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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 3 W 200/07
Rechtsgebiete: GVG, ArbGG, MarkenG


Vorschriften:

GVG § 13
ArbGG § 2 Abs. 1
ArbGG § 2 Abs. 3
MarkenG § 15
MarkenG § 140
Hat ein Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses mit Kenntnis und Duldung des Arbeitgebers eine mit dessen Firmenschlagwort gebildete Domain registrieren lassen und wird die Domain nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für ein Dritt-Unternehmen verwendet, das mit dem (früheren) Arbeitgeber nichts zu tun hat, so ist für die gegen die Benutzung der Domain gerichtete Unterlassungsklage der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (§ 13 GVG) und nicht zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

1. Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 1 ArbGG kommt nicht in Betracht; die Benutzung der Domain für ein fremdes Unternehmen steht mit dem früheren Arbeitsverhältnis in keinem inneren Zusammenhang, auch wenn die Gestattung der Domain-Anmeldung während des Arbeitsverhältnisses erfolgte.

2. Die Zuständigkeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG ist wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Landgerichte (§ 140 MarkenG) nicht gegeben; § 140 MarkenG gilt für die funktionale und sachliche Gerichtszuständigkeit.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

Geschäftszeichen: 3 W 200/07

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 15. Januar 2008 durch den Senat

Gärtner, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Spannuth, Richter am Oberlandesgericht Löffler, Richterin am Oberlandesgericht

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerinnen wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 4. Oktober 2007 abgeändert.

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet.

Die Beklagten tragen die Kosten der Beschwerde als Gesamtschuldner.

Der Beschwerdewert beträgt € 260.-.

Gründe:

Die nach § 17 a Abs. 4 GKG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

Nach Auffassung des Senats ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet (§ 13 GVG).

1. Die Klägerinnen verlangen Erstattung von Kosten, die ihnen für eine anwaltliche Abmahnung wegen einer behaupteten Verletzung ihrer Firma durch Verwendung eines verwechslungsfähigen Zeichens durch die Beklagte zu 2. entstanden sein sollen. Zum Verletzungstatbestand war in der Abmahnung vorgetragen, dass der Beklagte zu 1. es der Beklagten zu 2. gestattet habe, die namensverletzende Domain hoyer-berlin.de als Kontakt-E-Mail anzugeben (energie@hoyer-berlin.de). Entsprechend haben die Klägerinnen den Beklagten mit der auf die Abmahnung folgenden, antragsgemäß erlassenen einstweiligen Verfügung untersagen lassen, die Internetdomain hoyer-berlin.de zu benutzen und/oder Dritten die Benutzung zu gestatten.

Streitgegenständlich ist mithin ein auf die Verletzung des Firmenrechts aus §§ 15 Abs. 2, 5 Abs. 1 MarkenG gestützter Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 5 MarkenG, wobei die Verletzungshandlungen, die die zukünftige Wiederholungsgefahr begründen, in der Zeit nach dem Ausscheiden des Beklagten zu 2. aus den Diensten der Klägerin zu 2. begangen worden sind.

2. Für einen solchen auf Basis von Anspruchsgrundlagen des Markengesetzes geführten bürgerlichen Rechtstreit kann die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Streitverhältnis zu der Beklagten zu 1. nie gegeben sein. Zwar können nach § 2 Abs. 3 ArbGG vor die Gerichte für Arbeitssachen auch solche Streitigkeiten gebracht werden, die nicht unter § 2 Abs. 1 des Gesetzes fallen, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichrechtlichen Streitigkeit nach Abs. 1 in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist. Die letztgenannte Voraussetzung liegt hier aber nicht vor, denn für die Geltendmachung des Anspruchs ist nach § 140 Abs. 1 MarkenG die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts gegeben.

Dies ist für die im Wortlaut gleiche Norm des § 143 PatG sowie für § 29 a ZPO allgemein anerkannt (siehe nur: ErfK./Koch, 8. Aufl./2008, Rz. 36 zu § 2 ArbGG). Die Norm regelt, anders als die Klägerinnen es meinen, auch nicht nur die funktionale, sondern die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts (vgl. nur: Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl./2003, Rz. 15 zu § 140 MarkenG; für § 143 PatG: Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10.Aufl./2006, Rz. 7 zu § 143 PatG und für § 13 UWG: Harte/Henning/Retzer, UWG, Rz. 4 zu § 13 UWG).

Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis des Landgerichts auf die Entscheidung des 11. ZS des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 30. 12. 2002 - 11 W 43/02 - (NZA 2003, 935). Für den dort streitgegenständlich gewesenen deliktischen Anspruch aus Wettbewerbsrecht gab es die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts für Wettbewerbssachen noch nicht. Diese ist erst mit der Gesetzesnovellierung im Jahr 2004 eingeführt worden.

3. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist auch im Streitverhältnis zu dem Beklagten zu 2. nicht nach § 2 Abs. 1 ArbGG eröffnet. Danach sind zwar die Gerichte für Arbeitsachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitverhältnis (lit. a der Norm), aus den Nachwirkungen eines solchen (lit. c der Norm) und weiter auch aus einer unerlaubten Handlung, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang steht (lit. d der Norm).

Diese Normen sind sämtlich auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einschlägig und es reicht bei einem Arbeitsverhältnis aus, dass sich die Rechtsstreitigkeit aus einem zuvor bestehenden Arbeitsverhältnis ergibt (vgl.: ErfK./Koch, a.a.O., Rz 17 zu § 2 ArbGG). Für die unerlaubte Handlung genügt, dass diese in einer inneren Beziehung zu dem Arbeitsverhältnis steht (vgl. nochmals: Koch, a.a.O., Rz. 24).

Diese Voraussetzungen sind hier aber ebenfalls nicht gegeben. Zwar geht es bei dem geltend gemachten Anspruch auf Aufwendungs- bzw. Schadensersatz um die Kosten einer Abmahnung wegen der Benutzung einer Internetdomain, die der Beklagte zu 2. während des Bestehens seines Arbeitverhältnisse zur Klägerin zu 2. mit deren Kenntnis und Duldung für sich hatte registrieren lassen. Die Streitigkeit ergibt sich aber gleichwohl nicht aus dem Arbeitsverhältnis, das einst zwischen diesen Parteien bestanden hatte, und steht damit auch nicht in einer inneren Beziehung, denn es geht allein darum, ob die Beklagten ein verwechslungsfähiges Kennzeichen außerhalb des Arbeitsverhältnisse für ein drittes Unternehmen, das mit den Klägerinnen nichts zu tun hat, benutzen oder anderen die Benutzung gestatten dürfen. Dies ist ein Sachverhalt, der mit der seinerzeit erfolgten Anmeldung der Domain nichts zu tun hat, ein innerer Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis mag allenfalls mit einem bisher nicht streitgegenständlich gewesenen Anspruch auf Löschung oder Übertragung der Domain bestehen.

4. Den Wert der Beschwerde hat der Senat auf etwa ein Viertel der Hauptforderung geschätzt (vgl.: BGH WRP 2002, 333/334 - LDL-Behandlung - mit weiteren Nachweisen), die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs. 4 ZPO (vgl. zur Anwendung von § 91 ZPO ff im Rechtsmittelverfahren nach § 17 a Abs. 4 GVG: BGH NJW 1993, 2541, 2542).

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