Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht den Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin zurückgewiesen.

(a) Die Antragstellerin verkürzt in dem Schriftsatz vom 26. April 2007 mit ihrem Ordnungsmittelantrag die Wiedergabe der Beschlussverfügung. Der Antragsgegnerin sind die unter lit. a) bis lit. f) und unter lit. i) aufgeführten Werbeaussagen für das Arzneimittel foxxxx nicht schlechthin verboten worden, sondern jeweils unter ausdrücklicher Bezugnahme auf bestimmte Beanstandungsformen. Dieser Umstand bestimmt den Umfang des Verbots wesentlich mit.

(b) Auch nach Auffassung des Senats hat die Schuldnerin nicht gegen lit. i) der Beschlussverfügung verstoßen.

(aa) Die hierzu angeführte Äußerung in der Werbebeilage "Medizin im Focus" zur Ärztezeitung vom 10. April 2007 (Anlage ASt Gl 3, Seite 2)

"Viele Hypertoniker, die zunächst von einer gängigen Kombinationstherapie nicht im erhofften Maße profitieren, lassen sich mit der neuen Fixkombination aus Amlotipin und Valsartan (foxxxx(r)) dank starker Wirkung zufriedenstellend behandeln. Dass mit diesem Präparat die Blutdrucksenkung deutlich verbessert und eine die Zielwertempfehlungen adäquate Einstellung erreicht werden kann, belegen die Ergebnisse der Express-Studie";

ist schon vom Wortlaut eine andere Äußerung als die in der Beschlussverfügung des Landgerichts vom 22. Februar 2007 unter lit. i) im "Rahmen der Werbung für das Arzneimittel foxxxx" verbotene Aussage:

"In einer aktuellen Studie * (Anmerk.: *EXPRESS-C: foxxxx in patients not controlled by other antihypertensives - Combination therapy with ACE inhibitor plus CCB) wurde untersucht, wie foxxxx bei Patienten wirkt, die mit der höchsten verfügbaren Dosierung einer Fixkombination aus Rampiril und Felodipin (D_yyy) keine ausreichende Blutdrucksenkung erreichen. Dabei zeigt sich: foxxxx bringt auch diesen Patienten auf Ziel".

Zudem ist die Verwendung der Werbeaussage, wie ausgeführt, nicht schlechthin verboten worden, sondern "wie in dem mit der Beschlussverfügung verbundenen Arztgespräch (Anlage ASt 4) geschehen".

(bb) Der Senat sieht sich durch die vom Landgericht zitierte BGH-Entscheidung (WRP 2006, 590 - Markenparfümverkäufe) in seiner seit langem vertretenen Auffassung zur Kernbereichslehre bestätigt (siehe nur: OLG Hamburg, Beschluss vom 17.11.1989 - 3 W 119/89 - GRUR 1990, 637). Danach fallen unter den Tenor eines Unterlassungstitels zwar nicht nur identische Handlungen, sondern auch solche, die von dem wettbewerbswidrigen Kern der verbotenen Handlung nur geringfügig abweichen, ihr also praktisch gleichwertig sind, weil es sonst mühelos möglich wäre, den Titel zu unterlaufen. Eine Ausdehnung des Schutzbereichs des Titels auf solche Wettbewerbshandlungen, die der verbotenen Handlung aber im Kern lediglich ähnlich sind, ist dagegen nach der Natur des Vollstreckungsverfahrens nicht möglich.

In Bezug auf Unterlassungstitel, die eine konkrete Wettbewerbshandlung verbieten, bedeutet dies, dass lediglich kosmetische Veränderungen der konkreten Verletzungsform, die Gegenstand des Verbots ist, die den Gesamteindruck der verbotenen Werbung aber nicht berühren, nicht aus dem Kernbereich des Verbots herausführen können. Wird die werbliche Maßnahme jedoch so verändert, dass sich deren Gesamteindruck bezogen auf den Kern des Verbots ändert, unterfällt die Änderung nicht mehr dem Verbotskern des Titels. Dies gilt unabhängig davon, ob die abgeänderte Werbung ihrerseits wettbewerbswidrig ist, d. h. im vorliegenden Fall auch gegen § 3 a HWG verstößt.

(cc) Die beanstandete Äußerung fällt nach diesen Grundsätzen zur Kernbereichslehre nicht unter das ergangene Verbot.

Die mit lit. i) der Beschlussverfügung untersagte Äußerung in der konkreten Verwendungsform gemäß Verbotsanlage ASt 4 steht in dem für den Verbotskern wesentlichen Äußerungszusammenhang, dass foxxxx als Mittel beworben worden ist, dass eine "souveräne Zielwerterreichung" ermöglicht, dass auch "vorbehandelte Hypertoniker mit unzureichender Blutdrucksenkung auf Zielwert gebracht werden". In der im Verbot zu lit. i) zitierten Äußerung zur EXPRESS-C-Studie ist zudem davon die Rede, dass durch foxxxx auch Patienten "auf Ziel gebracht" wurden, die mit der "höchsten verfügbaren Dosierung" einer genannten Kombinationstherapie "keine ausreichende Blutdrucksenkung" erreichten. Insoweit ging es bei dem Verbot um eine Spitzenstellungsberühmung bezogen auf eine noch "stärkere Blutdrucksenkung" als durch die höchste Dosierung der "Fixkombination aus Rampiril und Felodipin (D_yyy)" erreichbar.

Um eine solche "generelle Überlegenheit" geht es, anders als es die Beschwerde meint, bei der nunmehr beanstandeten Äußerung nicht. Sie verhält sich nicht mehr zur "höchsten verfügbaren Dosierung" einer konkurrierenden Kombination, sondern es ist (nur) von "vielen Hypertonikern, die von einer gängigen Kombinationstherapie nicht im erhofftem Maße profitiert haben" die Rede, bei denen die beworbene neue Fix-Kombination mit foxxxx unter Hinweis auf die Studie in wesentlich abgeschwächten Formulierungen ("dank starker Wirkung zufriedenstellend behandeln" und "Blutdrucksenkung deutlich verbessert") beschriebenen wird.

(c) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Schuldnerin auch nicht gegen lit. f) der Beschlussverfügung verstoßen hat.

(aa) Die hierzu angeführte Graphik nebst Kommentierung in derselben Werbebeilage (Anlage ASt Gl 3, Seite 1) ist überschrieben mit den Worten:

"Blutdruckveränderungen in der EXPRESS-C-Studie".

Insoweit geht es um wiederum um eine andere Äußerung als die in der Beschlussverfügung unter lit. f) im "Rahmen der Werbung für das Arzneimittel foxxxx" verbotene Aussage:

"Amlodipin + Valsartan: Das Prinzip für sehr starke Blutdrucksenkung";

zu der ein Balkendiagramm betreffend die "Blutdrucksenkung nach 6 Wochen vs. Studienbeginn in Abhängigkeit vom Ausgangsblutdruck" eingeblendet ist. Zudem ist die Verwendung der Werbeaussage, wie ausgeführt, nicht schlechthin verboten worden, sondern "wie in dem mit der Beschlussverfügung verbundenen Folder (Anlage ASt 8) geschehen".

So ist von einer "sehr starken Blutdrucksenkung" nicht mehr die Rede, ein anderes Balkendiagramm wurde eingeblendet und auch das sonstige Äußerungsumfeld weicht von der Beanstandungsform der Beschlussverfügung (Anlage ASt 8) ab. Welches Ziel die jetzige Werbung der Schuldnerin verfolgt und ob es das gleiche geblieben ist, ist für die Frage eines Verstoßes gegen den Unterlassungstitel nicht entscheidend.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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